Mit dem MSV dieser Saison könnten wir den Anfang von Sammy Drechsels 1955 erschienenem Jugendbuchklassiker 11 Freunde müsst ihr sein für die Duisburger Gegenwart adaptieren. Dazu muss man wissen, die Klasse von Heini Kamke, dem in Berlin lebenden Helden des Buches, hat einen neuen Lehrer. Um seine Schüler für Mathematik zu begeistern, nutzt er moderne pädagogische Methoden. Er gibt ihnen Rechenaufgaben mit einem praktischen Nutzen für deren Leben. Er lässt sie Fußballtabellen erstellen anhand von fiktiven Ergebnissen der Mannschaften Berlins.
Für das 11 Freunde müsst ihr sein in der Duisburger Gegenwart beschäftigte sich die Klasse allerdings gerade mit der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Denn der MSV dieser Saison eignet sich als hervorragendes Fallbeispiel für anspruchsvolle statistische Anwendungen und Prognosen. Unser Duisburger Lehrer stellte seine Schüler vor folgendes Wahrscheinlichkeitsproblem: Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für eine Torchance, wenn der MSV ein Gegentor hinnimmt? Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit für einen Torerfolg bei einer Zahl x von Torchancen in Abhängigkeit von einer Zahl y von Gegentoren? Anders herum könnte man natürlich auch fragen. Die Rechnung wäre einfacher. Wie hoch ist die Wahrscheinlichlichkeit von Gegentoren bei einer Zahl x von Torchancen?
Ihr seht, was offensichtlich ist, könnte auch mathematisch belegt werden. Je mehr Torchancen der MSV sich erspielt, desto mehr Tore erzielt der Gegner. Der MSV dieser Saison braucht viele, viele Torchancen, um aus dem Spiel heraus ein Tor zu erzielen. Da Tore zum Ende der Saison im Abstiegskampf immer notwendiger werden, weil Unentschieden nicht ausreichen, muss sich die Mannschaft entsprechend offensiver orientieren. Dann kann der Gegner gerne auch mal viele Tore schießen.
Der MSV verliert gegen den SC Paderborn mit 4:0. Endlich hatte ich wieder ein Spiel sehen können, wenn auch nicht in Paderborn, wenn auch erst ab der zehnten Spielminute ungefähr. Es gab vor allem in der ersten Halbzeit genügend Torchancen vom MSV. Diese vergebenen Chancen unterstreichen aber nur den Klassenunterschied zwischen beiden Mannschaften. Die jeweiligen Bälle auf das Tor verlangten vom Torwart zweimal (?) eine besondere Leistung. Doch ein Torwart ist auch dazu da, dass er hin und wieder schwierige Bälle abwehrt.
Das Spiel erinnerte mit der Geschwindigkeit der Paderborner Offensive an das Pokalspiel. Sobald der Ball auf den linken Flügel kam, mussten wir uns vor einem Gegentor sorgen. Sobald der MSV sich in die Paderborner Hälfte spielte, hoffte ich zwar auch auf Torgefahr, doch die einzelnen Spielaktionen wirkten unklarer, dadurch fast immer langsamer. Fast immer musste nachgebessert werden bei der Ballverarbeitung. Wenn das nicht geschah, wurden Pässe und Schüsse nicht präzise genug. Für die Defensive war das Paderborner Spiel oft zu schnell. Die Paderborner handelten tororientiert, während die Zebras ihnen noch Raum ließen für das Spiel um den Strafraum herum.
Selbst wenn der MSV ein oder zwei Tor erzielt hätte, die Paderborner hätten gewusst, sie machen eines mehr. Ich bin so weit, dass ich selbst einzelne Gegentore wie eine eigene Niederlage erlebe. In meinem Tabellenrechner sieht es nämlich sehr danach, als werde das Torverhältnis für den Relegationsplatz die entscheidende Rolle spielen.
Fazit: 11 Freunde müsst ihr sein kann ich immer noch allen Eltern als Lektüre für ihre Kinder empfehlen. Im Meidericher Kanon des literarischen Fußball hat es seinen Ehrenplatz mit der ersten Besprechung eines Kanon-Buchs überhaupt. Im 11 Freunde müsst ihr sein der Duisburger Gegenwart wäre ein Mathematiklehrer mit einem MSV-Beispiel allerdings eine pädadogische Niete. Wenn man nur den wahrscheinlichen Misserfolg seines Vereins berechnen kann, entwickeln die MSV-Fans unter den Schülern doch eine Abneigung gegen Wahrscheinlichkeitsrechnung und rasseln durch jede Prüfung. Der Relegationsplatz könnte übrigens immer noch drin sein.
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