Der Spielplan dieser Saison zwingt mich nach langen Jahren mit einer unproblematischen Doppelidentität als ruhrpottstämmiger Kölner oder wie es in Köln korrekt heißt als Imi, zu einer schmerzlichen Entscheidung. Vorausschauende Leser, die mit dem Kölner Brauchtum vertraut sind, werden vielleicht ahnen, worum es sich handelt. Am Karnevalssonntag wird das Heimspiel des Vereins aller Vereine gegen 1860 München um 14:00 Uhr angepfiffen, zur selben Zeit geht es in meinem Veedel vor dem Haus von Freunden um das Brauchtum, das hier in Köln vor allem Fastelovend oder auch Fasteleer heißt, was anderswo nur unzureichend mit Karneval übersetzt wird. D´r Zoch kütt, heißt es dann nämlich. Nichtkölnern sei erklärt, dabei handelt es sich nicht um die auch überregional bekannten Schull un Veedelszöch, die fast denselben Zugweg nehmen wie der Rosenmontagszug und die so heißen, weil sie aus Schul- und Veedelsgruppen bestehen.
Der Kölner ist aber im Veedel zu Hause und möchte auch dort seinen „Zoch“. Was allerdings auch immer schwierig zu bewerkstelligen ist, überhaupt nicht fernsehgerecht wirkt und deshalb allemal zu unterstützen ist. Nirgendwo sonst geht es in Köln mehr um Volkskultur, die im Alltag lebendig ist, wie bei diesen kurzen Veedelszügen. Um diese Volkskultur geht es bei einem Sonntagnachmittag im Stadion in gewisser Weise natürlich auch, aber am kommenden Karnevalssonntag lasse ich dem Kölner in mir den Vortritt – auch wenn ich jetzt schon weiß, dass dann hin und wieder sich die Duisburger Seele kurz melancholisch bemerkbar macht. Da ärger ich mich doch gerade wieder über den Abstieg. Denn mit einem möglichen Spieltermin am Samstag hätte ich einmal mehr Spass an d´r Freud mit beiden Identitäten gehabt. Und nun wird eben kein Tor bejubelt – Peters Zufriedenheit mal in die Zukunft fortgeschrieben. Nun wird etwa eine Stunde Strüsje und Kamelle gefangen, das Fässchen Kölsch wird geleert und den Trömmelchen wird zujehört, denn mer stonn dann all parat.
Ich weiß, die Duisburger Freunde können sich so etwas nur schwer vorstellen und daran merke ich, wie lange ich schon in Köln lebe. Doch dieser Karneval im Veedel, weit ab von den Massen der Innenstadt, dieser Karneval macht Spaß. Und sollte es einmal für den MSV am Karnevalssonntag um richtig was gehen, dann werde ich sicher auch der anderen Identität wieder den Vortritt lassen. Denn das ist das Schöne, wenn man in zwei Kulturen zu Hause ist, man hat immer die Wahl und sucht sich das Schönste raus. In zwei? Kulturen? Zu Hause? Müsste eigentlich aus anderen Zusammenhängen bekannt vorkommen. Funktioniert ganz gut. Wird ja immer mal wieder gerne bezweifelt, wenn es nicht um Städte sondern um Nationen geht.
1 Antwort to “Brauchtumspflege mit zwei Identitäten”