Eigentlich versprach ich, zu Ranisav Jovanović nichts mehr zu sagen. Denn schnell nervte mich dieser Epilog zu seinem Abgang, der gestern im Netz allerorten zu bemerken war, als das Reviersport-Interview mit ihm die Runde machte. Ich will mich nicht mit der Vergangenheit beschäftigen. Ich blicke nach vorne. Samstag beginnt die neue Saison. Ich will mich mit dem großartigen Niederrheinpokal beschäftigen, der, wie ich gestern erfuhr, ein zukunftsträchtiger Wettbewerb für die Zebras ist und ganz andere Sachen beschäftigen mich auch noch. Jovanović ist so was von vorbei und gehört zum Gestern. Soll er in Sandhausen doch absteigen und sich an dem auch für die 3. Liga gültigen Vertrag freuen.
Gleichzeitig denke ich, das darf doch nicht wahr sein und muss mein Versprechen brechen. Da möchte Thorsten Richter im Reviersport mal wieder mit ein bisschen Krawall die Leser anlocken und schon gibt es Verständnis für Jovanović unter einigen Anhängern des MSV Duisburg nach dem Motto, wenn er die Chance hat in Liga 2… Aber darum ging es gar nicht. Das ist nämlich unstrittig, dass er wechseln kann, wenn er meint, einen besseren Arbeitsplatz gefunden zu haben. Auch für Andreas Rüttgers war das keine Frage. Es ging um die Art und Weise seines Wechsels. Andreas Rüttgers aber hat nun den schwarzen Peter beim MSV Duisburg. Er hat ihn für Udo Kirmse übernommen, weil er ihn nach seiner Ankündigung, Jovanović bliebe, nicht im Regen stehen lassen wollte. Das ist das eigentlich wichtige Thema für den MSV Duisburg, wie kommunizieren Verantwortliche des MSV Duisburg mit der Öffentlichkeit. Dazu später mehr.
Erst aber die Fakten: Denn falls jemand in einiger Zeit „Andreas Rüttgers“ googelt und diese Jovanović-Worte liest, weiß keiner mehr, wie was zu werten ist. Dann steht das Interview mit den verstümmelten Rüttgers-Zitaten neben den bei WAZ/NRZ aufgegriffenen Worten der Enttäuschung von Rüttgers, die er im MSVPortal schrieb. Der Original-Beitrag im MSVPortal wird wahrscheinlich nicht schnell zu finden sein. So ist das Internet. Das erleben wir gerade beim neuen Geschäftsführer vom MSV Duisburg. Über Bernd Maas ist manches im Netz zu lesen, und einiges davon gefällt einem auf Anhieb nicht gut. Andererseits gibt es entlastende Erklärungen, wie unangenehme Nachrichten, etwa die über seine Zeit in Dresden, zustande kamen. Alles steht plötzlich nebeneinander und niemand kann beurteilen, was von all dem zu halten ist, wenn er sich nicht intensiv mit diesen Gegebenheiten auseinandersetzt. Mit Bernd Maas habe ich das noch nicht gemacht. Mache ich das überhaupt? Vielleicht vertraue ich einem Gewährsmann? Was ist also mit der Wahrheit geworden?
Deshalb als Notiz für die zukünftig googelnden Interessenten Folgendes im Falle des Wechsels von Ranisav Jovanović: Udo Kirmse verkündete am Tag der Lizenerteilung für die 3. Liga , er sei sehr, sehr sicher Ranisav Jovanović werde in der nächsten Saison beim MSV Duisburg spielen. Der Spieler habe ihm gesagt, er fühle sich in Duisburg sehr wohl. Die Botschaft war: „Rani“ bleibt. Zwei Tage später wurde die Nachricht verkündet, „Rani“ wechselt nach Sandhausen. Wie das? Von Seiten des MSV gab es nur formelhafte Sätze zum Abschied ohne Bezug auf die nun voreilig wirkenden Worte von Udo Kirmse. Andreas Rüttgers machte noch einen Tag später im MSVPortal nachvollziehbar, wie es zu den Kirmse-Worten hat kommen können. Die wichtige Information lautet, es gab eine Zusage von Jovanović, dass er seinen Vertrag unterschriebe. Die Rüttgers-Worte sind der Anlass für das Reviersport-Interview. Später verdeutlicht Rüttgers nach Kritik an seinem Beitrag im MSVPortal in einem weiteren Beitrag seine Meinung.
Exkurs: Wie kam es zum Interview im Reviersport? Diese Frage möchte ich aufwerfen, weil in diesem Interview nichts, absolut nichts zum einzig wichtigen Thema des Jovanović-Wechsels steht. Die erste und allerwichtigste Frage an Ranisav Jovanović hätte lauten müssen, können Sie sich erklären, wie Udo Kirmse zu seiner Meinung kam, sie blieben in Duisburg? Dann wäre der Spieler gezwungen gewesen, sich mit Anstand zu bekennen oder rumzueiern oder seine Sicht genauer zu erklären. Alles andere interessiert nicht. Udo Kirmse bleibt aber völlig ausgeklammert. Denn es geht nicht um Aufklärung einer verworrenen Situation. Es geht mal wieder alleine um Emotionen und Krawall. Wie also ist das Interview zustande gekommen? Ob Jovanović Thorsten Richter angerufen hat mit der Bitte ihn zu interviewen, um Andreas Rüttgers abzuledern? Oder war es umgekehrt? Thorsten Richter ruft Jovanović an und wirft ihm einzelne Rüttgers-Sätze zum Anfüttern des Ärgers hin? Wir wissen das nicht. Wir wissen nur, die Rüttgers-Sätze in den Fragen sind verkürzt, und Jovanović hat keine Lust ein bad guy zu sein. Wieso kümmert er sich überhaupt noch um seinen Ruf in Duisburg? Ich vermute, wenn ihn einer mit der Nase drauf stößt. Bühne frei für den Krawall.
So weit der Vorgang als solcher, der uns eines zeigt. Die Verantwortlichen beim MSV Duisburg können nicht davon ausgehen, dass ihr idealistischer Ansatz für die Zukunft ausreicht, um die öffentliche Meinung auf ihrer Seite zu behalten. Denn Andreas Rüttgers ist in dem Fall ja nur der Strohmann für die MSV-Geschichte. So ist noch einmal alles gut gegangen. Dieses Mal wurde Udo Kirmse von keinem Journalisten der Vorwurf gemacht, er habe unprofessionell gehandelt. Was aber auffällt, offiziell erkärt der MSV Duisburg die Fehlinformation von Udo Kirmse nicht. Das ist eine offene Flanke für jeden Journalisten, der sich eine Geschichte zurecht basteln will. Thorsten Richter macht das dieses Mal eben nur auf indirekte Weise, weil er durch Andreas Rüttgers Worte die Gelegenheit dazu erhält. Er weiß, die öffentliche Stimmung um Udo Kirmse lässt eine Geschichte über ihn nicht zu. Andreas Rüttgers ist umstrittener, da geht er kein Risiko ein.
Dennoch müssen der MSV und Udo Kirmse selbst das entstehende öffentliche Bild des Vereinsvorsitzenden Kirmse im Blick behalten. Mir geht es gar nicht darum, dass Udo Kirmse vorsichtiger mit seinen Worten wird. Mir geht es darum, dass der Fußball wie jedes Gesellschaftsegment oder Berufsfeld eigene Regeln und Normen hat, die niemand ignorieren kann. Das System ist auf Dauer stärker als der Einzelne. Zu diesem System Fußball gehören die Spielerwechsel trotz mündlicher Versprechen im allerletzten Moment, zu diesem System gehört aber auch die gern hervor geholte Deutung von Unvorhergesehenem als amateurhaftes Arbeiten gegenüber dem professionellen. Wie gesagt, es ist nicht dazu gekommen. Ich hoffe aber sehr, demnächst übernimmt der Verein selbst das, wozu sich Andreas Rüttgers aufgefordert fühlte. Dann wäre mir wohler.
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