Eines ist für mich klar, in jedem anderen Unternehmen außerhalb der Fußballbranche hätte mit der Entlassung von Gino Lettieri auch Ivo Grlic den Arbeitsplatz verloren. Eine vergleichbare Fehlentscheidung wie dessen Verpflichtung vor drei Monaten würde nirgendwo ohne Folgen bleiben. Das kann die Versetzung innerhalb des Unternehmens sein oder gar die wohlbekannte einvernehmliche Trennung.
Wer in der Krise eines Unternehmens jemanden zur Problemlösung anstellt, der nirgendwo vorher irgendeine Kompetenz bewiesen hat für den Umgang mit solch Krisen und der dann alles schlimmer macht, verliert das Vertrauen der Geschäftsleitung. So viel könnte niemand erklären, um das Vertrauen in seine Entscheidungen wiederherzustellen. Und ich denke gar nicht daran, dass mit der Lettieri-Verpflichtung die Unternehmensphilosophie Ausbildungsverein MSV nebenbei in die Tonne gehauen wurde. Ich denke daran, dass Gino Lettieri die absolut nötige berufliche Kompetenz zur Bewältigung einer Krise komplett fehlt.
Gino Lettieri kann keinen Zusammenhalt herstellen, die grundsätzliche Voraussetzung, um Krisen zu bewältigen. Er selbst war während seines ersten Engagements nie verantwortlich für irgendein Handeln in den seinerzeit ebenfalls vorhandenen großen und kleinen Krisen. Wenn seine Mannschaft verlor, waren das immer die Spieler, die all seine guten Pläne zunichte gemacht hatten. Er hatte ihnen immer alles genau gesagt und trotzdem machten die Spieler die Fehler. So ein Mann wurde verpflichtet mit all den voraussehbaren Konsequenzen. Eine Mannschaft steht momentan nicht mehr auf dem Platz.
Ivo Grlic hätte also bei Krohne, wo Vereinsvorstand Ingo Wald ja Geschäftsführer ist, sicher nicht mehr die Kompetenzen wie vor seiner Personalentscheidung. Angesichts der öffentlich zugänglichen Informationen aber, sehe ich keine Möglichkeit zur Entlassung von Ivo Grlic zum jetzigen Zeitpunkt. Es entstünde eine Leerstelle, die nicht von jetzt auf gleich gefüllt werden kann. Wer soll die Leerstelle im Verein füllen? Zudem fehlt für eine Neuanstellung wahrscheinlich das Geld. Ein Teufelskreis. Sofort sind wir bei den Finanzen, den Besonderheiten der Fußballbranche im Allgemeinen sowie denen eines Vereins wie dem MSV.
RWO-Präsident Hajo Sommers hat neulich sehr drastisch deutlich gemacht, dass ein Abstieg aus der Zweiten Liga in die Dritte Liga eine finanzielle Katastrophe wegen der Fixkosten ist und Vereine, die aus der Regionalliga aufsteigen, es dagegen sehr viel leichter haben. Der MSV ist in dieser zugespitzten Absteiger-Situation, sie ist eine doppelte, weil der Aufstieg letzte Saison nicht gelang und die Kostenstruktur wahrscheinlich auf den Aufstieg ausgerichtet war.
Wo sollte der MSV also die übergeordnete sportliche Kompetenz hernehmen? Wo sollte das Korrektiv für Ivo Grlic herkommen? Wer sollte das bezahlen? Es hat ja anscheinend einen Plan gegeben, eine übergeordnete Position zu besetzen. Jetzt aber brennt es lichterloh. Das Feuer muss erstmal gelöscht werden, ehe alle wieder mit Ruhe perspektivisch denken können. Denn längst sind die Zweifel viel zu groß, ob der Verein überhaupt die Gelegenheit haben wird, im Hinblick auf die sportliche Entwicklung perspektivisch denken zu können.
Rational wäre es, Ivo bis zum Ende der Saison seine Arbeit machen zu lassen. Das ist schwierig angesichts der Stimmung unter den Fans. Wäre der Fußball eine normale Wirtschaftsbranche könnte so eine Lösung der Presse mitgeteilt werden und am Ende der Saison wären die Fakten da, um vernünftig zu entscheiden. Die Fußballbranche hat ihre Besonderheiten, von denen die Unzuverlässigkeit in Sachen sportlicher Erfolg eine der größeren Schwierigkeiten ist.
Wenn nun in Krisenzeiten ehemalige Spieler allerlei kritisieren, so ist das für den MSV seit 2013 mit Vorsicht zu genießen. Tomas Hajto erzählt von seiner größeren Verbundenheit mit Schalke, weil die ihm immer einen Blumenstrauß zum Geburtstag schicken. Da sind wir mehr beim Thema persönliche Eitelkeit. Jeder, der den MSV in den letzten Jahren verfolgte, wird sofort die Frage stellen, wer hätte sich um die persönliche Betreuung verdienter Spieler kümmern sollen? Alles eine Frage des vorhandenen Personals. Mir fallen sofort viele andere Spieler ein, die auch einen Blumenstrauß vom MSV verdient haben. Tomas Hajto ist im Grunde seines Herzens also ein selbstloser Wirtschaftsförder und denkt an den Jobmotor Geschäftsstelle MSV, wenn dort die zusätzlichen Mitarbeiter für die Blumensträuße eingestellt werden. Und das nötige Geld? Ein Teufelskreis.
Ernster ist schon Dietmar Hirsch zu nehmen, wenn er bei Facebook beklagt, ehemalige Profis vom MSV fänden zu wenig Gehör. Ernster deshalb, weil er nach seiner Spielerkarriere auch als Trainer und Vereins- bzw. Unternehmensgründer erfolgreich war und ist. Andererseits: Was war Ivo Grlic nochmal beim MSV, bevor er die sportliche Leitung übernahm? War der nicht mal Fußballprofi und Legende? Dunkel erinnern wir uns. Ganz so einfach ist das also auch nicht mit der Einbindung ehemaliger Profis. Die einen Profis haben die eine Meinung und jene Kompetenzen, die anderen sehen wiederum den Erfolg mit ganz anderen Mitteln und haben andere besondere Fähigkeiten. Ex-Fußballprofi-Sein langt also mal nicht als berufliche Qualifikation für eine Anstellung beim MSV. Er müsste ins unternehmerische Konzept des MSV passen. Das muss aber erstmal wieder aus der Tonne geholt werden, sobald der Ausgang der Saison feststeht. Dieser Ex-Fußballprofi müsste zudem einige planerische und strategische Fähigkeiten mitbringen. Die wiederum scheint Dietmar Hirsch zu besitzen. Unternehmerisch denken kann er anscheinend auch. Aber alles ist eine Frage der Finanzen. Wie aus dem bekannten Teufelskreis ausbrechen?
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