Posts Tagged 'Kölner Karneval'

Jubiläumswochen – Eine Erkenntnis zur Verwandtschaft von MSV- und FC-Hyme vom 26. 2. 2009

Zehn Jahre gibt es den Zebrastreifenblog, ein Anlass, um in den Jubiläumswochen bis zum Saisonstart zurückzublicken. In einem frühen Text des Zebrastreifenblogs habe ich versucht, ein wenig Licht in das Entstehen der MSV-Hymne zu bringen. Ein Zufall hatte zu diesem Text geführt. In dem Fall war es eine Top- und Flopliste vom Kölner Stadt-Anzeiger, die die Karnevalssession 2008/2009 zusammenfassen sollte. Ein Flop beschäftigte sich mit der Frage, wer darf wo seine Aufwartung machen, genauer, wo dürfen die Höhner mit welchen Vereinsinsignien auftreten? Ist das nicht interessant, wo überall so etwas wie Loyalität und Identität als Konfliktgrund auftauchen? Da Köln nicht Deutschland, Mönchengladbach nicht die Türkei und eine Mönchengladbacher Karnevalsgesellschaft kein autokratischer Staatspräsident ist, mussten die Höhner nicht beim damaligen Bundespräsidenten von Köln, Oberbürgermeister Fritz Schramma, ihren Karnevalsauftritt in Mönchengladbach erklären. Ich aber hatte einen Anlass, um über die MSV-Hymne zu schreiben.

Was verbindet MSV Duisburg, 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach?

Die eine Antwort auf die oben gestellte Frage wird euch sofort einfallen, und ihr werdet genauso schnell vermuten, dass es mir wahrscheinlich darum hier nicht geht. Regelmäßiger Auf- und Abstieg in den letzten Jahren soll nicht das Thema sein. Es geht im weitesten Sinn um Musik und im engeren Sinn um die Aktivitäten einer populären Kölner Karnevalsband in Sachen Fußball.

Dazu muss ich nun etwas ausholen. Gestern wurde vom Kölner Stadt-Anzeiger ein Resumée der zurück liegenden Karnevalsaison gezogen. Das geschah nun nicht in einem rückblickenden Artikel, sondern ganz im Zeichen einer journalistischen Mode der jüngsten Vergangenheit als Ranking von „Hits und Flops der Session“. Was ich als Platz 5 bei den Minuspunkten las, empfand ich aber als etwas kleingeistig. Man schimpfte nämlich darüber, dass die „eingefleischten FC-Fans“, De Höhner, auf der Karnevalssitzung von Borussia Mönchengladbach mit einem Fanschal der Borussia um den Hals aufgetreten sind. Die moralische Keule wurde herausgeholt und den anscheindend heftig diskutierenden FC-Fans nach dem Mund geredet. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ hieß es da abschätzig und vergessen wurde, dass die Musiker der Karnevalsband in erster Linie als Unterhaltungskünstler einen Beruf ausüben und nicht beim 1.FC Köln angestellt sind. Das ist purer Populismus, wenn dieser Auftritt in eine Reihe mit  Karneval-Hooligans und „Kids“, die „saufen“, gestellt wird. Ich kann das nicht ernst nehmen, hatte aber ein Thema für den Blog.

Ich fragte mich nämlich, was nur werden solche Fans sagen, wenn sie etwas ganz anderes über De Höhner erfahren, etwas, was sich bislang, nun fast schon fünf Jahre, anscheinend unterhalb des Empörungsradars befunden hat. Und vielleicht gibt es MSV-Fans, die demnächst genauso heftig schimpfen, wenn ich an dieser Stelle wieder zur Musik komme, genauer gesagt zur MSV-Hymne. Als diese Hymne 2004 zum ersten Mal gespielt wurde, traute ich meinen Ohren nicht. Ich war kurze Zeit zuvor bei einem Heimspiel des 1. FC Kölns gewesen und erinnerte mich noch gut an das beeindruckende Spektaktel kurz vor dem Spiel mit dem Zusammenschnitt des kölschen Liedguts. Nun hörte ich in Duisburg etwas, was mir vom Sound her durch meine Kölner Stadionbesuche sehr bekannt vorkam.

Gab es da etwa ein Verbindung nach Köln? Woher kam diese Hymne nach Duisburg zum MSV?  Kurze Zeit später erhielt ich die CD mit der Hymne geschenkt und wusste sofort des Rätsels Lösung. Wer in Köln lebt, kennt unweigerlich nach einiger Zeit die Namen Henning Krautmacher und Janus Fröhlich und weiß sie als Mitglieder von den Höhnern einzuordnen. Unter dem zweiten Stück auf der CD nun fand ich beide Namen. Für Komponist und Texter der MSV-Hymne habe ich erst heute dann noch ein wenig gegoogelt. Der neben C. Ledwig für Text und Musik verantwortliche H. Schöner erweist sich als Hannes Schöner und ist Bassist bei den Höhnern.

Jetzt wisst ihr, was den MSV Duisburg, den 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach verbindet. Und tatsächlich stimmt es wortwörtlich, wes Brot ich ess, des Lied ich sing. De Höhner sind Musiker und verdienen ihren Lebensunterhalt mit Musik. Damals, als ich die Hymne das erste Mal hörte, hatte das ein G´schmäckle für mich, aber heute ist dieser Kölner Hintergrund der MSV-Hymne für mich verschwunden.  Sie klingt durch das ausdauernde Abspielen vor jedem Spiel so, als sei diese Art Musik immer schon nur in Duisburg gespielt worden.

Wie es genau dazu gekommen ist, dass De Höhner die MSV-Hymne eingespielt haben, kann ich natürlich einmal mehr nur vermuten. Ich weiß nur, dass in jenem Jahr 2004 im Innenhafen die „Höhner Rockin´ Roncalli Show“ gastierte. Für Duisburg war das ein kulturelles Ereignis, das sich bestimmt auch die lokale Prominenz samt Walter Hellmich angesehen hat. Damals wurde der MSV Duisburg ja rundum erneuert. Und wenn man schon mal beim After-Show-Event mit jemanden zusammensteht, der schon einmal sein Fußballhymnen-Können bewiesen hat, warum nicht auf dieses Know-How für die aufgefrischte corporate identity zurückgreifen? So stelle ich mir vor, ist es dazu gekommen, dass es nun zwei Vereinshymnen gibt, für die sich De Höhner-Musiker verantwortlich zeichnen. Dass De Höhner bei der Hymne für den MSV diskreter sein mussten und nicht als ausführende Band auf die CD wollten, kann ich angesichts des G´schmäckles natürlich verstehen. Jetzt aber, wo diese Hymne vom Publikum längst angenommen ist, sollte die Wahrheit auf den Tisch. Da könnten dann auch neue Zeiten anbrechen. Was wäre etwa mit einer Fan-Freundschaft zwischen dem FC und dem MSV, die mit einem Höhner-Medley besiegelt wird. Ich, als Vermittler zwischen beiden Kulturen, hätte da nichts gegen.

In den Kommentaren damals wurde darauf hingewiesen, dass Höhner-Mitglied Henning Krautmacher sogar schon für den FC-Rivalen aus Leverkusen als Hymnenproduzent aktiv war. Wir stehen also quasi vor einem Stadionhymnen-Imperium.

Spielvorbereitung: Stärken der Psyche mit Köbes Underground

Es ist schon einige Zeit her, dass ich mir angeregt durch den Kölner Stadt-Anzeiger darüber Gedanken gemacht habe, was schlimm sein könnte am Kölner Karneval. Die eine sehr nahe liegende Antwort habe ich damals vergessen: „Üvverall jitt et Fans vom FC Kölle“ und das entsprechende Lied dazu. Gott sei Dank, es gibt in solchen jecken Zeiten aber auch Köbes Underground, die uns  zu innerer Stärke verhelfen, zu einer Stärke, die solche Tore wie das von Markus Daun möglich macht im damaligen Premierenspiel von Christoph Daum als Trainer vom FC. Bilder dazu habe ich keine gefunden. Ich denke da an einen lang geschlagenen, gefühlvollen Heber, der sich über den weit heraus gekommenen Torwart ins Tor senkt. Stattdessen Köbes Underground, man passe den Text zumindest in Gedanken der gegenwärtigen Liga an:

Begeistertes Köln feiert Duisburgs Pokalsieg

In Duisburg, der Stadt, wo man sich notorisch selbst unterschätzt, wird der  Einzug des MSV ins DFB-Pokalendspiel beim Halbfinale gegen den FC Energie Cottbus, wenn überhaupt wahrscheinlich nur noch leise gefeiert. Das ist in Köln, der Stadt, wo man sich notorisch selbst überschätzt, natürlich ganz anders. Dort führt  der Einzug des Nachbarstadtteils der imaginären Kees-Jaratz-Stadt-am-Rhein dem Selbstbild der Kölner gemäß noch heute zu überbordender Begeisterung. Das Feiern, so habe ich den Eindruck, wird von Stunde zu Stunde maßloser. Der Kölner, der sonst immer glaubt, alles was es gibt auf der Welt, „dat-jibbet-so-nur-nur-nur-in-Kölle“, sah am Dienstagabend nach Duisburg, erinnerte sich an ein Gebot des Rheinländers und dachte, man muss och jönne könne. Da fiere mer ewe met, und dabei hätt uns noch keiner wat vürjemaacht. Die lokalpatriotischen Kölner können aber ihre sie selbst überraschende Freude über den Sieg des MSV Duisburg natürlich nicht offen zeigen. Was für ein Glück, dass heute mit Weiberfastnacht der Straßenkarneval beginnt. So können sie sich hinter der Maske des Frohsinns verstecken und behaupten, sie ständen bei diesem sonnigen Wetter doch nur „wegen dem Brauchtum“ auf der Straße.

Doch schon im Anschluss des Spiel am Dienstag waren in der Sportredaktion des Kölner Stadt-Anzeiger die Sportjournalisten aus dem Häuschen. Anscheinend waren sie so begeistert über den Einzug des MSV Duisburg ins Pokalendspiel, dass in ihnen der Wunsch entbrannt sein muss, dieses Endspiel mit Duisburger Beteiligung unbedingt in Köln sehen zu wollen. Oder wie soll der Untertitel für den Vorbericht zum Frauenpokalfinale zwischen Turbine Potsdam und dem FFC Frankfurt gedeutet werden, das ja bekanntermaßen am 26. März in Köln stattfindet? Etwa, dass an ein Frauenpokalfinale ohne den FCR 2001 Duisburg nicht zu denken ist?

Am Nachmittag werde ich mich als Duisburgstämmiger Kölner oder Duisburger mit Kölner Wohnsitz oder Kölner mit Duisburger Wurzeln oder auch als Imi unter die feiernden Menschen begeben und vorbildhaft für ein gelungenes integriertes Leben mit beiden Kulturen und in beiden Städten werben. Ich werde die Freude über den Finaleinzug keinesfalls hinter der Maske des rheinischen Frohsinn verstecken, dennoch allerlei kölsches Liedgut lauthals mitsingen und dabei auch in diesem Jahr sämtliche FC-Jubelgesänge allerhöchstens nachsichtig summen.

Nachtrag: Ich bemerke gerade, dass der Kölner in mir manchmal ein wenig übermütig wird und ich die Duisburger Bodenhaftung verliere. „Pokalsieg“ hört sich in der Überschrift einfach gut an, selbst wenn es nur ein Halbfinal- oder Pokalspielsieg. Ich lasse das stehen und betrachte es als Aufmunterung. Diese Überschrift hat überhaupt nichts mit möglichen Folgen von verfrühten Glückwünschen zu tun.

Aufstieg? Karneval? Wie geht denn dann das?

Weil ich mich letztes Jahr während der Karnevalszeit ein wenig für die Städteverständigung zwischen Köln und Duisburg eingesetzt habe und mein sehr persönliches Wissen über den Fastelovend hier verbreitete, sieht Google anscheinend in mir schon den Karnevalsfachmann. Wahrscheinlich sollte ich mein Dienstleistungsportfolio erweitern und demnächst in Talk-Shows bei gutem Stundenhonorar als Brauchtumsexperte sitzen.

Hier kommen jedenfalls seit einigen Tagen immer wieder Menschen mit Fragen vorbei. Ratlos sitzen sie irgendwo vor ihren Kostümen und denken bange, was wird mich in Köln bei meinem ersten Karneval am Rhein erwarten? Verrate mir doch einer nur die Regeln dieses undurchsichtigen Feierns dort. Google hilf!

Für all die ratlosen Menschen habe ich ein ganz einfaches Rezept. Wer sich in den Kölner Karneval begibt, sollte sich wie bei jeder ersten Begegnung mit einer fremden Kultur verhalten. Freundlich sein, und damit rechnen, Fehler zu begehen. Dann den Kontakt zu ebenfalls freundlichen Feiernden suchen und sich nicht scheuen, um Rat zu fragen. Fremde Getränke und Speisen sollte man nur in vorsichtigen Mengen genießen, und schließlich sollte man auf sein Glück hoffen, jemandem zu begegnen, der einen dorthin führt, wo ein ausgewogenes Verhältnis herrscht zwischen Einheimischen und Karnevalstouristen. Mehr braucht man nicht. Auf jeden Fall sollte alles vergessen werden, was man jemals über den Kölner Karneval gelesen hat. Wer mit dem unbedingten Willen anreist, auf jeden Fall den einzigartigen Sujet-jibbet-nur-in-Kölle-Spass-an-der-Freud  zu erleben, kann nur enttäuscht werden. Man kann zum „Spass an der Freud“ bereit sein, aber irgendetwas, was man nicht in der Hand hat, wird dazu kommen. Ävver et hät noch immer jot jejange. Dieses rheinische Lebensmotto kennt man wie den Karneval wahrscheinlich inzwischen auch schon überall in Deutschland, und wer das als Mantra bei der Anreise vor sich hinmurmelt, fühlt sich schon mal ein wenig in die kölsche Mentalität ein.  Denn oft tut es das dann auch. Im Karneval!

Beim Fußball kommt diesem kölschen Lebensgefühl allerdings die gegnerische Mannschaft nur allzu oft dazwischen. So musste ich nicht nur nach den letzten zwei Punktespielen des MSV Duisburg mein Päckchen tragen, auch die Kölner Freunde traf in der letzten Woche die Wirklichkeit hart. Der 1. FC Köln ist wie der MSV Duisburg gegen Augsburg aus dem DFB-Pokal ausgeschieden, und vorher waren die Spieler der Mannschaft zum ersten Mal seit Jahren nicht einmal auf der FC-Sitzung. Die Karnevalsfeier des Vereins fand ohne diejenigen statt, die Wohl und Wehe der Fans maßgeblich mitbestimmen. Was für eine Woche! Mit der Niederlage gegen Augsburg war ja zudem das Ausscheiden aus dem Europapokal verbunden. In diesem Große-Hoffnungswettbewerb nimmt der FC regelmäßig teil, sobald die Mannschaft zwei Spiele hintereinander gewinnt. Für den Verein ist dieser Europapokal ein sehr zwiespältiger Wettbewerb. Denn was heute stimmungsaufhellend und begeisternd wirkt, ist morgen Anlass zu großer Enttäuschung.

Ob der Europapokal beim MSV Duisburg Aufstieg heißt? Ich möchte Bruno Hübner so gerne bei seinem Versuch der Stimmungsaufhellung folgen. Ich weiß es auch sehr zu schätzen, wie er im Rahmen seiner Möglichkeiten versucht auf die Psyche der Mannschaft einzuwirken. Wer nach den letzten zwei Spielen von der Möglichkeit spricht, den dritten Platz noch zu erreichen, macht sich angreifbar. Denn in Duisburg schlägt Enttäuschung niemals in Depression um. Dort hat man für die Psychohygiene Wut und Ärger, und es besteht bei einer Meinungsäußerung zum MSV immer die Gefahr, davon eine Menge abzubekommen.

Ihr wisst, auch ich hänge an hohen Zielen – manchmal wider besseren Wissens. Denn „Kopfprobleme“ habe ich in den letzten Jahren viel zu oft erlebt. Höre ich dieses Wort, macht mir das keinen Mut. Allerdings muss ein Sportdirektor einen rationalen Umgang mit dem Geschehen finden. Ich als Fan kann mir etwas Esoterik leisten. Meine Hoffnung auf den dritten Platz nährt das Wissen darum, dass im Fußball gegen alle Wahrscheinlichkeit Unmögliches geschehen kann. Griechenland wird Europameister, der 1. FC Nürnberg steigt in der letzten Saison auf und der MSV …?

Am Rosenmontag werden wir mehr erfahren. Bis dahin feier ich noch ein wenig Karneval. Süddeutschen Google-Nutzern sei noch ans Herz gelegt, wer Köln eingibt und Karneval meint, darf auf keinen Fall Fasching sagen. Vielleicht ist das auch die erste Regel, an die sich Karnevalstouristen halten sollten, auf jeden Fall in Erfahrung bringen, wie das Ganze heißt, wo man hin will.

Es heißt übrigens auch nur in Teilen Ballermann, obgleich die Stadt Köln vor den Auswüchsen während des Straßenkarnevals anscheinend schon kapituliert hat. Der „Karnevals-Knigge“ kommt jedenfalls sofort auf das Wesentliche zu sprechen: „Sex, Anmache und Saufen“ gebe es tatsächlich im Kölner Karneval, heißt es dort. Da hat ein Realist den Text geschrieben. Natürlich gibt es auch einen anderen Karneval, ich schrieb hier schon einmal, der ist vor allem in den Veedeln zu finden. Wenn ich dann aber weiter in den Benimmregeln lese und mir genau erklärt wird, wie denn nun ein Küsschen zu verstehen ist, fühle ich mich plötzlich wie ein grantelnder alter Mann, der vor sich hinmeckert: „Dass die nicht mal das mehr für sich klären können, wenn sie schon unbedingt ihren Spass haben wollen.“ Da sollte man vielleicht allen Anreisenden mit einem Klassiker von Köbes Underground, der Hausband der Stunksitzung, vor allem das hier mit auf den Weg geben: „Der Geschlechtsverkehr wird im allgemeinen völlig überbewertet“.

In dem Sinne: Weiter schöne Karnevalstage!

Das Netz vergisst keinen Höhner-Auftritt


In den Tagen um das rheinische Derby zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach finden immer wieder auch Anhänger beider Vereine über Suchmaschinen auf diese Seite, weil ich unlängst auf beider Gemeinsamkeit mit dem MSV Duisburg hingewiesen habe. Es beschäftigt die Fans also weiterhin, was in Köln inzwischen die „Schal“-Affäre genannt wird, nämlich der Auftritt von „De Höhner“ mit Gladbach-Fan-Schal bei der Karnevalssitzung von Borussia Mönchengladbach.

Dazu kann ich nun noch erzählen, vor dem Spiel des FC gegen die Borussia gab es einen Friedensgipfel zwischen FC-Fans und dem Höhner-Gründungsmitglied Janus Fröhlich. Wie es sich für eine richtige Paartherapie gehört, haben sich dort unter Anleitung von Mediatoren, den Fanprojekt-Vertretern, die Betroffenen richtig ausgesprochen. Dabei erwies es sich allerdings von leichtem Nachteil für eine schnelle Einigung, dass der enttäuschte Partner mit mehreren Zungen sprach. Plötzlich gab es auf Fan-Seite auch Verständnis für den Berufsmusiker im FC-Fan Janus Fröhlich. Dennoch herrschte im vielzüngigen Gruppenpartner das  romantische Ideal der einmal per Hymne geschworenen lebenslangen Treue vor. Und auch das kennt man aus der Paartherapie, Reue, die gezeigt wird und das Erneuern alter Treueschwüre des fehltretenden Partners. Janus Fröhlich verspricht jedenfalls,  „unter diesen Umständen“ nicht noch einmal auf der Karnevalssitzung der Borussia auftreten zu wollen. Doch so schnell glaubt ein enttäuschter Partner natürlich nichts mehr. Diese neu geschworene Treue wird sich erst noch erweisen müssen. Mancher fürchtet  schon, dass „De Höhner“ nun der so verführerischen Allemania in Aachen erliegen. Der liederlichen Angebote gibt es nämlich für so einen attraktiven Brauchtumspartner mehr als genug.

Was uns zum MSV zurückführt. Als „alter Fahrensmann“ (E. Lienen) in Sachen Medien nutze ich doch die Neugier der Öffentlichkeit auf Geschichten um „De Höhner“ und presse noch die  letzte kleine „News“ (Privat-TV) aus der Affäre. Denn eine richtige Affäre hat immer auch Nebenschauplätze. Schließlich lüftet man die Decke nicht, ohne dass auch andere unangenehme Dinge zu Tage kommen. Ich sage da nur MSV-Hymne und „De Höhner“.  Und siehe da, das Netz vergisst nichts. So etwas nennt man wohl einen Indizienbeweis für meine Vermutung, wie es dazu gekommen ist, dass die Musiker von „De Höhner“ die MSV-Hymne eingespielt haben.

Auf dieser Fan-Seite für „De Höhner“ lassen sich die Zeitungsartikel über deren Auftritte nachlesen. Gibt man dort beim Browser in der Suchfunktion „MSV“ ein, findet man einen Artikel der WAZ, deren entscheidende Stellen ich hier gerne zitiere:

Die Artisten hatten ihren letzten Salto geschlagen, die Instrumente der Höhner waren verklungen – doch die Zuschauer im Zirkuszelt gingen einfach nicht nach Hause. Minutenlang schallte der Gesang aus hunderten von Kehlen am Donnerstagabend durch den Innenhafen: Viva Colonia, mitten in Duisburg.

[…]

Auch das Publikum wurde in das bunte Manegenschauspiel einbezogen. Clown Georg Leiste kletterte durch die Reihen und stiftete Unruhe. Aktiviert wurden auch die anwesenden MSV-Spieler samt dem Vereinspräsidenten Walter Hellmich. Sie durften das Seil für den Tanz des Clowns strammziehen. Und wieder bewies sich: Walter Hellmich kann anpacken.

Westfälische Allgemeine Zeitung, den 7. Mai 2004 (Hervorhebung von mir)

Für verhörende Kriminalbeamte ist solch ein Indizienbeweis ein Schritt auf dem Weg zum Geständnis.

Was verbindet MSV Duisburg, 1.FC Köln und Borussia Mönchengladbach?

Die eine Antwort auf die oben gestellte Frage wird euch sofort einfallen, und ihr werdet genauso schnell vermuten, dass es mir wahrscheinlich darum hier nicht geht. Regelmäßiger Auf- und Abstieg in den letzten Jahren soll nicht das Thema sein. Es geht im weitesten Sinn um Musik und im engeren Sinn um die Aktivitäten einer populären Kölner Karnevalsband in Sachen Fußball.

Dazu muss ich nun etwas ausholen. Gestern wurde vom Kölner Stadt-Anzeiger ein Resumée der zurück liegenden Karnevalsaison gezogen. Das geschah nun nicht in einem rückblickenden Artikel, sondern ganz im Zeichen einer journalistischen Mode der jüngsten Vergangenheit als Ranking von „Hits und Flops der Session“. Was ich als Platz 5 bei den Minuspunkten las, empfand ich aber als etwas kleingeistig. Man schimpfte nämlich darüber, dass die „eingefleischten FC-Fans“, De Höhner, auf der Karnevalssitzung von Borussia Mönchengladbach mit einem Fanschal der Borussia um den Hals aufgetreten sind. Die moralische Keule wurde herausgeholt und den anscheindend heftig diskutierenden FC-Fans nach dem Mund geredet. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“ hieß es da abschätzig und vergessen wurde, dass die Musiker der Karnevalsband in erster Linie als Unterhaltungskünstler einen Beruf ausüben und nicht beim 1.FC Köln angestellt sind. Das ist purer Populismus, wenn dieser Auftritt in eine Reihe mit  Karneval-Hooligans und „Kids“, die „saufen“, gestellt wird. Ich kann das nicht ernst nehmen, hatte aber ein Thema für den Blog.

Ich fragte mich nämlich, was nur werden solche Fans sagen, wenn sie etwas ganz anderes über De Höhner erfahren, etwas, was sich bislang, nun fast schon fünf Jahre, anscheinend unterhalb des Empörungsradars befunden hat. Und vielleicht gibt es MSV-Fans, die demnächst genauso heftig schimpfen, wenn ich an dieser Stelle wieder zur Musik komme, genauer gesagt zur MSV-Hymne. Als diese Hymne 2004 zum ersten Mal gespielt wurde, traute ich meinen Ohren nicht. Ich war kurze Zeit zuvor bei einem Heimspiel des 1. FC Kölns gewesen und erinnerte mich noch gut an das beeindruckende Spektaktel kurz vor dem Spiel mit dem Zusammenschnitt des kölschen Liedguts. Nun hörte ich in Duisburg etwas, was mir vom Sound her durch meine Kölner Stadionbesuche sehr bekannt vorkam.

Gab es da etwa ein Verbindung nach Köln? Woher kam diese Hymne nach Duisburg zum MSV?  Kurze Zeit später erhielt ich die CD mit der Hymne geschenkt und wusste sofort des Rätsels Lösung. Wer in Köln lebt, kennt unweigerlich nach einiger Zeit die Namen Henning Krautmacher und Janus Fröhlich und weiß sie als Mitglieder von den Höhnern einzuordnen. Unter dem zweiten Stück auf der CD nun fand ich beide Namen. Für Komponist und Texter der MSV-Hymne habe ich erst heute dann noch ein wenig gegoogelt. Der neben C. Ledwig für Text und Musik verantwortliche H. Schöner erweist sich als Hannes Schöner und ist Bassist bei den Höhnern.

Jetzt wisst ihr, was den MSV Duisburg, den 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach verbindet. Und tatsächlich stimmt es wortwörtlich, wes Brot ich ess, des Lied ich sing. De Höhner sind Musiker und verdienen ihren Lebensunterhalt mit Musik. Damals, als ich die Hymne das erste Mal hörte, hatte das ein G´schmäckle für mich, aber heute ist dieser Kölner Hintergrund der MSV-Hymne für mich verschwunden.  Sie klingt durch das ausdauernde Abspielen vor jedem Spiel so, als sei diese Art Musik immer schon nur in Duisburg gespielt worden.

Wie es genau dazu gekommen ist, dass De Höhner die MSV-Hymne eingespielt haben, kann ich natürlich einmal mehr nur vermuten. Ich weiß nur, dass in jenem Jahr 2004 im Innenhafen die „Höhner Rockin´ Roncalli Show“ gastierte. Für Duisburg war das ein kulturelles Ereignis, das sich bestimmt auch die lokale Prominenz samt Walter Hellmich angesehen hat. Damals wurde der MSV Duisburg ja rundum erneuert. Und wenn man schon mal beim After-Show-Event mit jemanden zusammensteht, der schon einmal sein Fußballhymnen-Können bewiesen hat, warum nicht auf dieses Know-How für die aufgefrischte corporate identity zurückgreifen? So stelle ich mir vor, ist es dazu gekommen, dass es nun zwei Vereinshymnen gibt, für die sich De Höhner-Musiker verantwortlich zeichnen. Dass De Höhner bei der Hymne für den MSV diskreter sein mussten und nicht als ausführende Band auf die CD wollten, kann ich angesichts des G´schmäckles natürlich verstehen. Jetzt aber, wo diese Hymne vom Publikum längst angenommen ist, sollte die Wahrheit auf den Tisch. Da könnten dann auch neue Zeiten anbrechen. Was wäre etwa mit einer Fan-Freundschaft zwischen dem FC und dem MSV, die mit einem Höhner-Medley besiegelt wird. Ich, als Vermittler zwischen beiden Kulturen, hätte da nichts gegen.

Was am Karneval feiern in Köln schlimm sein könnte

Eins könnte gewiss ganz schlimm sein am Karneval feiern in Köln, wenn mir nicht die schon erwähnte Nachsicht und der Großmut zu eigen wären. Das will ich am Morgen des erhofften sicheren 3:1-Sieges über den TSV 1860 München noch erzählen, und dann ist aller Voraussicht nach aber auch Schluss mit dieser ganzen Brauchtumserklärerei.

Neben dem, was schlimm sein könnte, gibt es natürlich nicht wenig, was wirklich schlimm ist.  Die Polizeistatistik des Freitagmorgens oder die Bläck Föös in der Süddeutschen Zeitung vom Samstag geben einen Eindruck davon, warum ich die Kölner Innenstadt an den Karnevalstagen seit Jahren großräumig umfahre. Das  hat jedenfalls nicht nur mit dem dort das Fahrradfahren sehr behindernden Glasscherbenmeer zu tun. Wer mich also fragt, Karneval feiert man am besten in seinem Veedel. Das ist entspannt, unbeschwert und dennoch ausgelassen. Für die Karnevalsexzesse der Innenstadt reichen meine Nachsicht und mein Großmut längst nicht aus.

Beides allerdings brauche ich, gepaart mit Gelassenheit, dennoch beim Feiern und zwar weil das Karneval feiern zu einem großen Teil auch bedeutet, textsicher jedes angestimmte Lied mitzusingen. Grundsätzlich ist das die reine Freude. Es lässt auch mich so gefühlsduselig über Köln werden, wie es der eingeborene Kölner ja ohnehin grundsätzlich ist. Selbstverliebt glaubt der ja allen Ernstes, dat alles, was er gerade so wunderbares erlebt, „et so nur, nur, nur in Kölle jibt“.

Im zeitgenössischen Liedgut des Kölner Karnevals macht sich diese Selbstverliebtheit seit ein paar Jahren unangenehm bemerkbar. Ganz im Gegensatz zur textlichen Vielfalt des klassischen Karnevalsschlagers der 20er bis 60er Jahre gibt es in der Gegenwart eine thematische Verengung beim Karnevalsschlager. Als Auslöser für überbordende Heimatgefühle gibt es den Dom, das Kölsch, kölsche Mädcher und den FC. Und hier erhält ein MSV-Fan im Kölner Karneval eben reichlich Gelegenheit seine Nachsicht und seinen Großmut tatsächlich auf die Probe zu stellen. Wenn mal wieder so ein selbstverliebtes Nirjendwu-suns-iset-su-schön-wie-in-Kölle-am-Rhing-Lied angestimmt wird, heißt es natürlich mitsingen. Aber wenn solche Strophen als deutlicher Versuch mich zu einer hier vorherrschenden Leitkultur zu bekehren angestimmt werden, lächel ich in die Runde und stelle mir für einen Moment zum Beispiel das Tor von Markus Daun beim ersten Spiel des FC unter Christoph Daum vor.

Diese Erinnerung passt auch deshalb so wunderbar, weil ich den sagenhaften 3:1-Sieg im Dezember 2006 inmitten von FC-Fans spielfeldnah auf Höhe der Mittellinie bejubeln durfte. Als einziger sprang ich in dieser Menge jeweils hoch. Und wo mich beim ersten Tor noch gönnerhafte Blicke trafen, nach dem Motto, mal sehen, wer zuletzt lacht, gab es nach meinen impulsiven Aufspringen nach dem dritten Tor schon leicht feindselige Blicke mit dem unausgesprochenen Vorwurf, ich würde meine Freude wohl als Provokation zelebrieren. Stimmte natürlich überhaupt nicht, sondern entsprach einfach meinem Grundgefühl, eines der besten Erlebnisse in meinem ganzen MSV-Fan-Leben mitzumachen.

Gelandet bin ich in dieser FC-Fan-Masse übrigens, weil ich ansonsten ein Beispiel für gelungene Integration bin. Die Grundlage für den kölschen Klüngel, wir kennen uns, wir helfen uns, weiß ich nämlich zu schätzen und nehme gerne die angebotene zweite Tribünendauerkarte des Kölner Freundes und FC-Mitglieds an, wenn der MSV mal wieder hier vor Ort spielt.

Ich hoffe natürlich, heute wird weiter daran gearbeitet, dass das möglichst bald wieder geschieht. Wie es so aussieht, muss der Verein aller Vereine dazu aber aufsteigen. Denn der FC festigt ja gerade seinen Platz im Mittelfeld der Tabelle. Ich hoffe also wider besseren Wissens weiter und übe mich statt des Stadionbesuchs wie angekündigt in Sangesfreude und Schunkeln am Straßenrand. Nachsicht und Großmut werden mir dabei natürlich erneut bei allerlei FC-Bejubel-Textstellen helfen.

Brauchtumspflege mit zwei Identitäten

Der Spielplan dieser Saison zwingt mich nach langen Jahren mit einer unproblematischen Doppelidentität als ruhrpottstämmiger Kölner oder wie es in Köln korrekt heißt als Imi,  zu einer schmerzlichen Entscheidung. Vorausschauende Leser, die mit dem Kölner Brauchtum vertraut sind, werden vielleicht ahnen, worum es sich handelt. Am Karnevalssonntag wird das Heimspiel des Vereins aller Vereine gegen 1860 München um 14:00 Uhr angepfiffen, zur selben Zeit geht es in meinem Veedel vor dem Haus von Freunden um das Brauchtum, das hier in Köln vor allem Fastelovend oder auch Fasteleer heißt, was  anderswo nur unzureichend mit Karneval übersetzt wird. D´r  Zoch kütt, heißt es dann nämlich. Nichtkölnern sei erklärt, dabei handelt es sich nicht um die auch überregional bekannten Schull un Veedelszöch, die fast denselben Zugweg nehmen wie der Rosenmontagszug und die so heißen, weil sie aus Schul- und Veedelsgruppen bestehen.

Der Kölner ist aber im Veedel zu Hause und möchte auch dort seinen „Zoch“. Was allerdings auch immer schwierig zu bewerkstelligen ist, überhaupt nicht fernsehgerecht wirkt und deshalb allemal zu unterstützen ist. Nirgendwo sonst geht es in Köln mehr um Volkskultur, die im Alltag lebendig ist, wie bei diesen kurzen Veedelszügen. Um diese Volkskultur  geht es bei einem Sonntagnachmittag im Stadion in gewisser Weise natürlich auch, aber am kommenden Karnevalssonntag lasse ich dem Kölner in mir den Vortritt – auch wenn ich jetzt schon weiß, dass dann hin und wieder sich die Duisburger Seele kurz melancholisch bemerkbar macht. Da ärger ich mich doch gerade wieder über den Abstieg. Denn mit einem möglichen Spieltermin am Samstag hätte ich einmal mehr Spass an d´r Freud mit beiden Identitäten gehabt. Und nun wird eben kein Tor bejubelt – Peters Zufriedenheit mal in die Zukunft fortgeschrieben. Nun wird etwa eine Stunde Strüsje und Kamelle gefangen, das Fässchen Kölsch wird geleert und den Trömmelchen wird zujehört, denn mer stonn dann all parat.

Ich weiß, die Duisburger Freunde können sich so etwas nur schwer vorstellen und daran merke ich, wie lange ich schon in Köln lebe. Doch dieser Karneval im Veedel, weit ab von den Massen der Innenstadt, dieser Karneval macht Spaß. Und sollte es einmal für den MSV am Karnevalssonntag um richtig was gehen, dann werde ich sicher auch der anderen Identität wieder den Vortritt lassen. Denn das ist das Schöne, wenn man in zwei Kulturen zu Hause ist, man hat immer die Wahl und sucht sich das Schönste raus.  In zwei? Kulturen? Zu Hause? Müsste eigentlich aus anderen Zusammenhängen bekannt vorkommen. Funktioniert ganz gut. Wird ja immer mal wieder gerne bezweifelt, wenn es nicht um Städte sondern um Nationen geht.


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