Posts Tagged 'Martin Dausch'

Ach, könnte man Kontrollverlust nur immer kontrollieren

Siege durch Tore in letzter Minute geschehen auf vielfältige Weise. Der unbändige Jubel auf den Rängen hört sich dabei vielleicht gleich an, doch der Charakter der letzten Minuten unterscheidet sich jeweils. Es gibt Siege, die durch Kampf und schiere Willenskraft einzelner Spieler errungen werden. Es gibt zwangsläufige Siege, die die unterlegene Mannschaft bis zur letzten Minute nur durch pures Glück hatte verhindern können. Und es gibt diesen Sieg des MSV Duisburg gegen Preußen Münster, der mir wie das Ideal eines solchen Sieges in letzter Sekunde vorkommt; eine Komposition vieler Eigenschaften dieses Fußballs, die in harmonischen Gleichgewicht ein vollkommenes Bild ergeben.

Die Mannschaft des MSV war in der 71. Minute 1:2 in Rückstand geraten. Das Minimalziel eines Unentschiedens war in der 87. Minute durch ein Tor von Dustin Bomheuer erreicht worden. Verhalten war die Freude auf dem Spielfeld über diesen Ausgleich. Auch auf diese Weise wurde sichtbar, dass sich die Spieler mehr erhofft hatten. Noch waren drei Minuten zu spielen, und die Nachspielzeit würde sicher etwas länger dauern, hatten sich die Preußen doch als passables Schmerzschauspielensemble bewiesen. Wahrscheinlich hat der halbe Kader einen Nebenjob an der medizinischen Fakultät der Uni Münster. Es gibt ja inzwischen Seminare, in denen die angehenden Ärzte Patientengespräche mit Schauspielern lernen. Spezialisten für die Darstellung von Muskelblessuren und Gelenkirritationen gesucht? Anruf auf der Geschäftsstelle von Preußen Münster genügt.

Die Spieler des MSV wollten noch den Sieg, dennoch entstand nicht diese Atmosphäre eines bedingungslosen Anrennens. Dazu war das Umschaltspiel der Preußen zu gefährlich. Zweimal hatte es der MSV erlebt, dass beim Ballverlust die eigene Defensive überfordert war. Beim ersten Tor der Preußen war der Weg für den Stürmer ganz frei, beim zweiten Tor war die Defensive noch zu ungeordnet. Anscheinend hatten die Spieler dieses Risiko im Kopf. Deshalb drückte der MSV Richtung Preußen-Tor, dennoch blieb das Mittelfeld abgesichert. Hier war ein erstes harmonisches Gleichgewicht zu sehen zwischen Spielkontrolle und freiem Angriff. Denn für das Spiel hintenrum blieb keine Zeit mehr. Nun mussten die Außen das Risiko im Spiel eins gegen eins in jeder Sekunde suchen, wo in der ersten Halbzeit noch nur der sichere Pass gewählt wurde. Nun ging es nur nach vorne. Es blieb keine andere Wahl.

Zudem spielten die Preußen weiter mit und suchten ebenfalls den Weg nach vorne. Es ging hin und her in dieser Nachspielzeit ohne wirkliche Torgefahr, bis Nico Klotz zu einem Dribbling auf dem Flügel ansetzte. Er konnte sich durchsetzen und den steil laufenden Tim Albutat anpassen. Dessen Flanke war harmlos. Sie war aber deshalb harmlos, weil er beim Flanken gefoult worden war. Das hatte ich nicht gesehen, weil mein Blick nur diesem Ball folgte, die Enttäuschung über die vermeintlich vergebene letzte Chance inklusive. Doch der Pfiff folgte. Martin Dausch schlug den Freistoß recht weit hinter den hinteren Pfosten, wo Stanislav Iljutcenko Mühe hatte, den Ball vor der Torauslinie zurück Richtung Strafraum zu köpfen. Dort versuchte ein Spieler der Preußen, den Ball wegzuschlagen, doch in der zweite Reihe bei etwa 25 Metern wartete Fabian Schnellhardt. Er nahm diesen Ball auf und legte ihn sich zurecht. Den Schuss von dort hatten wir nicht erwartet. Ein perfekter Schuss in den Winkel, hart, gerade, vollendete Fußballkunst. Die ganze Szene von der Ausführung des Freistoßes an war die perfekte Komposion aus Zufall, Kampf, Kraft und Technik.

Dieses Tor in letzter Sekunde bedeutet nicht nur einen Sieg in diesem Spiel. Dieses 3:2 ist ein besonderer Sieg für den Aufstieg, der Abstand auf die Verfolger ist größer geworden. Dieses Tor wurde möglich, weil der MSV die Spielkontrolle etwas aufgegeben hatte. Kontrolle als Lebensmaxime soll uns Sicherheit im Alltag geben. Kontrolle soll uns vor den Gefahren des Lebens schützen, sie soll das Risiko in unserem Leben minimieren. Die Kontrolle ist irgendwann auch im Fußball als Spielprinzip eingegangen, und da uns Menschen der Gegenwart der Fortschritt eine selbstverständliche Haltung zum Leben ist, wurde diese Kontrolle immer weiter perfektioniert. Ballbesitz schafft Kontrolle, aber auch Stabilität im Spiel insgesamt, von der in paradoxer Weise auch der Gegner profitieren kann. Denn Kontrolle macht das Mannschaftsspiel vorhersehbarer.

Der Weg des MSV Duisburg durch diese Saison in der 3. Liga ist ein kontrollierter Weg. Denn diese Kontrolle bietet die höchstmögliche Sicherheit für Erfolg am Ende der Saison, den überlebensnotwendigen Aufstieg. Der Erfolg in einem einzigen Spiel ist deshalb noch lange nicht garantiert, aber die Wahrscheinlichkeit für den langfristigen Erfolg ist größer, wie wir an der Tabelle schon vor dem Spiel gegen Preußen Münster hatten ablesen können. Dennoch reicht die Kontrolle eben nicht für den Erfolg in jedem Spiel, und eine Mannschaft, die darauf setzt, wird immer wieder vor dem Problem stehen, wieviel Kontrollverlust sie eingeht, um den Erfolg dennoch zu sichern, wenn keine Tore fallen.

In der ersten Halbzeit fiel das Führungstor durch Fabian Schnellhardt auch nicht aus einem geordneten Angriff heraus. Ein Ballverlust der Preußen und schnelles Umschalten ging dem voraus. Der erste Abschluss konnte dann noch abgewehrt werden, ein Schuss von Kingsley Onuegbu. Doch der zweite Ball bot dann die Torschussmöglichkeit für Fabian Schnellhardt, weil er lange genug frei stand. Auch dieses Tor aus etwa 18 Metern war schon wunderbar anzusehen. Es war nur eine Ouvertüre. Das wussten wir zu dem Zeitpunkt noch nicht. Das Finale in der Schlusssekunde sollte noch besser werden.

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Gegen Nürberg schwächeln der dreizehnte und vierzehnte Mann

Wie schön kann die Zukunft sein, wenn alles noch möglich scheint. Als Superhelden des eigenen Schicksals lassen wir uns beim Denken ans Morgen keine Wünsche offen. Manchmal rückt dann dieses Morgen näher und mit jedem vergehenden Tag wird uns Superhelden etwas mehr Vorstellungskraft geraubt. Mit jedem neuen Tag schrumpfen die Möglichkeiten, wie diese Zukunft gut aussehen kann, und irgendwann sind wir Superhelden auf einmal ganz normale Allerweltsmenschen, die ganz verzweifelt mit den Armen wedeln, um superheldenmäßig abzuheben. Gut, dass uns das zumindest dabei hilft, die Balance zu halten und nicht vollends auf die Schnauze zu fallen.

Am Samstag bekam ich Superheld des mit dem MSV verbundenen Schicksals entsetzliche Schulterschmerzen, so heftig hatte ich die Arme auf- und niederwerfen müssen. Der MSV Duisburg und der 1. FC Nürnberg hatten gerade 0:0 gespielt, und ich wollte mich mit dem gefühlten Wissen des höchstwahrscheinlichen Abstiegs nicht abfinden. Ich wollte meine letzte Hoffnung lebendig halten. Vielleicht wollte ich auch einfach nur nicht hinfallen. Ein Spiel war zu Ende gegangen, in dem der MSV nicht nur uns Zuschauer als zwölften Mann gebraucht hat. Für den MSV hätten zwei weitere Spieler auf dem Platz gute Leistungen zeigen müssen: Zufall und Glück. Beide Spieler blieben blass und unauffälig,

Ist es tatsächlich so, dass diese Mannschaft nur dann defensiv sicher spielen kann, wenn sie ihre Offensivbemühungen zum Zufallsprodukt macht? Doch selbst wenn eine der wenigen Torchancen dann auftauchte, ergab sich keine wirkliche Torgefahr. Kein einziger Schuss der Duisburger Spieler zwang den Torhüter der Nürnberger, Sascha Kirschstein, zum Eingreifen. Nicht Kevin Wolze war für mich die – laut Reviersport-Schlagzeile – „tragisches Figur“ dieses Spiels, als er, freistehend, in der letzten Spielsituation den von rechts geschlagenen Ball aus sechs, sieben Metern volley nahm und über das Tor donnerte.

Giorgi Chanturia hatte in der ersten Halbzeit die sehr viel größere Chance nach sehr guter Vorarbeit von Dennis Grote. Der hatte an der Mittellinie den Ball erkämpft, nahm auf halblinks Fahrt auf Richung Tor, zog an der Strafraumgrenze nach innen, setzte sich dabei gegen zwei Nürnberger durch und legte dann auf den nachrückenden Chanturia ab. Er hatte freie Bahn zum Tor. Er hatte diesen Pass erwarten können. Der Schuss war technisch einfacher zu bewältigen gewesen als der von Kevin Wolze. Und doch schoss er am Tor vorbei. Wie Onuegbu im Heidenheim-Spiel nahm er den falschen Fuss zum Schuss.

Doch solch eine Chance ergab sich eben nicht aus einem kontinuierlichen Offensivspiel des MSV. Die Spieler des MSV erobern die Bälle und wissen dann nicht, wie es weiter gehen kann. Der Ball führende Spieler der Mannschaft ist fast immer auf sich allein gestellt. Er findet keine Anspielstationen. Es sieht nicht so aus, als hätten die Spieler Vertrauen in Laufwege ihrer Mitspieler. Sie wirken hilflos. Also, ab nach vorne mit dem Ball, das ist wenigstens weit weg vom eigenen Tor, und vielleicht wollen sich ja Glück und Zufall endlich auch mal beweisen.

Ist es tatsächlich so, dass diese Mannschaft nur mit den langen Bällen das Mittelfeld überbrücken kann, weil Spieler wie De Witt und Janjic oder auch Obinna nicht spielen können? Ist es möglich, ohne ballsicheren Spieler im offensiven Mittelfeld eine andere Taktik als Hoch und Weit für die Offensive zu wählen? Andererseits passte die Startaufstellung nicht zu dieser Spielweise. War also auch die Aufstellung von Stanislav Illjutczenko in der Sturmmitte ein Kompromiss, den Gino Lettieri eingehen musste? Was waren die Gründe dafür, ihn statt Onuegbu zu bringen? Illjutcenkos Spiel ist doch nicht die Ballbehauptung, wenn hoch und weit gespielt wird. Stark wirkt er in der Bewegung, nicht im statischen Spiel beim Ballhalten und Verteilen. Seine Aufstellung ist eine Trainerentscheidung, die begründet werden müsste in einer Situation, in der das Vertrauen in Gino Lettieri immer weiter abnimmt.

In der zweiten Halbzeit erwartete ich ab der 70. Minute das Siegtor der Nürnberger. Glück und Zufall hatten für die Offensive anscheinend keine Kraft mehr. Zumindest Glück half kurz vor Ende bei einem Kopfballversuch der Nürnberger in der Defensive mit aus. Offensiv passierte beim MSV mit Ausnahme der Nachspielzeit nichts mehr. In dieser Nachspielzeit wirkte es aber auf einmal so, als hätte die Mannschaft mitbekommen, dass sie auf jeden Fall ohne Glück und Zufall dieses Spiel gewinnen muss. Plötzlich wirkten zwei Angriffszüge unter diesem Druck des nahenden Schlusspfiffes planvoll. Das war zu spät. Der Einsatz, den diese Spieler des MSV in jedem Spiel zeigen, blieb ein vergebliches Mühen. Das ist die bittere Erkenntnis, so sehr sich die Mannschaft auch anstrengt, es reicht nicht für den Sieg.

Begleitet wird diese Erkenntnis von großen Sorgen, auf die der MSV mit seiner Spielweise keinen Einfluss hat. Momentan sieht es nicht so aus, als ob viele Mannschaften vor den Abstiegsrängen gewillt sind, mit einer der drei unten stehenden Mannschaften zu tauschen. Abstiegszone! Wie sehr wünsche ich mir, dass so eine Zone überhaupt erst einmal entsteht, ein Zönchen reichte mir sogar schon bis zur Winterpause. Damit wir beim Denken an den Relegationsplatz alle wieder Superhelden unseres mit dem MSV verbundenen Schicksals werden können. Wir Zuschauer und vor allem die Spieler.

Wollen reicht nicht, um es auch zu können

Etwa zehn Minuten vor Spielende zerriss etwas in mir. Wäre ich ohne meine Freunde im Stadion gewesen, vielleicht wäre ich schreiend vor die Köpi gelaufen, wäre dort wie ein eingesperrtes Raubtier hin- und hergerannt, hätte mich zwischendurch hingeschmissen und mit den Fäusten auf den Boden getrommelt. Ich hasste diese Ohnmacht, gegen den Rückstand nichts ausrichten zu können. Ich hasste den Fußball in dem Moment. Mich empörte das Gegentor als unfassbare Ungerechtigkeit. Ich hasste es, diesen verdammten Ball nicht in das Tor der Frankfurter schreien zu können. Ich verdammte das Schicksal. Ich war mit den Freunden dort, sagte etwas, was ich nicht mehr weiß, hörte beruhigende Worte, die ich nicht mehr wiedergeben kann und blieb ausgelaugt und ratlos bis zum Schlusspfiff stehen.

Null zu eins lag der MSV zurück. Ich hatte keine Hoffnung mehr auf den Ausgleich. Diese Hoffnungslosigkeit war Selbstschutz. Wie sollte diese Mannschaft in dem Spiel je ein Tor erzielen? Mit dem Anpfiff war eine Mannschaft zu sehen gewesen, die das Spiel bestimmen wollte. Bis auf die Ränge war zu spüren, diese Mannschaft des MSV will gewinnen. Das war auch an der offensiven Aufstellung abzulesen.

Die Spieler liefen viel und erstickten fast alle Frankfurter Angriffsversuche im Keim. Entweder ging es schnell und steil über die Flügel in die Frankfurter Hälfte. Immer wieder wurde aber auch ansehnlich kombiniert. Das Ergebnis war deutlich mehr Ballbesitz für den MSV und ein FSV, der vorsichtiger zu werden schien. Bei all dem schaffte es der MSV nur einmal, den Ball annährend gefährlich auf das Frankfurter Tor zu bekommen. Gefährlich bedeutet, nach einer Kopfballweitergabe stand Stanislav Iljutcenko am langen Pfosten im Fünfmeterraum für einen weiteren Kopfball vollkommen frei. Er köpfte genau auf den Torwart.

Für all den Einsatz blieb der MSV zu harmlos. Zu dem Zeitpunkt begannen unsere Sorgen. Wenn schon jetzt keine Torgefahr entstand, wie sollte das erst zum Spielende einer müder gewordenen Mannschaft gelingen? Die Sorgen wurden noch größer, als der FSV Frankfurt mit sehr viel weniger Anstrengung das Führungstor erzielte. Ein Eckstoß konnte nicht entscheidend geklärt werden. Der Ball fiel im Fünfmeterraum auf den Boden. Aus dem Rückraum rutschte von irgendwoher ein Frankfurter zum Ball und schoss ihn halb im Liegen ein.

Dem Entsetzen auf den Rängen entsprach die Niedergeschlagenheit auf dem Spielfeld. Immer wieder erlebt die Mannschaft bei all ihrem Einsatz statt des Erfolgserlebnis den Rückschlag. Die Halbzeit wurde leidlich zu Ende gespielt. Der Schiedsrichter bot ein Ventil für alle unliebsamen Gefühle. Es waren keine Fehler bei den großen Entscheidungen, es waren die kleinen Momente des Spiels die ärgerten, wenn er den gleichzeitigen Körperkontakt im Zweifel für dahin sinkende Frankfurter pfiff.

Der MSV fand auch in der zweiten Halbzeit keine Mittel, den FSV dauerhaft unter Druck zu setzen. Feltschers Flankenläufe alleine schafften keine Torgefahr, da der Strafraum überfüllt war mit kopfballstarken Frankfurter Spielern. Diese Flankenversuche hätten variiert werden müssen. Das vergebliche Bemühen wirkte zermürbend. Wenn schon ich ohne körperliche Anstrengung mutlos auf meinem Stehplatz werde, wie muss es erst den Spielern ergehen, die für eine Chance so viel arbeiten. Wuchs die Hoffnung auf die Ausgleichschance einmal, erwarteten wir sehnsüchtig, dass der Torwart des Gegners überhaupt einmal eingreifen musste, dann erstarb diese Hoffnung auf halbem Weg. Der Durchbruch von Onuegbu gelang doch nicht, der freie Schuss von Holland ging am Tor vorbei, die Freistöße am Rand des Elfmeterraums ebenfalls.

Wenn der Selbstschutz Hoffnungslosigkeit für die Offensive funktioniert, gibt es immer noch eine Hintertür für grimmigen Ärger. Schließlich gab es noch Defensivaktionen des MSV. Ein Pressing der Frankfurter nach einer Balleroberung wollte die Mannschaft spielerisch lösen. Michael Ratajczak passte in die gefährlichste Zone des Spiels überhaupt, zentral außerhalb des Strafraums, was wunderbar ist, wenn der Ball genau gespielt wird. Der schnelle Gegenangriff über das zentrale Mittelfeld wäre dann möglich. Genaues Zuspielen ist Michael Ratajczaks Sache nur selten. Ein Frankfurter Spieler nahm den Ball problemlos auf, schon waren Spieler und Ball wieder zurück nahe dem Duisburger Strafraum, wo ihn der hinterherrennende Tim Albutat mit eingesprungener Kampfsportgrätsche von hinten ummähte. Rot für Albutat  Ärger auf ihn und Ratajczak für mich.

Wie steckt die Mannschaft solch eine Erfahrung weg? So sehr fühlte sich dieses Spiel danach an, als ob sie wolle, aber nicht könne. Wieder hören wir in der Pressekonferenz nach dem Spiel den Trainer des Gegners sagen, wer so spielt wie der MSV, muss Ruhe bewahren, dann wird er auch belohnt. Schwer vorstellbar, dass das gegen Eintracht Braunschweig geschehen kann, eine Mannschaft, die zuletzt so erfolgreich war. Noch heute habe ich wenig Hoffnung für dieses nächste Heimspiel. Jetzt muss ich schon auf Hoffnung hoffen. Oh je.

Der MSV ist wieder da und kennt kaum mehr Zweitligasitten

Nur gut, dass wir Theaterleute solche Premierentage, wie sie der MSV Duisburg in der Zweiten Liga am Freitag erlebt hat, seit Jahren kennen. Wir wissen, irgendetwas kann immer richtig schief gehen. Denn jetzt erst ist es wirklich ernst, und läuft das Stück erstmal, geht es nur noch vorwärts, selbst wenn Text vergessen wird und Szenen mit falschen Läufen beginnen. Man muss sich dann durcharbeiten, alles geben, bis zum Ende. Dann werden auch die ganzen Freunde, Bekannte und überhaupt Menschen, die dem Haus wohlgesonnen sind, nicht nur freundlich Beifall klatschen. Dann werden sie begeistert sein. Dann werden sie alle Beteiligten feiern, egal welcher Fehler auch passiert ist.

Wir, Theaterleute wissen aber auch, wir müssen uns die Fehler ziemlich genau ansehen. Waren das Fehler aus Nervosität, oder gibt es ein grundsätzliches Problem bei der Aufführung? Müssen wir im laufenden Betrieb die Inszenierung noch verändern? Haben wir weiter viel Arbeit mit dem Stück? Das sind die Fragen, die wir uns stellen müssen. Gino Lettieri wird es nicht anders gehen.

Der MSV Duisburg hat am Freitag  im Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 3:1 verloren. Die Heimspielpremiere fand vor einem begeisterten Publikum statt, das die Mannschaft nicht nur in den letzten 30 Minuten des Spiels weiter feierte. Die Stimmung hielt an auch nach der Niederlage. Wir alle wollten uns von dieser Niederlage die Freude über die Rückkehr in die Zweite Liga nicht verderben lassen. Viele von uns hatten schließlich auch mit einer Niederlage gerechnet. Viele von uns wären mit einem Unentschieden zufrieden gewesen.

Dennoch kühlte der Verlauf der ersten Halbzeit die Stimmung auf MSV-Seite zunächst deutlich herab. Die Art und Weise, wie die Tore fielen, ernüchterte sehr. Kevin Wolze verlor kurz vor der Mittellinie den Ball, als er im eins gegen eins seinen Gegenspieler umdribbeln wollte. Den sofort nach vorne ziehenden Kaiserslauterner konnte er nicht mehr aufhalten. Standardkonterabschluss mit dem Pass in die Mitte, das 1:0, 13. Minute. Das nächste Tor leitete Zlatko Janjic ein mit einem viel zu langsamen Rückpass, der zum perfekten Steilpass in den Lauf eines Kaiserslautenerner Spieler wird. Der verstolperte im Strafraum sogar zunächst, wurde dort nach rechts abgedrängt, den harten Schuss zurück Richtung Tor wollte Kevin Wolze grätschend klären. Doch er grätschte den Ball ins eigene Tor, das 2:0, 18. Minute. Ein weiter Ball aus der Kaiserslautener Hälfte, lange unterwegs in die Spitze, wurde gefährlich, weil er an der Strafraumgrenze genau in der Schnittstelle zwischen Branimir Bajic und Dustin Bomheuer landete und vom Schützen des ersten Tores, Kacper Przybylko aufgenommen werden konnte. Aus der Drehung schoss er den Ball perfekt ins lange Eck, das 3:0, 29. Minute.

Diese Tore waren schnelle, harte Niederschläge. In den jeweiligen Spielsituationen wirkte der MSV wie ein übergewichtiger Boxer des Federgewichts gegen einen athletischen, austrainierten Schwergewichtler. Dabei hatte man den Eindruck gewinnen können, sobald das Spiel über einen kürzeren Zeitraum im Fluss war, hielten Zebras einigermaßen mit. Sie konnten das Aufbauspiel der Kaiserslautern stören. Sie kamen sogar in den Strafraum. Präzise Torchancen ergaben sich daraus nicht, alleine Bröker-Kopfbälle aus nicht klar herausgespielten Situationen und aus Standardsituationen heraus machten leichte Hoffnung.

Sind es also nur die berühmten individuellen Fehler gewesen, wegen denen das Spiel verloren ging? Wer darauf hofft, verkennt den Grund für diese Fehler. Die Fehler geschahen, weil der Handlungsdruck für die Zebras im Spiel so viel größer war als in der 3. Liga.  Die Sitten in dieser 2. Liga sind eben andere. Es geht in Zukunft nicht darum, Fehler durch konzentriertes Spiel zu vermeiden. Die gesamte Mannschaft, also, alle Spieler, müssen sehr viel schneller im Kopf werden. Viel zu oft handelten die Spieler noch so, als ob sie Zeit hätten, darauf zu hoffen, dass der Ball ins Aus springt, wenn er knapp neben der Linie aufkommt; als ob sie Zeit hätten, einen Pass zu überlegen; als ob sie Zeit hätten, langsame Bälle über mehrere Meter zu spielen. Diese Zeit gibt es nicht mehr. Ehe der Ball ins Aus springt, holt ihn sich ein Kaiserslauterner Spieler und hat ihn schon mehrere Meter in die Hälfte des MSV getrieben, ehe der Duisburger an der Seitenlinie sich überhaupt in Richtung eigenes Tor bewegt. In jeden langsam gespielten Ball sprintet ein Gegner dazwischen.

Wie viel höher der Druck auf die Spieler des MSV ist, lässt sich gut an Martin Dauschs Spiel im Mittelfeld ablesen. Wieviel Raum hatte er in der 3. Liga, um sich den Ball so zurecht zu legen, dass er immer wieder plötzlich antreten konnte, um Richtung Tor des Gegners zu ziehen. Diesen Raum hat er nicht mehr. Kann er den Ball nicht sofort verarbeiten, kommt er nicht sauber gepasst oder verspringt er ihm, kann er ihn zwar immer noch behaupten, er hat aber keine Zeit mehr die Bewegung nach vorne zu machen, die wir von ihm kennen. Er kann nur noch zur Seite spielen oder zurück. Es wird in den kommenden Wochen weniger um einzelne Fehler gehen, sondern um die Balance zwischen Handlungsschnelligkeit und Sicherheit. Die hinzubekommen wird schwer, das ist aber natürlich machbar.

Für dieses Ziel war es auch gut, dass dem MSV noch ein Tor durch Branimir Bajic nach einem Eckball in der 81. Minute gelang. Viel geschah Anfang der zweiten Halbzeit zunächst nicht. Der MSV bemühte sich zwar aus einer etwas stärkeren Defensive heraus noch ein Tor zu erzielen, gute Chancen ergaben sich allerdings nur nach Standardsituationen. Die Kaiserslauterner hielten sich nun merklich zurück, und ab der 70. Minute ungefähr begannen die Bemühungen des MSV sogar Wirkung zu zeigen. Es wirkte ein wenig so, als hätten wir alle uns entschlossen ungeachtet des Ergebnisses noch einmal von vorne anzufangen. Das Publikum war wieder mächtig da. Das Spiel befand sich in einem Gleichgewicht der Kräfte und wenn man das alles zusammen nimmt, fiel das Bajic-Tor sogar als ein Restspielzeit-Führungstreffer. Das eine Ziel wurde damit erreicht. Die Hoffnung auf den erfolgreichen Verlauf der Zweitligasaison war im Spiel selbst, in der Niederlage wieder lebendig geworden.

Der 1. FC Kaiserslautern kann die Saison übrigens entspannt angehen. Einer von zwei direkten Aufstiegsplätzen ist schon mal belegt. Vor zwei Jahren hatte der MSV im ersten Spiel der neuen Liga einen ähnlichen Start in die Saison. Das Stadion war voll, zunächst sah es so aus, als könne die Mannschaft nach vorne gut mitspielen. Der Gegner aber konterte gnadenlos und bestrafte Ballverluste in der Vorwärtsbewegung. Dieser Gegner hieß 1. FC Heidenheim. Wer stieg damals nochmal auf?

Saisonabschluss Teil 3 – Die 10 Momente der Drittligazeit, an die mich sofort erinnere

Jede Erinnerung wirkt wie ein neues Erleben. Deshalb sind Erinnerungen mit großer Vorsicht zu genießen. Manches wird dann beim Erinnern hinzugefügt, anderes weggelassen. Erinnerungen sind von Stimmungen abhängig, von dem Geschehen der Gegenwart. So kommt es zu unterschiedlichen Erinnerungen der Menschen an das, was sie erlebt haben. Welche zehn Momente fallen euch als erstes ein, wenn ihr an die letzten zwei Spielzeiten denkt? Natürlich fallen einem eher wichtige, schöne oder begeisternde Momente ein. Doch nicht bei jedem wird das so sein. Sicher ist nur, die zehn Momente sind persönliche Momente, weil die eigene Erinnerung sie – aus welchen Gründen auch immer – hervorgeholt hat.
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  1. Michael Gardawski köpft am vorletzten Spieltag zum Ausgleich im entscheidenden Spiel um Platz 2 gegen Holstein Kiel und gibt den Auftakt für sieben Minuten, in denen der Siegeswille von Holstein Kiel zerbröselt wird. (Update: Und schon werde ich darauf hingewiesen, dass natürlich Enis Hajri den Ausgleich erzielt hat und Gardawski die Führung. Ich musste natürlich selbst erstmal beweisen, dass es stimmt, was ich als Einleitung über die Erinnerung gesagt habe.)
  2. Michael Gardawski schießt im Spiel gegen Hansa Rostock, am 31. Spieltag dieser Saison, in der letzten Spielsituation gegen Hansa Rostock freistehend am Tor vorbei. Der Sieg vergeben, es bleibt das Unentschieden. Die Zweifel am Aufstieg sind wieder da.
  3. Im wilden Spiel gegen den 1. FC Heidenheim als erstem Heimspiel in der 3. Liga kennen sich die Spieler gerade erst seit ein paar Tagen. Sie haben ihren Einsatzwillen und das Grundvertrauen eines jeden Fußballers in die Entwicklungsmöglichkeiten eines Spiels. Eine Zusatzdosis Adrenalin ersetzt in großen Teilen taktisches Verhalten. Etwas mehr als 18.000 Zuschauer wollen dabei nicht hinten anstehen, geben wie die Spieler alles und machen auf den Rängen ein Höllenspektakel. Die 1:0-Niederlage verhindert das nicht.
  4. Im Spiel gegen Energie Cottbus, am 33. Spieltag, jagt Martin Dausch auf Torsten Mattuschka in der 8. Minute so zu, dass es aussieht, als befände sich Mattuschka in einem Film, der mit deutlich geringerem Tempo abgespielt wird. Martin Dausch nimmt ihm den Ball ab, zieht Richtung Strafraum, flankt und Kingsley Onuegbu köpft zum Führungstor ein.
  5. Der Heimsig gegen RB Leipzig durch ein Tor von Kingsley Onuegbu kurz vor dem Abpfiff und dem explosionsartigen Jubel im Stadion.
  6. Nicht eine bestimmte Spielsituation habe ich vor Augen, sondern zwei Defensivaktionen, die in dieser Saison öfter zu sehen waren. Zum einen schließt Thomas Meißner mit einem kurzen Schritt zur Seite freien Raum und scheint dann einfach nur dazustehen, um dem Offensivspieler unspektakulär und souverän den Ball abzunehmen. Zum anderen macht Branimir Bajic freien Raum zu, indem er aus dem Zentrum auf die halben Flügel sprintet und spektakulär grätscht.
  7. Die Grätschen von Sascha Dum in der ersten Drittligasaison, wenn er einen Meter hinter seinem Gegenspieler ansetzt, dann am Gegenspieler samt Ball vorbeirutscht und schon wieder steht, um mit dem Ball in die Gegenrichtung zu gehen.
  8. Das Halbfinale im Niederrheinpokal gegen Rot-Weiss Essen. „Championsleague kann jeder“. Wir, auf den Rängen retten uns die Saison.
  9. Michael Ratajczak hält im Spiel gegen Rot-Weiß Erfurt einen Elfmeter und sichert die 1:0-Führung.
  10. Beim Auswärtsspiel gegen Arminia Bielefeld dieser Saison erzielt Zlatko Janjic ein Freistoß-Tor zur 2:0-Führung aus etwa 30 Meter, weil die Zwei-Mann-Mauer sehr viel mehr auseinander als hoch springt. Verloren wird das Spiel dennoch.

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Saisonabschluss Teil 2 – Das Heimspiel mit der langen Anreise

Leicht fällt 2015-05_einlaufes, von anderen etwas zu fordern, was einem selbst schwer von der Hand geht. Noch einmal etwas Gutes schaffen, wenn das eigentliche Ziel schon erreicht ist, ist ein Beispiel dafür. Die einen sollten Fußball spielen und gewinnen, was nur teilweise gelang. Nun will ich noch schreiben über diese Auswärtsniederlage, die wenig Gewicht hat, bei all der Freude über den Aufstieg. Es geht um Konzentration, um eine Aufgabe gut zu erledigen, deren Bedeutung sich bei genauem Hinsehen auflöst.

Die innere Einstellung lässt sich nicht leicht so hinbiegen, wie man sie haben will, so sehr wir uns alle anstrengen – die Fußballer des MSV Duisburg und ich. Das Auswärtsspiel beim SV Wehen Wiesbaden war ein Heimspiel mit langer Anreise. Von 9000 Zuschauern im Stadion kamen 8000, um den Aufsteiger MSV Duisburg zu feiern. Blau-weiß war nicht nur der Gästeblock hinter dem Tor, auch die Geraden, die eine zur Hälfte und die andere komplett, gehörten dem MSV Duisburg. Die Stimmung auf den Rängen war ausgelassen. Sie wurde befeuert durch Spieler in Aufstiegslaune, die mit mehr blau als blauweiß gefärbten Haaren zum Aufwärmen aufliefen. Nur die Bärte von Zlatko Janjic und Sascha Dum kamen farblich perfekt in weiß und blau zur Geltung. Ich wollte mich überraschen lassen, welche Auswirkungen das Feiern zu Beginn der Woche auf das Spiel haben würde.

2015-05_janjicNachteile im Fernduell mit Armina Bielefeld um die Meisterschaft waren nicht zu erwarten, feierten beide Mannschaften doch auf Mallorca sogar gemeinsam den fest stehenden Aufstieg. Doch als ich die Mannschaftsaufstellung sah, vermutete ich bestimmt nicht als einziger, mit dieser bis auf Branimir Bajic neu zusammengestellten Defensive würde ein Tor für einen Sieg nicht reichen. Außerdem erwartete ich ohne Martin Dausch wenig Dynamik beim Spiel nach vorne. Deshalb überraschte mich, wie druckvoll der MSV  die ersten zehn Minuten des Spiels anging. Die Mannschaft verkörpert inzwischen in jeder Besetzung den Geist des Aufstiegs. Wer so auftritt, weiß um die eigene Stärke. Nach vorne ging es schnell. Der Ball sollte rein in dieses Tor vom SV Wehen Wiesbaden. Die Wiesbadener Offensivversuche waren mit einer Ausnahme kurz nach Spielbeginn souverän unterbunden worden.

2015-05_bajicDu warst zu vorschnell, das sieht gut aus“,  so was Ähnliches ging mir durch den Kopf, als etwa in der zehnten Minute ein langer Wiesbadener Ball erneut abgefangen wurde. Halbherzig liefen die Wiesbadener die Duisburger Defensivspieler an, und gerade holte Christopher Schorch aus, um den Ball nach vorne zu schlagen. Stattdessen aber spielte er ihn punktgenau als etwas schwierig zu kontrollierenden Pass auf einen Wiesbadener Mittelfeldspieler. Besser hätten viele Stürmer als klassische Wandspieler den Konter auch nicht eingeleitet. Ich weiß nicht mehr, ob der Wiesbadener Spieler selbst am Flügel entlang marschierte oder einen Mitspieler schickte. Bilderbuchmäßig, sagt der Sportreporter gerne, wenn er von solch einem Konter spricht. Die Flanke kam, und weil Christopher Schorch den Wiesbadener Spieler im Sturmzentrum gut begleitete, übernahm er für ihn höflicherweise den Torschuss. Gelungenes Dreiecksspiel. Es stand 1:0, und ich merkte, ganz so egal war mir das Ergebnis doch nicht.

Ich kann dagegen nichts machen. Egal in welcher Sportart bei welchem Wettbewerb ich gerade unterwegs bin, egal ob ich selbst aktiv bin oder ob ich nur zuschaue, ich will, dass „meine“ Mannschaft gewinnt. Ich beginne mich zu ärgern, wenn Pässe nicht ankommen. Mich beschleicht Missmut, wenn ein Torschuss wieder daneben geht. Ich begann um meine Aufstiegsparty-Stimmung zu kämpfen. Dabei kam es mir zugute, dass neben mir zufällig ein alter Schulfreund saß. Vor dem Spiel gegen Kiel sind wir uns das erste Mal nach mehr als  30 Jahren über den Weg gelaufen, beim Auswärtsspiel gegen Wiesbaden schon wieder. Ein Zufall, der viel über die Zeit seit der Lizenzverweigerung erzählt. Denn im Netz tauschten wir uns schon seit dem Sommer 2013 wieder aus. So viele Anhänger des MSV Duisburg haben sich in den letzten zwei Jahren näher kennen gelernt, sind sich nach langer Zeit wieder begegnet und sind durch den Fußball beim MSV Duisburg in einem Kontakt, der über den Fußball hinaus wirkt.

2015-05_nach_1Mit der Führung der Wiesbadener verlor das Spiel des MSV Duisburg den kontinuierlichen Druck. Es gab noch zwei, drei Chancen zum Ausgleich. Die größte Chance in der ersten Halbzeit vergab Zlatko Janjic, der schön frei gespielt, halblinks alleine aufs Wiesbadener Tor zulief und sich anscheinend nicht recht entscheiden konnte, ob er schlenzen oder hart schießen sollte. Die Mischung macht´s, heißt es ja gern; in dem Fall machte sie es dem Torwart einfach, den Schuss zu halten.

2015-05_nach_2Die Chancen der Wiesbadener waren klarer, und nach meinem Gefühl waren es auch mehr. Gezählt habe ich sie nicht, und Gefühle können trügen. Sicher bin ich mir aber, dass sich zu Beginn der zweiten Halbzeit an meiner kaum vorhandenen Zuversicht auf den Ausgleichstreffer nichts änderte. Erst als als um die 55. Minute herum Kevin Scheidhauer, Martin Dausch und etwas später Michael Gardawski eingewechselt wurden, entwickelte die Mannschaft noch einmal Zug zum Wiesbadener Tor. Die klare Chance gab es nicht mehr. Kevin Scheidhauer verzog einen recht offenen Schuss  an der Strafraumgrenze. Das war es aber auch.

2015-05_nach_3Die Spieler hatten sich ohne Zweifel angestrengt. Während des Spiels war zu sehen, wie sie sich ärgerten über vergebene Chancen, über Fehler im Zusammenspiel, über slapstickartiges Zusammenprallen, wenn sie sich gegenseitig in den Weg liefen. Dann war die Pflicht erfüllt. Das letzte Spiel der Saison endete mit einer 1:0-Niederlage. An der guten Stimmung auf den Rängen hatte der Rückstand ohnehin nichts geändert. Das Spielfeld war in kurzer Zeit ins Blau der Aufstiegsshirts und in das Blau-Weiß von Schals und Trikots getaucht. Begeisterung gab es letzte Woche. Dieses Mal sah es mehr nach Spaß und Freude aus.

Noch einmal stieg die Mannschaft auf die Tribüne und feierte gemeinsam mit all denen, die ihren Platz auf dem Spielfeld eingenommen hatten. Noch einmal wurde versucht, die Ordnung aufrecht zu erhalten, indem die Anhänger der Zebras zurück auf ihre Plätze gebeten wurden. Noch einmal war das ein vergebliches Unterfangen. Und dieses Mal wurde gemeinsam gefeiert – ein Bild, das wir auch letzte Woche in Duisburg gern gesehen hätten. 2015-05_nach_4Die Wiesbadener Anhänger brauchten den Schutz der Polizeikette nicht. Wer immer auch vor den Wiesbadener Block lief, wollte ein Zeichen setzen – am Ende einer Saison sind wir alle eins, Menschen mit Spaß am Fußball und mit Einsatz für ihren Verein.

In Worten, Bild und Ton – Der MSV ist wieder da

auto_aufstiegVerdrängen oder intensiv bearbeiten – zwei Möglichkeiten, die das Leben bietet, um mit belastenden Erfahrungen umzugehen. Dabei hat das Verdängen nicht den besten Ruf bei den Lebenshilfe-Profis. Doch seitdem am Samstag das Spiel des MSV Duisburg gegen Holstein Kiel abgepfiffen wurde, arbeitet in mir anscheinend einiges daran, die Vergangenheit zu verdrängen. Anscheinend möchte ich mit einem Schlag jeden Fußball der 3. Liga vergesssen. Vielleicht habe ich auch mit dem Schreiben hier in den letzten zwei Jahren  genug bearbeitet von dem, was die Meldung vom Zwangsabstieg und dessen Folgen uns an unangenehmen Gefühlen bereitet hat. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, seitdem mit dem 3:1-Sieg des MSV der Aufstieg der Mannschaft in die Zweite Liga feststeht, fällt es mir schwer, mich an etwas anderes als an Jubeln und Begeisterung zu erinnern, geschweige denn dass ich über etwas anderes schreiben möchte. Denn dieses Schreiben hieße die Vergangenheit der 3. Liga noch einmal zum Leben erwecken.

Ich sehe einen leeren Rasen im ausverkauften Stadion. Das Spiel findet auf den Rängen statt. Dreimal wissen wir alle nicht wohin mit unserer Freude. Schemenhaft tauchen in diesen Momenten sogar blauweiß gestreifte Fußballspieler auf, die mitjubeln. Die erzielten Tore sind uns so selbstverständlich wie das Atmen. Auch darüber verlieren wir nur selten Worte. Dann wieder sehe ich sofort den Strom der Menschen auf das Spielfeld nach dem Abpfiff. Ich sehe irrwitziges Mienenspiel, ungelenkes Hüpfen und glücksvergessenes Tanzen. Ich höre unverständliches Stammeln und gegrölte Sätze, die Liedtexte sein sollen. Ich sehe Umarmungen, gezückte Handys, die ununterbrochen mitfilmen und mitfotografieren, was gerade geschieht. Sie nehmen Jauchzen und Schreien auf, komische Laute, die pures Glück sind. Raus, raus, raus, immerzu nur raus mit diesen ganzen überschwänglichen Gefühlen. Raus mit diesem Glück. Der MSV Duisburg ist der Grund. Der MSV ist wieder da, von der Elbe bis zur Isar, 2. Liga, wunderbar.

geschaeft_geschlossenAll das ist die Gegenwart meines Erinnerns. Alles andere ist in dieser Gegenwart schon die Vergangenheit der 3. Liga. Unwichtig geworden. Durchgangsstation. Allenfalls möchte mich ich noch an die erwartungsvolle Stimmung vor dem Spiel erinnern. In der Stadt machte sich wie im Juni 2013 die Bedeutung des Vereins bemerkbar. Nach zwei Jahren geschah das unter ganz anderen Vorzeichen. Wieviel Arbeit auf allen Ebenen steckte dahinter. Welche anders gelagerte Hoffnung konnte sich an diesem Tag zeigen. So früh waren die meisten von uns am Stadion. So früh waren die Stehplätze voll. So laut wie schon lange nicht mehr in diesem Stadion walzte ein Lied schon eine Stunde vor dem Anpfiff über den Rasen: „Werdet zur Legende, kämpfen ohne Ende für die Zweite Liga. EM – ES – VAU!“

Vielleicht ist dieses Fußballspiel aber auch verblasst, weil ich mir des Sieges so sicher war. Wenn ich vom Spiel sprach, erwahnte ich der Pflicht halber noch das Unentschieden als mögliches Ergebnis, das dem MSV auch noch alles offen hielt. Aber das Auftreten der Mannschaft in den letzten Spielen versprach etwas anderes. Diese Spieler hatten sich zu einem Spitzenteam gefunden. Wann haben wir in Duisburg, dieses Wort „Spitzenteam“ einmal ausgesprochen? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Mannschaften der Zweitligaaufstiegsjahre ein derart großes Selbstbewusstsein ausgestrahlt haben. Wie sehr haben meine Freunde und ich uns in den letzten Jahren eine Mannschaft gewünscht, die das Spiel bestimmt und die ein Rückstand nicht aus der Bahn wirft.

traktor_fansIn den letzten Wochen der Saison konnten wir so eine Mannschaft erleben. Als ob es eines letzten Beweises bedurft hätte, geriet diese Mannschaft in dem entscheidenden Spiel gegen Holstein Kiel tatsächlich nach zehn Minuten in Rückstand. Michael Ratajczak hätte den scharf geschossenen Freistoß normalerweise halten können. Leicht war das nicht, aber auch nicht zu schwierig. Mannschaft und Zuschauer hatten etwas zu verdauen. Für meine Siegesgewissheit kam das Tor früh genug. Viel Zeit blieb, um das Spiel zu drehen. Denn eigentlich bestimmte der MSV in dem Moment dieses Spiel vollkommen. Von Anfang an drang die Mannschaft energisch auf ein Tor. Früh wurden die Kieler angegangen. Aggressiv gingen die Zebras in die Zweikämpfe. Um jeden Ball wurde intensiv gerungen. Jedem Ball wurde nachgegangen, selbst wenn die Chance ihn vor dem Aus zu retten noch so klein war.

Etwa zehn Minuten später war zu merken, der Druck des Anfangs auf das Kieler Tor war wieder vorhanden. Dieses Mal trieb Martin Dausch den Ball nach vorne. Die ganze Kieler Defensive zog er bei diesem beeindruckenden Antritt auf sich, um im perfekten Moment auf den frei gewordenen rechten Flügel zu spielen, wo Enis Hajri nachgerückt war und nun alleine auf das Kieler Tor zumaschieren konnte. Wer im Fußball gerne „ausgerechnet“ sagt, durfte das wieder machen. Ausgerechnet Hajri, den wir in Duisburg nicht als einen der ballsichersten Spieler kennengelernt hatten. Doch alleine aufs Tor zugehen ist etwas anderes als im defensiven Mittelfeld früh gepresst zu werden. Alleine behielt er die Nerven und verwandelte zum Ausgleich.

Begeisterung, die erste. Viel Zeit sich zu beruhigen blieb nicht. Der MSV fing den Angriffsversuch nach dem Wiederanstoß ab. Kingsley Onuegbu erhielt den Ball auf dem linken Flügel und trieb ihn nicht allzu schnell, aber wie in einem Hochsicherheitstrakt abgeschirmt Richtung Torauslinie der Kieler. Waren es vier, fünf, sechs Kieler, die er stehen ließ? Ich weiß es nicht mehr. Jedenfalls erwarteten wir zweimal den Pass in die Mitte, und er ging einfach immer weiter unbeirrt Richtung Kieler Torauslinie. Dort zog er leicht nach innen, flankte genau, und der völlig frei stehende Michael Gardawski nickte per Kopf ein.

Begeisterung, die zweite. Viel Zeit sich zu beruhigen blieb nicht – wenn auch etwas mehr als nach dem Ausgleich. Wir alle spürten, nicht nur auf den Rängen wollte jeder die noch sicherere Führung. Auch die Mannschaft drängte weiter, als ob die Kieler Sparringspartner waren. Doch es war ernst. Es ging um den direkten Aufstieg. Der MSV spielte gegen eine Mannschaft, die in diesem Jahr noch nicht verloren hatte, eine Mannschaft, die viele ihrer Tore in den letzten Minuten erzielte, eine Mannschaft, die sich nicht aufgab. Deshalb war ein drittes Tor kein so schlechter Gedanke. Sechs Minuten dauerte es dieses Mal. Einwurf am linken Flügel durch Kevin Wolze, schneller Rückpass auf ihn, Flanke und dieses Mal macht Michael Gardawski das Tor mit dem Fuß.

12_mannAus Begeisterung wird Ekstase. So ließ sich der Rest des Spiels beruhigt angehen. Der Siegeswille der Kieler war zerbröselt. Kurz lebte er zu Beginn der zweiten Halbzeit noch einmal auf. Was auch daran lag, dass sich der MSV wie gewohnt zu sehr zurückzog und den Kielern die Initiative überließ. Doch in dem Spiel verließ sich der MSV nicht alleine darauf, dass aus dieser tiefer stehenden Defensive irgendwann mal ein Konter gelingt. In dem Spiel begann die Mannschaft nach etwa zehn Minuten der zweiten Halbzeit wieder höher zu verteidigen und vorbei war es mit dem Kieler Druck. Harmlos blieb die Mannschaft. Souverän sicherte der MSV bis zum Abpfiff den Vorsprung. Die bekannte Stärke der Kieler in der Schlussphase kam in Duisburg nicht zum Tragen.

Na, ein paar Erinnerungen an das eigentliche Spiel habe ich ja doch noch hervorkramen können. Manchmal muss man sich selbst ein wenig überlisten, dann klappt das auch mit den Bildern der Vergangenheit. Die Lebenshilfe-Profis nennen das dann Erinnerungsarbeit. Je intensiver diese Arbeit, desto freier für das Neue, Unbelastete, für die Begeisterung, für den Jubel, für die Zweite Liga. Der MSV ist wieder da.

Und nun wieder Begeisterung pur: Die sieben Minuten Übermacht MSV Duisburg mit dem sich überschlagenden Kommentar von ZebraFM – Großartig.

Fast ohne Worte – Der MSV ist wieder da

Wie oft werden wir die Geschichten dieses Tages noch erzählen müssen, damit wir das Gefühl haben, nun endlich hätten wir es wirklich geschafft? Wir hätten endlich ganz genaue Wörter gefunden, sie zu Worten gemacht und hätten nun so genau wie möglich beschrieben, wie es sich angefühlt hat in all den fantastischen Momenten dieses Tages, als der MSV Duisburg mit einem 3:1-Sieg gegen Holstein Kiel den Aufstieg besiegelte.

Es war ja nicht nur das Glück beim Schlusspfiff. Es war die sich steigernde Begeisterung, als innerhalb von sieben Minuten der Kieler Siegeswille zerbröselt wurde. Es war diese so klar erkennbare Bedeutung, die der MSV Duisburg an diesem Tag für die Stadt hatte. Es war die erwartungsvolle Spannung auf der Hinfahrt zum Stadion mit all ihren zufälligen Begegnungen zwischen Anhängern dieses MSV Duisburg, die aus ganz Deutschland nach Duisburg gekommen waren. Es ist die anhaltende Freude.

Ein paar Mal werde ich es noch erzählen müssen. Bis dahin sprechen erst einmal die Bilder.

Endspielbereit bei bestmöglicher Grundlage

Was wie der typische Parkplatz von einem der vielen Toys-Dingenskirchens Deutschlands aussieht, ist in Wirklicheit der inoffizielle Autobahnhof nahe der A3, Abfahrt Köln-Dellbrück. Die Disponenten der privaten Zebraverkehrsbetriebe hatten am Sonntag eine Verbindung von Bergheim nach Erfurt eingerichtet mit Zwischenstopp an diesem Zu- und Umsteigeplatz. Die wollte ich um etwa 8.30 Uhr nehmen. Der MSV Duisburg spielte bei Rot-Weiß Erfurt. Aber sonntags auf diesem menschenleeren Platz im Nirgendwo an der Bergisch-Gladbacher Straße einen Tag lang ein Fahrrad abzustellen, schien mir kein guter Gedanke. Präsentationsfläche und Mitnahmemarkt klangen mir ununterbrochen im Ohr.

So rollte ich auf der Suche  nach einem einigermaßen sicheren Abstellplatz auf dem benachbarten REWE-Parkplatz ein. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich drei junge Männer an einem Auto und im selben Moment wurde ich mit „allez, allez MSV“ begrüßt, und, klar, fragt einer mit Wurzeln im Pott sofort trocken, ob ich meine, mit dem Fahrrad noch bis zum Anpfiff nach Erfurt zu kommen? Das klang nach Heimat. Wenn wir Anhänger des MSV Duisburg uns mit einer zweiten Direktverbindung Köln-Erfurt schon frühmorgens auf der Schäl Sick als Massenbewegung fühlen konnten, ließ das noch sehr viel mehr heimatliche Begegnungen in Erfurt erwarten, Wenig später hatte ich meinen Abstellplatz gefunden, die Fahrt konnte beginnen und all die Autos mit Zebrafans, denen wir auf dem Weg begegneten, steigerte die Vorfreude auf das Spiel.

Keine Frage, der Verkehrsstrom nach Erfurt zeigte, zur Rückkehr in die Zweite Liga war nicht nur die Mannschaft entschlossen. Anspannung spürte ich nicht. Seit einiger Zeit bin ich mir vor den Spielen sicher, das Vorhaben Aufstieg wird gelingen. Seit einiger Zeit bange ich aber auch um diese Sicherheit in den Spielen selbst immer wieder. Ich hoffte, auf eine schnelle sichere Führung, damit meine Nerven dieses Mal geschont blieben. Der MSV tat mir zunächst den Gefallen. Welch druckvolle erste Minuten zeigte die Mannschaft. Sie wollte dieses frühe Tor auch. Den Erfurtern blieb kaum Zeit, sich mit Ball und Spiel vertraut zu machen. Sie stopften Löcher und das meist vergebens. Eine Großchance vergab Kevin Scheidhauer mit einem halbgaren Schuss weit über das Tor. Kurz danach kam er er erneut zum Abschluss. Der Ball war sehr viel schwieriger zu nehmen, kam dafür aber auch genau aufs Tor. Der Erfurter Torwart klärte. Das 1:0 schien eine Frage der Zeit zu sein. Kingsley Onuegbu erzielte dann dieses Tor schon in der elften Minute und machte es zu einer Art persönlicher Leistungsschau. Der halbhohe Pass kam in seinen Lauf. Die perfekte Annahme, zusammen mit dem gleichzeitig an ihm abprallenden und niedersinkenden Abwehrspieler plus Torschuss bei leichter Verdrehung des Körpers gegen die eigentliche Laufrichtung, all das zusammen wirkte wie die Essenz seines Spiels. Großartig.

Weil die Erfurter alles in allem in der Offensive vollkommen harmlos blieben, selbst wenn sie das Mittelfeld einmal schnell überspielt bekamen, machte ich mir keine Sorgen. Einen steilen Pass allerdings brachten sie an den Strafraum. Der Erfurter Spieler kam ins Straucheln. Steffen Bohl war bei ihm und konnte nicht verhindern, dass dieses Straucheln zum Rutschen in den Strafraum wurde. Der Schiedsrichter überlegte einige Zeit, welche Zusammenhänge es gab und musste irgendetwas entscheiden. Da nahm er der Einfachheit halber den Elfmeter. So ungefähr sah der Verlauf dieser Spielszene aus. Beunruhigt hat mich dieser Elfmeter nicht. Wenn der Ausgleich fiele, war es für mich nur eine Frage der Zeit, bis der MSV erneut in Führung ginge. Es kam aber noch besser. Michael Ratajczak hielt den zentral geschossenen Ball. Der MSV führte weiter. Nun konnte die Mannschaft ohne Druck das zweite Tor nachlegen, so dachte ich. Doch weit gefehlt.

Vielleicht war die Erleichterung der Spieler über den gehaltenen Elfmeter zu groß? Vielleicht war kurz die Sorge aufgeblitzt trotz Überlegenheit könne doch etwas schief gehen? Aus der Sorge ergab sich vielleicht Vorsicht? Der MSV ließ die Erfurter jedenfalls mehr ins Spiel kommen. Passte die Erfurter den Ball im Mittelfeld quer, wurde einen Moment früher als in der Anfangsphase beim Anlaufen abgedreht. Eigene Pässe wurden überhastet aus gefährlichen Zonen gespielt. Es gab Momente des Spiels, in denen ein oder zwei Minuten von beiden Mannschaften Fehler auf Fehler geschahen, und Ballkontrolle die Eigenschaft einer anderen Sportart zu sein schien.

Da war es also wieder geschehen. Die Mannschaft und ich hatten unsere Sicherheit im Spiel verloren. Bei mir führt das inzwischen zu einer übersteigerten Bedrohungswahrnehmung. Je länger das Spielgeschehen offen wirkt, desto gefährlicher nehme ich jede Bewegung Richtung Tor des MSV Duisburg wahr. Gelangt ein Ball gar in den Strafraum falle ich in Schockstarre, die sich in Übersprunghandlungen löst. Meine Stadionnachbarn haben blaue Flecken auf den Rücken, anderen habe ich die Schultern mit meinem Angstsschweiß getränkt. Ein Lob den geduldigen Menschen, die mich durch ein Spiel begleiten.

Nach der Halbzeitpause kämpfte der MSV sehr darum, das Spiel wieder an sich zu reißen. Mit aller Kraft wollte die Mannschaft verhindern, dass die Erfurter noch druckvoller wurden. Das Spiel wirkte wahrscheinlich gerade wegen dieser Anstrengung nicht richtig flüssig, Der Mannschaft war es aber gelungen, die Ballkontrolle wieder zum Wort der Fußballersprache zu machen. Erneut ließen sich aber einzelne Pässe in die Schnittstellen der Defensive nicht verhindern. Michael Ratajczak stellte zwei Mal im eins gegen eins die Erfurter Stürmer und verhinderte den Ausgleich. Branimir Bajic klärte immer wieder souverän. Auch der MSV hatte seine Chancen. Kevin Wolze hob einen Freistoß knapp außerhalb des Strafraus  gefühlvoll über die Mauer. Der Ball ging an die Latte. Ein Kopfball von Steffen Bohl wurde auf der Linie geklärt. Meine Nervosität wuchs. So dringlich hoffte ich auf das erlösende zweite Tor.

Der King leitete dieses Tor ein. Wahrscheinlich wird der Erfurter Defensivmann niemals mehr glauben, er könne an seiner rechten Außenlinie in Ruhe den Ball nach vorne bringen, nur weil ein potientiell anlaufender Stürmer sich gerade in der Mitte befindet. Kühl wollte er sein, seine Automatismen abrufen. Doch dann kam der King. Wenn er als erster Mann der Defensive sprintet, sieht das nicht sehr schnell aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er einem Defensivspieler den Ball abjagen soll. Er soll den aufbauende Spieler irritieren, ihn zwingen, unpräzise abzuspielen. Doch offensichtlich hatte der Erfurter Spieler den King unterschätzt. Weniger sein Tempo als seinen Einsatzwillen. Er scheint nicht geglaubt zu haben, der King könne ernst machen. Mit einem Mal stocherte der ihm schon zwischen den Beinen  herum, und der Ball war erobert. Der schnelle Pass auf den heransprintenden Martin Dausch folgte. Der trieb ihn weiter Richtung Strafraum. Die Flanke kam wunderbar auf den mitsprintenden Zlatko Janjic und weil der in Dresden die Generalprobe für dieses Tor vermasselte, klappte die Erfurter Premiere um so besser. Was für eine Erleichterung. Das war der Sieg. Daran bestand kein Zweifel. Die bestmögliche Grundlage für das Endspiel um Platz 2 am nächsten Samstag war geschafft. Meinen Stehplatzkumpeln rate ich schon jetzt zu Schulterpolstern und Rückenpanzern.

Wenig Worte – viele Fotos

Nach dem 2:0-Sieg gegen Rot-Weiß Erfurt muss ich es anders machen als nach dem Auswärtssieg gegen Dresden. Erst kommen die Fotos und später meine Worte zum Spiel. So ganz habe ich noch nicht zurück gefunden zur Stimmung, die für das Schreiben nötig ist. Ich bin ein wenig erschöpft – sowohl von der Siegesfreude als auch von meiner leichten Nervositätshysterie, die ab etwa der 30. Minute bis zum Moment des zweiten Tores trotz aller zuversichtlichen Konzentriertheit des Morgens bei mir ausgebrochen war. Die Autofahrt als weiterer Grund nicht zu vergessen, mit einem herausfordernden Stau bei Leverkusen kurz vor dem Ziel. Ich lass also erstmal Bilder sprechen und erhole mich weiter. Samstag, so viel ist gewiss, wird alle Kraft wieder nötig sein.


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