Eins nach dem anderen. Das galt für viele Anhänger des MSV Duisburg am Freitag im Stadion nicht immer. Während unten auf dem Rasen die Mannschaft vom MSV Duisburg noch gegen den VfB Stuttgart II versuchte, ein Tor zu erzielen, galt der Fangesang auf den Rängen immer wieder bereits dem Pokalspiel am nächsten Dienstag gegen Rot-Weiss Essen. Verständlich war das, weil gerade in der ersten Halbzeit das Spiel wenig bot, was die Aufmerksamkeit von uns Zuschauern ausschließlich an die Gegenwart gebunden hätte.
Im Gegensatz zu den Zuschauern hatten die Spieler beider Mannschaften die alte Lebensweisheit nämlich zutiefst beherzigt – die Stuttgarter sehr viel offensichtlicher als die Zebras. Im Grunde aber spielten beide Mannschaften mit dem Gedanken, das eine, nämlich die Defensive, kommt zuerst, und dann kümmern wir uns um das andere, die Offensive. Weil die Stuttgarter keine Scheu hatten, diese Spielhaltung auf die Spitze zu treiben und dem MSV Duisburg den Ball meist überließen, war sie bei den Zebras nur versteckt in deren Angriffsbemühungen zu erkennen. Wer den Ball in Richtung gegnerisches Tor bewegt, wird schließlich automatisch unter der Rubrik Offensive wahrgenommen.
Ruhig und kontrolliert sollte das Stuttgarter Defensivbollwerk bearbeitet werden. In der ersten Halbzeit zu ruhig, um viele Chance zu kreieren. Denn in diesem Abwehrverband gab es so wenig Lücken, dass die Spieler des MSV sich hätten viel mehr bewegen müssen bei ihrem kontrollierten Spiel, um die Abwehrspieler auseinander zu ziehen. Ich deute es so: wer sicher gehen möchte, hält sich erst einmal zurück und hofft in der langen Zeit bis zum Abpfiff dennoch zur einen todsicheren Chance zu kommen. So eine vermehrte Bewegung bringt nämlich auch Unruhe in die eigene geordnetete Formation und macht die Mannschaft anfälliger beim möglichen schnellen Umschaltspiel des Gegners. Diese eine große Chance hat es dann auch gegeben. Doch wenn so eine einzige Chance dann nicht genutzt wird, siehe oben, bleibt nichts mehr für ein mögliches Tor. Nach einem steilen Pass von Phil Ofosu-Ayeh schoss Kingsley Onuegbu aus vollem Lauf, etwa drei Meter vor dem Tor, darüber.
Die bedächtige Spielweise war noch ein versteckter Hinweis auf Vorsicht bei den Zebras. Sehr viel deutlicher wurde es in der ersten Halbzeit bei genau solch einem Umschalten. Kurz hinter der Mittellinie eroberten die Zebras den Ball. Ein Angriff begann in Dreierformation gegen etwa sechs sich formierende Stuttgarter. Zaghaft nur rückte der Rest der Mannschaft nach. Ein großes Loch tat sich in genau jenem Moment auf, in dem der Rückpass auf die zweite Reihe hätte erfolgen müssen. Niemand war da. Drei Mann rannten sich in der Abwehrreihe fest.
Eins nach dem anderen bedeutete für den MSV aber auch, wenn es mit dem bedächtigen Spiell nicht klappt, versuchen wir es in der zweiten Halbzeit mit mehr Druck. Nun wurden beim Kurzpassspiel über die Flügel mehr Spieler eingebunden, die Laufbereitschaft war größer. Dennoch kam der MSV nicht einmal mehr zu einer Chance. Denn die Stuttgarter wollten noch mehr nur das eine. Es wurde immer dichter hinten, die Spieler ließen sich kaum noch aus ihrer gut funktionierenden Staffelung herauslocken. Um diese Staffelung zu überspielen hätte der MSV beim Spiel über Außen risikobereiter sein müssen. So wurde mit viel Aufwand die erste Verteidigungslinie überspielt, anschließend wären sie fast manchmal an der zweiten vorbei gewesen, doch dann folgte ein sicherer Rückpass, wenn der unsichere Steilpass nötig gewesen wäre. Eins nach dem anderen, eben.
Bessere Fähigkeiten beim Ball stoppen und präzisere Anspiele wären für so ein Kurzpassspiel zwar keine schlechten Voraussetzungen, aber auch für Spieler mit besseren technischen Fähigkeiten ist es in solchen Spielen schwierig, das Risiko abzuwägen, wie sehr sie den Druck aufs gegnerische Tor intensivieren können, ohne die Defensive zu entblößen. So ist es vielleicht doch keine schlechte Idee, das eine vor dem anderen im Blick zu halten, weil die sportlich Verantwortlichen um die Möglichkeiten und Anfällligkeiten dieser Mannschaft wissen. Schön anzusehen ist das nicht. Ganz zu schweigen davon, wenn bei dem Ganzen ein 0:0-Unentschieden als Ergebnis herauskommt. Gut, dass wir auf den Rängen dann ein wenig freier im Umgang mit den Notwendigkeiten sind und uns um das andere vor dem einen kümmern können.
Der Kürzest-Spielbericht vom SWR von circa 1.40 Minuten bedient sich mangels attraktiver Spielszenen einer Flut von O-Tönen. Was mir aber das schillernde Erlebnis beschert dem Mehmet Scholl aktiver Zeiten in der Person von Tobias Rathgeb vom VfB beim Interview wiederzubegegnen. Da morpht sich dessen Gesicht mir immer wieders ins Bewegtbild.
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