Akzente inoffiziell: Nordseestadt Ruhrort

Wenn etwas zum zweiten Mal im Zebrastreifenblog geschieht, beginnt der Kölner in mir schon von unserer schönen Tradition zu sprechen. Gestern Abend sind im Landschaftspark Nord die  37. Duisburger Akzente eröffnet worden. Wie im letzten Jahr werde ich versuchen, das Kulturfestival mit einem inoffiziellen Programm zu begleiten. Ob ich tatsächlich jeden Tag Programm bieten kann, werden wir sehen. Ich weiß es noch nicht.

In diesem Jahr lautet das Akzente-Motto „Nah und Fern – 300 Jahre Duisburger Hafen“. Duisburg als den Hafen erweiternden Namenszusatz klingt fremd für mich, der ich in Ruhrort die ersten elf Jahre meines Lebens verbracht habe. Der Hafen war meine Welt, und die lag nun einmal in Ruhrort. Bühne frei für den Auftakt des inoffiziellen Akzente-Programms im Zebrastreifenblog.

Nordseestadt Ruhrort

Meine ersten Lebensjahre habe ich in Ruhrort verbracht. Dort bin ich in den Kindergarten gegangen, pumpte im Hafenmund, jedes Mal aufs Neue begeistert, Wasser aus den Handpumpen am Leinpfad und wartete im Hochsommer meist vergebens auf dem Hanielspielplatz, dass das Wasser aus den Spritzdüsen der Klettergerüste spritzte. Von der Geschichte Ruhrorts erfuhr ich in Heimatkunde auf der Grundschule Homberger Straße, und ich habe mir nicht vorstellen können, dass die Kinder anderer Stadtteile etwas wie “Heimatkunde” überhaupt brauchten. Was sollten die lernen, wenn der Stadtteil keinen Hafen hatte? Alles andere war doch uninteressant und ohne besondere Bedeutung. Der Hafen war meine Welt. Wenn ich etwas malte, waren das Schiffe. Immer wieder Schiffe.

Der Blick von der Mühlenweide den Rhein hinunter, das war mein Blick auf die Nordsee. Selbst die größten Dinge wurden rheinabwärts ganz klein. So etwas gab es in keinem anderen Teil von Duisburg, so dachte ich. In anderen Stadtteilen versperrten Häuser die Sicht und alles Große verschwand hinter der nächsten Ecke. Der Zutritt zu den großen Werksgeländen war sogar verboten. Im Ruhrorter Hafen lagen die Dinge offen. Schiffe waren beim An- und Ablegen zu beobachten. Abgedeckte Planken gestatteten Blicke in die Bäuche eines jeden Lastschiffs. Die Kräne als riesige Vögel mit großen gefährlichen Schnäbeln auf der anderen Seite des Hafenbeckens verlangten Respekt. Ich konnte mir selbst ein Bild von ihnen machen anders als von den Hochöfen, die auch gefährlich sein mussten. Der Vater meines Patenonkels war auf der „Hütte“ tödlich verunglückt.

Schon der Wohnort meiner Großeltern, Meiderich, war für mich im Gegensatz zur Nordseestadt Ruhrort ein staubiges Wüstendorf tief im Landesinneren, dessen Einwohner ich bedauerte. Ich fragte mich, wieso das vom Rhein noch entfernter gelegene Oberhausen im Rheinland liegen sollte. Immer wieder las ich dieses Wort rätselnd auf dem Bahnhofsschild im Oberhausener Hauptbahnhof. Als Kind aber nimmt man die verwunderlichsten Aussagen von Erwachsenen einfach hin. Nach dem Essen von Obst darf man nichts trinken etwa. Unzählige Male habe ich mich nicht an diese damalige Grundregel erwachsenen Lebens gehalten und nichts passierte. Da kam es auf eine Ungereimtheit mehr auch nicht an.

Ich selbst wusste es besser. Ruhrort, das war die einzige lichte Welt des Wassers in dieser Gegend.

 

Für die zukünftigen Leser schon der Hinweis: Mit einem Klick weiter zu allen Beiträgen des inoffiziellen Akzente-Programms im Zebrastreifenblog.

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