Archive for the 'Saison 2016/2017' Category

Trainingsauftakt 2018

Trainingsauftakt für den MSV nach der Pause im Winter, von dem es früher in der Werbung hieß, das sei die Erkältungszeit. Mal sehen, ob heute an der Westender Straße jemand fehlt. Früher hätte ich diese Frage nicht gestellt. Denn früher waren Fussballer noch ganz harte Jungs. Die spielten mit Halswirbelbruch ebenso wie mit gebrochenener Wade. Eine Erkältung war damals gar nichts, und notfalls gab es ein überraschendes Hilfsmittel, das die Leistungskraft zurückgab, äußerlich angewendet wurde und den Ruf des Fußballs ein dopingfreier Sport zu sein nicht gefährdete.

 

 

Wer den Jahresrückblick des MSV noch nicht gesehen hat, der schaue gerne weiter. Nach meinem Geschmack gibt es etwas zu viel Historie für einen Jahresrückblick. Denn die zwei Fliegen „Jubiläum“ und „2017“ mit einer Klappe zu schlagen und auch noch beide zu treffen, passt für mich nicht zusammen. Das sind aber nur ein paar gestalterische Gedanken, die mit jedem neuen Fußballbild immer mehr verfliegen. Am Ende denkt nur noch der MSV-Anhänger in mir und sagt, schön.

 

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Alles Gute für 2018 mit Big Data von 2017!

Der Stig ist gestern aus Aarhus wieder zurückgekommen. Anders als in den letzten Jahren wollte er Silvester in Duisburg feiern. So sind Ralf, Der Stig und ich hier im Zebrastreifenblog zum ersten Mal gemeinsam vor Ort, um euch alles Gute für das neue Jahr zu wünschen. Es hat sich bewährt, den Fußballern und den Verantwortlichen im Verein unserer Zuneigung von diesen Wünschen einen großen Sack abzupacken und mit auf deren Weg zu geben. Im letzten Jahr hat der große Wünscheverwalter das sehr wohlwollend in Erfolge des Vereins umgewandelt.

Wie in den Jahren zuvor verbindet sich mit den Wünschen für das neue Jahr der Blick zurück auf die meistgelesenen Texte des letzten Jahres. Allerdings habe ich von nun an die Regeln geändert. Im Zebrastreifenblog gibt es nun zwei Beiträge außer Konkurrenz. Der Stig ist ja immer leicht erregbar und hatte schon rumgeschrien, ich soll die zwei Beiträge endlich löschen. Der Zebrastreifenblog sei ein modernes Medium mit  journalistischem Anspruch. So Katzenbilder könnten sich alle sonstwo hinstecken. Er meinte die BVB-Torten. Sie sind so was wie die Katzenbilder des Zebrastreifenblogs. Populärer als diese BVB-Fußballtorten waren wie in den hundert Jahren zuvor keine anderen Beiträge. Von nun an erhalten Die schönsten Fußballtorten der Welt Folge VI – Borussia Dortmund“ und Die schönsten Fußballtorten der Welt Folge XXV – Borussia Dortmund Teil 2″ nur noch eine namentliche Erwähnung. So können sie bei der Party dabei sein, aber still in der Ecke sitzend.

Der Stig hatte natürlich komplett vergessen, dass diese Tortenbilder auch einen nicht zu verachtenden Werbeeffekt haben. Der Mensch will visuell eingefangen werden, um ihn dann mit neuen Reizen so lange wie möglich auf der Plattform zu halten. Alles, was Facebook kann, kann ich viel besser. Denn ich mache es für den guten Zweck. Vielleicht findet der ein oder andere Leser von den Torten zu Worten mit Gewicht über den wirklich wichtigen Verein etwa in diesen Räumen hier.

Gerade dieses Mal gibt es unter den meistgeklickten Texten des letzten Jahres zwei, die vom eigentlich Sport hin zu grundlegenden Fragen unserer Gesellschaft führen.  Platz 5 belegt:  Mit welcher Botschaft weht eine türkische Fahne? Den Text habe ich nach dem letzten Drittligaspiel geschrieben. Die Spieler feierten Aufstieg und Drittligameisterschaft auf dem Rasen. Tugrul Erat legte sich dabei zunächst eine Fahne der Türkei um. Was für mich in Ordnung gewesen wäre, wenn die Fahne in jenen Wochen damals in Deutschland nicht von den Erdogan-Unterstützernn okupiert worden wäre. Sie war für mich nicht mehr das Staatssymbol. Das ließ sich natürlich auch anders sehen. Mein Text stieß leider nur bei Facebook eine Debatte an, und um diese Debatte ging es mir eigentlich. Öffentliche Debatte heißt Austauch von Argumenten und nicht Gegenüberstellen von Meinungen mit anschließendem Krakelen. Diese Argumente wurden damals ausgetauscht.

Für den drittplatzierten Beitrag des Vorjahres hoffte ich sehr auf Konstanz in der Klickhäufigkeit. Tatsächlich findet sich dieser Beitrag 2017 erneut in meiner Bestenliste, auf Platz 4, wieder. Über die Zeit habe ich den Text zweimal angepasst, denn das Buch über die Rettung des MSV im Sommer 2013 und die anschließende Zeit bis zum Wiederaufstieg zwei Jahre ist nun ein Jahr in Duisburger Buchhandlungen, beim Online-Oligarchen und eben mir weiterhin erhältlich. Also, erneut auf Wiederholung gehofft für: Jetzt bestellen – Mehr als Fußball. Das Buch über Duisburg im Sommer 2013 und den Wiederaufstieg des MSV. Und natürlich auch gerne noch bestellt, denn die zweite Auflage liegt weiterhin bereit.

Auf  Platz 3 findet sich der Spielbericht zum Heimspiel des MSV gegen Magdeburg: Wenn das Versprechen auf ein Spitzenspiel gehalten wird. Die Klickzahl ist auch mit Hilfe der Auswärtsfans erreicht worden. Sie hatten schon in Duisburg die Süd beeindruckend gefüllt und ihre Mannschaft so supportet, wie es bis dahin an der Wedau in den letzten Jahren meiner Erinnerung nach nicht geschehen war. Das Spiel endete Unentschieden, und wir dachten seinerzeit noch, wir hätten zwei mögliche Aufsteiger gesehen. Aufgestiegen ist dann ja doch nur die uns nächste Mannschaft unserer Zuneigung.

Platz 2 belegt: Der TSV 1860 München als Gegenbild vom MSV.  Auch hier spielte das Interesse der Fans aus München bei der Klickzahl eine Rolle. Für mich zeigten Insolvenz und Folgen bei 1860 noch einmal, welch besonderes Geschehen der Zusammenhalt im Sommer 2013 rund um den MSV in Duisburg gewesen ist. Denn Fans, die für ihren Verein einstehen, sind das eine. Das reicht aber nicht, um einen bedrohten Verein zu retten. Ohne all diejenigen, die mit dem MSV finanziell verbunden waren und sich ebenfalls für den Verein und Duisburg verantwortlich fühlten, wäre dieser Zusammenhalt ins Leere gelaufen.

Auf Platz 1 befindet sich ein Text, der uns hilft, den Zufall als Erfolgsprinzip im Leben zu akzeptieren. Nicht wegen seines Inhalts, wegen des besonderen Grunds für die Klickzahl. Die meisten Klicks des Jahres galten: Das ist mal eine Anekdote über die Bielefelder Alm. Den Text habe ich schon 2010 geschrieben. Populär wurde dieser Text sieben Jahre später, als im Forum der Frauenzeitschrift Brigitte die Frage aller Bielefeld-Fragen aufkam, warum die Alm wohl Alm heißt. So kam der Text zu später Popularität. 2010 hatte auch ich mal nachgesehen und mich über die  langweilige, recht beliebig wirkende Alm-Geschichte auf der Arminia-Seite amüsiert und gedacht, so eine Anekdote als Erklärung anzuführen, das kann ich unterhaltsamer. Gedacht, geschrieben und nun ist eine zweite Erklärung in der Welt, die manche Brigitte-Leserinnen und -Leser nun vielleicht für genauso wahr halten können wie jede andere Anekdote. Fake-News sind übrigens etwas ganz anderes.

Und nun der Blick nach vorne. 2018, wir im Zebrastreifenblog, wir sind bereit. Der Stig, Ralf und ich, wir werden auch in diesem Jahr einen Teil unserer Arbeitszeit in diesen Räumen hier verbringen und weiter vom neuen MSV-Gefühl schwärmen. Meine Art über den Fußball zu schreiben hat mich in dieser Saison immer wieder auch zu anderen Textformen geführt, weil ich viel von dem, was in einem Spiel über den Fußball hinausgeht, schon einmal gedacht und in Worte gebracht hatte. Die Spieltagslyrik als andere Form meines Schreibens machte mir große Freude, und manchmal stelle ich mir einen Mäzen vor, der es mir ermöglichte, eine Saison lang nach jedem Spiel ein Spieltagsgedicht zu verfassen; ein Spieltagsgedicht, das nicht schnell geschrieben werden muss, bei dem ich mir Zeit lassen kann, um formal und sprachlich noch anspruchsvoller zu sein, um jene Kunst zu schaffen, die so leicht daher kommt, dass sie den besten spielerischen Momenten des MSV entspricht. Mal sehen, wir auf den Rängen dürfen auch manchmal träumen.

Also, 2018, wir gehen ins Stadion, wir sehen uns, wir lesen uns. Klingt verdammt gut, 2018, so kann es weitergehen.

Silvesterfeuerwerk mit Fabian Schnellhardt

Gerade versuche ich mich daran zu erinnern, ob in den seligen Fußballreporterzeiten der 60er- und 70er-Jahre-Sportschau neben der Granate und der Bombe auch die Rakete als bildhafter Verweis auf Schussgeschwindigkeiten zu hören war. Noch war das Militärische im Alltag selbstverständlich abrufbar. Für Fabian Schnellhardts Tor des vergehenden Jahres gegen Preußen Münster in der Nachspielzeit wäre solch ein Aufschrei jedenfalls sicher gewesen. Was für eine Granate! Was für ein Bombenschuss! Was für eine Rakete!  Ich nehme das jetzt aber als gegeben an. Deshalb gilt heute: die Raketen für mein Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr gibt mir Fabian Schnellhardt in Endlosschleife. Kommt gut rein ins neue Jahr. Wir sprechen uns 2018 wieder. Dann gibt es aber so was von richtige Wünsche und den Rückblick auf die meistgelesenen Texte des Jahres 2017.

Die unerschöpfliche Welt der youtuber – LaMaTV mit Ein Tag als Ultra des MSV

In meinen Schreibwerkstätten mit Kindern und Jugendlichen bleibe ich auf dem Laufenden. Ob Bibis Beauty Palace für die Mädchen oder Gronkh für die Gamer unter den Jungen, die Welt der Youtuber ist immer ein Thema, das interessiert, wenn Schülerzeitungen gefüllt werden sollen. Die Kinder eifern den Stars der Szene nach, und die Jungen, die mit elf schon besonders cool sein wollen, erzählen beiläufig von ihrem eigenen Youtube-Kanal. Fast alle Mädchen dagegen konsumieren Youtube nur. Sie sind bei Musically unterwegs und imitieren die Popgrößen der Zeit. Ein dreifaches Hurra auf Rollenklischees.

Die Welt der youtuber kennt aber nicht nur die Stars der Szene. Diese Welt ist unerschöpflich. Als ich vorhin nach passenden MSV-Clips für meine Lesung am 2. September beim Platzhirsch Festival suchte, bin ich auf den Frankfurter LaMaTV gestoßen, der seine erste Folge der Fanhopping-Reihe dem MSV widmet.

Er hat in der letzten Saison das Spiel des MSV bei Wehen Wiesbaden besucht und sich in die Gästekurve gestellt. Authentisch ist ja das Zauberwort der Social-Media-Welt. Auf mich, in meinem fortgeschrittenen Alter, wirkt diese Authentizität der ersten Minuten des Clips allerdings kurios, und ich sehe geradezu, wie mancher Anhänger des MSV diese Bilder zu Beginn zum Ventil für die eigenen schlechten Gefühle machen könnte. Anscheinend möchte er die Atmosphäre bei Spielen dokumentieren und Bilder für sich sprechen lassen. Ich selbst empfinde das für die Länge des Clips als zu wenig, aber jeder, wie er will. Sein Clip zeigt also vor allem den Support.

Die Kurve sollte sich freuen über diese Aufmerksamkeit von LaMaTV. Schließlich steht der MSV in der ERSTEN Folge im Blickpunkt. Und ab Minute 13.30 sehen wir den Fanhopper im Resumée vom Dauer-Support trotz hohem Rückstand beeindruckt. Er bedauert die 0:3-Niederlage für die vielen mitgereisten Fans.

Aufstiegsgedenktafel am Südstadion

Meine Wege in Köln führen mich immer wieder mal am Südstadion vorbei. Zu meiner Überraschung erinnert dort die Fortuna mit einem Plakat an den Tag des Aufstiegs vom MSV. Ich hielt sofort an, stieg vom Fahrrad ab und gedachte still des für die Zukunft des MSV so bedeutenden Tages. Ein Foto habe ich dann auch noch gemacht.

Das ist eine schöne Geste für jeden MSV-Fan, auch wenn Plakatpapier sehr witterungsanfällig ist. Vielleicht findet sich ja mit der Zeit ein Sponsor für eine Steintafel mit eingemeißeltem Text. Bronze- oder Kupfertafel gefielen mir persönlich weniger gut. Ihr könnt euch ja schon mal den geeigneten Text überlegen.

Der TSV 1860 München als Gegenbild vom MSV

Die Entwicklung beim TSV 1860 München ließ sich über die Jahre gut in der Berichterstattung durch die Süddeutsche Zeitung mitverfolgen. Der Verein war auf Gedeih und Verderb seinem Investor Hasan Ismaik ausgeliefert. Der Grundkonflikt war über die Zeit seines Investements hin immer derselbe. Er wollte die absolute Macht in Verein und Wirtschaftsunternehmen. Wahrscheinlich ist ihm zu Beginn seines Investements überhaupt nicht klar gewesen, dass in Deutschland gerade diese Machtübernahme durch die 50+1-Regelung wirklich verhindert werden soll. Anders kann man sich nicht erklären, wieviel Energie in anwaltliche Arbeit gegangen ist, um auf Entscheidungsprozesse in dem Verein und in der KGaA Einfluss zu nehmen. Vorstände sind zurück getreten, weil nur dieser Rücktritt das Überleben des Vereins ermöglichte. Denn immer ging es beim Geldfluss auch um die Frage, wie kann Ismaik oder seine Bevollmächtigten das operative Geschäft kontrollieren.

In der Süddeutschen Zeitung ist heute zu lesen, wie Hasan Ismaik vor dem Relegationsspiel erneut die absolute Macht einforderte und nur dann bereit war, das für die Zweitligalizenz nötige Geld zu überweisen. Kurios wirkt das Ganze im ersten Moment auf mich, weil seit Jahren beim TSV 1860 München die leitenden Positionen der KGaA nur mit Hilfe und Einverständnis des Investors besetzt sind. Bei näherer Betrachtung ist das sehr interessant, weil diese Angestellten des Wirtschaftsunternehmens schließlich immer auch anderen Interessen als denen des Investores haben folgen müssen. Sie gerieten also in Konflikt mit dem Mann, dem sie ihre Anstellung verdankten. Zwangsläufig wendete sich Ismaik dann jeweils wieder von seinen „Männern“ ab. So kommt es mir jedenfalls vor.

Im selben Artikel erfahre ich, der Verein muss bis Freitag 11 Millionen Euro vorweisen, um die Lizenz für die 3. Liga zu erhalten. Ob Ismaik zahlt, steht in den Sternen. Wie aber soll in dieser kurzen Zeit anderweitig Geld aufgetrieben werden? Diese Frage habe ich sofort vor Augen und da ich diese Frage vor Augen habe, erinnere ich mich endgültig an den MSV im Sommer 2013. Das Geschehen beim TSV 1860 München verdeutlicht noch einmal, welch grandiose Leistung von allen beteiligten Menschen die Rettung des MSV Duisburg gewesen ist.

Es verdeutlicht zum einen, wieviel Arbeit schon vor dem Lizenzentzug zur Verbesserung des Binnenklimas beim MSV Duisburg etwa ab 2012 hatte geschehen müssen. Davon bekam die Öffentlichkeit nichts mit. Nur weil es diese Vorarbeit gab, konnte diese aussichtslos scheinende Situation nach dem Lizenzentzug im Sommer 2013 bewältigt werden. Zum anderen lässt sich im Kontrast zum Geschehen beim TSV 1860 München noch einmal würdigen, welch Kraftakt es war, das benötigte Geld für die Drittligalizenz zusammen zu bekommen und dann in dieser 3. Liga zwei Jahre zu überleben, nur ein Jahr Atempause in Liga 2 zu nehmen und dann erneut mit den finanziellen Bedingungen in Liga 3 den Wiederaufstieg anzustreben. Was für ein Hochseilakt ist das gewesen. Das Gegenbild in München erinnert uns, es war und ist nicht selbstverständlich, dass der MSV Duisburg in der nächsten Saison in der 2. Bundesliga spielt. Ich bin gerade wieder sehr dankbar für die Rettung des MSV im Sommer 2013 und für die Arbeit im Verein in den Jahren danach.

Was mir nun die Gelegenheit bietet, noch einmal darauf hinzuweisen: Wer nachlesen will, wie diese Rettung geschehen ist und wie es zum Aufstieg zwei Jahre später kam, der findet in „Mehr als Fußball“ diese Geschichte über den MSV als Geschichte für Duisburg. Denn Duisburg braucht gute Geschichten über sich selbst, Geschichten zum weitererzählen.

 

 

Niederrheinpokalsieger…EM…ES…VAU…weiß und blau…EM…ES…VAU

Die Mannschaft des MSV war gestern sehr viel motivierter als ich heute. Ein Text für das Ruhrort-ABC wartet, und der wird  sehr viel länger gelesen werden, als die Worte heute über den Sieg des MSV im Niederrheinpokal 2017. Das Ruhrort-ABC benötigt also meine Aufmerksamkeit sehr viel mehr als dieses Finale. Welch brisante Spiele waren das in den ersten beiden Drittligajahren vom MSV in diesem Wettbewerb. Viel war davon nicht mehr zu spüren. Das war schon im Spiel gegen RWO so.

Zum einen habe ich den Eindruck, die letzte Saison in der 2.Liga hat für viele von uns den Wert dieses Wettbewerbs gemindert. Wir sind in diese Saison mit dem Selbstbewusstsein eines Zweitligisten gegangen. Auch deshalb waren wir so oft unzufrieden mit der Leistung der Mannschaft in den Punktespielen. So war der Aufstieg das einzig wichtige Ziel und entsprechend gering war die Aufmerksamkeit für den Niederrheinpokal. Doch gerade im Niederrheinpokal war zu erkennen, das Selbstbewusstsein hat es zurecht gegeben. Am Sieg des MSV gegen RWE gab es keinen Zweifel.

Die Zebras spielten souverän. Jeder einzele Spieler schien sich seiner überlegenen Fähigkeiten sicher. Als einziger fiel Mael Corboz im defensiven Mittelfeld etwas aus der Reihe. Offensichtlich sollte er währnd der Saison im Niederrheinpokal Spielpraxis gewinnen. Er wirkte sehr vorsichtig und fast immer darauf bedacht, nur keinen Fehler zu machen. Er lief mit und muss für Einsätze in anderen Wettbewerben deutlich mehr Verantwortung übernehmen.

In der ersten Halbzeit hatte die Mannschaft das Spiel komplett im Griff. Ruhig, kontrolliert, aber stets mit Zug zum Tor wurden die Angriffe heruntergespielt. Die Führung durch Simon Brandstetter nach hervorragender Vorarbeit von Fabian Schnellhardt war verdient. Nach der Halbzeitpause dann die Pyroshow auf beiden Seiten. Fußball als Bühne für Selbstdarstellung und den Versuch, sich in dieser Gesellschaft wichtig zu fühlen. Ihr seht, ich versuche meinen Ärger etwas zu bändigen, indem ich Erklärungen anbiete. Nach der längeren Spielunterbrechung passierten den Essenern leichtere Stockfehler, die die Zebras zu gefährlichen Offensivaktionen nutzten. Die Folge: ein Freistoß nahe der Strafraumgrenze, den Kevin Wolze sehr gefühlvoll ins Toreck hob.

Die Freude von Ilia Gruev an der Seitenlinie zeigte so deutlich, wie sehr er nach dem Aufstieg in Köln auf diesen perfekten Saisonabschluss hingearbeitet hat, wie sehr er ihm am Herzen lag. Danach gelang es RWE ab der 60. Minute etwa etwas Druck zu entwickeln. Zum ersten Mal kam ein wenig Pokalkampf auf. Mit etwas Glück wäre vielleicht ein Anschlusstreffer gefallen. Ein Abseitstor fiel ja sogar, aber der MSV wirkte weiter sehr souverän angesichts der beschränkten Offensivmöglichkeiten der Essener in Strafraumnähe.

Nach dem Schlusspfiff leerte sich das Stadion schnell. Dieser Niederrheinpokal war also auch für die Essener als Wettbewerb nicht wirklich wichtig gewesen. Es gab nichts auszukosten. Auch die Spieler von RWE erhielten schließlich eine Medaille bei der Siegerehrung. Diese Siegerehrung war unscheinbarer als vor drei Jahren in Duisburg. Sie entsprach der Bedeutung dieses Wettbewerbs, der ja durch den Titel „Tag der Amateure“ und der Dauerpräsenz durch die TV-Übertragung sämtlicher Länderpokalspiele aufgewertet werden soll. Dabei offenbart sich einfach nur der Widerspruch, den professionellen Unterhaltungsbetrieb Fußball mit dem Breitensport des Amateurbereichs auszusöhnen.

Wenn ich darüber wirklich nachdenke, werde ich genauso ärgerlich wie über die Pyro-Selbstdarsteller auf beiden Seiten. Zu Ärger nach einem Finalsieg des MSV habe ich aber keine Lust. Also, Niederrheinpokalsieger EM-ES-VAU, und damit Schluss für heute, höchstens noch ein paar Fotos anschauen und Bewegtbilder.

 

Die Mannschaft wartete auf die Siegerehrung und vertrieb sich die Zeit beim gemeinsamen Feiern mit den Fans.

Lyrischer Niederrheinpokalfinalistenvergleich

RWE-MSV

Doch, gut, die Hafenstraße weist drauf hin,
was Becken am Kanal für Essen sind.
Doch, ja, das macht für Essen wirklich Sinn,
das sind so Häfen für ein kleines Kind.

Mit wenig Schiffsverkehr, kaum Fläche Wasser,
der Name nur verspricht die weite Welt.
Wenn man dorthin fährt, wird die Aussicht blasser.
Für Essener aber gilt, die Stimmung hält.

Demnächst soll es die Fußballstraße geben.
An die Pokalestraße wird gedacht.
Erst so kann Essen dann auch damit leben,
wie Duisburg Wirklichkeit aus Namen macht.

 

Mit welcher Botschaft weht eine türkische Fahne im MSV-Stadion?

Ein Debattenkommentar von Jens-Christian Rabe in der Süddeutschen Zeitung gibt nun den Ausschlag. Zeiten wie diese, so meint er, bräuchten mehr Deutungsmut. Sie bräuchten mehr Interpreten und zwar solche, die nicht eitel auf ewige Wahrheiten schielen, sondern einfach „frohen Mutes den klügstmöglichen Vorschlag zum Weiterreden und Weiterdenken machen.“ Ich nehme ihn also mal beim Wort und versuche mich in einer solchen Deutung, weil mir seit dem Spiel am Samstag eine türkische Fahne nicht aus dem Kopf geht.

Ich vermute, Familie und Freunde von Tugrul Erat saßen auf der Tribüne. Jemand aus der Gruppe schwenkte während des Spiels schon sehr ausdauernd die türkische Fahne. Tugrul Erat hat einen türkischen Pass. Sie galt ihm als Unterstützung, und diese Fahne kann natürlich alleine seine Wurzeln in der türkischen Kultur ausdrücken. In etwa so wie ich in Köln meine Verbindung zum Ruhrgebiet weiter pflege und sie mit meinem Kölnersein munter mische. In so einem Sinne wäre es kein Problem, dass Tugrul Erat nach dem Schlusspfiff die Fahne gegeben wurde und er sie sich vor der Ehrung umhing.

Die Pfiffe im Stadion in dem Moment zeigten aber schon, es gibt sehr wohl ein Problem. Diese Fahne der Türkei trägt in den letzten Wochen mehr als die Botschaft türkischer Kultur in die Welt. In den letzten Wochen hat diese türkische Fahne im öffentlichen Raum  eine politische Botschaft transportiert. Die türkische Fahne war von den Anhängern des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan okupiert worden.

Wer die türkische Fahne in der deutschen Öffentlichkeit zeigte, wollte damit auch seine Unterstützung der Politik Erdoğans zeigen. Der türkische Staatspräsident schafft die Demokratie in der Türkei ab. Der Terrorismusverdacht ist sein Mittel, um die Meinungsfreiheit im Land zu unterbinden. Eine freie Presse ist so gut wie verschwunden. Unzählige Journalisten sind in Haft. Rechtsanwälte geraten in Gefahr, wenn sie auf die Einhaltung von Gesetzen drängen. Willkürverhaftungen sind an der Tagesordnung. Enteignungen gibt es. All das ist bekannt und wird in der deutschen Presse immer wieder von sehr unterschiedlichen Stimmen berichtet. Deutsche Journalisten schreiben darüber. Deutsche Zeitungen geben unabhängigen türkischen Journalisten und Schriftstellern Platz, damit sie über ihre Erfahrungen schreiben können. Zum Teil sind diese Menschen aus der Türkei geflohen. Der deutsch-türkische Korrespondent der Welt Deniz Yücel sitzt seit Wochen in Haft.

All das steht momentan mit der türkischen Fahne als Botschaft in der Öffentlichkeit. Ich will kein Wasser in den Meisterschaftsfeierwein schütten. Dennoch möchte ich in Zeiten wie diesen so eine Botschaft nicht auf dem Rasen meines Vereins sehen. Später hat Tugrul Erat die Fahne zusammengefaltet. Vielleicht ist ihm dann erst der Gedanke gekommen, was diese Fahne zur Zeit alles auch bedeutet. Es mag sein, dass andere weniger empfindlich sind und nur die Freude des Moments sehen. Ich bin so empfindlich, weil ich sehe, dass in Europa überall demokratische Werte von immer mehr Menschen nicht mehr als notwendige Bedingungen für die eigenen Lebensmöglichkeiten angesehen werden. Deshalb müssen wir über diese türkische Fahne auf dem Rasen des Stadions reden.

Ohne Aufstiegszwang gewinnt sich’s leichter

Der MSV Duisburg wollte Meister der 3. Liga werden. Damit das auf jeden Fall gelingt, musste das Spiel gegen den FSV Zwickau gewonnen werden. Anscheinend war mit dem Druck während nur eines Spiels leichter umzugehen als mit dem grundsätzlichen Druck aufsteigen zu müssen. Beim 5:1-Sieg gegen den FSV Zwickau zeigte die Mannschaft eine glänzende Leistung. Mit diesem Sieg schloss sich der Kreis dieser Saison. Denn solch souveräne Spiele hatten wir zu Beginn der Spielzeit ebenfalls schon gesehen.

Das Selbstbewusstsein der Mannschaft war für jeden erkennbar. Es drückte sich im unbedingten Offensivspiel aus. Der FSV Zwickau war allerdings auch bereit, das Spiel mit zu gestalten. Diese Zwickauer agierten nicht defensiv, sondern suchten ebenfalls ihre Chance im Angriff. So wurde diese Begegnung auch deshalb ein attraktives Fußballspiel, weil die Zwickauer etwas riskierten. Vielleicht müssen wir uns für den Rückblick auf die Saison dieses Spiel vergegenwärtigen und das Zwickauer Offensivspiel. Vielleicht werden wir dann milder mit der Vorsicht dieses MSV während der Saison, eine Vorsicht, die so schnell den Eindruck einer behäbigen Spielweise hinterließ.

Vor dem Spiel herrschte allerorten eine entspannte Stimmung. Früher als bei den anderen Ligaspielen strömten wir alle zum Stadion. Am Bahnhof die Begegnung mit den schon am Freitag angereisten Zwickauern. Der Gästeblock war voll für die weite Anreise. Was die Bedeutung des Vereins in Zwickau zeigt. Eine Bedeutung, die auch wir in Duisburg für den MSV kennen und die uns um diesen Verein während der Saison hat Zittern lassen. Nun waren wir entspannt, weil das Überleben des Vereins in der Größe, die wir uns ersehnen, nur durch den Aufstieg mögich gewesen war. Das einzig wirklich wichtige Ziel dieser Saison war erreicht. Jetzt ging es darum, die gute Laune zu bestärken.

Die Mannschaft tat uns den Gefallen. Die Spieler wollten Meister werden. Der Rückstand in der 16. Minute irritierte nur bis zum Wiederanstoß. Sofort nahm der MSV das Heft wieder in die Hand und suchte seine Chance auf den Ausgleich. Die Räume für Kombinationsspiel waren da. Schnelles Spiel über die Flügel gelang, und so ein schnelles Flügelspiel führte nur drei Minuten später zu einem scharfen Pass in den Strafraum, wo Andreas Wiegel trotz enger Deckung direkt abschloss. So selbstbewusst kann er also auch spielen. Sein zweites Tor zur Führung kurz vor der Pause schien folgerichtig. Ein weiter Pass in die Spitze, den er sich erläuft, um den Torwart zu umkurven und einzuschieben.

Die Stimmung wurde noch entspannter. Munter ging es nach der Halbzeitpause hin und her. Schöne Aktionen einzelner Spieler waren zu sehen. Wenn Dustin Bomheuer auf Höhe des eigenen Strafraums den Ball nicht wegschlägt, sondern nach Dreieckspiel noch einen Haken schlägt, um den angreifenden Stürmer aussteigen zu lassen, wissen wir, wie sicher sich diese Spieler  alle waren. Von Fabian Schnellhardt erwarten wir solch Selbstbewusstsein und bewundern seine minimalen Bewegungen  bei der Ballannahme, mit denen er seine Gegenspieler ins Leere laufen lässt.

Enis Hajris Kopfballtor zum 3:1 war ein Sinnbild für seine letzten Spiele. Sein Wille war in diesen letzten Wochen vor dem Aufstieg zu einem Tragpfeiler der Mannschaftsleistung geworden. Die Wucht dieses Kopfballs hatten wir zuvor schon gesehen gegen Frankfurt, gegen Lotte – mit unterschiedlichem Erfolg. Nun machte er den Sieg sicherer. Und nur eine Minute später erhöhte Kingsley Onuegbu lehrbuchmäßig ebenfalls per Kopf nach einer Janjic-Flanke. Solche Spielaktionen sahen nun alle leicht aus. Diese Spieler auf dem Feld waren im Kopf frei geworden. Was wir sahen war nun die reine Freude am Spiel. Wir auf den Rängen feierten und freuten uns noch über das Tor vom eingewechselten Kevin Wolze kurz vor Schluss.

In dieser entspannten Freude wurde schließlich der Drittligameister MSV Duisburg gefeiert. Die Saison war für uns alle emotional anstrengend gewesen. So oft hatte uns das Spiel dieser Zebras enttäuscht. Für die Spieler war es aus anderen Gründen emotional anstrengend. Es gab kaum Spielraum für Fehler. Am letzten Spieltag haben wir alle gemeinsam unser Leben mit dem Fußball des MSV wieder zurecht gerückt. Dieser 5:1-Sieg war in gewisser Weise ein Vergessen der Überlebensnotwendigkeiten, ein Vergessen von all dem, was diese Saison so schwer hat werden lassen. Dieser Sieg war ein Seelenbalsam für uns alle. Auf diese Weise können wir der 2. Liga entgegensehen. Wir wissen alle, wie schwer es wird, die Klasse zu halten. In guter Stimmung aber ist die Zuversicht einfach viell größer.

Kleine Anekdote am Rande: Im Moment des Abschieds vom MSV-Ausstatter bekomme ich zufällig mit, eines von vielen Uhlsport-Werbegesichtern gewesen zu sein. Kees Jaratz auf dem Werbefoto eines Sportartikelherstellers ist nun auch Geschichte. Ich überlege noch, warum das ein gutes Vorzeichen für die kommende Saison ist.

 


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