Prolog am frühen Samstagabend
Gespieltes Spiel
Erzieherische Hinweise auf Fehler wirken nur, wenn Fehler Folgen haben. Altes Elternwissen gilt auch für die Sportschau-Redaktion und Reinhold Beckmann. Dieser Fehler in der Sportschau vom Samstag bei der Prognose der möglichen Drittliga-Tabelle hat nun gar keine Folgen, weil die Spieler vom MSV Duisburg mir in den Rücken gefallen sind. Nach der 4:2-Niederlage der Zebras gegen Arminia Bielefeld werden sie bei der Sportschau weiterhin denken, sie hätten die Tabellen der Welt fest im Griff und irgendein öffentlich-rechtlicher Social-Media-Mitarbeiter sagt sich, was labert uns der MSV-Typ von der Seite an?
Dabei hat dieses Spiel des MSV Duisburg bei Arminia Bielefeld sehr überzeugend begonnen. Die Zebras strotzten vor Selbstbewusstsein. Vom Anpfiff an war spürbar, die Mannschaft spielt auf Sieg. Diese Mannschaft will in Bielefeld drei Punkte holen. Mit den ersten 15 Minuten verschaffte sich der MSV Duisburg Respekt. Die Bielefelder kamen vielleicht einmal überhaupt in Tornähe, während der MSV mit schnellen Kombinationen, ob nun durch sicheres Kurzpassspiel oder per halblangem Pass auf den Flügel samt Flanke, bereits Torgefahr ausstrahlte.
Kingsley Onuegbu beeindruckte erneut, und zwar über das gesamte Spiel hinweg, mit seiner Präsenz und Ballsicherheit. Inzwischen kommt ein dritter gegnerischer Spieler zu ihm, um den Ball zu erobern, wenn der Pass erst einmal bei ihm angekommen ist. Als die Arminia etwas besser ins Spiel gefunden hatte, waren aber auch schon erste Schwachstellen beim MSV zu erkennen. Für den verletzt ausgefallenen Thomas Meißner spielte Christopher Schorch, der nicht ganz die Ruhe und Souveränität von Meißner ausstrahlte. Als Fehler machte sich das auch bemerkbar. Zweimal nacheinander klärte er per Kopf in die gefährliche Zone an der Strafraumgrenze. Es waren misslungene Versuche, einen Angriff der Bielefelder sofort in einen kontrollierten Spielaufbau zu verwandeln.
Auch Rolf Feltscher zeigte in der Rückwärtsbewegung Schwächen. Die Bielefelder selbst waren in dieser Spielphase noch zu unpräzise, um diese Fehler zu nutzen. Aber wir wussten, worum wir uns Sorgen zu machen hatten. Zumal Kevin Wolze auf seiner linken Verteidigerseite schon früh eine gelbe Karte erhielt. Für mich eine zu harte Entscheidung, nachdem der Ball ihm gegen den Oberarm gesprungen war. Die gelbe Karte kurz darauf erhielt Branimir Bajic allerdings zurecht. Er war der Retter in höchster Konternot, nach einem leichten Ballverlust im Mittelfeld. Noch ein Hinweis auf mögliche Gefahren.
Doch alle Hinweise auf die Gefahren waren schnell vergessen, als Zlatko Janjic das wunderbar herausgespielte Führungstor erzielte. Auch Trainer reden manchmal ziemlichen Blödsinn. Wie Norbert Meier bei der Pressekonferenz nach dem Spiel auf die Idee kommt, dieses Tor sei aus dem Nichts heraus gefallen, ist mir schleierhaft. Sicher, große Torchancen hatte es zu diesem Zeitpunkt nicht gegeben, obwohl das Spiel hin und her ging. Aber ein Tor aus dem Nichts bedeutet für mich: eine harmlose Mannschaft hat unverdient Erfolg. Dem war nicht so, noch immer wirkten die Angriffe des MSV durchdachter und souveräner als die der Bielefelder, wo vieles Ergebnis eines Zufalls war. Die Flanke von Rolf Feltscher ging in den offenen Raum nahe der Strafraumgrenze und Zlatko Janjic stieß in diesen leeren Raum hinein, um den Ball auf artistische Weise, volley ins Netz zu schießen. Ein sehenswertes Tor, und Zlatko Janjic legte nach.
Etwa 30 Meter vor dem Tor erhielt der weiter angreifende MSV einen Freistoß. Zlatko Janjic führte aus, traf perfekt und der Ball vollzog den bekannten Strich nach bis ins Netz hinein. Eine nur vermeintlich beruhigende Führung. Obwohl die Arminia immer noch spielerisch wenig überzeugte, kam sie zu Chancen. Denn der hohe Ball in den Strafraum, ob bei Standardsituation oder aus dem Spiel heraus, sorgte schon für Gefahr. Gesucht wurde dabei Fabian Klos, der im Strafraum unermüdlich arbeitete. Kurz vor der Halbzeitpause stürzte er bei einer Flanke, nachdem Christopher Schorch geschoben hatte und Dennis Grote von der anderen Seite her in den Weg kam. Nicht immer wird solch körperliches Spiel abgepfiffen. Aber die Zweifelsfälle der Regelauslegung gingen in dem Spiel zugunsten der Bielefelder aus. Der Elfmeter brachte den Anschlusstreffer.
Aus der Halbzeitpause kamen die Bielefelder sehr entschlossen. Der stärker gewordene Druck der Arminia machte offensichtlich, nicht nur die Defensivreihe des MSV hatte keinen guten Tag. Der Abwehrreihe fehlte auch genügend Unterstützung durchs Mittelfeld. Jede Schwäche für sich genommen war nicht so groß. Zusammengenommen aber machten diese Schwächen die Arminia nun stark. Der Ausgleich durch einen Kopfball von Fabian Klos fiel schnell, und der MSV wirkte von nun an hilflos. Das Spiel war gekippt, kein kein geordneteter Spielaufbau gelang mehr. Es ging nun noch darum, dem Druck der Arminia irgendwie stand zu halten. Erfolgreich eine ganze Halbzeit lang? Das war ein verwegener Gedanke. Flanke auf Flanke kam in den Strafraum, und Fabian Klos ist nun einmal ein sehr guter Kopfballspieler. In der 76. Minute ging die Arminia in Führung. Fast sofort danach flackerte kurz die Hoffnung auf den Ausgleich auf, als noch einmal eine schöne Kombination gelang. Schussversuch Nummer eins landete am Pfosten. Als Michael Gardawski den Abpraller verwandelte, soll er abseits gestanden haben. Erneut eine knappe Entscheidung zugunsten der Bielefelder. Damit solche Unklarheiten nicht mehr für Unruhe im Stadion sorgen konnten, entschied Fabian Klos wieder nur ein, zwei Minuten später das Spiel mit einem weiteren Treffer. Und wie sollte es anders sein? Per Kopfball.
In diesem Spiel hat sich gezeigt, so breit der Kader des MSV auch ist, der Ausfall von vier Defensivspielern kann nicht ohne Verlust an spielerischer Qualität der Mannschaft kompensiert werden. Eine starke Offensive reicht bei der in dieser Spielzeit einzig überlegenen Mannschaft der 3. Liga nicht, um diese Mannschaft zu bezwingen. Aber nicht jeder Gegner hat einen Fabian Klos in der Mannschaft. Der MSV muss in den nächsten Wochen an die Leistung der ersten Hälfte anknüpfen und kann dabei hoffentlich bald auf die gegen Bielefeld ausgefallenen Defensivspieler zählen. Dann ist weiterhin machbar, was ich von nun an erst einmal wieder nicht aussprechen möchte.
Epilog
1 Antwort to “Zu viele Schwächen machen stark”