Gute Laune und der MSV haben sich gerade eine Paar-Auszeit genommen. Die On-Off-Beziehung von beiden kennen wir ja schon länger. Aber manchmal kommt das doch wieder unerwartet. Erneut der Abstand, um zu sich selbst zu finden. Schon wieder Zeit für Treffen mit Freundinnen und Freunden, die einen verstehen. Schon wieder intensive Beziehungsgespräche. Das dauert dann bei so einer Therapiesitzung vulgo Pressekonferenz auch länger als die üblichen 15 bis 20 Minuten.
Eines lässt sich vorab feststellen. Die Verantwortlichen beim MSV wissen um die brisante Stimmung unter den Anhängern und sie versuchen darauf zu reagieren. Sie nehmen die Fans ernst. Deshalb war Ivo Grlic an der Seite von Pavel Dotchev bei der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die Würzburger Kickers. Jeder scharfe Kritiker der Verantwortllichen müsste darüber zufrieden sein. Wenn diese Welt die beste aller Welten wäre, entspannte sich jetzt die Stimmung und wir könnten sachlich über Inhalte sprechen. Da sie es nicht ist, wird nur ein Sieg gegen Würzburg zur Entspannung führen.
Dabei hat Pavel Dotchev auf der Pressekonferenz eine grundsätzlichen Kritik an ihm entkräftigen können. Zu emotionslos wirkt er auf viele MSV-Fans. Diese Pressekonferenz sahen wir ihn von Anfang an in kämpferischer Stimmung. Wir können nur rückschließen, ob er in dieser kämpferischen Weise auch bei Ansprachen vor der Mannschaft motivierend wirken kann. Lethargisch ist er jedenfalls nicht. Auch Ivo Grlic hat seine Sache grundsätzlich gut gemacht. Nicht oft wirkt er zuletzt bei angespannter Stimmung um den Verein so souverän wie in diesem Fall.
Allerdings wurde er auch nichts gefragt, was seine Arbeit als Sportdirektor konkret in Frage gestellt hätte. Ganz allgemein gefragt, ob er irgendwas falsch bei der Vorbereitung gemacht haben, wird jeder etwas erfahrende Mensch antworten, niemand könne immer alles richtig machen. Was soll man da schon anderes sagen? Und Corona war für ihn ein sicheres Terrain, weil alle geimpft sind, Hyginiemaßnahmen eingehalten werden und Infektionen nun einmal dennoch geschehen können. Wer diese Corona-Infektionen beim MSV zum Anlass nahm, die Arbeit dort zu kritisieren, folgt dem Irrglauben dieser Gesellschaft, das Schicksal komplett kontrollieren zu können. Deshalb braucht diese Gesellschaft immer Schuldige. Das erleichtert die Hoffnung, man selbst werde niemals von Leid betroffen sein.
Zurück zur PK. Machmal bringt mich dieses Starren auf die emotionalen Seiten des Fußballs zum Verzweifeln. So sehr bewegte sich das Sprechen immer wieder hin zur Psyche. Wie niedergeschlagen sind alle gerade? Die eigene Mannschaft, der Gegner? Was haben Sie für die Stimmung gemacht? Und schon reden wir über Bauchgefühl und Küchenpsychologie. Pavel Dotchev machte mir die Möglichkeiten eines Vereins wie dem MSV unfreiwillig deutlich. Er hat mit Ivo überlegt, ob sie Szenen des Spiels aus Dortmund mit den Fehlern der Spieler noch einmal zeigen oder nicht. Beide entscheiden aufgrund eigener Erfahrungen. Die Unterhaltungsunternehmen Fußball der Oberklasse haben für solche Entscheidungen eine Abteilung Psychologie, in der basierend auf wissenschaftlichen Erkenntnissen Anleitungen gegeben werden, wie Spieler ihre Fehler konstruktiv verarbeiten. Wir sehen, dieses Wissen ist in einem Verein wie dem MSV zufällig vorhanden. Es fehlt einfach das Geld, um es dauerhaft im Verein zu speichern. Pavel Dotchev mag dennoch die richtige Entscheidung getroffen haben. Der nächste Trainer dann vielleicht nicht. Oder auch umgekehrt.
Nun haben wir dennoch auch Fakten rund um die Defensivabteilung erfahren. Wir haben bestätigt bekommen, dass Fehler geschehen und die möglichst nicht geschehen sollen. Wir haben von der Bedeutung von Marvin Bakalorz, Moritz Stoppelkamp und Aziz Bouhadouz erfahren. Wir haben immer wieder über einzelne Spieler gesprochen. Mich wundert, dass eine entscheidende Frage einfach nicht gestellte wurde. Wieso wirkt die Mannschaft so planlos in der Offensive? Das ist eigentlich die einzige Frage, die mich interessiert hätte. Die anderen Fragen konnte sich im Grunde jeder selbst beantworten.
Natürlich ist es wichtig, dass die Verantwortlichen das Offensichtliche auch selbst einordnen und Zeitungen dann darüber schreiben können. Aber manchmal träume ich davon, dass einmal ganz sachlich über den ominösen Matchplan gesprochen wird. An der Stelle lichtete sich kein Nebel. Aber es war ja auch eine Stimmungsreaktions-PK, und Stimmung beantwortet man mit Stimmung. Was gut gelungen ist. Die Menschen hinter dem Trainer und dem Sportdirektor wurden erkennbar. Mir ihrer Energie, die sie in der täglichen Arbeit aufbringen. Was vielleicht hilft. Sicher helfen 3 Punkte gegen Würzburg. Auch das habe ich deutlich als Botschaft von Pavel Dotchev gehört und ebenfalls zuvor schon gewusst.
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