Posts Tagged 'Rot-Weiss Essen'

Montaigne spricht – Über Anhänger von Rot-Weiss Essen

Neulich bin ich in Paris gegenüber der Sorbonne einer bislang unbeachtet gebliebenen Lebensleistung von Michel de Montaigne auf die Spur gekommen. Der 1533 geborene Humanist, Philosoph und Autor der „Essais“ spielte wohl leidenschaftlich und sehr erfolgreich Fußball. Mit dem Goldenen Schuh wurde er noch vor Gründung der UEFA ausgezeichnet. Leider sind alle Statistiken aus jenen Jahren bei einem Brand verloren gegangen.

Wir wissen also nicht mehr, wie viele Tore er in seiner Karriere erzielte. Dennoch könnte der MSV nach der erneuten Verletzung von Benjamin Girth so einen Stürmer gut gebrauchen. Das dachte ich noch und blätterte mit meinem neuen Wissen einmal durch die Essais. Und siehe da, mit dem frischen Blick wird auf einmal deutlich, wie sehr das Denken Montaignes auch vom Fußball geprägt war. Heute noch verhelfen uns seine Gedanken zu einem tieferen Verständnis dieses Sports.

Aufschlussreiches zum Auswärtsspiel gegen Rot-Weiss Essen steht in seinem Essai „Wie die Seele ihre Leidenschaft an falschen Gegenständen ausläßt, wenn die richtigen ihr fehlen“.

Plutarch sagte ihm Hinblick auf jene, die in Äffchen und kleine Hunde vernarrt sind, daß der uns angeborene Liebestrieb, falls er kein rechtes Betätigungsfeld finde, kindische Ersatzbefriedigung aushecke, um nicht müßig zu bleiben. Und tatsächlich sehen wir ja, wie die Seele sich in ihren Leidenschaften eher selbst betrügt uns sogar wider besseres Wissen ein abwegiges Phantasiegebilde ersinnt, als ohne Gegenspieler zu sein.

Michel de Montaigne: Essais. Erste moderne Gesamtübersetzung von Hans Stilett, Frankfurt am Main 1998, S. 15

Wenn das nicht auf die bedauernswerten Anhänger von Rot-Weiss Essen zutrifft, weiß ich es auch nicht.

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Bedeutendes in Essen – Niederrheinpokalgedicht reloaded

Doch, gut, die Hafenstraße weist drauf hin,
was Becken am Kanal für Essen sind.
Doch, ja, das macht für Essen wirklich Sinn,
das sind so Häfen für ein kleines Kind.

Mit wenig Schiffsverkehr, kaum Fläche Wasser,
der Name nur verspricht die weite Welt.
Wenn man dorthin fährt, wird die Aussicht blasser.
Für Essener aber gilt, die Stimmung hält.

Demnächst wird es den Auswärtssiegweg geben.
Auch Rot-Weiss-Macht-Allee steht auf dem Plan.
So lässt sich Nichts und Kleinstes groß erleben.
Davon wirkt Essen sehr schnell angetan.

In der ersten Fassung zum Finale des Niederrheinpokals im Mai 2017 gab es eine andere dritte Strophe. Ihr findet sie hier.

Das ist eine Schwierigkeit für den MSV

Gestern haben die Ruhrbarone ein Interview mit Dietrich Schulze-Marmeling veröffentlicht. Dietrich Schulze-Marmeling bereitete der heutigen Fußballbuchkultur mit seinem Werk „Der gezähmte Fußball“ den Boden und zählt heute zu den renommiertesten Sachbuchautoren im Fußballbuch. In Kamen geboren richtete sich seine Aufmerksamkeit auf den BVB. Im Interview spricht er vor dem Saisonstart in der Bundesliga über den Fußball im Allgemeinen und die Situation der drei Ruhrgebietsvereine in Bundesliga und 2. Liga. Seine abschließende Anmerkung zum Fußball im Ruhrgebiet gefiel mir allerdings gar nicht.

Dass der MSV in diesem Gespräch nicht neben Rot-Weiss Essen genannt wird, ist ein Problem für das Unternehmen MSV Duisburg. Wir können Dietrich Schulze-Marmelings Meinung natürlich nur als persönliche Meinungsäußerung eines voreingenommenen Autoren betrachten. Dann würden wir ihm als Anhänger des MSV je nach Persönlichkeit von humorvoll bis wütend antworten. Wir können das Fehlen des MSV in dieser Reihe der Ruhrgebietsvereine aber auch ernst nehmen und als Gefahr für die Zukunft sehen. Denn dieses Fehlen ist ein Symptom, das auf die wirtschaftlichen Bedingungen aufmerksam macht, die den sportlichen Erfolg ermöglichen. Die Vereine stehen eben auch in einem Wettbewerb um Sponsoren und dabei geht es um die Attraktivität der Marke MSV. Das Fehlen ist ein Gradmesser für diese Attraktivität.

Denkt man an der Stelle weiter, müssten wir in Duisburg uns wegen des weiter voranschreitenden Konzentrationsprozess im Unterhaltungssegment Fußball vor dem möglichen Aufstieg von Rot-Weiss Essen Sorgen machen. Was uns als Publikum mit Derbygelüsten reizvoll erscheint, könnte mittelfristig den wirtschaftlichen Druck auf den MSV erhöhen.

Ich kann mir vorstellen, im Beratersprech heißt so etwas: Der MSV hat ein Problem als Marke im Ruhrgebietsfußball. Sicher hat das auch etwas mit der Randlage von Duisburg im Ruhrgebiet zu tun. Was letztlich aber unerheblich ist. Weil auch das Einzugsgebiet Niederrhein an dieser schwachen Marke nichts ändert. Es ist keineswegs banal festzustellen, dass für die Marke MSV der sportliche Erfolg einen größeren Einfluss hat als bei anderen Vereinen. Anscheinend ist der MSV unabhängig von diesem sportlichen Erfolg weniger im Bewusstsein eines Betrachters des Ruhrgebietsfußballs als etwa Rot-Weiss Essen. Und wenn ich einen Blick auf die Zuschauerzahlen in Duisburg werfe, meine ich, selbst beim Duisburger Publikum ist das der Fall.

Von Auswärtsfahrten in den 50ern und Kloppereien – Fangedächtnis MSV

Da der Zebrastreifenblog doch mehr Leser erreicht als drüben das „Fan-Gedächtnis“, stelle ich auch hier online, was Hans F. (*1939) mir  für das „Fangedächtnis des MSV Duisburg“ über seine Erfahrungen mit Auswärtsfahrten in den 1950er Jahren erzählt hat .

Bahnhof Meiderich-Süd 2020

Ich bin 54 hier runtergekommen, von Schleswig-Holstein, wo wir nach der Flucht erstmal gelebt haben. Und dann ging das los mit dem Fußball, erstmal in Meiderich, die Heimspiele, und dann bin ich einige Zeit auch immer mitgefahren. Nach Aachen nicht, das war zu weit. Aber so hier in der Nähe. Horst-Emscher, Bottrop, Schwarz-Weiß Essen, Schalke. Und Oberhausen, da sind wir am Kanal lang gelaufen. Da lief ne ganze Meute. Das war immer gut besucht, damals zu der Zeit. Dann hatte ich noch so einen Kollegen, dessen Vater war auch so ein Fanatiker. Der fuhr oft mit dem Auto. Da bin ich auch oft mitgefahren. Der hatte ein bisschen Geld. Der ging im Stadion dann dahin, wo so feinere Leute waren. Ich will fast sagen, so mit Schlips und so.

Mit dem Zug konnt’st du immer vom Meidericher Bahnhof losfahren. Das stand meistens in der Zeitung. Ich habe das aber von den Kollegen erfahren. Wenn du ein paar Pfennig übrig hattest, dann bist du mitgefahren. Die Fahrkarte, was die kostete, weiß ich nicht mehr, und der Eintritt kam noch hinzu. Das waren vielleicht zwei Mark zu der Zeit. Das wundert mich eigentlich, dass sie damals die Züge eingesetzt haben. Das ging ein paar Jahre so. Denn auf einmal war Schluss. Dann gab es das nicht mehr. Warum weiß ich nicht.

Als wir nach Horst-Emscher gefahren sind, also, der Zug war voll. Ich schätze, an die tausend Leute waren das, die alleine dann nur mit dem Zug gefahren sind. So tausend, das kam seltener vor. Meist waren es so vier-, fünfhundert, die fuhren immer mit. Als wir damals in Horst-Emscher ankamen, dann musten wir durch die ganze Stadt laufen. Da sind wir über eine halbe Stunde gelaufen, damit wir ans Stadion kamen.

In dem Zug waren überwiegend Männer und dann ja auch Kinder. Wir waren damals 15, 16. Aber sagen wir mal so, Frauen kaum. Du hast fast nur Jungen und Männer gesehen. Es gab auch schon so Grüppchen. So zwanzig, dreißig, die zusammenhielten, so Cliquen, die hatten Trikot an. So was alles, ’ne Fahne.

Ich glaube, nachher wurden sogar die Fahnen verboten, wegen der Stangen, weil sie damit gekloppt haben. Ich haben einmal so eine Klopperei mitbekommen. Das war damals bei Hamborn 07, da hatte Wuppertal gespielt. Die Jugend vom MSV, die hatte da ein Vorspiel gehabt. Ich war ja mit dem Pitter Danzberg befreundet, und mit dem bin ich immer mitgefahren, mit der A-Jugend. Der hat immer gesagt, der gehört zu mir, und dann konnt’st du mitfahren. Das war immer gut.

Die Klopperei war dann vorm Stadion. Das waren bestimmt 100, 150 Leute. Das war das alte Stadion noch. War das das mit der Rennbahn? Das mit der Schräge. Ich glaube, das war das mit der Rennbahn, Schwelgernstadion, oder? Ich weiß nicht mehr genau. Das Spiel war noch nicht zu Ende. Da war ein Foul, und auf einmal war die Klopperei da. Das Stadion war ja nicht so groß in Hamborn. Da gingst du fünf, sechs Stufen hoch. In Meiderich musstest du höher. Das war ja auch größer in Meiderich. Und dann war da so ein Vorplatz, da haben die sich gekloppt. Da gab es einen, der hatte so einen Motorradhelm. Früher war die ja noch so plump, da hat der mit dem Helm immer rumgeschlagen, und auf einmal war der Helm weg. Da war der am Heulen. Da kamen dem die Tränen. „Mein Helm. Der teure Helm.“ Da sagt einer: „Ja, warum haust du damit?“ Der hat da richtig mit draufgezimmert. Früher waren die ja richtig so mit Leder und auch was Stahl drinnen. Der hat da richtig mit gekloppt. Und dann auch mit Fahnen. Da ging es aber richtig zur Sache. Ich habe mich da so am Rand gehalten. Ich dachte, bloß nicht da so rein. Nein, das ging da zur Sache!

Da waren oft so Kloppereien. Auch in Meiderich bei den Heimspielen. Gegen Essen damals, du musst mal denken, was da Zuschauer aus Essen kamen, oder was das für andere Vereine waren, wo die alle herkamen. Da kam es dann leicht zur Schlägerei. Da kloppten die sich oft. Die Fans, die standen dann da. Da wussteste, da gibt es gleich Klopperei. Die waren da drauf aus. Genau wie heute auch. Da hat sich nicht viel geändert. Damals waren sie nicht so brutal wie heute. Wenn einer auf der Erde gelegen hat, dann war gut. Aber heute treten sie ja noch drauf und alles. Klopperei ist nie ganz fair, aber so wie heute, das gab es früher nicht. Das war dann nicht im Stadion. Das ging schon auf den Straßen dann los.
Auch im Zug gab es oft Krach. Selbst unter den Fans vom MSV. Vor allem auf der Rückreise immer. Wenn du dann noch verloren hattest. Oh je. Dann gingen oft entweder ein paar dazwischen oder die haben sich so beruhigt. Sicher, da war Zugpersonal, aber da fuhren nicht viele mit. Da war schon oft was los.

Und wenn wir dann in Meiderich ankamen, dann ging es raus, durch den Tunnel und da verteilte es sich dann. Dann war finito. Manche gingen noch in die Kneipe. Da waren ja etliche Kneipen, da in der Gegend am Bahnhof. Da war auch noch das große Tanzlokal. Aber ich hatte ja kein Geld mit 15, 16. Aber die, die Geld hatten, die gingen noch.

Das Wesen des Fußballs oder Gegen Gesundheit wehrt sich auch keiner

Was wäre es schön, wenn wir den Fußball tatsächlich in seinem Wesen des Spiels ernst nehmen könnten. Dann gäbe es keinen Nachrichtenwert für einen BILD-Mann, wenn Ennatz Dietz meint, gegen einen Aufstieg wehre sich niemand. Natürlich wehrte sich niemand gegen einen Aufstieg, denn gegen Gesundheit wehrt sich auch niemand. Oder gegen eine Belohnung für die eigene Leistung.

Lassen wir mal die Großvereine des Unterhaltungsbetriebs außen vor. Die Zweite Liga ist mit ihrer Ausgeglichenheit gerade ein Sinnbild für das Wesen des Fußballs. Denn ein Wesenskern des Fußballs ist die besondere Mischung von Zufall und Leistung als Voraussetzung für Erfolg. Das Wesen des Fußballs kritisiert unentwegt die Grundüberzeugungen unserer Leistungsgesellschaft. Leistung garantiert nicht viel im Leben. Auch wenn das immer wieder vergessen wird.

Wenn wir das Wesen des Fußballs ernst nähmen, wäre jeder begeistert über einen Aufstieg. Wir machten uns nicht einen Gedanken darüber, ob der Aufstieg zu früh käme oder nicht. Wir nähmen das Glück, wie es kommt. Wir würden Nachsicht haben beim Misserfolg, wenn jeder sein Bestes gegeben hat. Wir würden aufsteigen und gegebenfalls traurig aber vorwurfslos wieder absteigen. Wir betrachteten die Zukunft als unwägbar, selbst wenn man alle möglichen Gefahren bedacht hat und sich für anstehende Aufgaben so gut vorbereitete, wie es jeder für sich kann.

Wenn wir den Fußball in seinem Wesen ernst nehmen könnten, wäre Fußball in unserer Gesellschaft wahrscheinlich nicht mehr so populär. Davon ab, fühlt sich ein Aufstieg immer verdammt gut an.

 

Niederrheinpokalsieger…EM…ES…VAU…weiß und blau…EM…ES…VAU

Die Mannschaft des MSV war gestern sehr viel motivierter als ich heute. Ein Text für das Ruhrort-ABC wartet, und der wird  sehr viel länger gelesen werden, als die Worte heute über den Sieg des MSV im Niederrheinpokal 2017. Das Ruhrort-ABC benötigt also meine Aufmerksamkeit sehr viel mehr als dieses Finale. Welch brisante Spiele waren das in den ersten beiden Drittligajahren vom MSV in diesem Wettbewerb. Viel war davon nicht mehr zu spüren. Das war schon im Spiel gegen RWO so.

Zum einen habe ich den Eindruck, die letzte Saison in der 2.Liga hat für viele von uns den Wert dieses Wettbewerbs gemindert. Wir sind in diese Saison mit dem Selbstbewusstsein eines Zweitligisten gegangen. Auch deshalb waren wir so oft unzufrieden mit der Leistung der Mannschaft in den Punktespielen. So war der Aufstieg das einzig wichtige Ziel und entsprechend gering war die Aufmerksamkeit für den Niederrheinpokal. Doch gerade im Niederrheinpokal war zu erkennen, das Selbstbewusstsein hat es zurecht gegeben. Am Sieg des MSV gegen RWE gab es keinen Zweifel.

Die Zebras spielten souverän. Jeder einzele Spieler schien sich seiner überlegenen Fähigkeiten sicher. Als einziger fiel Mael Corboz im defensiven Mittelfeld etwas aus der Reihe. Offensichtlich sollte er währnd der Saison im Niederrheinpokal Spielpraxis gewinnen. Er wirkte sehr vorsichtig und fast immer darauf bedacht, nur keinen Fehler zu machen. Er lief mit und muss für Einsätze in anderen Wettbewerben deutlich mehr Verantwortung übernehmen.

In der ersten Halbzeit hatte die Mannschaft das Spiel komplett im Griff. Ruhig, kontrolliert, aber stets mit Zug zum Tor wurden die Angriffe heruntergespielt. Die Führung durch Simon Brandstetter nach hervorragender Vorarbeit von Fabian Schnellhardt war verdient. Nach der Halbzeitpause dann die Pyroshow auf beiden Seiten. Fußball als Bühne für Selbstdarstellung und den Versuch, sich in dieser Gesellschaft wichtig zu fühlen. Ihr seht, ich versuche meinen Ärger etwas zu bändigen, indem ich Erklärungen anbiete. Nach der längeren Spielunterbrechung passierten den Essenern leichtere Stockfehler, die die Zebras zu gefährlichen Offensivaktionen nutzten. Die Folge: ein Freistoß nahe der Strafraumgrenze, den Kevin Wolze sehr gefühlvoll ins Toreck hob.

Die Freude von Ilia Gruev an der Seitenlinie zeigte so deutlich, wie sehr er nach dem Aufstieg in Köln auf diesen perfekten Saisonabschluss hingearbeitet hat, wie sehr er ihm am Herzen lag. Danach gelang es RWE ab der 60. Minute etwa etwas Druck zu entwickeln. Zum ersten Mal kam ein wenig Pokalkampf auf. Mit etwas Glück wäre vielleicht ein Anschlusstreffer gefallen. Ein Abseitstor fiel ja sogar, aber der MSV wirkte weiter sehr souverän angesichts der beschränkten Offensivmöglichkeiten der Essener in Strafraumnähe.

Nach dem Schlusspfiff leerte sich das Stadion schnell. Dieser Niederrheinpokal war also auch für die Essener als Wettbewerb nicht wirklich wichtig gewesen. Es gab nichts auszukosten. Auch die Spieler von RWE erhielten schließlich eine Medaille bei der Siegerehrung. Diese Siegerehrung war unscheinbarer als vor drei Jahren in Duisburg. Sie entsprach der Bedeutung dieses Wettbewerbs, der ja durch den Titel „Tag der Amateure“ und der Dauerpräsenz durch die TV-Übertragung sämtlicher Länderpokalspiele aufgewertet werden soll. Dabei offenbart sich einfach nur der Widerspruch, den professionellen Unterhaltungsbetrieb Fußball mit dem Breitensport des Amateurbereichs auszusöhnen.

Wenn ich darüber wirklich nachdenke, werde ich genauso ärgerlich wie über die Pyro-Selbstdarsteller auf beiden Seiten. Zu Ärger nach einem Finalsieg des MSV habe ich aber keine Lust. Also, Niederrheinpokalsieger EM-ES-VAU, und damit Schluss für heute, höchstens noch ein paar Fotos anschauen und Bewegtbilder.

 

Die Mannschaft wartete auf die Siegerehrung und vertrieb sich die Zeit beim gemeinsamen Feiern mit den Fans.

Lyrischer Niederrheinpokalfinalistenvergleich

RWE-MSV

Doch, gut, die Hafenstraße weist drauf hin,
was Becken am Kanal für Essen sind.
Doch, ja, das macht für Essen wirklich Sinn,
das sind so Häfen für ein kleines Kind.

Mit wenig Schiffsverkehr, kaum Fläche Wasser,
der Name nur verspricht die weite Welt.
Wenn man dorthin fährt, wird die Aussicht blasser.
Für Essener aber gilt, die Stimmung hält.

Demnächst soll es die Fußballstraße geben.
An die Pokalestraße wird gedacht.
Erst so kann Essen dann auch damit leben,
wie Duisburg Wirklichkeit aus Namen macht.

 

Die ganze Region? Aber, Herr Weinzierl!

Wenn ein Bayer der Süddeutschen Zeitung in einem Interview über seinen Eindruck spricht, welche Bedeutung der FC Schalke 04 hat, dann weiß man als Ruhrstädter sofort, der Mann ist noch nicht lange im Ruhrgebiet zu Hause. Schalke-Trainer Markus Weinzierl weiß noch nicht viel über das Ruhrgebiet, wenn er die drei Wörter „ganze Region“ und „Schalke“ in einem Satz unterbringt. Also, Herr Weinzierl, Sie können ja nichts dafür, aber das sollten Sie Herrn Heidel auf jeden Fall  raten, der FC Schalke 04 braucht für seine neuen Mitarbeiter noch eine Einführung in Heimatkunde. Das Ruhrgebiet – eine Region der Fußballstadttteile, oder so ähnlich.

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Ruhrstadtwirklichkeit 1966 – Industrie, Brieftauben und RWE

Vorschlagslisten im Netz sind ja nicht grundsätzlich von Übel. Man sollte nur ein paar kluge, denkende Menschen in seinen Social-Media-Listen dabei haben, deren sehr individuelle Vorschlagsangebote den eigenen vor sich hinköchelnden Saft mit neuen Zutaten versehen. Das sage ich, weil ich vorhin bei youtube eigentlich ganz andere Clips mit historischen Aufnahmen gesucht habe und dann in der Vorschlagsliste am Seitenrand der nun folgende Clip erschien. Ich reiche den gleich mal weiter, auch wenn der gezeigte Ruhrstadtfußball vom Essener Stadtteilverein Rot-Weiss exemplarisch dokumentiert wurde.

Nebenbei gesagt, interessant, dass solche dort gezeigte Vergangenheit auch Last sein kann. Weil gerade die Spielergebnisse von RWE nicht ganz mit dem Aufbruchsgefühl der Vorsaison zusammenpassen, erinnert sich in Essen mancher gerne an alte Zeiten, ein „Mühlstein am Hals“ wie André vom RWE-Blog Catenaccio 07 solche Tradition deshalb nennt. Als Kehrseite zeigt sich beim Rückgriff auf die Tradition eines Vereins die schnell vorhandene rückwärtsgewandte Perspektive, aus der sich für die Gegenwart keine Kraft und Energie schöpfen lässt.

Fußball ab Minute 0.59.

Ablenkung beim Warten aufs Endspiel – Wolfgang aka Walter Hellmich

2015-05-13_1Mit dem morgigen Spiel des MSV gegen RB Leipzig ist es wie mit dem Unheimlichen. Es fasziniert und bereitet Sorgen zugleich. Wir müssen hinschauen und fürchten zugleich die Folgen. Eigentlich hatte ich mich zu Beginn der Woche mit dem Sonntag überhaupt nicht beschäftigen wollen, ehe es nicht Sonntag ist. Nun schleiche ich täglich drum herum. Ich hübsche meinen FB-Account mit Traditionstrikot hier auf, drapiere dort den Fanschal von der einen Seite der Garderobe an die andere und suche verzweifelt mein allererstes MSV-Trikot, das ich zur Kommunion als Teil einer Fußballgrundausstattung bekommen habe. Dieses Trikot im 60er-fashion-style kann ich im Gegensatz zu meinem zweiten Trikot nicht mehr anziehen.

Das Hummel-Trikot aber wird wesentlicher Bestandteil meines 70er-Jahre-Looks am morgigen Sonntag sein. Irgendwo habe ich auch noch eine weiße Schlagjeans. Es wird nur an den Clogs mangeln, ein kleiner Makel an der Aura erfolgreicher Zeiten, die wir alle auf den Rängen verbreiten werden müssen. Auf dass mein Friseur bis Ende Mai weiter auf meinen Anruf für einen Termin warten muss.

Um diese Stunden bis zum Anpfiff etwas erträglicher zu machen, habe ich noch was. Christoph Biermann hat mit „Wenn wir vom Fußball träumen“ ein lesenwertes Buch geschrieben, in dem er die Entwicklung des Fußballs in den letzten Jahren mit der Betrachtung des gegenwärtigen Ruhrgebiets kurzschließt. Er erzählt vom Fußball als bedeutsamen Sinnstifter der Region, erinnert sich an sein Aufwachsen mit dem Fußball von Westfalia Herne und dem VfL Bochum und deutet die regionale Entwicklung dieses Fußballs mit der Mentalität der Region. Er schreibt über das, was mich auch umtreibt und kommt zu Schlüssen, die ähnlich auch in diesen Räumen schon zu lesen waren. So wird es euch nicht überraschen, dass ich dieses Buch eben als sehr lesenwert empfehle. Es ist im besten Sinne zudem Heimatliteratur. Es regt zum Nachdenken über das Ruhrgebiet an, über die Hindernisse in dieser Region und Selbstbeschränkungen, die sich in der Ruhrstadt ergeben.

Nicht zuletzt schenkt er uns in Duisburg einen Moment des Schmunzelns. Natürlich schreibt er auch über den MSV Duisburg, und wenn er über die jüngste Geschichte des Vereins schreibt, fehlt in dem Kapitel Walter Hellmich als Protagonist des Geschehens nicht. Später aber greift er den MSV in einer Reihe von Vereinen noch einmal als Beispiel für Pott-Mentalität auf, und dabei beginnen die Bilder in meinem Kopf doch einen schönen Tanz. So wie wir Walter Hellmich in der Öffentlichkeit haben kennengelernt, legt er doch großen Wert auf die äußeren Zeichen seines erfolgreichen Unternehmertums. Ein Ailton etwa kam zum MSV wegen der besonderen Geschichte, die auch auf Walter Hellmich abstrahlte. Es gibt viele dieser Beispiele auch außerhalb des Fußball.

So ein Mann ist empfindlich, so vermute ich, er ist empfindlich, wenn es um diese äußeren Zeichen dieser Gesellschaft geht, die seine erreichte Position zum Ausdruck bringen. Wie empfindlich muss er erst sein, wenn es um seinen Namen geht. Vergänglich ist aller Ruhm, Schall und Rauch sogar die Namen, bald vergessen. Auf Seite 187 beginnt das Vergessen schon mit einem falschen Vornamen. Ob es Höchsstrafe für einen Patriarchen wie Walter Hellmich ist, weiß ich nicht genau, aber einen Stich wird es ihm vermutlich versetzen. So er denn davon erfährt.

 

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