Archive for the 'Saison 2021/2022' Category

Alles Gute für 2023 mit der Blog-Tabellenspitze von 2022!

Soll ich meine Worte aus dem letzten Jahr einfach wiederholen? Soll ich nochmals zweifeln, ob es angebracht ist, meine Wünsche für das neue Jahr mit einem Rückblick auf das alte zu verbinden? Schon wieder habe ich das Gefühl, einfach nur nach vorne sehen, hätte sowohl für den MSV als auch für das Leben überhaupt einiges für sich. Noch mehr als im letzten Jahr rücken Sorgen um den MSV deutlich in den Hintergrund gegenüber dem, was es sonst so für Probleme in dieser Welt gibt.

Manchmal war es im letzten Jahr für mich richtig erleichternd, auf die Schwierigkeiten dieses Vereins zu schauen. Wenigstens dort hatte ich das Gefühl, die Lösungen für die Schwierigkeiten sind klar erkennbar, leicht zu erklären und für alle Beteiligten auch einsehbar. Dass entsprechendes Handeln dann doch wieder Zeit brauchte, erinnerte wieder an die größeren Aufgaben in dieser Welt. Dennoch bringen die Veränderungen beim MSV mich nun nach drei kargen Jahren der Wirkungsloskeit meiner Wünsche für den Verein wieder in die Lage, mit Hoffnung auch Richtung Verein „Alles Gute für 2023!“ zu rufen. Bei euch hatte ich nie Zweifel. Also, auf dass sie helfen bei dem, was sich die Zebras und ihr euch vornehmt.

Etwas von dieser Hoffnung steckt schon in dem Beitrag des Zebrastreifenblogs, der im letzten Jahr Platz 5 der meist aufgerufenen Texte belegt. Der MSV rief vor dieser Saison in einem Clip mit Joachim Hopp zu Unterstützung und Dauerkartenkauf auf. Meine Begeisterung für die Machart des Clips mit dem neuen Ton bei der Ansprache der Fans war groß und führte zum sprechenden Titel des Textes: Dass mich mein MSV so überrascht.

Lasst mich zwischendurch erwähnen, anscheinend sind sowohl sämtliche BVB-Fußballtorten-Interessen inzwischen befriedigt als auch die Neugier zum Namen der Bielefelder Alm. Seit Jahren liefen nur noch außer Konkurrenz die BVB-Fußballtorten mit und der Anekdoten-Text darüber, wie die Bielefelder Alm zu ihrem Namen kam. In diesem Jahr hieß es für diese Beiträge Abschied nehmen von den vorderen Plätzen.

Platz 4 belegt ein Text zur jüngsten Aufregung um den MSV. Zunächst hatte ich nichts schreiben wollen, um nicht zusätzlich Öl ins Feuer zu gießen. Alles schien nur eine von Schauinsland-Vertreter Andreas Rüttgers ausgelöste ausufernde Diskussion im MSVPortal zu sein. Doch versandete sie nicht wie zu früheren Gelegenheiten. Schließlich hatte ich das Gefühl, etwas einordnen zu müssen: Der MSV, Andreas Rüttgers und das richtige Leben. Dass alles aus dem Portal raus schwappte ins richtige Leben, war angesichts von Andreas Rüttgers unbeirrter, verstörender Kommunikationsweise abzusehen.

Dass die Niederlage im Niederrhein-Pokal gegen Rot-Weiß Oberhausen im Verein und bei den Anhängern die Gemüter erregte, zeigt sich am großen Interesse für meinen Text nach dem Spiel, der Platz 3 belegt. Mehrheitsfähig war meine Meinung dennoch nicht. Klares Denken wieder möglich?, habe ich den Text genannt. Der Titel deutet an, dass ich die Niederlage nicht als Komplettversagen der Mannschaft erlebt habe.

Unser aller große Erleichterung, dem Abstieg in der letzten Saison zu entkommen, erweist sich mit dem Beitrag auf Platz 2. Nichts anderes als das Dokument zur Rettung zeigt sich schon im Titel: Läuft! – Soll und Haben im Tabellenrechner. 33. Spieltag.

Es verbietetet sich nun, diese Reihung einer numerischen Tabelle einfach fortzuführen. Mit großem Vorsprung war mein Nachruf auf Holger Glücks der meistgelesene Text des letzten Jahres – Der „Deepsky“ fehlt seit Freitag für immer – Holger Glücks †. So zeigt sich noch einmal das besondere Wirken dieses Anhängers des MSV über den Fußball hinaus.

Zum Schluss nun lasst uns auf einen wieder erfolgreicheren MSV hoffen. Ich gebe zu, das mache ich auch aus eigenem Interesse. Denn Zebra-Fans ohne Sorgen interessieren sich intensiver für Bücher über den MSV. Auch das war das letzte Jahr: Meine MSV Duisburg Fußballfibel war im März erschienen. Ich freue mich auf die Lesungen in diesem Jahr und den Spaß beim gemeinsamen Erinnern mit euch an unser Leben mit den Zebras.

Habt ein gutes Jahr. Wir sehen uns. Bleibt gesund!

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Entspannt im Studio der Lokalzeit Duisburg

Im Grunde arbeiteten der MSV, ich und auch meine Kollegin Tina Halberschmidt seit dem letzten Herbst an einem ganz neuen Angebot für MSV-Fans. Dabei ging es im weitesten Sinn um etwas Transzendentes, Religiöses. Es ging um das ewige Leben. Wir schrieben zwei Bücher, mit denen wir uns unabhängig von den Aussichten des MSV in der Gegenwart machen wollten.

Sowohl die „Populären Irrtümer und anderen Wahrheiten“ über den MSV im unterhaltsamen Sachbuchsegment als auch die literarisch angelegte „MSV Duisburg Fußballfibel“ mit der Erzählung über ein Leben mit dem MSV in Duisburg setzten ein immer währendes Interesse am MSV Duisburg voraus; ein Interesse, das vom sportlichen Erfolg nicht beeinträchtigt wird, ewig ist und sich dem bedrohlichen Siechen und Sterben vom MSV in einer Liga widersetzt.

Noch braucht unsere Haltung Propheten und Missionare, noch zeigt sich, sportlicher Misserfolg verleidet vielen die Laune so sehr, dass die weitere Beschäftigung mit dem MSV nur alte Wunden wieder aufreißt. Ich kann das verstehen. In gewisser Weise ging es mir ähnlich bei der Berichterstattung über die Fußballfibel. Ein leichtes Gespräch über den MSV angesichts eines drohenden Abstiegs passte nicht.

So führte erst die Erleichterung über den Sieg gegen Freiburg zu jener Entspannung, die den Studiobesuch bei der Lokalzeit Duisburg möglich machte. Beim Dreh für den Beitrag 14 Tage vorher musste ich gerade die Niederlage gegen 1860 verdauen und die wieder real gewordene Abstiegsgefahr verdrängen. Kein angenehmer Zustand. Welch Unterschied zum Montag. Beitrag und Studiogespräch sind noch 5 Tage in der Mediathek online. Ab Minute 9.29, davor gibt es einen Spieltagsbericht ab Minute 6.50.

Ooh…oohooo..MSV….weiß und blau…geschafft

So ein Mensch, der ein Partykiller sein will, braucht schon ein dickes Fell. Diese Freiburger wollten tatsächlich noch in der letzten Spielminute ein Tor machen. Ich konnte das nicht fassen. Hörten die nicht, was auf den Rängen gesungen wurde? Das war hymnisch, was wir unfassbar laut sangen – die getragene Melodie….das lang gezogene oooo als tiefes Raunen, als eine Art „roar“; das MSV, kürzer, manchmal sogar wie knallend, das weiß und blau wieder getragener, feierlicher.

Diese Freiburger wagten es noch einmal in diese Stimmung hinein, unsere Erleichterung zu bedrohen. Das war irritierend. Anscheinend konnten wir es auf den Rängen nicht mehr erwarten, dass endlich diese Zitterei vorbei war. Wir begannen den Klassenerhalt emotional schon vorwegzunehmen. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass dieser Support so anhaltend vernehmbar war. Den Support, den ich bislang nur in Spielsituationen gehört habe, in denen der MSV für den Tag sein Ziel erreicht. Vielleicht noch mal in ruhigen Spielphasen bei entspannten Spielen.

Wir schienen die Schnauze voll zu haben von diesem wirklichen Fußball. Wir wollten den ideellen Verein MSV Duisburg feiern, für den wir gekommen waren. Wir waren da. Wir waren präsent. Von so vielen Seiten hatte ich im Laufe der Woche genau diesen Appell gehört. Kommt! Schert euch nicht um die letzten Wochen. Spart euch die Kritik. Es geht um den Verein. Es geht um etwas Größeres als die schnöde eigene Enttäuschung.

Knapp 11.700 Zuschauer waren da und waren laut. Diese Zuschauer, wir alle wussten, worum es ging. Wir wollten so laut sein, als sei das Stadion ausverkauft. Der Zebratwist war die erste Ansage. Das MSV des Refrains knallte auf den Rasen wie schon Jahre nicht mehr. Das machte deutlich, wir werden unseren Part erledigen. Nun war es an den Spielern, sich auf diese Woge aufzuschwingen.

In den ersten zehn Minuten entschieden die Spieler des MSV und wir auf den Rängen gemeinsam dieses Spiel. Den Schalldruck verwandelten die Zebras in einen Pressingdruck, der die Freiburger in diesen wenigen Minuten überforderte. Deshalb geschah der Fehler. Zusammen haben wir diesen Abspielfehler beim Rückpass zum Torwart wahrscheinlicher gemacht. Ein Stoppelkamp-Tor, wie es typischer für ihn beim MSV nicht sein kann – diese Mischung aus Spekulation im freien Raum, instikthaftem Zug zum Tor und Coolness im Abschluss.

Ab der 30. Minute ungefähr hatten die Freiburger das Mittelfeld unter Kontrolle. Was natürlich nicht reicht, um ein Tor zu erzielen. Dazu fehlte in Strafraumnähe jene spielerische Überlegenheit, die die Kurzpass-Sicherheit im Mittelfeld andeutete. Mir reichte diese technische Überlegenheit, um für den Rest des Spiels zu zittern. Ich vertraute unserer Defensive keinen Augenblick. Ich war das gebrannte Kind, das bei einem Freiburger Ball etwa 20 Meter vor dem Tor den entscheindenden Stellungsfehler in unserer Defensive schon als geschehen sah. Ich schrie vor Entsetzten bei drei, vier Flanken auf, die fürs erste geklärt sofort wieder bei den Freiburgern landeten. Solche Bälle waren in früheren Spielen irgendwann auch ins Tor gegangen. Doch der Ausgleich fiel nicht. Meine Nervosität hielt an.

Die Zebras kämpften im gesamten Spiel um jeden Ball. Es wurde gegrätscht und nachgegangen. Eine kleine Schwächeperiode gab es zwischen 50. und 60. Minute in meiner Erinnerung. Von da an feierten wir jedes kurze Aufhalten eines Freiburger Angriffs bei uns. Jeder weggeschlagene Ball war uns einen Jubel wert. Die langen Bälle der Zebras ergaben dennoch ein paar winzige Chancen. Die Abschlüsse waren eher mäßig. Am meisten sorgte mich, diese Ruhe der Freiburger. Die spielten ihre Kombinationen herunter, als ob sie sicher wären, irgendwann seien die Zebras zermürbt und der Ausgleich werde noch fallen.

Deshalb beruhigte mich das hymnische Singen in den letzten Minuten. Es lenkte ab und nahm die Erleichterung ein wenig vorweg. Deshalb verwandelte sich meine Unruhe auch in empörende Ungläubigkeit. Ich fasste es nicht, dass diese Freiburger tatsächlich noch einmal den Ball in den Strafraum schlugen und dort eine zunächst unübersehbare Situation schufen. Den Freiburgern machte es tatsächlich nichts aus, Partykiller zu sein. Die hatten nicht den Anstand, sich an deren Klassenerhalt bei uns in den 90ern zu erinnern. Damals hatten sie einen Sieg nötig. Den haben sie geschafft, und der MSV hat sich in in meiner Erinnerung nicht sehr dagegen gewehrt. Nichts davon gestern. Das hymnische Singen nur senkte meinen Blutdruck etwas. Bis der Schlusspfiff uns erlöste.

Was für eine Erleichterung. Was für ein Zittern und Bangen. Noch einmal in diesem Spiel. Mit einer ersten Halbzeit, die mir lang wie ein ganzes Spiel vorkam. Mit einem Stadion, in dem mit uns auf den Rängen auch der Geist von sämtlichen MSV-Fans aller Zeiten anwesend war. Das war der MSV an diesem Tag. Die Spieler auf dem Rasen, wir auf den Rängen lebten an diesem Tag etwas, was sich nicht durch einen 1:0-Sieg und drei Punkten ausdrückt. Wir lebten eine Idee, ein Ideal unseres Fußballs, das über den Tag hinaus weist. Du bist es schon immer gewesen. Nur der MSV.

Ausgerechnet der Vermeij

Falls die Zebras heute doch verlieren,
was so unwahrscheinlich ja nicht ist.
brauche ich noch einen Hoffnungsschimmer.

Denn beim Heimspiel nächsten Samstag
gegen Freiburg wird es wieder schwer.
Dort hat momentan Vermeij ’nen Lauf.

Nach Belieben macht er seine Tore.
Ausgerechnet werden alle sagen,
wenn beim Ex-Verein das auch geschieht.

Ausgerechnet Vincent. Gegen alte
Kumpel, die ihm halfen anzukommen
in der deutschen Fußballwirklichkeit.

Selbstverständlich hat er noch in Duisburg
einige Kontakte und er wünscht den
Zebras, dass sie in der Liga bleiben

Ausgerechnet wird es dennoch heißen,
weil er seine Kopfballstärke zeigt.
Schussgleich fliegen Bälle Richtung Tor.

Gibt es einen Eckball für den Gegner,
steht er schließlich groß im eigenen Strafraum,
um die Defensive zu verstärken.

Kopfball, Tor und alte Freundschaft pflegen.
Ausgerechnet! Passt beim Selbsttor auch.
Ewig ist die Hoffnung. Manchmal seltsam.

Die Illusion vom Trost

Die Illusion vom Trost

Nach dieser hohen Niederlage
hielt ich für Trost, im nächsten Spiel
wird München nicht ein Gegner sein.
nicht Kaiserslautern, Magdeburg.
Auch Osnabrück wird nie dreimal
um Punkte gegen Zebras spielen.
Vergaß dabei nur Niederrhein,
und den Pokal und SV Straelen.
Der Gegner, eine Liga tiefer,
lässt uns für meinen Irrtum zahlen.
Zu sicher war ich meinem Trost,
so blind für Wahrheit dieser Zeit.
Es wiederholt sich das, was war,
die Mannschaft, ohne Kraft, wie tot,
ein drittes Aus im dritten Jahr.
Ein Spiel im Niederrheinpokal
für MSV-Fans eine Qual.
Nein – Osnabrück war nicht der Gegner
auch ‚lautern nicht und Magdeburg,
von München ganz zu schweigen.
Die Zebras können auch in Straelen
am Niederrhein ein Spiel vergeigen.


Spieltagslyrik – Die Klage und Der Trost

Es ist schon lange her, dass die Menschen in Gedichten vornehmlich Erbauliches suchten. Doch der Fußball hinkt der alltäglichen Kultur ja auch an anderer Stelle hinterher. Deshalb passen die zwei erbaulichen Gedichte zur Stimmung nach der hohen Niederlage gegen den TSV 1860 München.

Die Klage

Das nächste Spiel ist zwar das schwerste,
was läuft, versaut uns aber doch die Laune.
Der Klassenunterschied in einer Liga
weckt einmal noch das Abstiegsangstgeraune.
In jeder Hinsicht waren sie zu langsam,
Sie standen falsch und liefen hinterher.
Sogar ein siebtes Gegentor zu fürchten,
macht auch ein Spiel von heute mehr als schwer.

Der Trost

Das nächste Spiel ist zwar das schwerste,
doch heißt der Gegner dann nicht München,
nicht Kaiserlautern oder Magdeburg.
Auch Osnabrück wird uns nicht hoch besiegen.
Kein Abstieg, das verheißt das Restprogramm,
bekräftigt mit dem Blick auf and’re Plätze,
Denn selbst bei viel zu vielen Gegentoren,
ein Unentschieden noch, das reicht. Ich schätze!





Vom Verschwinden der Abstiegsangst

Verdammt hell gerade

Bin ich in Berlin, wohne ich beim Freund im Prenzlauer Berg. Das war schon zu Zweitligazeiten mit Besuchen bei Union und Hertha so. Nun zeigte sich am Samstag, die Wohnung war Mitte der 90er mit großer Voraussicht gewählt. Zum Jahn-Sportplatz sind es von dort aus sieben, acht Minuten zu Fuß. Wenn ich aus dem Fenster sehe, erinnert mich ein Flutlichtmast noch an den erzitterten 1:0-Sieg am Samstag.

Ich hätte nichts dagegen, wenn das der erste und letzte kurze Gang zum Berliner Auswärtsspiel des MSV gewesen wäre. Ich möchte wieder lange S-Bahnfahrten quer durch die Stadt machen, zur einen westlichen oder zur anderen östlichen Seite. Es fällt mit schwer zu beurteilen, wie wahrscheinlich das ist. Dafür, dass es mögich wird, spricht die Veränderung bei den Strukturen des Fußballunternehmens MSV. Dafür sprechen schön anzusehende Minuten der letzten Spiele mit gelungenen Offensivaktionen. Die wirken nicht zufällig. Da lässt sich ein Plan vermuten. Dagegen spricht mein Eindruck, das mögliche Scheitern des Spielaufbaus im Mittelfeld liegt manchmal sehr nahe. In dem Moment ist Holland in Not und nur die Qualität des Gegners bestimmt, wie gefährdet das Tor der Zebras ist.

Ihr seht, ich schreibe schon so, als sei der Klassenerhalt in trockenen Tüchern. Andere sind vorsichtiger. Ich denke, es muss schon sehr, sehr viel zusammenkommen, damit der MSV abstiege. Es gibt nichts, was es nicht gibt. Aber dieses Mal lehne ich mich ganz gegen meine sonstige Vorsicht aus dem Fenster.

Am Samstag haben wir den Sportpark an den anderen Plätzen vorbei verlassen. Dem unbekannten Fußballer war dort ein Denkmal gewidmet. Er hatte eine interessante Körperhaltung, die mich einen heimlichen Turner beim Flankenlauf vermuten lässt. Das müssen noch die Rumpelfußballer-Zeiten gewesen sein. Der Bildhauer hatte offensichtlich nur wenig Ahnung vom Fußball. Nicht nur wegen der Körperhaltung, auch weil er sonst er den nächsten Moment dieser Bewegung für die Skulptur gewählt hätte. Es wäre eine viel eindrucksvollere Skulptur geworden, wenn der Mann mit dem Blick auf den Ball in den Verteidiger reingerannt wäre. Vielleicht war der Bildhauer aber auch von dem sich ergebenden Getümmel handwerklich überfordert.

So ein Getümmel erinnert mich übrigens sofort an John Yeboah, der, technisch sehr viel besser, ebenfalls gerne mal in die Verteidiger läuft. Er ist eine Verstärkung, keine Frage. Er muss seine Dribblings versuchen, aber da ist noch einiger Spielraum fürs Lernen, damit zurechtzukommen, wenn ihm der Weg gleich von zwei oder drei Leuten zugemacht wird.

Merkwürdig übrigens auch, wie auf der anderen Seite des Stadions im Mauerpark so viele Menschen kurz nach dem Spiel des MSV so unberührt in der Sonne herumsaßen.

Wie die Wohnung meines Freundes befindet sich auch die Schank- und Kulturwirtschaft BAIZ nur wenige Gehminuten vom Stadion entfernt. Angesichts der überschaubaren Viktoria-Fans im Stadion habe ich keine Sorge vor unnötigem Reviergehabe bei der Lesung heute Abend. Der Stadionsprecher rief ja die Zahl von 700 Gästefans in die Runde. Es waren deutlich mehr Duisburger da. Ich denke, die Zahl bezog sich auf die Gästekurve. Auf mehr als der Hälfte der Tribüne saßen aber auch Fans des MSV. Da blieb nicht mehr viel Berliner Anhang. Ich freue mich also entspannt darauf, über den MSV, das Ruhrgebiet und mein Leben als Anhänger der Zebras im Kiez der Viktoria sprechen zu können.

Trend! Wer solche Freunde hat

Der Trend war our friend. Es ging lange Zeit aufwärts und die anderen unten blieben auf ihren Abstiegsplätzen. Aber wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Was für ein wankelmütiger Geselle. Bleib mir bloß weg, mein Trend. Verl gewinnt am Samstag, Viktoria Berlin gewinnt gestern – gegen Magdeburg! Gegen den uneinholbar wirkenden Spitzenreiter. Und der MSV verliert so, dass sämtliche weggepackten Abstiegsängste aus ihren Ecken hervorspringen und Party machen. Chancenlos waren die Zebras am Samstag in Kaiserslautern. Als erschreckende Wahrheit sah ich bei diesem Spiel, der MSV trat beim Spielaufbau nicht so viel anders auf als gegen Zwickau.

Der Ball wurde immer wieder beim Spiel nach vorne verloren, weil die meisten Spieler zu wenig Ballkontrolle besitzen in dem geforderten schnellen Offensivspiel oder die Übersicht fehlt, im richtigen Moment abzuspielen. Wieder stehe ich vor der Frage, überfordert diese Taktik die Mannschaft, weil die individuelle Qualiät in Summe nicht ausreicht oder weil nicht genügend Entwicklungszeit beim Training für die nötige Ballsicherheit im Zusammenspiel war. Meine Beunruhigung als Ergebnis entsteht allerdings unabhängig von der Antwort auf die Frage.

Wenn dann ein perfekt eingespielter Gegner nahezu jeden misslungenen Angriff in eine Bedrohung des eigenen Tores verwandelt, erlahmt die Energie bei der Defensive. Ich sehe das Problem also nicht in der letzten Zone der Defensive, sondern sehr viel früher an dieser Schnittstelle von Ballverlust und Gegenpressing. Der Ballverlust ist beim MSV wahrscheinlich und dann fehlt die erste wirksame Gegenmaßnahme. Gegen Zwickau resignierte die Mannschaft angesichts derselben Offensivfehler nur deshalb nicht, weil der Gegner deutlich schwächer war als der 1. FC Kaiserslautern.

Mein unlängst offensiv nach vorne preschender Optimismus in Sachen Klassenerhalt ruft angesichts der Abstiegsangst-Party kleinlaut, ein bisschen Unterstützung von den Kumpels aus der Mannschaft könnte ich gebrauchen. Sonst stehe ich bei dieser Party hier weiter als Mauerblümchen in der Ecke.

Wir denken nur von Spiel zu Spiel. Das ist schon klar. Aber nun weiß ich wieder nicht mehr, was ich denken soll. Das ist ja das Problem. Was werden wir im Spiel gegen Halle sehen? Wie wird die Mannschaft auftreten, damit der unbedingt nötige Sieg gelingt? Und dabei habe ich noch keinen Gedanken an Verletzte verschwendet. Mein Optimismus hat es seit gestern Abend verdammt schwer.

Das mag auch daran liegen, dass mein Denken von Spiel zu Spiel begleitet wird von einem anderen Denken meines Daseins. Ich denke nämlich auch von Lesung zu Lesung, und für meine nächste Lesung am 19. April aus der MSV Duisburg Fußballfibel verläuft die Vorbereitung perfekt, keine Stimmbandverletzung ist zu beklagen. Ich kenne Schwächen und Stärken des Berliner Publikums, fühle mich fit und will beim Auswärtsspiel im BAIZ punkten. Nun könnte der Ausgang der Samstagbegegnung der Zebras bei Viktoria Berlin meine Auswärtsaufgabe schwieriger machen. Ich möchte doch bei einer mir heute möglich vorkommenden Niederlage keinen Mentaltrainer kurzpflichtig verpflichten müssen. Das sprengt meinen Etat. Ihr seht, welche weiten Kreise das letzte Wochenende zieht. Gegen Halle werde ich als Zuschauer auf jeden Fall alles geben, damit mein Leben als Autor zehn Tage drauf etwas einfacher wird.

Briefe aus Westende – Von ZebraFM und dem Gemeinsinn

Etwas Schwund ist immer. Dumm, wenn das drei Punkte des MSV bei einem eigentlich vielversprechenden Spiel gegen den FSV Zwickau sind. Ausgerechnet bei meinem Premierenbesuch bei einer der Livereportagen von ZebraFM verlor der MSV mit 1:0. Während des Spiels blieb ZebraFM-Reporter Mark Zeller kaum Gelegenheit, mich ins Gespräch zu holen. Zu viel passierte auf dem Rasen. Es gab während des ganzen Spiels kaum Ruhephasen. Was natürlich auch mit den vielen Stockfehlern auf beiden Seiten zu tun hatte. Es ging hin und her. Während der Halbzeitpause war ich so optimistisch wie immer. Wenn ein Spiel noch nicht vorbei ist, glaube ich an den möglichst guten Ausgang. Genauso wie ich die Niederlage noch in der 80. Minute fürchte, obwohl der MSV mit zwei Toren führt.

Foto: Jens Thiem

In der Halbzeitpause hoffte ich noch, dass die zuweilen wenig klar wirkenden, letzten Momente einer Offensivaktion beim kontinuierlichen Spielaufbau aus der eigenen Hälfte heraus nicht in Ratlosigkeit münden würden.

Nach dem Spiel hätte ich genau von dieser Ratlosigkeit sprechen müssen. Aber es fiel mir schwer, in der Enttäuschung Worte zu finden. Besonders nach so einem intensiven, vergeblichen Anrennen gegen die drohende Niederlage mit einer letzten großen Chance auf den Ausgleich bin ich normalerweise vollkommen stumm und leer. Es war anstrengend dann noch mit Mark Zeller abschließende Worte zu sprechen.

Meine Erinnerung an den Sonntag soll nur noch einmal etwas hervorheben, was viele von euch natürlich wissen. Das Team von ZebraFM ist unfassbar gut, wenn sie eine Spieltagsreportage machen. Mark Zeller, Florian Hermann und Tim Zeiger an den Mikros finden immer Worte. Das ist so beeindruckend, weil sie ja auch mit ganzem Herzen Anhänger dieses Vereins sind. Sie erleben dieses Spiels emotional und schaffen es, im selben Moment andere Fans ohne Blick aufs Spielfeld an diesem Erleben teilhaben zu lassen. Anders als die meisten von uns, stöhnen sie nicht nur auf und stoßen komische Laute hervor, wenn eine gefährliche Situation sich anbahnt. Sie schaffen es, zu beschreiben, was sie sehen.

Gerd Scharrenbroch fehlt noch in dieser Reihe. Bei ihm zu Hause ist die technische Anlage untergebracht. Er bringt sie an jedem Spieltag aufs Neue an ihren Platz, verstöpselt Kabel, reicht Kopfhörer und Mikros. Seine Frau Thordis ist Vorsitzende des Blinden- und Sehbehindertenverein Duisburg. Normalerweise kommt sie auch ins Stadion. Am Sonntag war sie erkrankt.

Beide engagierten sich schon sehr lange für sehbehinderte MSV-Fans, als ein Zufall ihre Möglichkeiten erweiterte. Gerd Scharrenbroch erinnert sich nicht mehr, in welchem Jahr es war, als sie auf einer Rückfahrt von einem Spiel der Zebras in Berlin Andreas Peters kennenlernten.

Andreas Peters gehört dem MSV Fanclub Zebraherde an. Er war zu Zeiten von Walter Hellmich als Vertreter von Fangruppen in den Aufsichtsrat gewählt worden und rannte dort gegen Mauern, als er sich um die Existenz des Vereins zu sorgen begann. Die finanziellen Schwierigkeiten jener Zeit waren für Anhänger des MSV früh ein Thema und Verantwortliche im Verein sahen das nicht gern. Man legte ihm den Rücktritt nahe. Kommuniziert wurde eine einvernehmliche Entscheidung. Andreas Peters hatte seinerzeit einiges auszuhalten. Wie wertvoll für einen Fußballverein aber die Bindung an die Fanbasis ist, erwies sich nach seiner Zufallsbegegnung mit den Scharrenbrochs. Er unterstützte sie dabei, für die sehbehinderten und blinden MSV-Fans regelmäßig eine Spielreportage während der Heimspiele anzubieten.

Heute funktioniert dieses Angebot reibungslos, auch weil inzwischen mit dem Fanclub Innenhafen der nächste Fanclub sich für die Unterstützung des Angebots verantwortlich fühlt. Der Fanclub hat die Kosten für eine neue technische Anlage vor einiger Zeit komplett übernommen. 20 Hörerinnen und Hörer im Stadion können nun versorgt werden. Er stellt den Ehrenamtlern von ZebraFM Jacken und T-Shirts, die sie in ihrer besonderen Funktion erkennbar machen. Letztlich gehört ZebraFM zu jenen vielfältigen Fanaktionen, die zeigen, welche soziale Kraft rund um den Fußball entsteht, wenn Anhänger des MSV neben ihrem Vereinsherz auch noch den Gemeinsinn im Blick haben.

Morgen geht es an dieser Stelle nicht mehr um meine verlorene Sprache, sondern um vermisste Buchstaben. Bei Namen führt das augenblicklich zu Identitätskrisen. Auch ein interessantes Thema.

Briefe aus Westende – Von Jubelsprints und einer Premiere als Feier

Ein Wochenende zum Einrahmen liegt hinter mir. 2:0 gewinnen die Zebras auch ein Spiel, bei dem die Kräfteverhältnisse nicht so eindeutig durch den Tabellenstand wie gegen Würzburg oder äußere Umstände wie gegen Türkgücü München die Siegeserwartungen bestimmten. Dazu am Vortag meine gelungene Premierenlesung beim Heimspiel im Ruhrorter Plus am Neumarkt vor ausverkauftem Haus. Eine Lesung, die zur Feier wurde.

Bei Funkes WAZ/NRZ findet sich hinter der Pay-Wall ein Artikel, der einen lebendigen Eindruck von Lesung und Buch gibt. Diese Momente der Freude am Wochenende rückten die dunkle Wirklichkeit dieser Tage für einige Stunden in den Hintergrund.

Dass der Sieg gegen Viktoria Köln nötig war, darüber brauchen wir nicht zu sprechen. Im Grunde ist alles zu dem Sieg gesagt. Interessant ist allenfalls die uneinheitliche Bewertung der ersten Halbzeit. Manches Urteil dazu scheint mir geprägt durch die erste Hälfte der zweiten Halbzeit. Ihr seht, für mich lässt sich dieses Spiel im Grunde in klar abgetrennte Phasen einteilen – in vier, um genau zu sein.

Phase 1: Ein bemühtes Spiel von beiden Seiten auf Augenhöhe bis zum Lieblingsfehler von Leo Weinkauf. In der Schule wäre jetzt mal wieder der Elternbesuch fällig. So oft haben wir es ihm doch gesagt, aber manchmal sticht ihn der Hafer, und er vergißt alle Regeln, die bei uns herrschen. Dann sagt ein Lehrer: Das hattest du doch schon zwangigmal abschreiben müssen, lieber Leo. Wann lernst du das? Du darfst bei der ersten Aktion deine Ballsicherheit mit dem Fuß beweisen. Danach geht das Spiel weiter. Tausendenmal habe ich dir das gesagt! Kein Stürmer wirft sich heute verzweifelt auf den Boden, weil er beim Torwart ins Leere gelaufen ist. Bei deinem Opa wäre so einer vielleicht am Boden zerstört gewesen. Doch heute ist ein Stürmer sofort wieder da und versucht weiter sein Tor zu schießen.

Fast wäre dieses Tor nach dem Lieblingsfehler von Leo Weinkauf einmal mehr gelungen. Aber vielleicht wird beim Torwart nur das grundsätzliche Niveau dieser Mannschaft besonders deutlich. Letztlich geht es auch bei den Feldspielern immer wieder um die Anschlussschnelligkeit nach einer ersten gelungenen oder auch missratenen Spielaktion. Und da staune ich auch bei anderen Spielern nicht selten über manches Innehalten, während der Gegner in normaler Geschwindigkeit weiterspielt. Belassen wir es dabei.

In diesem nach dem Weinkauf-Fehler beginnenden Mittelteil des Spiels mit Phase 2 bis zum Halbzeitpfiff – unsicher werdende Zebras, ohne besonderen Vorteil für die Kölner – und Phase 3 nach Wiederbeginn – immer überlegenere Kölner – schien das Tor der Kölner in Halbzeit zwei nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Der Dreifachwechsel markierte den Beginn der vierten Spielphase. Welch wunderbares Tor durch Alaa Bakir. Welch Können zeigte er in dem Moment. Welch Hoffnung machte er mit diesem Tor auf Konstanz der Leistung und gesteigerte Widerstandstandskraft, um nicht mehr wie zu Saisonbeginn an Gegenspielern einfach abzuprallen.

Das 2:0 durch Julian Hettwer trieb mir sogar drei, vier Freudentränen in die Augen. Nicht wegen des dann sicher werdenden Sieges, nicht weil ich diesem jungen Spieler Julian Hettwer das Tor so gönnte, sondern weil im Moment des Torerfolgs alle Spieler von jeder Stelle, wo sie sich gerade befanden, zu dem Torschützen sprinteten. Sie sprinteten alle! Sie konnten nicht schnell genug ihre Freude teilen. Dann kamen die Spieler von der Bank noch dazu. Dieses Bild von der Mannschaft bezeugte nicht nur die Freude, sondern auch die große Erleichterung. Wir sahen Zusammenhalt, Gemeinsamkeit und innere Stärke.

Welch Befreiung war danach auch auf den Rängen zu spüren. So unbelastet freudig fühlten wir uns in dieser Saison nur am ersten Spieltag gegen Havelse. Ehrlich gesagt, kann ich bis Mai noch ein paar solcher Spieltage gut brauchen.

Zurück zum Freitag. Vor der Lesung bin ich noch schnell zum Studio 47. In dem Gespräch dort ging es um die Anfänge meiner Fankarriere, um Fußball zu Coronazeiten im Allgemeinen und um den MSV im Besonderen. Viel Meinung war gefragt. Studio 47 sorgt auch für eine Verlosung bei FB oder per mail, kaum dass das Buch im Handel erhältlich ist. Die Gewinner werden am 11. März um 11 Uhr bestimmt. Mit einem Klick findet sich hier eine Leseprobe aus dem Buch als Vorgeschmack. Und nun Film ab:

Außerdem noch einmal der Hinweis: Bei einigen Online-Händlern, so auch bei dem „Größten“, hat sich in die bibliogafischen Angaben ein Fehler eingeschlichen. Irgendjemand hat für die Onlineverzeichnisse aus dem Doppel-s ein Doppel-o gemacht, so dass das Buch dort momentan nur unter Koos und Jaratz zu finden ist. Wie schon geschrieben: Ein Argument mehr für die findigen Buchhändler vor Ort, denen ihr vertraut.

Ralf Koss alias Kees Jaratz
MSV Duisburg. Fußballfibel
Taschenbuch, ‏ 170 Seiten
ISBN: ‎ 978-3730817926
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