Wenn ihr jetzt in eurer Erinnerung kramt, wann denn, verdammt noch mal, dieser Brandner Trainer bei Schalke gewesen ist, sage ich euch, ihr werdet nicht drauf kommen. Außer ihr seht hin und wieder erste Filme von jungen Regisseuren, die dann zunächst auf Festivals laufen und anschließend im öffentlich-rechtlichen Fernsehen irgendwann kurz vor Mitternacht. Dann aber werdet ihr sofort wissen, 2007 war er der Schalke-Trainer. In „Autopiloten„, dem Debutfilm von Bastian Günther.
Der von Walter Kreye gespielte Georg Brandner ist einer von vier Männern im mittleren Ruhrgebiet, von denen Bastian Günther in seinem Film erzählt, deren Leben sich zwar kaum berühren, die aber eins gemeinsam haben, wirklich gut geht es ihnen an dem einen Tag ihres geschilderten Lebens nicht. Das soll hier keine Filmkritik werden, doch ein paar Worte zur Einordnung von „Autopiloten“ seien gestattet, ehe ich auf ein sicher nicht unbekanntes, dennoch gerade für die Figur des Schalke-Trainers interessantes Phänomen beim Filmemachen mit dem Thema Fußball zu sprechen komme.
Bastian Günther verzichtet in „Autopiloten“ auf einen starken Plot, vielmehr wirkt es sehr alltagsnah, undramatisch und dokumentarisch, wie er das Geschehen um die vier Männer miteinander verwebt. Deshalb aber auch hat der Film manchmal Längen, wenn man verstanden hat, wo die Männer in ihrem Leben stehen. Die zwei älteren Männer, Brandner, und ein von Manfred Zapatka gespielter ehemals erfolgreicher Schlagersänger haben die beste Zeit ihres Lebens hinter sich und versuchen mit Selbstbetrung und Flucht an ihrem neuen Platz im Leben etwas Gutes zu finden. Die Leben der beiden Männer mittleren Alters, ein von Wolfram Koch gespielter, frei arbeitender Videoreporter und ein von Charly Hübner gespielter Vertreter für Badewannenlifte wirken glück- und zuweilen sogar trostlos. Diese Trostlosigkeit durchzieht den ganzen Film. Dennoch hat er vor allem wegen des kämpferischen Naturells des Videoreporters nicht durchweg die Schwere, die man nun vermuten könnte. „Autopiloten“ greift zudem stimmig Atmosphärisches des Ruhrgebiets auf. Das zeichnet den Film aus. Aufgegriffen wird dieses Ruhrgebiet durch das Grundmotiv der die Region durchschneidenden Autobahnen und deren immer rauschenden Verkehr, gleichzeitig ein Bild für den berührungslosen Alltag der Menschen, der einfach abläuft und dahin geht.
„Autopiloten“ ist nach meinem Geschmack etwas zu lang geraten und ist mir manchmal in seiner Tristesse etwas zu aufdringlich. Dennoch lohnt es sich, ihn anzusehen. Mit dem Film beginnt die „Renaissance Medien“ die DVD-Reihe „Neue Deutsche Filme„, in der ab diesem Monat regelmäßig die Werke junger deutscher Regisseure herausgegeben werden.
Und damit kommen wir zurück zur Figur des Schalke-Trainers Georg Brandner und dem Problem vom Fußball in fiktiven filmischen Zusammenhängen zu erzählen. Das ist hier um so interessanter, als Bastian Günther gar nicht einmal vor dem Problem stand, das Fußballspiel selbst zu inszenieren. Er wollte mit Brandner den Trainer von Schalke 04 am Tag des Pokalsspiels gegen Borussia Mönchengladbach zeigen. Brandners Position im Verein ist nach anhaltendem Misserfolg schwach. Ihm droht der Rausschmiss, wenn er verliert. Zudem redet ihm die Vereinsführung in seine Arbeit hinein. Dieses Figurenprofil gilt es nun zum authentischen Leben zu erwecken, und das scheitert. Im Gegensatz zum restlichen Film wirken die auf den Fußball bezogenen Szenen nicht authentisch. Was der Figur Brandner immer wieder holzschnitzartige Züge verleiht.
Es sind nur wenige Szenen, dennoch finde ich dieses Scheitern der Inszenierung bemerkenswert. Weder eine Pressekonferenz, noch eine Trainingseinheit und ein Interview vor dem besagten Pokalspiel vermitteln die angestrebte ungebrochene Filmwirklichkeit. Bemerkenswert finde ich es deshalb, weil hier im Gegensatz zum großen Problem der Inszenierung des Fußballspiels kein Fußballtalent des Schauspielers nötig ist. Auch die dem Fußballspiel inne wohnende eigene Dramatik, die der Dramaturgie eines Films meist zuwider läuft, spielt hier keine Rolle.
Ich frage mich nun, wieso ich die Darstellung der auf den Trainerberuf bezogenen Momente als Bruch erlebe? Hat ein Schauspieler vielleicht nur wenig Gestaltungsfreiheit, um die Illusion von Wirklichkeit herzustellen, weil der Fußball mitsamt handelnden Personen in typischen Fußballsituationen permanent präsent ist. Ich kenne nicht den Berufsalltag von Vertretern für Badewannenlifte, also nehme ich, was ich sehe, als schauspielerische Konvention für die angestrebte Wirklichkeit. Dagegen kenne ich bereits das öffentliche Bild eines Fußballtrainers im Berufsfußball. Muss deshalb mehr achtgegeben werden, auf winzige Details der Stimmlage oder des im Dialog verwendeten Vokabulars, damit die Stimmigkeit der Szene entsteht? Oder braucht es mehr erzählerischen Raum für die Entstehung der Illusion, weil die erzählten Situation für sich genommen Klischees sind? Ich bin mir da nicht sicher. Vielleicht habt ihr ja eine Idee.
Gefällt mir:
Gefällt mir Wird geladen …
Neueste Kommentare