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Immer neue Sorgen trüben Jubel über Heimsieg

Der Vorsatz von vorgestern als Zuschauer ganz Profi zu sein, erwies sich beim Warten auf den Anpfiff des Spiels vom MSV Duisburg gegen den FC Erzgebirge Aue schwierig. Für die volle Konzentration auf das Spiel musste das Spiel tatsächlich erst einmal beginnen. Ich fühlte mich merkwürdig vor dem Anpfiff. Angeweht kam da so etwas wie Sinnlosigkeit. Das lag weniger an der ungeklärten Situation in Duisburg als an den Nachrichten aus Aachen. Dort war zu sehen gewesen, wie im laufenden Betrieb von jetzt auf gleich der Wettkampfgedanke sich für den Verein verflüchtigte. Fußball dort ist nun nur noch eine Art Leistungsschau und Fußballer-Messe, bei der sich die Aachener Spieler für potentielle Arbeitgeber empfehlen wollen. Aus dem Mannschaftssport wird ein Casting-Wettbewerb. Schon komisch. Solche Gedanken musste ich verdrängen, und dazu brauchte es das Spiel selbst.

Anpfiff, und der MSV Duisburg startete nicht so druckvoll wie erwartet. Das lag zum einen am FC Erzgebirge Aue, die sich nicht so weit zurückzogen wie etwa der FSV Frankfurt. Es lag aber sicher auch an den schlechten Erfahrungen des MSV Duisburg in den letzten Heimspielen. Dennoch bekam die Mannschaft das Spiel in den Griff, ohne – und das konnten wir erwarten – torgefährlich zu werden. Fehler im Spielaufbau musste man vermeiden, und in diesem Spiel wurde es zu Beginn so offensichtlich. Jedes Mal, wenn nach einer Balleroberung schnell umgeschaltet wurde, ging der folgende kurze Pass sofort wieder zum Gegner. Mit einem Kurzpassspiel dagegen, das sich aus einer kontrollierten Spielsituation entwickelte, kam die Mannschaft zum gegnerischen Strafraum. Da gab es zwei, drei Spielzüge, an denen jeweils Toni da Silva beteiligt war, der im engen Raum dennoch die Lücken fand.

Im Nachhinein ist es bezeichnend für das Spiel, dass ihm gegen Ende der ersten Halbzeit offenbar der Oberschenkel schmerzte. Die erste Auswechlung war zu erwarten gewesen. Betrachtet man, wer sich danach verletzte, kann ich Menschen verstehen, die in der Häufung solchen Unglücks böse Geister wirken sehen. So etwas kann kein Zufall sein. So etwas braucht Erklärung. Wollte ich vier wichtige Spieler dieser ersten Halbzeit benennen. So wären das Toni da Silva, Goran Sukalo, André Hoffmann und natürlich Felix Wiedwald gewesen. Alle vier sind nach dem Spiel verletzt. Die Nachricht vom Mittelhandbruch Felix Wiedwald, in der ersten Halbzeit wohlgemerkt, kam nach dem Spiel. Wie schwerwiegend die anderen Verletzungen sind, wird sich im Laufe des Tages erweisen. Gestern dachte ich, eine Mannschaft, die in jeglicher Hinsicht von den Umständen derart unter Druck gerät und dennoch die Krise mit dem Klassenerhalt meistert, wird noch sehr erfolgreich werden, damit die bald erstmal nur verschobene Insolvenz mit Erstliga-Geld auf lange Frist verhindert wird. Galgenhumor.

Zurück zum Spiel, bei allem Bemühen des MSV Duisburg hatte Aue die erste riesige Chance, die eigentlich aus drei riesigen Teilchancen bestand, jede einzelne für ein Tor gut. Felix Wiedwald hielt spektalär zwei Schüsse aus kürzester Distanz und schaufelte schließlich am Boden liegend den Ball aus dem Strafraum, ehe ein Stürmerbein zustochern konnte.

Fehler im Spielaufbau auf Höhe der Mittellinie gab es auch auf Auer Seite und aus einem dieser Fehler ergab sich das Führungstor durch Daniel Brosinski, nach einem Konterlauf von  Sören Brandy, der den  Ball schön quer legte. Die Führung schien die Mannschaft zu verunsichern. Kontrolliertes Spiel bedeutet für die Spieler dieser Mannschaft zu langsam im Kopf sein. Auf mich macht diese Mannschaft den Eindruck, als dürften viele ihrer Spieler keine Gelegenheit haben, zu überlegen, was sie Sinnvolles mit dem Ball machen sollen. Diese Mannschaft ist gut, wenn ein Gegner den einzelnen Spieler ihre Aufgaben alternativlos aufzwingt. Diese Mannschaft wird schlecht, wenn ein Gegner den Spielern Zeit lässt oder die Spieler selbst versuchen, bedächtig den Ball in den eigenen Reihen zu halten.

So schien bald der Ausgleich nur noch eine Frage der Zeit. Auf Höhe der Mittellinie wurde nahezu jeder Ball abgeben und die Auer Stürmer überrannten die Defensive der Zebras in kurzen Abständen. Der Ausgleich kam und das Unentschieden zur Halbzeitpause war nach einer weiteren Großchance der Auer eher glücklich. Zunächst schien es in der zweiten Halbzeit kurz dort weiterzugehen, wo die erste endete, auch wenn Julian Koch nun auf dem Platz stand. Auch das war zu erwarten gewesen – allerdings als Auswechslung für Dzemal Berberovic, der gestern einen rabenschwarzen Tag erwischt hatte. Die Verletzung von Toni da Silva machte eine andere Option notwendig. Julian Koch gibt dem Spiel der Mannschaft Stabilität. Er wirkt selbstbewusst, bietet sich in engen Situationen an und strahlt am Ball Ruhe aus.

Doch erst mit den nächsten beiden kurz hintereinander notwendigen Auswechslungen von André Hoffmann und Goran Sukalo entwickelte sich die Dynamik des Spiels zugunsten der Zebras. Plötzlich war ein unbändiger Wille auf dem Platz zu spüren. Die Auer Mannschaft kam nicht mehr zu wirklich großen Chancen und nachdem das Führungstor durch Sören Brandy per Kopf nach dem Freistoß gefallen war, ging es darum diesen Vorsprung bis zum Schlusspfiff zu retten. Das machte die Mannschaft mit großem Einsatz und starkem Willen. Maurice Exslager sorgte mit seinen Sprints immer wieder für Gefahr für die Auer Defensive, so dass die Auer Mannschaft ihren Druck nicht mehr erhöhen konnte.

Diese Energie auf dem Spielfeld sprang auf das Publikum über. Ab etwa der 80. Minute herum wollten alle der etwas mehr als 10.000 Zuschauer, natürlich mit Ausnahme der Auer Anhänger, diese Mannschaft zum Sieg schreien. Was auf den Rängen geschah, kam auf dem Spielfeld an und umgekehrt. Da gab es eine Einheit, die an bessere Zeiten erinnerte und die sämtliche Sorgen aus der Gegenwart hinwegfegte. Wichtig war der Moment, wichtig war der Sieg am Tag. Alles andere würde sich zeigen. Siege geben Hoffnung, egal, was Duisburger Sportjournalisten schreiben. Dazu später mehr.

Bilder zum Spiel gibt es von Sky mit einem Klick weiter hier.

Die Presskonferenz nach dem Spiel zusammen mit O-Tönen von Daniel Brosinski, Sören Brandy und Julian Koch eingebunden hier:

Auch ohne Tore fühlt sich das nach Sieg an

Im Moment fällt mir kein torloses Unentschieden ein, dass ich derart bejubelt habe wie dieses am Freitagabend gegen den 1. FC Köln. Nachdem der MSV Duisburg ab der 21. Minute nur mit zehn Mann spielte, fühlte sich das Ergebnis nach einem Sieg an. Das ging den meisten in der begeisterten Gästekurve so, aber auch den Spielern, wenn man sich weiter unten anhört, was Julian Koch gesagt hat. Die letzten Minuten hatten es aber auch in sich. Zweimal ging der Ball an die Latte des Duisburger Tores, nach einem Freistoß und nach einer Ecke, und einmal hatten wir gefühlte Ewigkeiten Zeit bei einem wilden Getümmel im Strafraum den jeweils nächsten drohenden Schussversuch der Kölner im Netz einschlagen zu sehen. Doch immer wieder warf sich ein weiterer Duisburger Spieler vor den Ball, bis schließlich der Gewaltschuss nicht mehr zu verhindern war. Aus vielleicht sieben Metern Entfernung knallte der Ball rechts neben das Tor in die Bande. Aufatmen.

Dabei war die Kölner Mannschaft über das Spiel hin gesehen harmlos, verunsichert und ohne Mittel, den Zebras gefährlich zu werden.  Aus Zebra-Sicht  wäre es nach dem Überstehen dieser wenigen wirklich gefährlichen Minuten sogar fast zur perfekten Dramaturgie des Spiels gekommen. Einen ersten Ansatz zum Konter konnten die Kölner gerade noch verhindern, nachdem auf Höhe der Mittellinie der eingewechselte Zvonko Pamic den Ball  einem erneut zögerlichen Kölner Spieler den Ball abgenommen hatte. Doch nach der nächsten Balleroberung  wurde Srdjan Baljak steil geschickt. Aus unserer Perspektive von der Westtribüne auf Höhe des Kölner Strafraums war aber schon nach der Ballannahme zu sehen, dass er nicht in idealer Linie aufs Tor würde schießen können. So hielt sich meine Hoffnung in Grenzen. Vielleicht war ich aber auch nur  zu sehr mitgenommen von den Chancen der Kölner Mannschaft und der Nachricht von vier Minuten Nachspielzeit.

Bis zur 80. Minute hielten sich meine Sorgen aber in Grenzen. Wir sahen eine Kölner Mannschaft, die sehr an den MSV der Heimspiele erinnerte. Es fehlte den Kölnern an Dynamik und Ballsicherheit, um eine die meiste Zeit perfekt verteidigende Mannschaft der Zebras zu überwinden. Alleine Sascha Bigalke zeigte in vergeblichen Einzelaktionen Zug zum Tor. Einzelaktionen bestimmten auch die Entlastungsangriffe beim MSV Duisburg. Vor dem Halbzeitpfiff setzte sich Daniel Brosinski auf der rechten Seite wunderbar durch, doch kam in der Mitte kein Spieler rechtzeitig in den Rückraum, wohin der entscheidende Pass hätte gespielt werden müssen. Sören Brandy versuchte sich unermüdlich, aber vergeblich in langen Sprints mit dem Ball. Auch ihm fehlte die Anspielstation. Das Provozieren eines Foulspiel gelang ihm gar nicht. Ich möchte darauf wetten, dass er beim Schiedsrichter recht bald schon in der Schublade „lässt sich fallen“ lag und unklare Situationen nicht mehr für ihn gepfiffen wurden. Mich beruhigte zudem, dass Antonio da Silva  im Mittelfeld gegen die Überzahl pressender Kölner den Ball behauptete und dann den Pass in den freien Raum spielen konnte. So mussten die Kölner vorsichtiger werden bei ihrem frühen Angreifen, konnten nicht mehr so offensiv auf den Ball gehen.

Julian Koch wurde nun das zweite Mal eingewechselt, und erneut war im Ansatz zu sehen, welche Dynamik er dem Spiel des MSV Duisburg verleihen kann. Schon jetzt, wo er natürlich noch etwas langsamer wirkt als in seiner ersten Saison bei uns, schon jetzt besitzt sein Antritt jene Grundschnelligkeit, dass er mit dem Ball am Fuß sicher in die Lücken der Abwehrreihen stoßen kann, um anschließend den entstandenen Freiraum zu nutzen. Er hat dann das Auge für den Pass. Für den ganz langen Sprint braucht er noch etwas Zeit. Noch sorgt mich zudem jeder seiner langen Schritte bei den Balleroberungen in der Defensive. Das ist sein Spiel schon früher gewesen. Aber es ist auch genau dieses Spiel, das zu seiner schweren Verletzung geführt hat. Dann denke ich und hoffe, er wird sehr genau lernen, wann dieser lange Schritt einfach zu risikoreich ist. Felix Wiedwald braucht übrigens nicht nur wegen der vor allem durch ihn verschuldeten roten Karte für Branimir Bajic zusätzliche Trainingseinheiten im weiten Abschlag beziehungsweise Passen.

In diesem Spiel das torlose Unentschieden gehalten zu haben, wird die Mannschaft weiter zusammenschweißen. Dieses Spiel gibt uns Zuschauern aber auch eine Lektion, weil die spielerische Qualität vom 1. FC Köln, wie erwartet, nicht besser war als die des MSV Duisburg. Das Kölner Publikum war unzufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft und pfiff sie schon zu Beginn der Halbzeitpause aus, ganz zu schweigen von der Verabschiedung nach dem Spiel. Mich freute diese Unmutsbekundung, weil ich hoffte, sie könnte die Kölner Mannschaft noch mehr verunsichern. Diese Mannschaft bemühte sich. Sie bemühte sich so, wie es der MSV Duisburg in seinen Heimspielen auch immer tat. In solchen Spielen hat es die verteidigende Mannschaft einfach leichter, die Zuschauer  zu begeistern. Sie braucht nichts mehr zu tun, als sich der angreifenden Mannschaft mit Leidenschaft entgegen zu stellen. Die angreifende Mannschaft braucht spielerische Lösungen, um diese Defensive zu überwinden. Die Leidenschaft der angreifenden Mannschaft kann meist nur unsichtbar bleiben. Spieler etwa, die steil laufen und nicht angespielt werden, wirken nicht stimmungshebend. Obwohl sie sich bei ihrem Lauf anstregen, also Leidenschaft zeigen.

Deshalb war ich auch nicht glücklich über diese in der Öffentlichkeit kolportierte Brandrede von Ivica Grlic vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln. Es ginge jetzt nur um drei Buchstaben, oder was hat er nochmals gesagt? So etwas geht in Heimspielen nach hinten los, weil es einen ungerechten Vorwurf befördert, eine Stimmung befeuert, die die Mannschaft nur weiter verunsichert. Noch einmal, im Spiel nach vorne sind Mannschaften wie der MSV Duisburg und, wie wir gesehen haben, der 1. FC Köln nicht präzise genug, um leidenschaftliche Eindrücke zu hinterlassen. Um in der Offensive ein Bild von Leidenschaft zu wecken, braucht es Schnelligkeit und Dynamik. Bei engen Räumen auf dem Spielfeld sind dazu große Präzision im Zusammenspiel und sehr gute technische Fähigkeiten nötig. Beides ist beim MSV Duisburg nicht stabil vorhanden. Was nicht bedeutet, dass ein Spiel sich nicht dahin entwickeln kann. Aber die Stimmung trägt dazu mit bei. Deshalb wäre das Duisburger Publikum gut beraten, es nicht dem Kölner Publikum gleich zu tun und die immer mögliche Enttäuschung gegen die Mannschaft zu richten. Man braucht sie nicht zu  bejubeln, wenn sie schlecht spielen. Der Vorwurf mangelndens Einsatzes ist bislang aber durchweg ungerecht. Das Spiel gegen den FC Erzgebirge Aue wird, so meine ich, deshalb nicht nur zur Prüfung für die Mannschaft. Auch wir Zuschauer können uns wieder beweisen.

Und nun noch die Stimmen zum Spiel von Felix Wiedwald, André Hoffmann und Julian Koch.

Der Liveticker neben der Helmut-Rahn-Gedenkwand

Die anderen Gäste in der Frohnhausener „Friesenstube“ verfolgten mit dem Reporter von Radio Essen das Auswärtsspiel von Rot Weiß bei der Kölner Viktoria. Die Leitung war gut, entsprechend  auch das Spiel. Die Anhänger der Mannschaft aus dem Pott konnten zufrieden sein. Rot Weiß führte. Den Gästen der Friesenstube war das  nicht anzumerken. Für den FC Kray in derselben Liga lief es gegen die zweite Mannschaft vom 1. FC Köln anders. Die Telefonverbindung passte zur skeptischen Reporterstimme angesichts des Spielverlaufs. Sie passte aber auch zu unserem Helmut-Rahn-Gedächtnistag. Diese Radio-Momente klangen nach Vergangenheit.

Mit dieser Telefon–Stimme im Hintergrund war es leicht vorstellbar, dass Helmut Rahn zur Tür reinkommt, sich an den Tresen setzt und kurz zu uns rüberguckt, ob auch wir in der Kneipe unbekannten Gesichter mal wieder die Geschichte von seinem Tor erzählt bekommen wollten. Wir hätten ihn überrascht. Was interessierte uns ein Wunder von Bern, wenn die erfolgreichste Bundesliga-Saison des MSV Duisburg zu besprechen gewesen wäre. Mit Freunden war ich nach Essen gefahren, erst zur Helmut-Rahn-Sportanlage, dem 60. der „111 Fußballorte im Ruhrgebiet, die man gesehen haben muss„, danach ging es zur Friesenstube, der einstigen Stammkneipe Helmut Rahns, die als Ziel auf der Deutsche Fußballroute NRW sogar touristisch erschlossen ist. Doch nur das Routenschild vor der Kneipe weist darauf hin. Reisebusse fahren nicht vor.

Während die wortkargen Gäste dem Radio lauschten, hatten wir unseren Live-Ticker und wussten um die 1:0-Führung des MSV Duisburg gegen den SV Sandhausen. Was dort im Süden geschah, schien selbst nach der Halbzeitpause nicht weiter bedrohlich zu werden. Die Nachricht vom zweiten Brandy-Tor machte die Friesenstube dann zum Zebrastall. Die einsamen Herren am Tresen bedachten uns ebenso mit freundlichen Blicken wie Bedienung Chrissi. Auch mal eine schöne Erfahrung mit Fußball in Essen.

Dieser Sieg war notwendig, wichtig und nicht unbedingt zu erwarten gewesen. Als ich den Vorbericht aus der Region mit o-Tönen von Nicky Adler las, wusste ich, im Grunde wird es dassselbe Spiel wie gegen Ingolstadt, nur dass der Gegner dieses Mal weniger fußballerische Qualität aufweist. Der SV Sandhausen machte die Zebras zum Favoriten, sie würden deshalb tief stehen und wieder einmal bekäme der MSV Duisburg Probleme gefährlich vor das gegnerische Tor zu kommen. Doch Kosta Runjaic hatte aus dem Spiel gegen den FC Ingolstadt einen nahe liegenden Schluss gezogen, über den viele von uns Zuschauern auch schon oft nachgedacht hatten. Er nahm Antonio da Silva von Beginn an in die Mannschaft.

So kamen viele Dinge zusammen. Wahrscheinlich war der SV Sandhausen nicht nur im Spiel nach vorne schlechter als der FC Ingolstadt. Auch die Defensive bot mehr Lücken. Diese zu nutzen, dazu musste die Mannschaft des MSV Duisburg aber erst einmal in der Lage sein. Nach dem, was ich hörte, las und gesehen habe, war die Leistung aller einzelnen Spieler deutlich besser als vor einer Woche. Aber auch das durch die Hereinnahme von da Silva variablere Spiel schuf für den MSV Duisburg Vorteile.  Das Problem zwei kurz nacheinander aufgestellte Vierer-Ketten überspielen zu müssen konnte so gelöst werden. Wenn ich zudem das zweite Tor von Sören Brandy sehe, weiß ich auch, dem Mann gelang an diesem Tag mehr, als wir bislang von ihm gesehen haben. Wie Brandy sich im Strafraum mit dem Rücken zum Tor samt Ball vom Gegenspieler löst und sofort erfolgreich den Abschluss sucht, das hat Klasse. Es zeugt von seinem Selbstbewusstsein an diesem Tag. Wollen wir hoffen, diese Erfahrung trägt in die nächsten Wochen hinein. Kämpferisch konnte er bislang ja stets überzeugen. Es fehlten genau solche spielerischen Momente wie gegen Sandhausen, die ihn in Paderborn regelmäßig ausgezeichnet hatten.

Den Ausblick auf die nächsten zwei Spiele wage ich nur zögerlich. Wir wissen einfach nicht, wie gefestigt das spielerische Niveau dieser Mannschaft ist. Sehr viel mehr aus  wirtschaftlicher denn aus sportlicher Perspektive wäre ein Auswärtssieg im Pokalspiel gegen den Karlsruher SC wichtig. Aber Pokal ist Pokal. Wir werden sehen und hoffen. Und wenn am nächsten Samstag der Auswärtssieg gegen Sandhausen mit einem ebenso nicht selbstverständlichen Heimsieg unterfüttert würde, sähe unsere Zebrawelt schon wieder etwas rosiger aus.

Ich bin übrigens mal gespannt, welchen Nachfolger der VfL Bochum für Andreas Bergmann findet. Doch egal, wer in Bochum jetzt Trainer wird, die Veränderung dort wird keinen so großen Unterschied machen wie der Trainerwechsel in Duisburg. Zumal die Saison inzwischen voran geschritten ist. Da ist der MSV Duisburg sehr viel weiter in der Entwicklung und besitzt gegenüber diesem Konkurrenten aus dem Pott eindeutige Vorteile. Davon ab begrüßte ich es natürlich, wenn auch der VfL die Klasse hielte – trotz der komischen gelb-roten Embleme auf den Trikots.

Das wird schwierig in dieser Saison

Meine Dauerkarte lag noch auf dem Küchentisch. MSV-Fans waren die Einbrecher schon mal nicht. Den Stehplatz hätte einer der oder der Einbrecher  ja unerkannt besuchen können. Mitten in der Nacht waren wir nach sieben Tagen Istanbul wiedergekommen, und die Nachbarn erwarteten uns dennoch. Sie wollten uns nicht unvorbereitet, dem Chaos begegnen lassen. Viel gab es bei uns nicht zu holen. Wir sind technisch nicht ganz auf der Höhe der Zeit. So hält sich der materielle Schaden trotz Laptop-Verlust in Grenzen. Was mich umtreibt, und was sich an diesem Freitag wie die Nachricht vom Tod eines nahestehenden Menschen anfühlte, ist der Verlust an Kontrolle über das eigene Leben. Da blieb erst mal nicht viel Platz im Kopf für das Spiel des MSV Duisburg gegen den FC Ingolstadt am Abend. Nach dem Aufräumen brauchte ich noch etwas Zeit für die Entscheidung, mich in dieser gedrückten Stimmung auf den Weg nach Duisburg zu machen. Das Spiel hat sie dann nicht besser gemacht.

Die 0:2-Niederlage gegen den FC Ingolstadt macht es uns schwer, an mögliche Siege des MSV Duisburg zu glauben. Die Zebras hatten nach einer passablen ersten Halbzeit nach der Pause nicht den Hauch einer Chance mehr. Die Grenzen dieser Mannschaft sind so deutlich geworden, und im Moment glaube ich tatsächlich, wir können nur noch auf mehr Glück in der Hinrunde hoffen, um  ein paar Punkte zu holen, bis die Verletzten zurückkommen. Anscheinend ist Kosta Runjaic der Ansicht, Antonio da Silva sei nicht gut genug, um eine spielgestaltende Rolle in der Mannschaft zu übernehmen. Da Silvas Verpflichtung war aber die Reaktion auf die Erkrankung von Jürgen Gjasula, und schon in der letzten Saison hatte der MSV Duisburg nur mit eben Jürgen Gjasula spielerische Qualität erkennen lassen. Wie also soll sich die Mannschaft ohne diese beiden spielerisch behaupten?

Die Stimmung nach Niederlagen in solchen Spielen wie gegen den FC Ingolstadt schlägt sogar in Ärger um, weil der Eindruck entsteht, die Mannschaft habe auch kämpferisch versagt. Doch in so einem Spiel verliert sich der andauernde Kampf, weil der Gegner sich nicht auf Kampf einlässt.  Dazu hatte sich der FC Ingolstadt zu weit zurück gezogen. Das macht den großen Unterschied des ersten Eindrucks zum Spiel gegen Hertha BSC, einem Verein, der das Spiel mitbestimmen wollte. Der FC Ingolstadt wollte nichts mitbestimmen. Dieser Gegner wollte auf die Fehler des MSV Duisburg warten, und damit das Spiel gewinnen. Dieser Gegner machte das deshalb, weil die Mannschaft ihre Konter beeindruckend schnell und präzise ausspielte. Jeder Ballverlust des MSV konnte zur Bedrohung für dessen Tor werden. Die Ingolstädter hatten einen Plan, den sie genau befolgten. Es schien so, als sei ihnen die Ballführung in der Mitte beim Konter verboten gewesen. Bei den Kontern war die Nähe der Eckfahne das Ziel, selbst wenn der Ball sich schon in der Mitte befand und das erste Torgefahr bedeutet hätte. So fiel das 1:0 vielleicht auch deshalb, weil zum Unglück des MSV Duisburg kein Ingolstädter mehr zur Eckfahne mitgelaufen war. Der Abschluss in der Mitte war die Konsequenz.

Diese Schnelligkeit der Ingolstädter nach der Balleroberung sehen wir seit Spielzeiten beim MSV Duisburg nicht als gefestigte Spielweise der Mannschaft. Fast immer erfolgt der Pass nach der Balleroberung nicht sofort in die Spitze, weil der ballerobernde Spieler erst die Übersicht gewinnen muss, wo er Mitspieler findet und dann ist es wie gestern gegen Ingolstadt zu spät. Die nur vorsichtig aufgerückte Verteidigung steht wieder bereit. Im Gegensatz dazu musste die Defensive des MSV deutlich mehr als vorsichtig aufrücken, damit überhaupt Druck auf die Ingolstädter aufgebaut werden konnte.

In der zweiten Halbzeit fand die Mannschaft kein einziges Mittel mehr, den Ball in die Nähe des Ingolstädter Tores zu bringen. Diese Mittel standen in der ersten Halbzeit zumindest zeitweilig zur Verfügung. Es hatte ja die Chance auf die Führung gegeben. Völlig untergegangen in der Nachbetrachtung ist etwa die erste Minute, in der der angelegte Plan des MSV Duisburg so offensichtlich war. Aus dem Halbfeld kommt ein halbhoher Pass in die Sturmspitze auf Valeri Domovchiyski in den Elfmeterraum. Der Verteidiger bedrängt ihn zwar, doch Valeri Domovchiyski kann den Ball annehmen und ist vollkommen frei vor dem Tor. Nur scheint er damit nicht gerechnet zu haben. Er erkennt in diesem Moment seine große Chance nicht, sucht nicht den Abschluss, sondern läuft weiter, ohne den Ball wirklich kontrollieren zu können und gibt dem Verteidiger genügend Zeit, ihn zu stören.  Dabei hat er sich im weiteren Verlauf dieser ersten Halbzeit bei den engen Räumen immer wieder gut behauptet, ehe auch er in der zweiten Halbzeit nicht mehr in Erscheinung trat.

Der MSV Duisburg bekommt in so einem Spiel nicht viele Chancen für ein Tor. Diese wenigen Chancen wurden also entweder nicht erkannt oder vergeben wie um die 35. Minute herum, als kurz nacheinander Benjamin Kern die Latte traf und Ranisav Jovanović an einem überragenden Reflex vom Ingolstädter Torwart scheiterte. Die Spieler wussten um ihre beschränkten Möglichkeiten. Deshalb folgte dem Gegentor der vollkommene Zusammenbruch der Mannschaft. Sie fühlten  Aussichtslosigkeit und ergaben sich dem Schicksal der Niederlage. Das sah dann so aus, als wollten sie sich nicht  anstrengen.  Es ist aber die Lähmung nach vergeblicher Anstrengung, die wir da sahen. Das wenige Selbstvertrauen aus den letzten Spielen war wieder vollends verschwunden. Bezeichnend, dass selbst der eigene Anstoß dann sofort wieder zur Großchance von Ingolstadt wird.

Felix Wiedwald übrigens ist ein verdammt guter Torwart.  Für mich verebbt das Nachdenken über das Spiel hier jetzt. Lähmung als Ergebnis von Kontrollverlust bei den Spielern und bei mir. Also, bewältigen und weiter machen. Was anderes gibt´s mal wieder nicht.

Saisonvorbereitungsabschluss – Applaus für Ivo und Co

Bevor es gleich nach Duisburg geht, möchte ich die Saisonvorbereitung abrunden mit einem Applaus für Ivica Grlic. Wir haben in der letzten Saison erlebt, ohne Jürgen Gjasula blieb die Spielweise des MSV eindimensional, und es musste in einem Spiel auf viel Glück für den Erfolg gehofft werden. Der Ausfall von Jürgen Gjasula hatte also einen erfolgreichen Saisonauftakt sehr erschwert – bei allen immer vorhandenen Hoffnungen auf einen anderen Verlauf des zu Erwartenden. In dieser Situation Antonio da Silva für ein Jahr zu verpflichten, ist eine erste sehr besondere Leistung von Ivo Grlic als Sportdirektor. Der finanzielle Rahmen des Vereins ist eng, und dennoch findet Ivo Grlic nicht einfach nur eine Notlösung. Es kann sein, dass nach der Gesundung von Jürgen Gjasula die Mannschaft insgesamt besser werden kann. Das sind selbstverständlich nur Möglichkeiten, doch angesichts der Rahmenbedingungen ist die Hoffnung auf diese Möglichkeit ein Erfolg.

Der Applaus gilt aber auch dem, was mit der Verpflichtung meiner Meinung nach auch deutlich wird. Ivica Grlic musste dieses Mal zwar nicht direkt mit Michael Zorc verhandeln, dennoch liegt die Vermutung nahe, dass Informationen fließen, wenn ein Spieler zuvor in Dortmund zwei Jahre unter Vertrag war.  Sicher, ich spekuliere ein wenig, aber die geschäftliche Verbindung des MSV Duisburg zu Borussia Dortmund macht diese Verpflichtung sicher nicht schlechter. Das fehlende Netzwerk, das war die einzige größere Sorge nach der Verkündung, Ivica Grlic werde Sportdirektor beim MSV. Ich denke, wir haben gerade miterlebt, wie einige Taue in diesem Netzwerk fest verknüpft und belastbar sind.


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