Auch in dieser Saison überrascht es nicht, welche Vereine sich für die Endrunde der Champions League qualifizieren konnten. Die Verhältnisse bleiben stabil. Erfolge von Außenseitern gibt es vielleicht in einzelnen Spielen, die Gruppenphase als Vorlauf des K.o.-Wettbewerbs merzt das fast immer wieder aus. Bekanntermaßen ist das nicht der wahre Grund für oligarchisch anmutende Verhältnisse im europäischen Fußball. Die Gruppenphase ist eher Symptom wirtschaftlicher Entwicklungen, dennoch kann sie als Orientierung für Epocheneinteilungen genommen werden. Denn als die Champions League noch Europapokal der Landesmeister hieß und mit UEFA-Pokal und Pokalsieger-Pokal zwei weitere Wettbewerbe in reiner K.o.-Form auf europäischer Ebene ausgetragen wurden, gelangten auch häufiger jene Mannschaften ins Endspiel, die normaler Weise schon froh über gute Spielzeiten auf nationaler Ebene waren. Einige von ihnen gewannen sogar.
Es waren Mannschaften wie Malmö FF, Hajduk Split, KV Mechelen oder auch Fortuna Düsseldorf. Mannschaften, die eine Saison lang vom Gewinn des Europapokals träumten und die danach jahrelang wieder nur genug mit dem nationalen Ligabetrieb zu tun hatten. Diesen Mannschaften hat Terence Träber mit „Der Traum vom Europopokal Europapokal“ ein Erinnerungsbuch gewidmet. Von den Wolverhampton Wanderers, mit denen die Geschichte des Europapokals ihren Anfang nahm, über AS St.-Etiénne bis hin zu Dinamo Tiflis, vom 1. FC Magdeburg über Athletico Bilbao bis zu Malmö FF, Träber erzählt den Weg von 35 dieser Vereine zu deren einmaligem Endspiel auf europäischer Ebene in der Vereinsgeschichte. Dem folgen Portraits des zentralen Spielers jener erfolgreichen Fußballergeneration und des Vereins selbst. Zudem fasst Träber die Geschichte des Heimstadions in knapper Form zusammen.
Terence Träber geht es um die Fakten des Fußballs, die er zu lesenswerten Texten verarbeitet. Er greift dazu den Ton des sachlichen Sportjournalismus auf, dem feuilletonistische Nebengedanken ebenso fremd sind wie die heute in Sportbüchern gern eingestreuten ironischen oder humorvollen Betrachtungen des Geschehens. Terence Träber verfolgt das ernsthafte Anliegen eines Historikers mit einem ungewöhnnlichen Spezialgebiet. Sein Interesse gilt dem Fußball in einer sehr speziellen Forschungsperspektive, deren Grundlage, die „Auswahlkriterien“, er im Vorwort minutiös umreißt. Allgemeines historisches und kulturelles Wissen greift er nur dann auf, wenn ein direkter Einfluss auf die Spiele der jeweiligen Europapokalsaison, die Vereinsgeschichte oder die Biografien der Spieler erkennbar ist. Gerade deshalb wirkt „Der „Traum vom Europapokal“ schnörkellos und geradlinig. Das Buch verströmt nostalgischen Charme jener Zeiten, als Zuschauer noch im Regen standen und die Sitzplatzbesucher die dezente Kleidung bevorzugten und Vereinsutensilien den Jugendlichen überließen. Dem entspricht die Aufmachung, die eher an den Baumwoll-Trainingsanzug erinnert als an synthetische High-Tech-Textilien der Gegenwart. „Der Traum vom Europapokal“ ist Fußball pur, ohne nervtötende mediale Überhöhung. Da ist nichts schöner Schein, da ist alles interessierender Inhalt, sei es die sportliche Anekdote am Rande oder die Lebensgeschichte von Fußballern als Lokalhelden, die die Zuschauer ihrer Stadt mehr als nur die eine Europokal-Saison lang begeistert haben. Wer noch kein Weihnachtsgeschenk für einen Fußball-Enthusiasten weiß, hier kann er bedenkenlos zugreifen.
Terence Träber: Der Traum vom Europapokal. Fußballklubs auf internationalem Höhenflug. Agon Sportverlag, Kassel 2009. 404 Seiten. € 34,90.
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