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Das Spiel als Schleuder für Gefühle

Was für ein Wirbel der Gefühle, um mit so einem unbestimmten ich-weiß-nicht nach Hause zu gehen. Die Zufriedenheit mit dem Auftritt des MSV Duisburg in der zweiten Halbzeit wird immer wieder gestört durch die leise Enttäuschung über den Ausgleich zum 2:2. Manchmal pieckst sogar der Ärger, weil schon zuvor nach dem Vorpreschen von Dzemal Berberovic und der völlig offenen linken Seite für uns auf den Rängen so erkennbar war, dass da nur mit sehr viel Glück der zu erwartende Konter überstanden werden kann.

Bei diesem ständigen Anwehen  der Enttäuschung hilft auch der Rückblick auf die erste Halbzeit nicht. In der habe ich mir zum Ende nicht mehr vorstellen können, dass die Zebras ein Tor erzielen werden. So viel Einsatz wieder und so wenig Gefahr im Strafraum. Wie sollte ein Tor gelingen, wenn die  wenigen Gelegenheiten beim Eindringen im Strafraum ohne Druck zu Ende gespielt werden? Valeri Domochiyski wirkt im entscheidenden Moment schon wieder zu zögerlich. Der Strafraum scheint ein schwarzes Loch für sein Selbstvertrauen zu sein. Dort wird es weggesogen, so dass er schon wieder auf auf die Hilfe des Schiedsrichters hoffte.

Allerdings wirkte auch der Schiedsrichter in der ersten Halbzeit schwer gehandicapt, fehlte ihm doch kurz hintereinander die Hilfe seines Linienrichters bei Entscheidungen an der Torauslinie.  Zwei Eckstöße für den MSV Duisburg wurden nicht gegeben. Diese Eckstöße hätte der MSV aber für besagte Torgefahr unbedingt gebraucht. Deshalb waren diese Fehlentscheidungen besonders ärgerlich.

Zunächst zeigte die Hertha das reifere Spiel, dem der MSV Duisburg mit Kampf entgegen halten wollte. Die Berliner schlagen etwa Flanken jedes Mal scharf und relativ flach an die vordere Ecke des Fünfmeterraums. Dorthin kann der Torwart niemals kommen, zudem ist das Timing der Stürmer so aufeinander abgestimmt, dass aus dem Rückraum der Kopfballspieler noch hineinlaufen kann. In dieser Weise kann der MSV Duisburg keinen Angriff über Außen gestalten. Damit gilt es sich abzufinden. Die Flanken des MSV machen höhere Bögen, bleiben länger in der Luft, sind sehr viel ungenauer und bieten so den Abwehrspielern mehr Gelegenheit, sich auf sie einzustellen. Um so bemerkenswerter ist es, dass Goran Sukalo dennoch, nach einem Standard zwar, zum Kopfball kommt, so wie es dem Tor von Srjdan Baljak zum Ausgleich voranging.

In der zweiten Halbzeit aber entwickelte der MSV Duisburg seine eigenen Mittel um die Hertha unter Druck zu setzen. Das Kurzpassspiel mit dem überraschenden Pass in die Tiefe funktioniert inzwischen sehr gut. So schafft die Mannschaft ihre Chancen, und Sören Brandy seine Erfolgserlebnisse. Was ihm in der ersten Halbzeit alles misslang, klappte in Halbzeit zwei. Es war ein mitreißendes Spiel in dieser zweiten Hälfte, nachdem der Ausgleich gefallen war. Der MSV setzte die Hertha weiter unter Druck, und natürlich wuchs die Gefahr eines Konters durch die Berliner.  Doch zunächst gelang es dem MSV gut, diese Konter im Keim zu ersticken, oder sie endeten im Aus oder Abseits. Die 2:1-Führung entstand dann sogar aus dem Spiel heraus, was Hoffnung für die Zukunft gibt. Die Mannschaft erspielte sich nun auch Möglichkeiten. Standards blieben nicht ihr einziges Mittel.

Wenn dann noch endlich in der Defensive die Spieler hohe Bälle des Gegners nicht mehr per Kopf in die zentrale Position vor den 16-Meter-Raum abwehren, erzielen die Gegner auch mal weniger Tore. Der frühe Rückstand ist wieder die Konsequenz solch einer  Kopfballabwehr und auch später gab es noch zwei, drei unangenehme Situationen zu überstehen, weil der Ball zum Gegner dorthin gespielt wurde, wo die Hertha sofort wieder torgefährlich werden konnte.

Das Bangen um den Sieg dauerte nicht lange an, weil Sandro Wagner recht schnell den Ausgleich zum 2:2 erzielte. Mit den den Gefühlen ging es danach ebenso rauf und runter wie das Spiel hin und her. Sieg oder Niederlage, hieß die Devise für beide Mannschaften bis kurz vor Ende, so dass der Schlusspfiff in der Nachspielzeit von jeweils der Mannschaft ersehnt wurde, die gerade nicht den Ball hatte. Zum Spatz in der Hand seufzend gelugt, die verführerische Taube auf dem Dach sehnsüchtig angestarrt. So richtig wusste keiner mehr, ob er sich freuen sollte und wie gerade die Gefühlslage so war.

Nur einer wird da sicher keine Schwierigkeiten gehabt haben. Änis Ben-Hatira war mit Sicherheit mit sich selbst hoch zufrieden und wird wahrscheinlich selbst eine Umarmung von Maskottchen Hoppelhase als Bad in der Menge empfunden haben. Gesehen habe ich ihn am Ende nicht mehr, und schon wieder war es wie früher, als ich zu seinen Zeiten beim MSV keine Chance hatte, ihn so richtig als Publikumsliebling abzufeiern. Dabei musste ich ihm während des Spiels zu seiner Einschätzung seines Verhältnisses zu den Duisburger Fans gegenüber den Berliner Medien tatsächlich recht geben. In der zweiten Halbzeit wurde er von unserer Kurve so hochfrequent anhaltend bejubelt, dass es sogar wie Pfeifen klang. So einen tollen Publikumsliebling hatte der deutsche Fußball noch nie. Änis, wir wollen ein Kind von dir.  Den Spielbericht bei Sky gibt es mit einem Klick weiter.

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Ein Ben-Hatira bleibt ein Ben-Hatira

Wenn Zeitungen Fußballer zitieren, bin ich meist vorsichtig und glaube nicht unbedingt, was da als O-Ton geschrieben wird. In dem Fall aber bin ich geneigt,  kein Wort von dem anzuzweifeln, was Änis Ben-Hatira der Berliner Morgenpost gesagt haben soll. In dem Vorbericht zum Spiel des MSV Duisburg gegen Hertha BSC heute Abend wird natürlich kurz auf die beiden Spieler der Berliner ein besonderer Blick geworfen, die vor einiger Zeit beim MSV Duisburg gespielt haben.

Als ich Änis Ben-Hatira im O-Ton las, war ich doch dankbar, dass da einer meine Bilder  der Vergangenheit korrigierte und mich an diese wunderbare Zeit mit ihm in Duisburg erinnerte. So ein versöhnlicher Blick auf die Vergangenheit fühlt sich auch einfach besser an. Mir fiel ja als erstes die Unzufriedenheit mit seinem oft blasierten Auftreten zu Beginn seines Auflaufens für die Zebras ein. Und bei seinem zweiten Engagement erinnere ich mich auch an längere Schattenphasen nach seinen lichten Momenten auf dem Spielfeld. Aber anscheinend war alles doch ganz anders, und ich war gerade immer ein Bier holen, wenn alle vor Begeisterung über ihn von Sinnen waren und unsere jungen weiblichen Zebrafans kreischend in Ohnmacht fielen, sobald er sich an der Eckfahne festdribbelte. Gut, dass er meine Erinnerung korrigiert: „Ich habe mich da mit den Fans richtig gut verstanden und wurde auch schnell Publikumsliebling“, so erzählt Änis Ben-Hatira. Und wenn er es mir noch dreimal erzählt, vergesse ich vielleicht all den anderen Kram endgültig ganz.

Sandro Wagner erinnert sich übrigens auf dieselbe Weise an seine Zeit beim MSV wie ich. Das wäre doch verdammt anstrengend  gewesen, auch das noch über den Haufen zu werfen. Doch „Zeit mit Höhen und Tiefen“ umschreibt meine Erinnerungen an ihn, wenn auch die recht allgemeine Form mir sehr viel Gestaltungsspielraum lässt.

Während meiner Spielvorbereitung habe ich mir zudem am Wochenende ein Bild von meinem Sommer-Zweitverein des letzten Jahres gemacht. In Brighton fliegen die Seemöwen im Moment sehr viel kunstvoller als unsere Zebras traben. Brighton and Hove Albion FC, in England auch „The Seagulls“ genannt, stehen nach acht Spieltagen ganz oben in Liga 2. Dennoch haben sie gerade das Spiel dieses achten Spieltages gegen Birmingham City mit 0:1 verloren,. Was ich nur deshalb erwähne, weil die Mannschaft mit ihren blau-weiß längstgestreiften Trikots mir eine Ahnung davon gegeben hat, wie Hertha BSC heute Abend vom Platz schleichen könnte. Es war schon die richtige Anmutung. Nun müssen Taten folgen. Über die Linie „geprügelte“ Bälle sähe ich dann auch gern und was anderes mag ich mir gar nicht erst vorstellen.

Dann könnten wir im Stadion unserem alten Publikumsliebling Ben-Hatira vielleicht zeigen, dass er damals vielleicht doch was missverstanden hat, als jemand ihm über den Zaun zugerufen hat, er solle dem verlorenen Ball hintergehen. Aber wie ich ihn so kenne, wird er selbst solch möglichen Jubel irgendwie auf sich beziehen. Publikumsliebling halt, dem die Massen zu Füßen liegen, so wie damals als er am Fernseher saß und sogar in Glasgow alle nur für ihn gesungen haben. Unglaublich! Mancher wird´s schon kennen, aber diesen eigentlichen Anlass des anhaltend Celtic-Rock-Gesangs nicht gewusst haben.

Celtic was rocking. Ich hoffe, dass wir es den Celtic-Fans heute Abend wenigsten ein ganz klein wenig gleich tun können. Quergestreift sind sie ja schon mal, da bei Celtic.

Hier diese legendären Minuten in einem TV-Ausschnitt

Das Ganze aus Zuschauerperspektive

Und wer zum Zeitvertreib bis heute Abend den Spielericht sehen möchte, bitte schön!

Einer, einer … einer ist bald raus

Wieviel angenehmer für das Wohlbefinden ist es doch, sich im Leben am richtigen Platz zu fühlen. Wieviel schlechter geht es den meisten doch, die das große Glück erst in der Zukunft sich erhoffen. Wir, beim MSV Duisburg, befinden uns gerade im Hier und Jetzt. Wir haben all jene Enttäuschungen schon hinter uns, die auf Hertha BSC samt Fans noch zukommen werden. Dort, bei Hertha BSC Berlin, ist alles Denken auf die Zukunft des Wiederaufstiegs ausgerichtet.

Wir – und damit meine ich, die Verantwortlichen im Verein, die Spieler im Trainingslager und uns Fans –  wir haben unsere Erwartungen mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung gebracht. So kann jene zuversichtliche Atmosphäre entstehen, über die in den regelmäßigen tagebuchartigen Artikeln bei der Der Westen oder auch in der Rheinischen Post in den letzten Tagen zu lesen war. „Geht´s gut?“, wird gefragt. „Bajic will mit dem MSV Duisburg nach oben“. MSV-Trainer Sasic bastelt am Teamgeist. Oder Julian Koch freut sich auf seine Zeit in Duisburg. Man glaubt es wirklich, im Trainingslager gibt es eine „Mischung aus Arbeit und Spaß„. Solche Berichterstattung gehört natürlich zum Standardrepertoire der medialen Saisonvorbereitung. Wenn es in dieser Zeit nicht um die gute Laune des Kaders ginge, würde die Presseabteilung etwas falsch machen. Doch in diesem Jahr stört dieses Standard-Repertoire kein Missklang.

Und deshalb verfestigen solche Artikel die Stimmung wiederum. Sie schaffen einen Vorrat Zuversicht für die vielleicht auch kommenden schwierigeren Zeiten. Angesichts des neu zusammen gestellten Kaders konkretisiert sich als Ziel für den Erfolg ein einstelliger Tabellenplatz. Um das tatsächlich sorgenlos erreichen zu können, wäre die baldige Verpflichtung eines offensiven Mittelfeldspielers und eines hoffnungsvollen Stürmers allerdings nicht schlecht. Das aber nur am Rande, mir geht es ja mal wieder um die Stimmung. Als angenehm beim Ankommen in der Wirklichkeit erweist es sich nämlich zudem, dass wir dennoch auch frei sind für Überraschungen. Wir brauchen sie nicht für das Wohlbefinden, aber wenn sie denn kommen, diese Überraschungen, um so besser.

Wie anders muss es sich in Berlin anfühlen. Sich überraschen zu lassen, das ist für uns in Duisburg eine einfacher zu bewältigende psychische Aufgabe als jene, vor der Hertha BSC Berlin steht. Es ist ja ein Trugschluss, dass gelebte schmerzhafte Erfahrung, in diesem Fall der Abstieg, die Menschen sofort verändert. Vielleicht ist es bei einigen so, aber keinesfalls bei allen Menschen. Der Erfolg in einem Fußballverein ist aber abhängig vom Zusammenwirken vieler verschiedener Menschen, und wenn sich nur ein Teil von ihnen in der neuen Situation noch nicht eingefunden hat, wird es schwierig mit diesem Erfolg. Ich denke, Hertha BSC Berlin verabschiedet sich gerade aus dem Kreis der Aufstiegsfavoriten.

Im Selbstbild dieses Vereins hatte es in den letzten Jahren die 2. Liga nicht mehr gegeben. Jetzt spielen sie aber genau dort, wo sie eigentlich nie mehr hin wollten. Sie träumten nicht nur von ganz anderen Orten, an denen sie Fußball spielten. An ein paar dieser Orte haben sie sogar schon einmal vorbeigeschaut. Was für eine Zumutung muss das sein, sich jetzt mit einer ganz anderen Welt zu beschäftigen. Da rumpelt es nun schon zu Beginn der Saison kräftig, wenn Markus Babbel mangelnde Fitness seiner Spieler feststellen muss.

Vielleicht wäre noch was zu retten, wenn die Vereinsverantwortlichen Änis Ben-Hatira einen Berater-Vertrag geben würden. Änis Ben-Hatira würde dann auf einem Wochenendseminar eine Wandlungsgeschichte über sich  erzählen und seinen tiefen Fall als aufrüttelnde Mahung den Berliner Spielern mit auf den Weg geben. Paulus Ben-Hatira war einst Saulus, der sich in der 2. Liga allen anderen Spielern so überlegen fühlte. Er wusste tief in seinem Inneren, er hatte einen besseren Platz verdient als diesen Rasen in dieser Ruhrgebietsstadt. Er war U21-Europameister. Doch immer weniger Menschen teilten diese Meinung. Erst als selbst sein Trainer ihn nicht mehr aufstellte, rettete ihn eine Hüftoperation. Nun kann sich nicht der gesamte Kader von Hertha BSC Berlin vor der Saison an der Hüfte operieren lassen, um danach ganz von vorn anzufangen. Deshalb schimpft Markus Babbel schon jetzt. Ich denke, er wird noch oft schimpfen.

Es ist schwer für einen Verein, der sich als dauerhafter Erstligist fühlt, in der 2. Liga sofort wieder erfolgreich zu sein. Ich glaube, ein Favoritenplatz wird da im Laufe der Saison recht bald geräumt. Mal sehen, wer stattdessen da unterkommt. Wie gesagt, das Angenehme im MSV-Leben dieser Tage ist für mich, dass ich mir ganz entspannt auch mal eine Überraschung vorstellen kann.

Liga-Alltag während der WM für Mainz, Ben-Hatira und Walter Hellmich

Am Morgen trainieren und ab dem Mittag die WM-Spiele zur Weiterbildung? Die neue Saison hat für den FSV Mainz 05 mit dem ersten Training gestern bereits begonnen. Allerdings gab es in Mainz während der letzten Saison doch eine recht stabile Defensive, so weit ich das mitbekommen habe. Und vor allem die Anschauung von unterschiedlich qualifizierten Defensivverbänden ist bei der WM ja bislang zu holen. Doch das soll nicht unser Problem sein, schließlich interessiert in Duisburg am Trainingsauftakt in Mainz vor allem der erfolgreiche Verlauf einer Hüftoperation. Lokal und überregional wird vermeldet, Änis Ben-Hatira will bei dem Training wieder finden und werbend zeigen, was ihm in Duisburg spätestens Anfang des Jahres offensichtlich verloren ging. Was war er verunsichert bei diesem einen Kurzeinsatz für etwas mehr als zehn Minuten im Spiel gegen den 1. FC Kaiserslautern. Vielleicht kommt er ja tatsächlich bei einem anderen Verein als „HSV-Juwel“ zur Geltung. In Duisburg habe ich an solche Schmuckgrundlage beim Namen Ben-Hatira nie gedacht. „Strass“ passte da schon besser. Selbst so ein Strass-Ben-Hatira aber hätte dem MSV Duisburg weiter geholfen, wenn er dauerhaft geglitzert und gefunkelt hätte. Und jetzt soll hinter dem blind gewordenen Glas also irgendwo wieder der richtige Edelstein herausgearbeitet werden. Viel Glück dabei!

Im Moment gleite ich an der Oberfläche allen Fußballgeschehens entlang. Vielleicht ist das eine Immunreaktion auf diese Übererregtheit im Land durch die Fußballweltmeisterschaft oder ich habe einfach zu viel im Kopf, was ich noch erledigen muss vor dem Ende der Gruppenphase. Möglichst viele Spiele der WM will ich mir ansehen.  Doch nur beim Private- Public-Viewing des deutschen Spiels habe ich eines die gesamten 90 Minuten sehen können. Bei allen restlichen Spielen war ich mindestens halbzeitweise mit allerlei anderen Dingen beschäftigt von Geburtstagfeier über Arbeit bis hin zu unaufschiebbaren Vorbereitungen für kommende Geburtstagsfeiern. Vielleicht leidet darunter die innere Konzentration auf den Fußball.

Auch die Spekulationen um die zukünftige Führung des MSV Duisburg ermüden mich augenblicklich. Ich lese, wer Vorstandsvorsitzender werden könnte und fühle mich bei der Hälfte des Satzes wie gelähmt. Wahrscheinlich bin ich nach dem langen Anlauf hin zum Wechsel gerade bei dem Thema ausgezehrt. Zu Walter Hellmich habe ich genug geschrieben und von der Notwendigkeit zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Nun wird bei der Suche eines Nachfolgers zwar von Vorstellungen der Suchenden berichtet, aber Vision kann man das nicht nennen und schon sehe ich eine Entwicklung der Dinge, in der die ersten, altbekannten Fehler im Umgang mit der Öffentlichkeit bereits wieder geschehen sind.

Schon beginnt das Ganze wie die Vorstandssuche eines Breitensportvereins zu wirken, wenn bei der flehentlichen Bitte um Führungspersonal alle betreten zur Seite schauen. Aber einer muss es ja tun. Und da Ennatz nun ein zweites Mal ins Gespräch gebracht wird, müsste sich im Verein allmählich jemand dazu äußern. Vielleicht spricht Walter Hellmich schon mit Bernard Dietz?  Wir wissen es nicht, und je länger Bernard Dietz ohne öffentliche Reaktion vom Verein, seine Bereitschaft zur Mitarbeit signalisiert, desto mehr entsteht der Eindruck von Dahinwurschtelei.

Jetzt haben sich doch noch ein paar Worte zur Situation ergeben, aber sie zu  Schreiben hat sich fast schon wie Arbeit angefühlt. Da läuft irgendwas schief. Bei mir wohlgemerkt, was genau, weiß ich nicht. Ob beim Spiel Brasilien Portugal gegen Elfenbeinküste alles anders wird? Es ist jedenfalls das zweite Spiel, das ich in gesamter Länge mir ansehen kann.

Ein Platz in der Welt. Den eigenen Stärken entsprechend

Letztens habe ich versucht, in ein paar Worten meinen Eindruck von Änis Ben-Hatiras Leistung in der Hinrunde zusammen zu fassen. Der vor allem mit Blick auf den HSV schreibende Nedfuller von NedsBlog hatte mich um meine Meinung gebeten, weil er die ausgeliehenen Spieler beim Rückblick auf die Hinrunde nicht außen vor lassen wollte.

Ich will, was ich geschrieben habe, hier nicht wiederholen. Alle mit Interesse an der detaillierteren Meinung können ja oben weiterklicken. In einem Satz zusammengefasst lautete mein Urteil aber, auf durchwachsenem Niveau spielerisch stagnierend, gleichzeitig mit deutlicher Persönlichkeitsentwicklung, die sich in der sehr viel besseren Einstellung beim Spiel zeigt.

Die spielerische Stagnation begründete ich vor allem mit dem fehlenden Blick für die Mitspieler. Dabei fühlte ich mich allerdings leicht unwohl, weil gerade diese Eigenschaft eigentlich nur gerecht zu bewerten ist, wenn man einerseits die individuelle taktische Anweisung des Trainers kennt und andererseits die Leistung seiner Mitspieler jederzeit in Beziehung setzt zu Ben-Hatiras Sich-Fest-Spielen in der gegnerischen Verteidigung. Vielleicht, so dachte ich, kämen Änis Ben-Hatiras spielerische Qualitäten mit anderen Mitspielern ganz anders zur Entfaltung.

Wenn an unseren Basketballabenden die Mannschaften zusammengewürfelt werden, gibt es Mitspieler, mit denen meine individuellen spielerischen Fertigkeiten sehr viel besser zur Geltung kommen als mit anderen. Ich fühle mich dann beim Spiel sogar technisch besser und erziele deutlich mehr Körbe. Inzwischen glaube ich, dass das weniger mit dem individuellen Können der jeweiligen Spieler zu tun hat oder einem besseren Eingespieltsein, sondern mit einer vorher schon vorhandenen Vorstellung davon, auf welche Weise die Mannschaft zum Korberfolg kommen kann. Dazu kommen Vertrauen und Sich-Wohl-Fühlen. Das dennoch notwendige Einspielen legt sich darüber.

Meinen Lieblingstrainer aus der Jugend kann ich da auch wieder zitieren. Der US-Amerikaner war ein begeisternder Pädagoge, der jede Einzelleistung immer sofort auch in den Mannschaftszusammenhang stellte. Nach Fehlpässen kommentierte er gebetsmühlenartig, für Fehlpässe seien immer zwei Spieler verantwortlich: Derjenige, der den Pass gibt und derjenige, der sich anbietet. Darüber ließ er keine Diskussion aufkommen. Die Verantwortung an den anderen abgeben war nicht erlaubt. Wo hast du hingepasst?, gab es ebenso wenig wie, warum hast du nicht aufgepasst?

Die Mannschaft kann also den einzelnen besser oder schlechter machen, und im professionellen Sport ist es die hohe Kunst der sportlichen Leitung, eine Vorstellung davon zu besitzen, wie die individuellen Fähigkeiten eines Spielers mit denen der anderen Spielern zusammen passen. Sportliche Berater von Fußballern wären demnach ebenso vor die Aufgabe gestellt, den richtigen Platz in dieser Fußballwelt für ihre betreuten Spieler  zu finden. Schwierig, wenn dabei gleichzeitig alles in Bewegung ist.

Da gleicht Fußball sehr dem normalen Leben, mit dem Unterschied, dass in diesem Leben wir alle selbst vor der Aufgabe stehen, den Platz in der Welt zu finden, der unseren Fähigkeiten am besten entspricht und wo wir am entschiedensten zu uns selbst finden können. So etwas geschieht nicht reibungslos, ohne Irrwege und darüber hinaus gibt es auf so einem Weg keinen dauerhaft stabilen Zustand. Im Fußball heißt das dann Fehleinkauf oder warum hat man diesen im anderen Verein so gut spielenden Stürmer  nur abgeben? Die anderen Umstände, die das Beste aus einem Menschen herauskitzeln, sind manchmal andere Mannschaften. Deshalb ist das mit dem Erfolg so eine unsichere Angelegenheit. Da sitzen alle an einem Verein Interessierten in einem Boot – Fans und Vereinsverantwortliche.

Ivo, geh du voran! Den Rest erledigt die Mannschaft dann

Mitfiebern! Das hieß am Freitagabend für mich, auch einmal die eigentliche Bedeutung dieses sonst nur bildhaft gebrauchten Wortes auszuprobieren. Was mir neben der  Freude über das Ergebnis des Spiels vom MSV Duisburg beim Karlsruher SC zudem die Gelegenheit gab, das Gefahrenprogramm meines Körpers mal wieder so richtig in Aktion zu erleben. Sämtliche biochemischen Prozesse verlaufen weiterhin so wie schon in jenen ostafrikanischen Zeiten des ersten tastenden Menschseins. Das kann ich zufrieden feststellen. Im Verlaufe des Spiels habe ich mich immer gesünder gefühlt. Gerade bei dem zunehmenden Ballbesitz der Karlsruher in der zweiten Halbzeit hätte ich ohne Probleme aufspringen und vor dem nahenden Fressfeind wegrennen können. Dauerhaft gesund ist der fiebernde Urzeitmensch nach so einem Hormonschub aber auch nicht gewesen. Der brauchte nach seiner Rettung erst recht den heilsamen Schlaf. Der eine oder andere Tag Ruhe, zusammen mit etwas Pflege durch die Sippe ist außerdem auch nicht schlecht. So erweist sich der Mensch besonders in Notfällen als soziales Wesen, was ihn, wie wir wissen, als Art ja einigermaßen erfolgreich gemacht hat.

Der MSV Duisburg gibt gerade ebenfalls ein weiteres Beispiel für die Wirksamkeit von sozialem Zusammenhalt ab. Sämtliche Spieler, die noch spielbereit sind, versuchen in ihren aktuellen Möglichkeiten alles zu geben, was sie können und agieren als Einheit auf dem Platz. Sie dehnen Grenzen vor allem ihrer körperlichen Leistungsfähigkeit aus. Das macht jeder einzelne deshalb, weil er sich darauf verlassen kann, dass sein Nebenmann das ebenfalls so macht. So wird ein  Sieg möglich, den wir als Fans zwar erhofft haben, der aber nach rein rationaler Betrachtung der gegebenen Lage nicht sehr wahrscheinlich war.

Mitgefiebert habe ich in einer persönlichen Simultankonferenz am PC. Aus den Lautsprecherboxen im Hintergrund hörte ich Marco Röhling übers Web-Radio, während das zweite geöffnete Fenster des Browsers den erleichertenden Ausgang der von Marco Röhling immer sorgenvoller kommentierten Szene bereits im Live-Bild zeigte. Auf diese Weise war es für mich einigermaßen aushaltbar, das Spiel zu verfolgen. Daraus ergeben sich interessante Gedanken am Rande. Was ist live, wenn die Live-Signale zeitversetzt ins Haus kommen? So viel Technik steckt heute manchmal hinter der Konstruktion von Wirklichkeit.

Deshalb war ich bereits zu all den vergebenen Chancen klagend aufgesprungen, als Marco Röhling den Torschrei noch auf den Lippen hatte. Was tat nicht Nicky Adler alles dafür, um den Ball ins Tor zu schießen. Er schaffte es nicht.  Kein Vorwurf an ihn. Er geht an seine Grenzen. Dennoch bin ich enttäuscht, wenn er nicht trifft, oder das eine Mal nicht in die Mitte spielt, wo Sahan den Ball unbedrängt hätte einschieben können. Allerdings hätte ich mich bei Adlers Torerfolg dann auch am Ende des Spiels genauso fiebrig gefühlt wie zu Beginn. Dann hätte es zur Halbzeit mindestens zwei zu null gestanden und meine Aufregung hätte sich in Grenzen gehalten, weil in Halbzeit zwei das drei zu null durch Adler gefallen wäre. Änis Ben-Hatiras Kopfball ins Tor statt an die Latte hätte natürlich denselben Effekt gehabt.

Für die Tore aber ist zurzeit nur einer zuständig. Ivo Grlic! Was hat der Mann für einen Lauf! Wie lange traf er solche Freistöße in aller Regelmäßigkeit nicht mehr? Und nun findet er jene Schusssicherheit wieder, die er vor zweieinhalb Jahren schon einmal bewiesen hat. Wie wichtig er in dieser Mannschaft zudem als beruhigende Anspielstation ist, zeigte sich in der zweiten Halbzeit nach seiner notwendig gewordenen Auswechslung. Von dem Moment an blieb der Ball kaum einmal länger in den Reihen des MSV Duisburg. Deshalb vor allem wurde es immer aufregender. Nicht weil das Spiel der Karlsruher die ganze Zeit über so zwingend geriet, wie es zu Beginn der zweiten Halbzeit zunächst den Anschein hatte. Aber je öfter jemand die Gelegenheit zum Schrotschuss erhält, desto wahrscheinlicher ist ein Treffer auch mal per Zufall.

Das Spiel folgte am Ende den Regeln klassischer Dramaturgie. Die Spannung wurde auf hohem Niveau gehalten durch die breit vorgetragenen, aber kaum bis zu Starke  kommenden Karlsruher Angriffe, damit sie schließlich zu einem letzten Höhepunkt gesteigert werden konnte, als den Karlsruhern ein Flügellauf über die linke Seite gelang, der das Unglück fast wirklich werden ließ. Unser Held, die Mannschaft des MSV Duisburg, rettete sich aber in einem letzten großen Aufbäumen, nachdem mit Schlicke und Starke schon zwei der üblichen Retter überwunden waren und im Strafraum, knapp vor dem leeren Tor ich-weiß-nicht-mehr-wer den Ball vor allen möglicherweise heran eilenden Karlsruher Spielern weit weg schlagen konnte. Danach war Schluss und die Begeisterung groß.

Wenn ich nach so einem Spiel schon wieder nach vorne schaue, geschieht das zum einen mit zwei Tagen Abstand, in denen ich mich schon ausgiebig gefreut habe, zum anderen aber auch aus einem Rätseln heraus. Am Freitagabend fand Caiuby einmal mehr nicht den Anschluss an das Niveau des Mannschaftsspiels. Er muss innerhalb dieser derzeitigen Mannschaft nicht einmal gut spielen, sondern bereit sein, sich anzustrengen und jeden Fehler der egal von wem passiert, wieder auszubügeln. Änis Ben-Hatira hat das verstanden. Wenn auch in Karlsruhe für einen Moment ein kurzer Rückfall in alte Gewohnheiten zu sehen war und er Tiago nach einem zu spät gegebenen Pass anmeckerte. Was aber geht in Caiuby vor? Als Zuschauer erkennt man das nicht und ich frage mich, ob die sportlich Verantwortlichen das wissen. Das ist eine ernsthafte Frage. Der Spieler selbst gibt durch seine Leistung bislang dazu wenig Auskunft. Verstärkt seine individuelle Spielanlage diesen lethargischen Eindruck, den er jeweils macht? Dann wäre der Weg für Caiuby zu einer passablen Leistung nicht ganz so weit. Denn Nicky Adler könnte da vorne ein wenig Entlastung gut gebrauchen.

Schuhe aus vor Auswärtssieg

Es ist schon ein merkwürdiges Ding mit der Psyche. Ein Auswärtsspiel steht an. Einmal im Jahr kommen die Spieler dorthin – in dieses fremde Stadion. Viel rutschiger fühlt sich dort das Gras an, die Ränge bieten nicht die gewohnte Orientierung beim flüchtigen Blick nach links und rechts,  im Umkleideraum krümmen sich die Haken in einer anderen Bogenform als in Duisburg. Sie sind nicht zu Hause. Sie müssen vorsichtig sein.

Vielleicht sind es solche archaischen Gefühle, die der möglichen Anweisung zu Konzentration und sicherem Spielbeginn eine vom Trainer ungewollte Färbung der Einstellung geben. In der Entschossenheit beim Auftritt wird diese Färbung sichtbar. Wer sich nicht heimisch fühlt, hält sich erst einmal zurück. So begann das Spiel des MSV Duisburg in Paderborn. Vorsichtig und verhalten – von jedem Spieler, der in einen Zweikampf ging. Mit den ersten Ballkontakten war klar, auf diese Weise werden die Gastgeber nicht beeindruckt. Da fehlte die Entschiedenheit, sich von Anfang zu zeigen, wie es im letzten Heimspiel gegen den FC Augsburg der Fall gewesen ist. Solche Spielanfänge haben wir in dieser Saison schon häufiger erlebt. Und es macht die Faszination des Fußballs aus, dass so ein Spiel dann einen anderen Verlauf nehmen kann. Warum das so kommt, wissen manche dann mit Sicherheit zu sagen. Ich bin mir da nicht so sicher. Es hätte auch unangenehm werden können, wenn die Paderborner in der ersten halben Stunde ein zweites Tor nachgelegt hätten. Denn so schlecht, wie sie Dirk Retzlaff bei Der Westen gesehen hat, waren sie aus meiner Sicht in der ersten halben Stunde nicht. Vielmehr brachten sie mit schnellem Direktpassspiel den MSV in Verlegenheit, und die Verteidigung des MSV Duisburg hatte Glück, dass die Paderborner Stürmer trotz des Raums, der ihnen gelassen wurde, beim Abschluss nicht erfolgreich waren.

Das Tor der Paderborner wurde vor allem deshalb möglich, weil Björn Schlicke sich auf einfache Weise überspielen ließ, und die Innenverteidigung eine inzwischen zu deren Standardrepertoire gewordene Bewegung machte. Paar-Synchronverteidigen mag ja demnächst olympische Sportart werden, aber dieser Art im Fußballspiel ausgeübt, kann ein Stürmer dann leicht glänzen, weil er mit einer einfachen Körpertäuschung gleich zwei mit identischer Geschwindigkeit auf parallelen Laufbahnen heranrennende Gegenspieler ins Leere sprinten lassen kann. Täuscht der Stürmer im übrigen nicht, laufen beide Verteidiger gerne auch wieder synchron vom Stürmer weg und lassen ihm den Raum, noch ein paar Meter zu gehen. An der Abstimmung zwischen den Verteidigern muss also weiter intensiv gearbeitet werden.

Der Spielaufbau konnte nicht anders sein als das Auftreten insgesamt, eben vorsichtig. Das führte dazu, dass er nicht stattfand. Denn die Paderborner verteidigten gut und ohne etwas mutigere Pässe, verrannten sich die Duisburger beim Dribbling immer wieder in ihre Gegenspieler oder der Querpass landete beim Gegner. Erst nach etwas mehr als einer halben Stunde gelang der erste torgefährliche Angriff mit einem Direktpassspiel  über den rechten Flügel. Es war der Auftakt. Mit dem Ausgleich vor der Halbzeit konnte man zwar noch nicht sicher rechnen, aber von da an schien er endlich möglich zu werden.

Ich muss zugeben, ich bin ein großer Anhänger von Ivo Grlic. Nicht dass ich ihn in jedem Spiel dieser Saison auf dem Platz hatte sehen wollen, aber in einer hilflosen Mannschaft, wie sie es unter Neururer häufig gewesen ist,  wirkt er immer als rettender Fixpunkt für überforderte Mitspieler. Das heißt  in Duisburg einiges, weil das dazu führt, dass viele Zuschauer sein Spiel für schlechter halten als es eigentlich ist.  Ärger über die Spielweise der Mannschaft konzentriert sich auf denjenigen, der immer den Ball erhält und dann keine Anspielstationen findet. Das ist ungerecht, und es gehört zur Professionalität von Ivo Grlic damit auf eine souveräne Weise umzugehen. Auch deshalb gönne ich ihm die drei Tore gestern als Lohn für seinen Weg in dieser Saison.

Die ersten zwei Tore waren zudem das Ergebnis eines schnellen Zusammenspiels, bei dem Christian Tiffert als Initiator wirkte. Wieder einmal zeigte er sich als unermüdlicher Antreiber und trug neben Grlic die Hauptverantwortung für das in der zweiten Halbzeit erfolgreiche Spiel nach vorne. Beim zweiten Tor steckte Tiffert den Ball zwischen zwei Paderborner Gegenspieler punktgenau durch die Gasse auf Sahan, der präzise in den Rückraum spielte, wo Grlic zum freien Schuss kam. Das dritte Tor, direkt nach dem fast zum erneuten Ausgleich führenden Patzer von Tom Starke war dann doch sehr beruhigend. So ganz konnten wir der Führung nämlich trotz der so harmlos und vereinzelt gewordenen Paderborner Angriffe nicht trauen.

Hätte Änis Ben-Hatira einen besseren Tag gehabt, wäre diese Sicherheit vielleicht schon früher vorhanden gewesen. Doch Ben-Hatira kam erst zum Ende des Spiels an seinem Gegenspieler im Dribbling vorbei, und Passspiel zum rechten Zeitpunkt gehört einfach noch nicht zu seinen spielerischen Möglichkeiten. Dennoch zeigt sich auch bei ihm ein Wandel der Einstellung. Sein Einsatz ist kontinuierlich vorhanden, und seine Frustrationstoleranz hat zugenommen. So kommt es nicht mehr zu unnötigen Fouls nach Ballverlusten, sondern zum produktiven Versuch, den Ball zurück zu erobern. Sein Gemeckere den Mannschaftskollegen gegenüber hat er ebenfalls eingestellt.

Im Gefühl des Sieges lassen sich die drei Stunden Rückfahrt nach Köln natürlich angenehm verbringen. Dann bespricht man mit dem älteren, seit 1965 ebenfalls in Köln lebenden MSV-Fan noch einmal entscheidende Szenen des Spiels und gewinnt mit jedem Kilometer Abstand von Paderborn immer mehr Verständnis für die Stadion-Security, die bei der Kontrolle von MSV-Fans für größere Aufgaben übte. Anscheinend möchte das verantwortliche Sicherheits-Unternehmen expandieren und seine Dienstleistung in naher Zukunft auch bei Veranstaltungen von ganz anderem Gefährdungspotential anbieten. Allerdings müssen selbst die Mitarbeiter viel konsequenter noch davon überzeugt werden, dass Trockenübungen bei Fußballfans keine verschwendete Energie bedeuten. Sie wirkten jedenfalls immer wieder etwas beschämt, wenn sie die Duisburger Fans nach dem Abtasten darum baten, auch die Schuhe auszuziehen. Ob ich meine Mandarine nun als potentiellen Wurfgegenstand nicht mit hinein nehmen durfte oder als den Würstchenumsatz gefährdendes Nahrungsmittel ist mir nicht ganz ersichtlich.  Mit einem individuellen Getränke- und Speisenboykott habe ich jedenfalls sofort reagiert und hoffe, der Stadionbetreiber wird diesen Umsatzeinbruch schmerzlich bemerken und seine Schlüsse daraus ziehen. Wie ich den Werther-Effekt zum Schluss noch unterbringen soll, ist mir ein Rätsel. Alles Entscheidende ist gesagt. Es sei denn, die halbe Stunde Wartezeit im Hammer Bahnhof wegen der Streckensperrung nach Paderborn wäre von irgendeinem Interesse. Das glaube ich allerdings nicht. Denn niemand hatte sich vor einen Güterzug geworfen, wie es zunächst befürchtet worden war. Niemand, der Robert Enkes Selbstmord als Anstoß wahrnahm, ebenso zu handeln, nur Bahn-Bedienste, die im Wissen um den Werther-Effekt immer noch das Schlimmste annehmen, wenn sie Unregelmäßigkeiten auf der Strecke wahrnehmen. Es ist eben alles gut gegangen an diesem Tag. Solche Tage könnte es eigentlich bis zum Saisonende noch einige mehr geben.

Vom Himmel fiel ein Ball zum Torerfolg – Der Heimsieg gegen Hansa Rostock

Wenn ich derart, nämlich mit präzisen Ergebnisvoraussagen gegenüber Dritten, dazu beitragen kann, den Erfolg des MSV Duisburg zu ermöglichen, bin ich gerne bereit, daran mitzuarbeiten, wovon wir seit letzter Woche bis zur Winterpause nicht mehr sprechen. Dieses Mal kündigte ich den 3:1-Sieg der Bloggerkollegin Tina an, gegen Berlin war es die Tipprunde. An den Auswärtssiegen muss ich allerdings noch was arbeiten, da scheint sich meine wirklichkeitsbestimmende Macht nicht zu entfalten. Vielleicht hat einer der Spieler des Vereins aller Veine eine Idee, woran das liegen kann. Ich bin da ganz offen für Vorhersagebedingungsumstellungen. Peter Neururer sah sich ja vor dem Spiel gegen Hansa Rostock ebenfalls gezwungen, Veränderungen bei der Mannschaftsaufstellung vorzunehmen. Ein anderes taktisches System sollte den Erfolg ermöglichen.

Ob dieser Sieg aber tatsächlich der veränderten Taktik zu verdanken war, lässt sich keineswegs so sicher sagen wie der Sieg für alle aussieht, die nur das Ergebnis kennen. Das war mal wieder ein typisches MSV-Erlebnis gestern im Stadion. Diese Mannschaft gewinnt mit 3:1, doch richtig zufrieden gehen die wenigsten nach Hause. Was war das für ein Gegrummel beim Rausgehen. Grundsätzlich fühlen sich Siege ja besser an als Niederlagen oder Unentschieden, doch um das Stadion herum schwirrten diese unzähligen „aber“  durch die Luft. Ich habe dazu beigetragen. Natürlich ist es in Ordnung, in der zweiten Halbzeit erst einmal abzuwarten, was der Gegner noch macht, wenn man mit drei Toren Vorsprung führt. Dienstag arbeiten wir ja weiter am Projekt „Berlin“. Wenn Rostock nun nur mit gebremsten Schwung aus der Kabine kommt, gibt es eben nicht viel zu sehen. Warum aber habe ich nach dem einen Tor der Rostocker in der 70. Minute bis zwei Minuten vor Spielende die Sorge, der Verein aller Vereine könnte den Sieg noch verspielen? Ich befürchte, das hat dann doch mit der nicht allzu stabilen spielerischen Qualität der Mannschaft zu tun. Andererseits besitze ich ja einen unerschütterbaren Grundoptimismus und sehe, wie diese Zweitligamannschaften, bislang mit Ausnahme von Bielefeld und Kaiserslautern (?), nicht allzu konstant ihre Leistungen zeigen können. Um noch einmal meine stets so lang wie möglich bestehende Hoffnung anzudeuten, von der wir bis auf weiteres schweigen.

Gleichzeitig wird aber auch die Erinnerung an die erste Halbzeit wieder wach, einer Halbzeit, in der wir zwei überaus vorsichtige Mannschaften gesehen haben, die partout keine Fehler machen wollten und natürlich Fehler über Fehler machten. Doch man sah auch eine Mannschaft des MSV Duisburg, die diese Fehler entschiedener ausbügelten als die Rostocker. Spielfluss kam da nicht groß auf. Die Tore ergaben sich ja keineswegs aus dem kontinuierlichen Aufbau von immer mehr Chancen. Mir kommt im Rückblick die erste Halbzeit vor wie der lange Spielzusammenschnitt einer Sportsendung. Zu sehen waren mal längere, mal kürzere Einheiten des Spiels, die aber keinen Rhythmus entwickelten. Alle drei Tore stehen als einzelne Momente des Spiels für sich und fügen sich für mich nicht als Höhepunkte in eine Einheit. Gerade das erste Tor von Frank Fahrenhorst wirkte so,  als ob da ein Ball kurz vor dem Rostocker Strafraum aus dem Himmel gefallen kam. So ein göttliches Zeichen kann dann natürlich zu jenem bewegungslosen Staunen führen, das die Rostocker Verteidigung überfiel. Sie schienen den Angriff des MSV Duisburg für abgeschlossen zu halten, als sie beobachteten, wie Adam Bodzek nach der ersten Klärung des für Rostock wenig gefahrvollen Angriffs zum Volleyschuss ansetzte. Dass er damit nur die kunstvolle Variante eines Passes auf den vor dem Tor völlig frei stehenden Frank Fahrenhorst versuchte, konnten sie natürlich nicht ahnen. Kühl hat Fahrenhorst die Chance verwandelt, und da ich meine Sicht auf die Wirklichkeit den billigen Pointen vorziehe, ist die Torgefahr in beide Richtungen hier völlig fehl am Platz. Denn hinten war Fahrenhorst nicht besser oder schlechter als seine Mitstreiter. Allesamt waren immer mal wieder für ein wenig Ballgeflipper gut, allesamt hatten immer mal wieder kurze Orientierungsprobleme bei der Bestimmung, wie nah der gegnerische Stürmer schon dem Tor gekommen war. Allesamt aber waren immer wieder auch bemüht um kontrollierten Spielaufbau aus der Defensive heraus.

Chavdar Yankov zeigte, wie wichtig er für diesen kontrollierten Spielaufbau ist. Nicht nur wegen seines beeindruckenden Tores war er für mich der beste Mann auf dem Platz. Wenn nach vorne gar nichts ging, konnte ihm der Ball überlassen werden. Raumgewinn brachte das nicht unbedingt, doch die sichere Ballkontrolle war ungeachtet der Zahl der Gegenspieler gewiss. Wie wichtig er für das Spiel des MSV Duisburg ist, wird auch deshalb so deutlich, weil Adam Bodzek zurzeit nur defensiv überzeugt. Unser Sportlehrer hatte sich einmal ein kurioses  Fußballspiel überlegt, bei dem zwei Spieler einer Mannschaft ein Band in der Hand halten mussten und so sich paarweise bewegend einen einzigen Spieler der Mannschaft bildeten. Zwischenzeitlich hatte ich den Gedanken, so einen zweiten Spieler direkt bei sich könnte Adam Bodzek gut gebrauchen. Der übernähme dann den Spielaufbau und Adam Bodzek müsste sich seine gute Defensivleistung nicht immer wieder durch katastrophale Fehler im Spiel nach vorne kaputt machen. Gestern machte er mich immer wieder nervös, sobald er sich den Ball erobert hatte. Dieses Tal der Teilleistung Offensvispiel ist hoffentlich bald durchschritten.

Dass Sören Larsen arbeitet und ackert war von Anfang zu sehen. Inzwischen ist er in der Mannschaft angekommen. Nicht nur wie er sich vor dem zweiten Tor den Ball erobert hat, sondern auch das anschließende, technisch saubere Ausspielen des Torwarts war so sehenswert wie die Reingabe erfolgreich. Ich hätte zudem gerne Änis Ben-Hatira im innigen Jubel mit Larsen gesehen. Schließlich war es hauptsächlich das Tor von Larsen. Zwar gab es den dankenden Fingerzeig, doch auch an Ben-Hatiras  Jubel ist wieder zu erkennen, da gibt es weiter Arbeit bei der Persönlichkeitsbildung. Meiner Meinung nach braucht er während der Woche ununterbrochen jemanden, der ihm sagt, ohne die Mannschaft kannst du nicht glänzen. Sein Spiel war gestern schon mannschaftsdienlicher als in den Wochen zuvor, einiges mehr ist da aber noch möglich. Außerdem darf Christian Tiffert nicht unerwähnt bleiben. Nicht nur, dass seine spielerische Leistung weiter stabil bleibt und über ihn ein schnelles Passspiel immer möglich ist, darüber hinaus zeigt er eine Ausstrahlung und Präsenz auf dem Spielfeld, die andere Spieler mitreißen kann.

War das nun ein Sieg, weil Rostock zu schwach war? Was war die eigene Stärke, um die sich bietende Chance zum Sieg zu nutzen? Verdeckt der Sieg den klaren Blick auf Schwächen? Wie wir die Dinge sehen, bestimmt unsere Gefühle. Weil es keine eindeutigen Antworten auf die gestellten Fragen gibt, gibt es diese gemischten Gefühle in mir. Was wir vom MSV dieser Saison nach so einem Spiel weiter erwarten können, ist wenig vorhersehbar. Was mich nicht hindert, auch in Zukunft meinen Teil zum erhofften Erfolg beizutragen.

Ein Zeitloch und Änis Ben-Hatiras Leistung

Merkwürdig, ich bin seit einigen Tagen aus der Zeit gefallen. Nicht ganz, aber in einigen Teilen meines Lebens, nicht zuletzt in Sachen Fußball. Da kamen ein paar Sachen zusammen: Länderspiele, die mich nur mäßig interessieren, dazu Herbstferien in NRW, die den Familienalltag durcheinander bringen, außerdem ein paar Buchmessengedanken, alles gemischt mit leiser Herbstmelancholie und schon gibt es in mir sehr unterschiedliche Geschwindigkeiten gleichzeitig. So sehe ich gestern Peter Neururer auf dem Titelblatt der RevierSport im Kölner Hauptbahnhof und denke, der Ligabetrieb geht weiter. Die erwartete Vorfreude spüre ich nicht.

Der MSV spielt doch in München. Ach, das ist ja gleich schon. In weniger als einer Stunde. Na dann. Ist ja noch was hin. Solche Gedanken gehen mir nicht durch den Kopf, aber wenn ich meinem Gefühl eine Handlung geben müsste, hörte er sich so an, der Dialog zur Handlung. Ob Änis Ben-Hatira eigentlich auch in so einem Zeitloch während des Sommers verschwunden war und deshalb aus dem Tritt geraten ist?

Ich mache mir nämlich Gedanken über den Grund für seine schlechtere Leistung als in der Rückrunde der letzten Saison, seitdem ich ihn im Spiel gegen Arminia Bielefeld gesehen habe. Da kam die Frage zu meiner Meinung über Änis Ben-Hatira von nedfuller aus Hamburg gerade recht, der in seinem Blog zu den ausgeliehenen Spielern etwas schreiben wollte. Was nun in „Damit sie Spielpraxis sammeln“ zu lesen ist, und was ich keineswegs nur deshalb erwähne, weil er meinen Kommentar dort aufgenommen hat. Vielmehr gibt  er bei seiner Sicht auf die Dinge meinem Eindruck eine statistische Grundlage.

Mir kommt es so vor, als glaube Änis Ben-Hatira, beim MSV Duisburg spiele er unter seinem eigentlichen Wert. Der Einfachkeit halber begründe ich diese Meinung mit den an nedfuller geschriebenen Fakten zu dem Ausleihgeschäft: Nichts deutete zum Ende der letzten Spielzeit darauf hin, dass Änis Ben-Hatira daran denkt, den Leihvertrag in Duisburg zu verlängern. Das war ihm von vielen Fans zugestanden worden, war doch noch nicht klar, ob es beim HSV eine Perspektive für ihn gab. Dann gab es das Endspiel bei der U21-Europameisterschaft, wo er sich dem von Wagner angefachten Jubel unter dem Mantel „wir vom MSV“ entzog. Das war schlechter Stil und deutete einige der möglichen Schwierigkeiten bei einer Weiterverpflichtung an. Anschließend wurde von HSV-Seite kolportiert, Ben-Hatira werde angeraten, weiter Spielpraxis bei einem anderen Verein zu suchen. Doch Ben-Hatira erschien trotz weiterhin bestehenden Vertrages nicht zum Training beim MSV. Eines der allmählich beschmunzelten Neururer-Ultimaten ließ Ben-Hatira verstreichen. Die Geschichte schien durch zu sein. Nun wird er in der schon laufenden Saison dennoch wieder per Leihgeschäft verpflichtet. Keine so guten Voraussetzungen, um im Mannschaftsgefüge und bei den Zuschauern wieder anzukommen. Bei diesem Hintergrund muss ein Spieler schon sehr gute Leistungen zeigen, um wieder akzeptiert zu werden. Doch zunächst laufen die Dinge sogar so, dass Ben-Hatira mit dieser Skepsis nicht groß konfrontiert wird. Im Mittelfeld und Sturm fallen Spieler aus und dank seiner individuellen Qualitäten steht Ben-Hatira entgegen der Ansagen von Peter Neururer sofort wieder in der Mannschaft.

Schon im Spiel gegen Bielefeld machte Ben-Hatira den Eindruck, als fühle er sich gegenüber den Mannschaftskollegen in einer überlegeneren Position. Er fühlte sich so stark, um Unwillen zu zeigen und ärgerlich zu sein. Er entdeckte Fehler bei den anderen und suchte sie nicht bei sich. Auch seine viel zu langen Dribblings scheinen mir mit diesem Gefühl zusammen zu hängen, besser zu sein als die anderen. Nur so kann ich mir erklären, warum er im Gegensatz zur letzten Saison sehr viel eigensinniger geworden ist. So lange ist das schließlich nicht her, diese letzte Saison.

Augenscheinlich ist er zwar technisch besser als viele seiner Mitspieler, um eine Mannschaft aber zu dominieren, dazu ist er nicht gut genug. Er braucht seine Mitspieler. Das hat er anscheinend vergessen. So entsteht der Eindruck, ihm fehlt Spielübersicht, sowohl was das mögliche Abspiel zu Mitspielern angeht als auch für die Entscheidung zwischen Schuss und weiterem Dribbling. Auf mich wirkt es so, als überschätze Änis Ben-Hatira seine Leistung. Im Gegensatz zur letzten Saison, wo es eine Möglichkeit für ihn war, sich zu beweisen, scheint er das Ausleihgeschäft dieses Mal als Abstieg zu erleben. Da ist also erstmal wahrscheinlich viel Psychologie gefragt, ehe man sich auf die spielerische Leistung von Änis Ben-Hatira beschränken kann.

Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten in mir führen nun dazu, dass ich hier recht plötzlich ende, weil hier jetzt zum Ausflug aufgebrochen wird. Währenddessen führt 1860 bereits mit 1:0 und Nicky Adler vergibt die erste Chance. Allmählich finden die Dinge in ihren unterschiedlichen Geschwindigkeiten zu einem Ganzen. Änis Ben-Hatira wäre das auch zu wünschen. Und nochmal: Psychologie ist da mit Sicherheit aber noch gefragt.

Eine Freistoßmauer wie das ganze Spiel

Hat man das Zustandekommen dieser Freistoßmauer in der 6. Spielminute gesehen, weiß man, wie das Spiel des MSV Duisburg gegen Rot-Weiß Oberhausen gewesen ist. Da pfeift der Schiedsrichter einen Freistoß für Oberhausen – gefährlich nah vor dem Tor des  MSV. So wirkt es jedenfalls sofort für uns, die wir direkt auf den Rängen hinter diesem Tor stehen. Während wir noch darüber reden, ob der Pfiff berechtigt war, richtet Björn Schlicke den linken Rand der Mauer aus. Tom Starke winkt, Schlicke rückt. So weit nimmt alles also seinen gewohnten Gang. Doch die neben Schlicke sich zur Mauer aufstellenden Spieler des MSV scheinen weniger beunruhigt zu sein als ich. Vier oder fünf Spieler reihen sich da auf. Allerdings lassen sie kleinere Lücken zum Nebenmann, und es sind so wenige Spieler. Das sieht überhaupt nicht so aus, als wollte diese Mannschaft sich entschlossen  gegen den Freistoß wehren. Das wirkt so, als könnten diese Spieler noch nicht glauben, der Freistoß werde gefährlich. Der Aufbau der Freistoßmauer  geschieht alles andere als zupackend und kontrolliert.

Deshalb ist der Oberhausener Spieler, der sich im Abstand von etwa einem Meter rechts neben die Mauer stellt, augenblicklich auch eine Gefahr für die Statik der Mauer. Da geht dann der rechts, als letzter in der Mauer stehende MSV-Spieler zum Oberhausener Gegner hinaus.  Damit wird doch keine gefährliche Freistoßoption unterbunden. Da entsteht eine für den Schützen verführerische Lücke. Diese Mauer ist eher Zielhilfe für den Schützen, als dass sie Verteidigungsbereitschaft ausstrahlt. Eine Mauer ist doch nicht einfach nur ein Wall aus Körpern, um den Schuss aufzuhalten. So eine Mauer dient doch auch der Verunsicherung des Schützen, ehe er den Freistoß ausführt. Nichts davon ist auf dem Feld zu spüren. Die Körpersprache dieser Spieler in der Mauer machte nicht dem Schützen sondern mir Angst. Zu recht, wie wir wissen. Der Freistoß wurde erfolgreich verwandelt. Würden Häuser mit Mauern der entsprechenden Qualität gebaut, führten Türen im dritten Stock an der Außenwand ins Bodenlose, es gäbe Wände, die nur auf halbe und dreiviertel Höhe hochgezogen wären und die ein oder andere tragende Wand fehlte mit Sicherheit ebenfalls. Diese Freistoßmauer ist ein Sinnbild für das gesamte Spiel.

Schon in den ersten sechs Minuten schaffte es diese Mannschaft, sich durch Fehlpässe und Fehler bei der Ballbehandlung zu verunsichern. An das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach erinnerte nichts mehr, und das hatte wenig mit dem Gegner zu tun. Die Mannschaft des MSV stand von Anfang an anders auf dem Platz als in Mönchengladbach. Den entschlossen auftretenden Oberhausener Spielern wurde nicht ebenso entschlossen entgegen getreten. Dabei ging es erst einmal nur darum, sich in Zweikämpfen zu behaupten. Noch ging es gar nicht um Spielzüge und Spielaufbau, es ging um die Präsenz  jedes Spielers. Diese Präsenz blitzte später immer mal wieder in einzelnen Momenten auf, verpuffte aber ebenso schnell wieder in genau diesem einzelnen Bemühen, weil an anderer Stelle gerade wieder was schief lief. Für solche Spiele scheinen die Strukturen zu fehlen, auf die sich die Mannschaft zurück ziehen kann, um Sicherheit zu gewinnen.

Es ist nun so deutlich geworden, diese Mannschaft kann das Mittelfeld im langsamen Spielaufbau nicht überbrücken. Diese Mannschaft gelangt nur in die Nähe des gegnerischen Strafraums, wenn ein Angriff schnell vorgetragen werden kann. Warum, so frage ich mich deshalb,  zeigt diese Mannschaft nicht wie alle bislang von mir gesehenen Gegner nach der Balleroberung im Mittelfeld ein schnelles Spiel über die Außenbahnen? Warum wird trotz der Schwächen beim langsamen Spiel das Tempo so oft nach Balleroberung verschleppt? Das verstehe ich nicht und hätte es gerne von Peter Neururer erklärt.

In den letzten zwei Tagen ist über die Leistungen der einzelnen Spieler schon viel geschrieben worden. Allmählich kennen wir ihre Schwächen. Ben-Hatira war bemüht, aber ohne Auge für die Mitspieler und verrannte sich dieses Mal meist im Dribbling, gerne auch über die Außenlinie. Gleiches gilt für Caiuby. Bodzek spielt zurzeit immer wieder den eröffnenden Pass für den nächsten gefährlichen Angriff  – allerdings für den des Gegners.  Larsen läuft als Wiedergänger unseres Sturms von vor einem Jahr über den Platz. Ohne Timing beim Kopfballspiel wie Sandro Wagner seinerzeit und antrittsschwach wie damals Dorge Kouemaha. Was angesichts der Entwicklung beider Stürmer für die Rückrunde hoffen lässt. Tifferts Leistungen sind eigentlich immer zumindest solide. Die Verteidigung war einmal mehr oft in Bedrängnis, weil viele Angriffe knapp hinter der Mittellinie endeten. Tom Starke als Rückhalt und so weiter und so weiter. Das kennen wir nun und haben es in Ansätzen auch während der erfolgreichen Spiele gesehen.

Wenn Peter Neururer nach dem Spiel verkündet, er werde von nun an nicht mehr die Hand schützend über seine Spieler halten, dann will ich aber auch hören, was denn die Vorgaben für diese Spieler gewesen sind. Natürlich können nach einem Spiel wie gegen Rot-Weiß Oberhausen einzelne Spieler problemlos mit ihren schlechten Leistungen in den Blick gerückt werden. Mir scheint das aber zu einfach. Schließlich war das nun das dritte Spiel, in dem die gesamte Mannschaft schlecht spielte. Nur wenn ich weiß, welche taktischen Mittel im Spiel hätten angewendet werden sollen, kann ich bewerten, ob sich tatsächlich das schlechte Spiel von einzelnen Spielern zum schlechten Mannschaftsspiel summierte. Fußball scheint zwar ein einfacher Sport zu sein, doch der Erfolg ist abhängig von so vielen Einflussgrößen. Auf dem Spielfeld sehen wir nur einen Teil davon.


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