Posts Tagged 'DFB-Pokal'

Sportjournalismus und die Wirklichkeit des Baumgart-Interviews

Seitdem mir eine Baumgart-Schlagzeile nach der anderen in meine Timelines gespült wird, denke ich mal wieder, angemessenes Sprechen ist sehr förderlich für gelingendes Zusammenleben. Damit meine ich nicht, wie Steffen Baumgart die Schiedsrichterentscheidung kommentiert. Ich meine die Schlagzeilenproduzenten. Mir ist schon klar, dass ich an den Regeln des Marktes beim Buhlen um Aufmerksamkeit und den Allgorithmen, die das Emotionale nach oben spülen, nichts ändere. Dennoch will ich als Schmetterlingsflügelschlag im Erzählstrom über die Wirklichkeit festhalten:

Steffen Baumgart tobt nicht.

Steffen Baumgart flippt nicht aus

Steffen Baumgart rastet nicht aus.

Einen Baumgart-Ausraster gibt es nicht.

Steffen Baumgart ist wütend. Steffen Baumgart ist zornig. Aber er redet kontrolliert. Er kritisiert und urteilt hart über die Schiedsrichter-Entscheidung sowie das Schiedsrichter-Verhalten. Ich sehe keine Affekt-Reaktion, wie sie die Schlagzeilen suggerieren.

Die entsprechenden Schlagzeilen mit einer fantasierten Wirklichkeit von Sport 1, RTL, Westfälische Allgemeine, BILD, Eurosport und anderen Lokalmedien Deutschlands, die anscheinend eine Agenturmeldung übernommen haben, finden sich mit der Google-Suche.

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Der Spieltagskommentar kommt von den Lassie Singers

Nun, es kam, wie erwartet. Dass diese Erwartung einer Pokalniederlage gegen Borussia Dortmund sich mit fünf Gegentoren erfüllte, von denen vier von sehr unglücklichen Umständen begleitet wurden, gibt dem Ganzen eine besondere Note. Ich sehe aber nicht, dass ohne diese unglücklichen Umstände keine Gegentore gefallen wären.

Dieses Spiel gibt mir keinen Aufschluss über die zukünftige Spielstärke der Mannschaft. Zu besonders war dieses Pokalspiel, als dass es nicht auf die Psyche und damit auf die fußballerischen Möglichkeiten der einzelnen Spieler gewirkt hätte. Einige schienen zunächst etwas gehemmt – auch Torsten Lieberknecht spricht vom Respekt, aber sicher wirkte das Spiel zwischendurch auch besonders motivierend. Andere Anhänger des MSV ziehen dennoch aus dem Spielverhalten prognostizierende Schlüsse – mit sich widersprechendem Ergebnis. Alles ist schon fast wie immer.

Heißt für mich, bis zum Spiel gegen Rostock der ewig gültigen Wahrheit der Lassie Singers zu folgen.

 

Ist es übrigens nicht überaus passend, dass die einzige bei youtube gelistete Liveaufnahme von dem Song aus Oberhausen stammt? Ein Mottolied für die Ruhrstadt.

Zufällige Möglichkeit für ein Spieltagssymbolfoto – Rustikal und ausdrucksstark

So weit ich weiß, erhalten die Spieler der Fußballnationalmannschaft zur Vorbereitung auf Länderspiele nicht nur eine fußballbezogene Vorbereitung – mancher sagt auch Training dazu. Sie werden auch mit Länderdossiers versorgt. Durch diese Rundumvorbereitung auf den Gegner wird einerseits sicher gestellt, dass kein Spieler sich der Presse gegenüber zu ewig lustigen Fußballersprüchen hinreißen lässt oder sich gar zu politisch heiklen Bewertungen von autoritären Regimen verleiten lässt. Dieses Recht haben nur die DFB- und Vereinsfunktionäre.

Andererseits werden so auch die Kleinigkeiten beeinflusst, von denen es oft ja heißt, sie seien spielentscheidend. Ein Stürmer, der seinen Verteidiger in eine erregte Diskussion über irgendein umstrittenes Geschehen in dessen Herkunftsland verwickeln kann, gewinnt vielleicht einen entscheidenden Vorteil. Der Verteidiger ist abgelenkt durch aufkommenden Ärger, der nichts mit dem Fußball zu tun hat. So stelle ich mir das vor. Oder landesübliche Animositäten können beim Trash-Talk besser bedient werden. Manchmal braucht es auch schmutzige Tricks, um ein Spiel zu gewinnen.

Ich hätte da Dortmunder Empfindlichkeiten zu bieten. Vor einem Jahr um diese Zeit war mir nicht klar, dass ich mich weit vorausschauend auch für den MSV engagiert habe. Ich war seinerzeit für mein Buch 111 Orte in Dortmund, die man gesehen haben muss intensiv mit Geschichte und gegenwärtigem Alltag von Dortmund beschäftigt. Ich kenne mich also sehr gut aus in der Stadt. Ich kenne die Empfindlichkeiten, die aus Niederlagen in der Historie sich ergeben haben. Vielleicht bringt ja so ein hingerotzter Trash-Talk heute Abend etwas. Mein Vorschlag dazu: Als Dortmunder musst du erst nach München gehen, um mit dem FC Bayern einen wirklich guten Fußballverein zu gründen. Das machte der Dortmunder Bildhauer Benno Elkan, der schon in Dortmund Fußball gespielt hatte und in München zu den jungen Männern gehörte, die den FC Bayern gründeten.

Aber ob das was bei Norwegern und Engländern in der Mannschaft nutzt? Ich hätte ein internationaler angelegtes Dossier anlegen müssen. Das ist der Nachteil beim Vereinsfußball gegenüber Länderspielen. Die kulturelle Vorbereitung muss viel individueller auf die Vereinsspieler aus aller Herren Länder und deutschen Regionen angelegt sein.

Schauen wir also, hoffen ist immer erlaubt. Zumal ich gestern zufällig die Gelegenheit zu einem wunderbaren Symbolfoto bekam. Meine Freundin räumte auf und fand eine Devotionaliendose, das Geschenk ihrer Freundin, die komische Vorlieben im Fußball pflegt. Der Inhalt der Dose war aufgegessen, sie konnte weg, und ich rief laut, ich mache das. Ich schmeiß sie in den Müll. Vielleicht hilft magisches Denken ja. Wenn nicht, bin ich mir ohnenhin mit den neuen Spielern bei den Kurzinterviews einig. Bei der Frage, Aufstieg oder Pokalsieg?, lautet die Antwort immer Aufstieg.

Fragliche Erinnerungen an das Halbfinale gegen den BVB im April 1975

Am 30. April 1975 spielte der MSV das bislang einzige Mal gegen Borussia Dortmund im DFB-Pokal. Es war das Halbfinale, der MSV gewann 2:1 nach Verlängerung, und ich frage mich heute, ob das mein erstes Spiel war, bei dem ich abends mit den Freunden, ohne Begleitung von Erwachsenen mitten in der Woche ins Stadion durfte. Ich war 13 Jahre alt. Am nächsten Tag ging es früh in die Schule. Ich weiß es nicht mehr, weil meine einzigen mir unzweifelhaft scheinenden Erinnerungen an ein Abendspiel vom MSV gegen den BVB ein unfassbarer Torjubel und Panik sind. Beides ist an dem Abend möglich gewesen. Sicher bin ich mir nicht.

Wir standen damals im alten Wedaustadion immer rechts neben dem Marathontor mit Blick aufs Spielfeld, im Mob, wie der Platz im Stadion für Fans damals genannt wurde. Die anderen im Stadion waren Zuschauer und keine Fans. Im Mob standen wir mit blau-weißer Fahne und der Bereitschaft, die Mannschaft andauernd anzufeuern. In die „Kurve“ ging es erst später. Wir waren stolz darauf, im Mob zu stehen. Es war zudem aufregend, weil dort auch die Gefahr am größten war, von Fans des Gegners angegriffen zu werden. Das waren immer die Fans der Mannschaften aus dem Pott. Einen Schutz durch Ordner oder Polizei gab es damals nicht. Wir waren auf die Stärke der Älteren angewiesen. Wir kannten niemanden von diesen Älteren, und setzten darauf, irgendwie dazu zu gehören. Ich hatte immer wieder Angst, und natürlich versuchte ich, sie zu verbergen.

Nach dem Stadionbesuch waren wir immer stolz, heiser zu sein. Es gab uns das Gefühl, mitgekämpft zu haben. Wir gewannen und verloren gemeinsam mit der Mannschaft. Es gab keine kritische Distanz. Die einen spielten den Fußball, wir sorgten für Stimmung. Zusammen waren wir der MSV. Zusammen waren wir die Zebras. Wir gaben immer alles. Das überlegten wir uns nicht. Das machten wir so, weil es selbstverständlich war. Heiser zu sein, hieß aber auch, wir gingen alleine ins Stadion, ohne Begleitung von Erwachsenen. Wo wir uns aufhielten, das war unser Raum. Erwachsene hatten da nichts zu suchen.

Unsere Eltern interessierten sich zwar auch für Fußball und den MSV. Wir aber gingen in den Mob. Wir fühlten uns groß und unabhängig. Diese Unabhängigkeit spürten wir noch am ersten Tag nach einem Stadionbesuch in der Schule. Wir fühlten uns cool. So sagt man heute. Ich erinnere mich an kein entsprechendes Wort damals, das unser Lebensgefühl ausdrückte. Meine Stimme erholte sich nach den Bundesligaspielen fast immer vom Samstag auf den Montag. So konnte in der Schule niemand mehr hören, dass ich im Stadion war. Das war bei einem Freund anders. Der krächzte immer noch auch am Montag, und ich beneidete ihn dafür.

Ich weiß nicht, ob ich tatsächlich an jenem Pokalabend im Wedaustadion war. Ich kann mich an kein Gefühl des Sieges mehr erinnern. Ich frage mich, wo versteckt sich meine Freude, das Finale im DFB-Pokal erreicht zu haben? Anstattdessen spüre ich immer tief in mir diesen jähen Wechsel zwischen enthusiastischer Begeisterung und Panik während eines unkonkreten Abendspiels gegen den BVB. An diesem erinnerten Abend war es unfassbar eng im Mob. So eng war es zuvor noch nie gewesen. Ich trug einen Parka. Um meinen Hals war der blau-weiße Zwei-Meter-Schal gewickelt. Eine Freundin meiner Mutter hatte ihn gestrickt. Meine Fahne hatte ich nicht mitgenommen. Es war mir zu gefährlich gewesen, sie bei dem Abendspiel mitzunehmen. Ich hatte Sorge, sie würde mich behindern. Ich hatte auch Sorge, jemand könne sie mir klauen.

Wir waren früh im Stadion und standen an einem Wellenbrecher auf mittlerer Höhe der Stehplätze. Am linken Ende des Wellenbrechers war mein Platz, die Freunde standen rechts von mir. Meine fernen Erinnerungen der Begeisterung passen zum Spielverlauf – mit Klick zum Spielschema beim DFB. Der MSV lag lange 0:1 zurück. Fetzen der schwindenden Hoffnung auf Erfolg bekomme ich zu packen. Zwei Minuten vor Abpfiff fiel der Ausgleich durch Walter Krause, und ich spüre diese wogende Menge des Jubels. Diese Menge steht so eng, dass sie eins ist und jede Bewegung von der einen Seite sich fortsetzt auf den Nebenmann. Ich sehe kaum Bilder des Spiels, hin und wieder weht der Geruch des feuchten Rasens in meine Nase, und dann fällt ein Führungstreffer, erneut wogt die Menge. Sie beruhigt sich nicht. Jetzt noch einmal alles geben. Das Tor im Halbfinale erzielte Bernard Dietz.

Dieser Jubel geht in meiner Erinnerung sofort über ins Anfeuern. Noch kann alles passieren. Die erste Hälfte der Verlängerung ist noch nicht einmal zu Ende gespielt. Doch plötzlich gerät die Menge links von mir unter Druck. Die Leute schieben sich von dort und von hinten gleichzeitig auf meine Freunde und mich vor den Wellenbrecher. Um uns rufen einzelne hektisch, die Dortmunder kommen. Die Gästefans standen auf der anderen Seite vom Marathontor und konnten über die Gegengerade ungehindert in die Nordkurve wechseln. Wenn das geschah, dann kurz und heftig mit viel Bewegung innerhalb des Mobs. Nicht alle dort wollten sich prügeln. Andere, die sich wehren wollten, preschten nach vorne. Die Enge im Mob verhinderte die flüssige Bewegung zwischen denen, die sich dem Angriff stellen wollten und denen die sich zurückzogen.

Ich hatte versucht links am Wellenbrecher vorbeizurutschen, um nach unten zu kommen. Doch der Druck der Menge presste mir den linken Pfosten des Wellenbrechers in Bauch und Brust. Ich kam nicht vor und zurück. Der Druck nahm zu. Während ich sah, dass die anderen es geschafft hatten, unter dem Wellenbrecher wegzutauchen, geriet ich in Panik. Der Wellenbrecher drückte tief in meinen Körper. Ich bekam kaum Luft und versuchte mich immer dünner zu machen. Endlich flutschte ich an dem Pfosten vorbei. Eine Stufe tiefer hielt der Wellenbrecher nun den Druck der Menge von uns. Zudem kehrte allmählich wieder Ruhe ein. Alle um uns herum richteten die Aufmerksamkeit wieder auf das Spiel, und damit verblasst meine Erinnerung an den Sieg des MSV bei jenem Abendspiel gegen den BVB, das möglicherweise das Halbfinale im DFB-Pokal 1975 gewesen ist. In der ARD-Mediathek findet sich ein kurzer Spielbericht jener Tage von dem Halbfinalsieg. Sehr schöne Bilder, die meine Erinnerung dennoch nicht schärfen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es gibt schlimmeres als im Pokal auszuscheiden – Erkannt und vorgetragen von Sarah Hakenberg

Die Wirklichkeit hielt sich dann doch nicht an meine gestern fantasierte Grundschularithmetik zum Pokalspiel des MSV gegen die TSG 1899 Hoffenheim. Der MSV hat trotz guten Spiels 2:0 verloren. Es muss eben zum guten Spiel gegen einen Bundesligisten noch etwas hinzukommen. Das könnte man dann Glück nennen. Dieses Glück muss aber gut erkennbar sein. Wenn dieses Glück sich als Spieler an der Außenlinie entpuppt, der ein krasses Abseits aufhebt, versteckt es sich zu sehr. Dann erhält zwar Moritz Stoppelkamp den Ball wider Erwarten, alleine vor dem Torwart stehend, knapp außerhalb des Fünfmeterraums nach einer für Hoffenheim eigentlich halbwegs geklärten Situation.  Doch er wie auch die meisten von uns auf den Rängen wähnt sich dann im Abseits und schießt nur halbherzig auf das Tor. Wenn ich recht überlege, war das gar kein wirkliches Glück. Da hat sich der Zufall einen Scherz mit uns erlaubt.

Sobald die Hoffenheimer in der Offensive Tempo aufnehmen konnten, wurde es gefährlich. In der ersten Halbzeit folgte dem trotzdem nicht so oft ein Abschluss aufs Tor. Spektakuläre Rettungstaten verschiedener Spieler in der Defensive verhinderten die freien Schüsse auf das Duisburger Tor. Dagegen offenbarten die Angriffe der Zebras, dass die Mannschaft schlechter strukturierte Defensiven aus der 3. Liga gewohnt war. Durch das schnelle Kurzpassspiel, abgewechselt mit dem Dribbling der Offensivkräfte, wurde zwar das Mittelfeld immer wieder mal beeindruckend überbrückt. Doch der notwendige letzte etwas längere Pass in die Schnittstellen der Defensivreihe wurde jeweils problemlos abgefangen.

Es war schon zuvor klar, wenn im Pokalspiel ähnliche Fehler vor dem Strafraum geschähen wie in Würzburg, würde der MSV mit sieben oder acht Gegentoren noch gut bedient sein. Nun passierten nicht so viele Fehler und dennoch trat ein, was zu befürchten war. Zwei Fehler reichten den Hoffenheimern für ihre Tore. Andererseits wäre es vermessen, vom mutigen Spiel des MSV Fehlerlosigkeit zu erwarten.

In einer etwas orientierungslosen Gegenwart, in der wir uns doch um grundlegende Werte des Zusammenlebens kümmern sollten, darf man auch gerne etwas lauter davon sprechen, dass dieser Bundesligist sich nicht zu Schade war, einen Schiedsrichterball in der ersten Halbzeit in den eigenen Reihen zu behalten, obwohl bei Spielunterbrechung wegen eines verletzten Hoffenheimer Spielers, der ohne Gegnerkontakt zu Boden gegangen war, der MSV in Ballbesitz war. Leider folgt dem kein Ausgleich durch eine höhere Gerechtigkeit. Darum müssen wir uns schon selbst kümmern. Zum Beispiel indem nicht nur ich das als schlechtes kritikwürdiges Verhalten benenne.

So, und nun der Blick nach vorn. Außerdem gibt es schlimmeres als im Pokal gegen Hoffenheim auszuscheiden. Sarah Hakenberg weiß das genau.

Hoffnung gebende Rechengeschichte zum Dreisatz

Die TSG 1899 Hoffenheim ist ein Fußballverein der Bundesliga. In der ersten Runde des DFB-Pokals spielte die Mannschaft bei dem Drittligisten Würzburger Kickers und führte zur Pause 2:0. Die Kickers schafften in der zweiten Halbzeit den Ausgleich. In der Verlängerung ging die TSG 1899 Hoffenheim wieder in Führung. Erneut schafften die Kickers den Ausgleich. Beim Schlusspfiff der Nachspielzeit stand es 3:3. Das Elfmeterschießen gewann Hoffenheim mit 5:4. Der ebenfalls in der 3. Liga spielende MSV Duisburg trat einige Wochen später zum Auswärtsspiel gegen die Würzburger Kickers an und führte zur Pause 2:0. Damit stand auch schon das Endergebnis fest.

Frage: Wie lautet das Endergebnis, wenn der MSV Duisburg in der 2. Runde des DFB-Pokals gegen die TSG Hoffenheim spielt?

Rechnung:  2 + 1 + 5 – 2 – 1 – 4 = 1

2 – 0 = 2

2 – 1 = 1

Antwort: Der MSV Duisburg gewinnt im DFB-Pokal mit 1:0 gegen die TSG 1899 Hoffenheim

Kommentar des Lehrers beim Verteilen der Klassenarbeiten: Ihr habt die Rechengeschichte alle wunderbar gelöst. So einfach wie in dieser Rechengeschichte ist die Vorhersage von Endergebnissen beim Fußball natürlich nicht. Zu einer genauen Prognose gehört noch viel mehr. Damit ihr solche genauen Prognosen rechen könnt, müssen ihr später einmal die Wahrscheinlichkeitsrechnung durchnehmen. Dann lässt sich alles sehr genau vorhersagen. Dann könnt ihr mit den Angaben aus der Rechengeschichte sogar ausrechnen, in welcher Minute des Spiels das Tor des MSV Duisburg fallen wird.

Pokaltagslyrik als Spieltagsvorausschau – Ein Wunsch

Nach dem Einzug ins Achtelfinale

Nicht Pokal mit seinen „eigenen Gesetzen“,
nicht besonders, sondern nur ein Spielzeitspiel,
ganz normal, gewinnen, gleich auf welchen Plätzen.
Das gefiele mir mit Blick aufs Ligaziel.

Die Wahrheit ist die Pflicht

Gerade habe ich mir mal eben meinen Eindruck vom 1:0-Sieg des MSV Duisburg gegen TuS Dassendorf zusammengesucht. Kurzbericht hier, Kommentare im Netz dort und das Portals-Stimmengewirr dazu. Ich selbst hatte vom Spiel nämlich nichts mitbekommen außer dem Ergebnis. Dieses Ergebnis alleine hatte mich am Samstag schon gefreut, zumal es sich ja einreihte in die meisten anderen Pokalspiele höherklassiger Vereine gegen niederklassige gerade an diesem Samstag. Nicht oft konnte man in dieser ersten Runde durch das Ergebnis auf den Klassenunterschied rückschließen. Was nun keine Kritik verhindern soll, sondern nichts mehr als die Wahrheit ist.

Wer sich äußert und das Spiel gesehen hat, sagt meist dasselbe. Bewertet wird das allerdings sehr unterschiedlich. Die einen regen sich über ein schlechtes Spiel des MSV auf, die anderen sahen einen MSV, der den Gegner nicht unterschätzt hat und mit wenigen Ausnahmen keine Chance des Gegners zugelassen hat. Einig ist man sich darin, dass die Chancenverwertung hätte besser sein müssen. Das sagt selbst Ilia Gruev in der Pressekonferenz nach dem Spiel. Dennoch hat das Tor ein Stürmer erzielt. Darauf weist er auch hin.

Die einen nehmen das Spiel, um eine schwere Saison vorherzusagen, die anderen sehen keine Rückschlüsse für die nächste Ligabegegnung gegen Darmstadt. Rund um das Spiel gibt es also viel Spekulation und Deutung. Die einzige Wahrheit dieses Spiels ist das Ergebnis. Dieses Ergebnis war die Pflicht zu siegen. Womit ich wieder bei meinem Eindruck vom Samstag bin. Manchmal reicht das nackte Ergebnis für die leicht erzählte Wahrheit. Alles andere liegt nicht auf der Hand, sondern muss mühsam und langwierig begründet werden. Am besten mit Fakten.

Zukunft durch Produktkonzentration nach Pokal-Aus

Bei uns in der Selbsthilfegruppe haben wir schon viele solcher Geschichten wie über den MSV am Sonntag gehört. Oft fließen dann Tränen. Wir Anonymen Unternehmenslenker kennen die Härten des Lebens. Da sitzen dann alte Herren der Familienunternehmen neben den CEOs von international operierenden Branchenführern, und ein paar Frauen haben wir auch dabei. Das ist gut, und es werden mehr. Alle kommen sie immer gerade von irgendeiner Besprechung. Alle haben eigentlich kaum Zeit, aber alle nehmen sie sich. Denn jeder von uns hat es schon erlebt, und wir wissen, es kann jeden von uns wieder treffen. Einer beschäftigt sich gerade mit Sicherheit wieder in seinem Unternehmen mit einem Produkt, bei dem es nicht so läuft. Irgendeiner muss gerade versuchen, das Beste draus zu machen. Oft steht dann am Ende die Entscheidung, weg vom Markt, hin zur Produktkonzentration.

Wenn das jemand schließlich ausgesprochen hat, ist alle Trauer auch fast schon verflogen. Dann sehen wir alle nach vorne. Das gilt immer. Ich war auch im Stadion beim Pokalspiel gegen Union Berlin. Was war das für eine Enttäuschung, diese 2:1-Niederlage nach Verlängerung.  Aber sprecht das mal nach: Wir bekommen nicht das, was wir uns wünschen, sondern das, was wir brauchen. So Sachen sagen wir Anonymen Unternehmenslenker ständig. Das hilft. Ivo, kann ruhig mal vorbeikommen und das ausprobieren.

Wenn die Mannschaft aus diesem Spiel Selbstvertrauen schöpft, ist mir um die 3. Liga nicht bange. In der ersten Halbzeit hat der MSV das Spiel bestimmt, und es wurde deutlich, woran es hapert. Je schneller das Spiel wird, je schneller die Gegenspieler den ballbesitzenden Spieler pressen, desto mehr geraten einige wenige Spieler des MSV so unter Druck, dass ihre Zielgenauigkeit im Umgang mit dem Ball leidet. Direkt vor dem Tor ist der Zeitdruck immer hoch. Deshalb braucht die Mannschaft auch viele Chancen, um ein Tor zu erzielen. Dennoch war eindrucksvoll zu erkennen, wie sehr diese Mannschaft inzwischen organisiert ist. Im Unterschied zu den letzten drei Spielzeiten verwirklicht sie sowohl offensiv als auch defensiv den Plan, den der Trainer dem Spiel zugrunde gelegt hat. Es gibt eine klare Struktur und aus dieser Struktur heraus entwickelt sich das Zufällige eines jeden Fußballspiels.

Dieses Spiel ist nicht mehr nur von der Dynamik des Augenblicks abhängig, die sich im Verlaufe eines Spiels durch den Erfolg einzelner entwickelt. Es macht Spaß, das zu sehen, und deshalb ist die Enttäuschung nach dem Spiel um so größer. Bis etwa fünf Minuten vor dem Schlusspfiff der normalen Spielzeit gab es alle Chance auf einen verdienten Sieg. Nichts wäre durch Glück ermöglicht worden. Alles wäre eigener Verdienst gewesen. Diesen Sieg gab es nicht zu feiern, weil die Kraft in der Verlängerung fehlte. Schon in den letzten fünf Minuten ließ sich vermuten, dass Unions Chance auf den Sieg größer geworden war.

Eine zweite Halbzeit lag hinter uns, in der der MSV zunächst weiter die Spielkontrolle behielt, wenn auch Union etwas stärker wurde. Dass das 1:0 für Union fiel, schien mir aber auch schon ein Zeichen erster Schwäche zu sein. Zu leicht fiel dieses Tor. Zu offen war die Defensive, irriritiert war die Konzentration der Defensive, als der Stürmer von Union im Zentrum des Strafraums völlig frei stand. Wider Erwarten ließ dieser Rückschlag die Mannschaft nicht resignieren. Sie spielte weiter, mühte sich in der engen Defensive um den Ausgleich und war erfolgreich.

Das ist ebenfalls eine gute Botschaft aus diesem Spiel. Die Mannschaft wird von einem taktischen Gerüst getragen, das ihr hilft nach Rückschlägen zurück zu kommen. Sie muss nicht auf Einzelaktionen vertrauen. Die Enttäuschung kann aufgefangen werden und mündet sofort in nächste Offensivaktionen. Stanislav Iljutcenko erzielte den Ausgleich nur kurze Zeit nach dem Rückstand, und alles schien wieder offen, wenn auch die Aktionen vor dem Tor nicht mal mehr zu Chancen wurden. Mark Flekken bewahrte kurz vor Schluss mit einem großartigen Reflex das Unentschieden. Das war das deutlichste Zeichen, es könnte schwer werden in der Verlängerung.

In der Verlängerung wurden die Offensivaktionen des MSV nicht mehr wirklich gefährlich. Dagegen kam Union dem Tor deutlich näher. Wir hofften auf das Glück. Dieses Glück blieb dem MSV vorenthalten. Es fiel der Siegtreffer für Union, in einer Spielsituation, in der einige Spieler des MSV so wirkten, als hätten sie auf den Pfiff des Schiedsrichters gewartet. Ein Handspiel bei Union wurde kurz reklamiert. Einige schienen verlangsamt zu reagieren, während Union munter weiterspielte. Den ersten Schuss von der Strafraumgrenze konnte Mark Flekken noch klären, den zweiten aus ähnlicher Distanz dann nicht mehr. Erst im Nachhinein zeigten die TV-Bilder, dass vor allem Fabian Schnellhardt dem Ball die Geschwindigkeit gegeben hat und der Stürmer Unions den Ball allenfalls etwas berührte.

Der MSV mühte sich weiter, doch kein kontinuierlicher Druck auf das Berliner Tor gelang. Die letzte Spielaktion war bezeichnend für das gesamte Spiel. Eine Chance, kein Tor. Noch einmal wurde der Ball hoch in den Strafraum geschlagen. Ich meine, es war Dustin Bomheuer, der den Ball per Kopf in Richtung hinteren Pfosten verlängerte, wo Simon Brandstetter vollkommen frei stand. Kein Torwart hätte seinen Ball aus dem Eck herausgeholt. Doch diese letzte Riesenchance wurde vergeben. Der Ball ging neben das Tor.

Wenn ich morgen wieder im Gemeinderaum mit meinen Anonymen Unternehmenslenkern zusammensitze, werde ich vom MSV erzählen. Mit dem Ausscheiden aus dem DFB-Pokal verliert der MSV  von jetzt auf gleich den Zugang zum Pokalmarkt, aber ich bin sicher, das wird nur vorübergehend sein. Wenn die Mannschaft sich nun auf ihre Kernkompetenz beschränkt, kann sie gestärkt in der nächsten Saison diesen Pokalmarkt angehen. Als Aufstiegsfavorit gehört die Mannchaft zu den Branchenführern der 3. Liga. Manchmal führt die Konzentration auf einen Markt erst zu dem Erfolg, der eine solide Basis schafft und alles weitere möglich macht. Wir Anonymen Unternehmenslenker wissen, wovon wir sprechen.

Wer den Blick aus Berlin kompakt haben möchte, ist beim Textilvergehen gut bedient, samt weiterführenden Links zu den lokalen Medien.

Saisonvorbereitung IV – Auswärtsstadion-Check, -Europapokal, -Gegner, -potentiell

Am Aufstiegsfavoriten-Sein gefällt mir der Blick auf den Erfolg sehr. Dieser Blick schafft Möglichkeiten. So besitzt der MSV Duisburg in dieser Saison gleich dreimal die Chance zur Qualifikation für die Euroleague. Sollte die Sache mit dem DFB-Pokal in dieser Saison nicht so laufen wie erhofft und wir verpassen den Sieg im Endspiel, braucht ein erfolgreich absolvierter Niederrheinpokal dieser Saison nur die entsprechenden Anschlusserfolge wiederum im DFB-Pokal der Saison 2017/18, um im besagtem Europapokal…ihr wisst schon.

Das besäße den Charme, auf der Welle erfolgreicher Pokalspiele bis in die Bretagne surfen zu können. Den Aufstieg und die damit verbundene Qualifikation für den Pokalwettbewerb schätze ich aber auch nicht gering. Ihr seht, warum ich von der dreifachen Chance spreche. Deshalb gibt es eine von Wettbüros sicher auch mit guten Quoten bedachte Wahrscheinlichkeit, dass der MSV Duisburg demnächst auf europäischer Ebene bei dem französischen Pokalsieger zu Gast ist.

Guingamp_Stadion_3Da ich gerade zufällig vor Ort war, habe ich direkt bei einem nicht unwahrscheinlichen potentiellen Gegner für euch das Stadion geckeckt. Umfassende Vorbereitung ist alles, auch im Umfeld eines Vereins. Das zeichnet einen erfolgshungrigen Aufstiegsfavoriten aus. Guingamp, im Norden der Bretagne gelegen, hat etwas mehr als 7.000 Einwohner und ein Stadion für etwas mehr als 18.000 Zuschauer, das Stade de Roudourou. Das Stadion ist die Heimspielstätte von EA Guingamp. EA steht für En Avant (de),  was dem deutschen Vorwärts entspricht. Der Verein belegte in der letzten Saison den 16. Platz der französischen Ersten Liga. Zweimal war der Verein französischer Pokalsieger, in der Saison 2008/2009 und in der Saison 2013/2014; Erfolge, die dem Verein nicht zugetraut worden sind. Die Älteren unter uns nicken zudem anerkennend bei dem Erfolg im Intertoto-Cup. Den gewann der Verein in der Saison 1996/97.

Wenn sich einer von euch vor dem Auswärtsspiel in Guingamp mit der Historie des Vereins näher beschäftigen möchte, empfehle ich Wikipedia en francais. Für den Auswärtssieg reicht aber auch die deutsche Kurzfassung der EA-Guingamp-Geschichte.

Die Eintrittspreise sind moderat, wenn auch die Gästekasse so aussieht, als werde sie nicht oft frequentiert. Ihr werdet also Geduld haben müssen, wenn ihr vor Ort noch Karten kauft. Die Kassierer werden einen Ansturm, wie er durch uns entstehen wird, nicht gewohnt sein.

Anscheinend besitzt das Stadion auch deshalb ein Fassungsvermögen, das größer ist als die Einwohnerzahl der Stadt, weil die Getränkepreise sehr günstig sind. Unschlagbare 2,50 Euro für ein Bier, das in den Brasserien der Umgebung gerne auch mal das Doppelte kostet. So etwas nennen wir Marketingexperten ein Lockvogelangebot.

 

Guingamp_Getränkepreise

 

Das Stadion liegt am Rand der Stadt, direkt neben einem Wohnviertel. Das Zentrum der Stadt selbst ist fußläufig erreichbar. Ein paar Impressionen zur Orientierung.

 

Auch in Frankreich dürfen viele Sachen nicht mit ins Stadion genommen werden. Es fällt auf, in der Gästekurve sind Arbeitsschuhe erlaubt, in der Heimkurve nicht. Bei der überschaubaren Zahl der anreisenden Fans – siehe Kartenverkauf Gästekurve – hat es sich aber vielleicht auch erübrigt die alte Tafel auf den neuen Stand zu bringen. Unter zwanzig Leuten kommt vielleicht einer gerade aus dem Betrieb, und das dauert dann nicht lange, wenn er seine Schuhe abgeben muss.

Der schnellste Weg in einen europäischen Wettbewerb kann also beginnen. Die Karte für das Pokalspiel gegen Union Berlin werde ich in dieser Woch noch im Haus haben.


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