Manchmal erheitert mich selbst die flüchtige Lektüre von Zeitungen am Morgen so sehr, dass ich schon zu dieser frühen Stunde weiß, heute ist ein guter Tag. Werden im Sportteil des Kölner Stadt-Anzeigers doch durch die Spieler-Kurzkritiken zum gestrigen Länderspiel ganz subtil, durch ein einziges Wort, die Erinnerungen an für Köln bedeutsame historische Ereignisse wachgehalten. Gleichzeitig erlebt man durch dieses einzige Wort, dass Geschichte keineswegs etwas ist, was einmal geschehen ist und von dem dann nur noch erzählt werden muss. Auch in der Sportvergangenheit geht es, je länger die Ereignisse zurückliegen, immer auch um Deutung. Natürlich handelt es sich in diesem Fall um das Schicksal von Lukas Podolski. Aus Kölner Perspektive, und nur diese zählt meist in Köln, kann man dieses Schicksal nur noch tragisch nennen, und allmählich kristallisiert sich heraus, wer an diesem Schicksal Schuld hat:
„Die deutsche Mannschaft in der Einzelkrititik
….
Lukas Podolski: Der Zwangs-Münchner zeigte viel Einsatz, aber auch ungewohnte Ballfehler.“
…Kölner Stadt-Anzeiger, Nr 242, 16. Oktober 2008
Ich muss gestehen, inzwischen hat die kontinuierliche Berichterstattung aus Kölner Perspektive über Lukas Podolski allmählich auch bei mir eine Wirkung. Ich sehe inzwischen auch, wie sich dieser Münchner Stoßtrupp in Lederhosen-Kampfanzug und mit Seppl-Sturmhauben an das Vereinsgelände des 1. FC Kölns angeschlichen hat. Und ich bin mir auch sicher, dass ein Mann dieses Stoßtrupps das Gespräch mit dem kleinen Lukas suchte und ihm ein paar Bonbons versprach, wenn er nur mitkomme. Doch Lukas wusste, er durfte von fremden Männern nichts annehmen und wollte wegrennen. Da sind dann alle anderen Männer aus dem Dickicht hervorgestürzt und haben sich auf ihn geschmissen. Die lauten Schreie von Lukas haben zwar noch seine Kölner Freunde alarmiert. Doch gegen die Übermacht konnten sie nichts machen. Unter Tränen mussten sie zusehen, wie der verzweifelte Lukas am Militärring in einen Mannschaftsbus geschleppt wurde. Seitdem muss er nun Dienst unter dieser so entseztlichen Münchner Herrschaft leisten. Damit ihr es auch im Ruhrgebiet endlich begreift: ER HAT ES NICHT GEWOLLT, DER LUKAS. DAT ISS NE KÖLSCHE JONG! So viel historische Wahrheit muss sein, damit wenigstens das Verhältnis zwischen Duisburg und Köln nicht so vor die Hunde geht wie das zwischen diesem Zwangssystem im Süden und der freien Welt am Rhein.
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