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Die Jubiläumswochen – 2. März 2011 – Branimir Bajic und wir fahren nach Berlin

Zehn Jahre Zebrastreifenblog – ein Anlass, um in den Jubiläumswochen bis zum Saisonstart zurückzublicken. Was bietet sich nach dem Abschiedsspiel von Branimir Bajic für einen Rückblick mehr an als einen der Texte, der die Leistung jener Fußballer feiert, die wir zum Teil am Samstag in Duisburg wieder gesehen haben. Für Branimir Bajics Verbundenheit mit dem MSV Duisburg ist es bezeichnend, welche Spieler der MSV-Vergangenheit in Duisburg vor allem zu sehen waren. Ob Tobias Willi, Srdjan Baljak, Stefan Maierhofer oder Victor Obinna, um nur einige Beispiele für die anwesenden Spieler zu nennen, sie entwickelten auf ihre je eigene Weise eine besondere Beziehung zum Duisburger Publikum. Gerade Victor Obinna, der nur kurz in Duisburg war, macht das besonders deutlich, weil es um eine Haltung den Menschen gegenüber geht. Diese Haltung lässt dann auch Rückschlüsse auf den Fußballer im Mannschaftsgefüge zu. So wurde der Fußball des Abschiedsspiels auch zu einem Sinnbild für jenen gemeinschaftlichen Geist, der sich über das Sportliche hinaus erweist.

Auch ohne Elfmeterschießen wurde es dramatisch – veröffentlich am 2. März 2011

Nein! Nein! Jaa! Ja. Nein, nicht, nein. Aah. Pfffffff. EM-ES-VAU-EM-ES. Aaaah. Ooooh. Nein. Pfffff. Hhhhhhhhhha. JAAAAAAAAA. So ungefähr muss ich mich angehört haben in den letzten Momenten dieses Halbfinales vom MSV Duisburg gegen den FC Energie Cottbus. Was war das für ein taumelndes Stemmen vom MSV Duisburg gegen den drohenden Ausgleich kurz vor dem Abpfiff im Halbfinales des DFB-Pokals gegen den FC Energie Cottbus. Was war das für eine Energie im Stadion auf den Rängen und auf dem Spielfeld. Diese Energie drohte in den letzten Minuten immer wieder richtungslos zu wabern. Und doch bündelte sie sich auf dem Spielfeld in großartigen Rettungsaktionen, mit denen das Tor der Cottbusser im letzten Moment verhindert wurde. Auf den Rängen verwandelte sich das Aufstöhnen und unartikulierte Schreien in das peitschende EM-ES-VAU, das diese Mannschaft unten auf dem Spielfeld zu dem so nah wirkenden Sieg tragen sollte.

So sicher schien der Sieg für den MSV Duisburg über etwas mehr als 70 Minuten, und so dramatisch wurden die letzten Spielminuten. Viel zu viele Spieler in roten Trikots befanden sich im Strafraum vor dem Tor von David Yelldell. Viel zu viele, um jeden so zu decken, dass er wirkungslos sein würde. Der Angriff kommt über den linken Cottbusser Flügel. Kein Bein eines MSV-Verteidigers verändert die Flugbahn der Flanke, und ich weiß irgendeiner dieser Spieler in den roten Trikots wird an den Ball kommen, schießen und wahrscheinlich treffen. Aber David Yelldell zerstört mit einem beeindruckenden Reflex auf der Linie die dritte Riesenchance zum Ausgleich.

Plötzlich bündelt sich nichts mehr, es wabert nur noch. Plötzlich entsteht ein Teppich an Energie, die nicht weiß, was das nächste Ziel ist, außer dass Schiedsrichter das Spiel abpfeifen soll. Plötzlich scheint das Tempo dem Spiel verloren gegangen zu sein. Sind die meisten Spieler zu weit vom Ball entfernt? Ist es Olcay Sahan, der den Ball in die Cottbusser Hälfte treibt. Schon im Ansatz ist zu sehen, er schafft das mit letzter Kraft und nur um den Ball möglichst weit Richtung Südtribüne zu bringen. Doch auch die Cottbusser Spieler sind so langsam. Wahrscheinlich kommt es mir auch nur so vor, weil sich die Zeit bei den drei Cottbusser Großchancen kurz hintereinander so sehr verdichtet hatte. Dreimal hatte ich die Schüsse der Stürmer von Cottbus im Tor des MSV Duisburg gesehen. Ich war auf den Sturz in den Abgrund der Enttäuschung schon gefasst, und dann packten David Yelldell, Olivier Veigneau und der lebendig gewordene Pfosten mich bei der Hand. Sie zogen mich auf den schmalen Geröllpfad wieder hoch, der in die Glückseligkeit nach dem Abpfiff führen sollte.

Was waren das für dramatische letzte Minuten. Dabei habe ich selten zuvor ein so entscheidendes Spiel des MSV Duisburg einfach nur genossen. Bis ungefähr zur 75. Minute. Die Mannschaft des MSV Duisburg ließ dem FC Energie Cottbus in der ersten Halbzeit keine Chance. Cottbus wirkte verunsichert und übernervös. Dagegen schien die Mannschaft des MSV Duisburg von der Atmosphäre im Stadion beflügelt. Diese Zuschauer waren für den MSV Duisburg gekommen und sie glaubten an ihre Mannschaft.

Klare Chancen konnte sich die Mannschaft vom MSV Duisburg zunächst nicht erspielen. Aber es war deutlich, solange jeder Cottbusser Angriffsversuch derart konsequent unterbunden wurde, könnte jederzeit ein Fehler in der Cottbusser Verteidigung zum Führungstor des MSV Duisburg werden. Das 1:0 von Stefan Maierhofer wirkte dann auch wie das perfekte Bild für die gesamte Spielweise des MSV Duisburg. Es wirkte wie die Mischung aus geplantem Angriff, dem unentwegten Hinterhergehen bei jedem verlorenen Ball und der in so einem ersten Moment der Balleroberung nicht ganz vorhandenen Ballkontrolle. Die Flanke in den Strafraum konnte Stefan Maierhofer nicht direkt köpfen, sondern der vom Verteidiger abgewehrte Ball prallte dem synchron mitspringenden Maierhofer an den Kopf, um dann erst ins Tor zu gehen.

Die Cottbusser starteten in der zweiten Halbzeit mit einem neuen Spieler, der sehr viel Gefahr verbreitete. Doch nachdem die ersten zwei heftigen Angriffe abgewehrt waren, gewann der MSV Duisburg die Kontrolle über das Spiel zurück. Konter wurden möglich, und so einen Konter schloss Srdjan Baljak nach Pass von Ivica Banovic zum 2:0 ab. Die Cottbusser gaben aber noch nicht auf. Das Anschlusstor durch den Elfmeter hätte mich nicht weiter beunruhigt. Erst die rote Karte gegen Bruno Soares ließ das Spiel noch einmal kippen. Für mich war diese rote Karte eine zu harte Entscheidung. Diese rote Karte brachte zwar zunächst keine Unruhe in der Hintermannschaft, sie brachte aber Zweifel beim Spiel nach vorne. Beeindruckend wie ruhig und abgeklärt in so einer Spielphase Branimir Bajic die Abwehr organisiert. Dieser Mann ist ein Phänomen. Wie kann ein Spieler derart unauffällig präsent sein? [Hervorgehoben im Nachhinein]

Diese Mannschaft hat als Einheit den Sieg errungen. Ein so konsequentes Agieren wie in der ersten Halbzeit funktioniert nur als sorgsam organisiertes Miteinander. Ein Sinnbild dafür ist für mich auch der Jubel der Ersatzspieler beim zweiten Tor. Sie wollten nicht am Rand stehen bleiben, sondern sich gemeinsam mit David Yelldell über das Baljak-Tor freuen. Berlin, wir kommen. Und egal, was da im Finale passiert, es wird wieder gut werden.

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Kosta auf den Zaun

So hat sich Branimir Bajic seinen Anteil am 3:2-Sieg des MSV Duisburg gegen den SC Paderborn mit Sicherheit nicht vorgestellt. Er hätte wahrscheinlich gerne den wie üblich souverän geschossenen Elfmeter erwähnt wissen wollen. Eine rote Karte aber als selbstloses Opfer für eine bessere Mannschaftsleistung? Das stand bestimmt nicht auf dem Plan. Als er vom Spielfeld ging, überwog noch der Ärger über die Schiedsrichterentscheidung. Da war noch nicht abzusehen, wie sehr sich die Mannschaft vom MSV Duisburg die weitere Spielzeit von knapp 20 Minuten steigerte. Es wurde noch einmal intensiv um jeden offenen Ball gekämpft. Meter um Meter wurden gelaufen. Kombinationen gelangen. Es war all das zu sehen, was zu Beginn der zweiten Halbzeit sich mehr und mehr andeutete und in der ersten Halbzeit kaum vorhanden war.

Es war ein unterhaltsames letztes Spiel der Saison, in dem der SC Paderborn sich zunächst als die kombinationssicherere Mannschaft erwies und sehr früh den Spielaufbau des MSV Duisburg zu stören begann. Wenn fast die gesamte Mannschaft des SC Paderborn in die gegnerische Spielhälfte rückt,  gibt es schon auf Höhe des Strafraums nur wenig  Raum und Ruhe, den Ball sicher dem Mitspieler zuzupassen. Halblange und lange Bälle boten Lösungen für das Problem, obgleich auch die Versuche geordnet nach vorne zu kommen nie eingestellt wurden. So kamen die Chancen des MSV Duisburg nach nur wenigen Ballkontakten zustande, während der SC Paderborn sich kontinuierlich, Mann für Mann durch die Duisburger Defensive spielte. Mit dem Führungstreffer konnte Timo Perthel noch einmal seine Qualität als Distanzschütze beweisen. Das hatte im Hinspiel schon geklappt. Sicherheit gab diese Führung aber nicht, und der Ausgleich schien nur eine Frage der Zeit zu sein.

Auf der linken Abwehrseite scheint es Abstimmungsschwierigkeiten gegeben zu haben. Immer mal wieder hatte Andreas Ibertsberger zwei Paderborner Spieler gegen sich. Dementsprechend konnte er nicht alles richtig machen. Das war aber meiner Meinung nach weniger seinem Stellungsspiel geschuldet als mangelnder Zuordnung auf der gesamten linken Seite beim schnellen Paderborner Kombinationsspiel. Seine Auswechlung war deshalb wohl mehr durch die Platzwunde am Kopf verursacht als durch seine Leistung.

Die zweite Halbzeit begann der MSV Duisburg energischer. Der Druck auf das Paderborner Tor wurde größer, und das Kombinationsspiel der Paderborner konnte sich nicht mehr so eindrucksvoll entfalten. Dennoch erhielt der MSV Duisburg seine Chancen eher durch die steilen Bälle in die Spitze. Einen dieser Bälle erlief sich Daniel Brosinski, der beim Abschluss im Strafraum gefoult wurde. Branimir Bajic als Standardschütze trat zum Elfmeter an und traf. Der erneute Ausgleich fiel durch einen sehr gut geschossenen Freistoß von Mario Vrancic. Beide Mannschaften wollten dieses Spiel weiterhin gewinnen. So wurden die Räume beim Hin und Her offener. Während die Paderborner ihre Kombinationssicherheit etwas einbüßten, gewannen die Zebras sie hinzu.

Sören Brandy war für mich der Spieler dieses Spiels, nicht nur weil ihm das Siegtor dann aus spitzem Winkel beeindruckend cool gelang. In diesem Spiel zeigte er noch einmal alle seine Qualitäten, die ihn für den MSV Duisburg so wichtig machen. Er läuft ungemein viel, schafft Lücken und stößt selbst in freie Räume. Er hat ein Auge für die Entwicklung von Spielsituationen. Das macht seinen Kampf um den Ball so effektiv. Dabei verfügt er über eine gute Technik, und in der Rückrunde ist seine Spielweise zudem offener geworden. Er sucht öfter das Abspiel, was natürlich auch dank das besseren Eingespieltsein der Mannschaft gelingt.

In der Pressekonferenz nach dem Spiel bedankt sich Kosta Runjaic bei allen, die mitgezittert haben in dieser Saison. Wieviel Zeit er sich für die Dankesworte nimmt, weist für mich auf die Zukunft dieses Vereins. Kosta Runjaic denkt in größeren Zusammenhängen. Er sieht nicht nur die sportliche Leistung seiner Mannschaft, sondern er weiß, wie diese sportliche Leistung auch von äußeren Einflüssen wie dem Umfeld des Vereins abhängig ist. In seinen Worten lässt sich erkennen, dass er ebenso weiß, jemand muss sich für die gute Stimmung rund um den Verein einsetzen. Dieser Trainer ist ein Glücksgriff für den MSV Duisburg gewesen. Ich hoffe sehr, dass er noch einige Zeit in Duisburg bleibt und beim MSV weitere Beweise für die Qualität seiner Arbeit abliefert.

Neben der Pressekonferenz sind zudem die Stimmen von Sören Brandy, Goran Sukalo, Timo Perthel, Daniel Brosinski, Julian Koch und Srdjan Baljak zu hören. Über Srdjan Baljak hätte ich natürlich gerne die wunderbare Geschichte von seinem letzten Tor der Saison geschrieben. Einmal blitzte diese Möglichkeit auf, als Daniel Brosinski auf das Tor zog und vielleicht hätte abspielen können. Aber es war ja Daniel Brosinski. Und Ruhmestaten herbeischreiben, das braucht Srdjan Baljak nicht. Auch wenn er souverän kurz vor Ende des Spiels noch einen Eckball für den MSV Duisburg herausgeholt hat. So etwas als besondere Leistung zu erwähnen, wirkt doch übertrieben. Dafür hat der MSV Duisburg diesem Spieler viel zu viel zu verdanken. Der Abschied von ihm schmerzt. Alles Gute, Srdjan Baljak!

Der Spielbericht bei Sky mit einem Klick weiter.

Erledigen, was getan werden muss

Wir hoffen natürlich immer auf das Beste im Spiel des MSV Duisburg und müssen dann im Moment feststellen, besser als „in Ordnung“ geht es  nicht. Allerdings lässt sich das das torlose Unentschieden gegen den FC St. Pauli auch mit viel freundlicheren Worten bewerten. Die Mannschaft vom MSV Duisburg geht unter Kosta Runjaic zum ersten Mal durch ein Leistungstief und verliert dennoch nicht. Zudem zeigte sie  gegenüber den letzten beiden Spielen eine verbesserte Leistung, obwohl neben Sören Brandy auch noch Ranisav Jovanović ausfiel. Dem Journalistentrio von WAZ/NRZ ist zuzustimmen, wenn sie in ihrem Spielbericht Jovanovics Anteil an der erfolgreichen Rückrunde des MSV Duisburg hervorheben. Ohne ihn fehlte in der Offensive der durchsetzungsstarke Spieler zum Anspiel. Srdjan Baljak und Maurice Exslager mühten sich und blieben dennoch wirkungslos.

Auf Seiten vom FC St. Pauli war es allerdings nicht besser, wenn der Ball kontrolliert im Kurzpassspiel oder mit halblangen Blällen nach vorne gebracht werden sollte. Der letzte, dann steiler gespielte Pass ging bei beiden Mannschaften immer wieder in die Leere oder landete jeweils beim Gegner. Angesichts der Fehlpassmenge dürfen wir aber eben nicht vergessen, die Zebras gaben nicht auf, sich im kontrollierten Spiel zu versuchen. So kam es in einer – insgesamt zwar weniger aufregenden –  zweiten Halbzeit dennoch zu zwei Chancen aus dem Spiel heraus. Keine Stockfehler in der Pauli-Defensive waren dafür verantwortlich, sondern alleine diese vereinzelt gelungenen Spielzüge. Es überraschte nicht, an einem dieser Spielzüge Kevin Wolze beteiligt war. Gestern bestätigte er mit einer sehr guten Leistung die Vertragsverlängerung mit ihm. Diese ausdauernden Versuche die Grundstruktur des Zusammenspiels zu bewahren sind der Grund, warum ich trotz der vielen Fehlpässe ohne ein Gefühl der Enttäuschung aus dem Stadion gegangen bin.

Beim Thema Vertrag, fällt mir zudem auch noch Dustin Bomheuer ein, der sich bei einem hohen Ball der Paulianer völlig verschätzte und anschließend Branimir Bajic danken konnte für dessen Rettungsgrätsche gegen den alleine aufs Tor zulaufenden Paulianer. Der Sprint von Bajic zurück vor der Grätsche beeindruckte nicht minder. Dustin Bomheuer wirkte nicht nur in dieser Situation leicht verunsichert und so klar vorgezeichnet wie bei André Hoffmann scheint mir sein Weg in die Bundesliga noch nicht zu sein.

Vor allem in der ersten Halbzeit schienen Tore für beide Mannschaften jederzeit möglich zu sein. Nicht durch den kontrollierten Aufbau, sondern durch freie Bälle im Mittelfeld, die hin und her titschten, aufsprangen und wenig geplant bei einem Spieler landeten, der dann freien Raum vor sich sah. Oder Fehler passierten eben. So ergaben sich einige Chancen auf beiden Seiten. Dann ging es knapp neben das Tor bei den Versuchen der Zebras und auf der Gegenseite wehrte Felix Wiedwald jeden Ball auf sein Tor ab.

Damit der MSV Duisburg noch den einstelligen Tabellenplatz erreicht, muss sich die Mannschaft gegen Union Berlin noch mehr verbessern. Nehmen wir es als Zeichen für unsere Zuversicht, dass der SC Paderborn zwei Spieltage vor Saisonende noch den Trainer entlässt. Wahrscheinlich aus Sorge vor den im letzten Spiel dann endgültig wieder auftrumpfenden Zebras. Die Saison könnte also noch vor heimischen Publikum mit einer sehr guten Leistung zu Ende gehen.

Kleine Randbemerkung noch zu  dem in Mode gekommenen Versuch, sich bei Eckbällen die Hockey-Eckenregelung zum Vorbild zu nehmen. Anscheinend gibt es eine Spieler-Bewegung, die auf die Verlegung von Eckbällen hin zur Strafraumgrenze  drängt. Wir in Duisburg sind auf Seiten der Traditionalisten und haben schon mehrmals protestiert gegen diese Versuche die Ecken-Regel aufzuweichen. Gestern endlich fanden wir im Schiedsrichter Robert Kempter einen offiziellen Unterstützer unseres Protestes. Vor Ausführung der ersten Ecke von St. Pauli hatte  sich der ausführende Spieler um keine Kreidemarkierung gekümmert. Weit außerhalb des vorgesehenen Viertelkreises lag auf provozierende Weise der Ball. Aber Robert Kempter nahm die Hinweise aus dem Publikum nach nur kurzer Irritation auf und unterband den Pauli-Versuch, die Ecken-Regel zu ignorieren. Ob so ein vorbildhaftes Zusammenwirken nicht auch andere strittige Situationen  klären könnte? Wie oft haben wir hinter dem Tor doch einen besseren Blick auf das Foulspiel etwa innerhalb des Strafraums.

Ein Horrorroman wird zur heiteren Vorweihnachtsgeschichte

So ist das im Horrorroman: Wir erleben unseren Helden MSV Duisburg in einer idyllisch anmutenden Schauinsland-Reisen-Arena mit all seiner Hoffnung auf einen gut verlaufenden Tag.  Wir alle in dieser Idylle wissen, welch schwierige Zeit hinter unserem Helden lag. Doch in den letzten Wochen hatte das Böse keine Macht mehr über sein Leben. Wenn dieses Böse wieder einem Spieler in den Oberschenkel fuhr und er von Schmerz gebeugt danach nur noch am Spielfeldrand zusehen konnte, trat ein anderer Spieler an seine Stelle und erfüllte die Aufgaben mit ähnlicher Qualität. Verbündete sich das Böse mit den Naturgewalten und machte aus Rasen eine glatte Schneebahn, so verwandelten sich Stollen je nach Bedürfnis in Spikes oder Kufen. Das Gute war ins Leben des MSV Duisburg zurückgekehrt.

Das Gute schien stark genug auch im Heimspiel des MSV Duisburg gegen den SSV Jahn Regensburg. Nie habe ich einen schwächeren Gegner in einem Zweitligaspiel beim MSV Duisburg gesehen, so dachte ich schon früh, wenn ich etwa sah, wie überfordert die Regensburger waren, sobald sie den Ball in den eigenen Reihen hatten. Mit stocherndem Stückwerk irgendwie  in die Nähe des Strafraums vom MSV zu kommen, um dort die Chance auf einen ruhenden Ball zu erhalten. Das schien die Taktik gewesen zu sein: Nicht auf das Tor von Roland Müller zu spielen, sondern auf die Ecke oder den Einwurf im gegnerischen Feld.  Kaum einmal kam es im eins gegen eins zum Zweikampf, damit die Regensburger wenigstens den Freistoß provozieren konnten. So bestätigten sich meine Erwartungen, das Heimspiel werde schwerer zu bestreiten sein als die beiden Auswärtsspiele der letzten Wochen. Wir kennen schließlich die Schwierigkeiten der Zebras, torgefährlich zu werden gegen tief stehende Mannschaften, die auf nichts anderes  warten als auf den Fehler des Gegners. Wenn aber zudem etwa gegnerische Flügelspieler nicht einmal im Ansatz den Anschein machen, als besäßen sie das Selbstvertrauen beide Außenverteidiger vom MSV überspielen zu können, kann schon mal die Hoffnung auf das Gute wachsen, selbst wenn das ein zähes Belauern vom Tor der Regensburger bedeuten sollte.

Bis in der 11. Minute sich das Böse daran erinnerte, was es in einem Horrorroman nun einmal zu tun hat. Es muss die heile Welt kurz und klein schlagen. Eine Ecke der Regensburger, perfekt aufs kurze Ecke geschlagen, der Ball verlängert und vom nächsten Regensburger Spieler zur Führung eingenickt. Der Himmel verfinsterte sich noch nicht ganz, aber ich wusste, mein unheimliches Gefühl vor der Ecke hatte seine Berechtigung.

Der MSV Duisburg aber wollte dem Horror entkommen. Die Mannschaft bemühte sich. Doch zwingende Chancen erspielte sie sich erstmal keine. Ging der Ball zweimal einigermaßen gefährlich am Tor vorbei? Ich weiß es nicht mehr genau. Und dann war da noch der harte Schuss von Zvonko Pamic über das Tor. Das war´s. Und ich begann zu zweifeln, ob die Regensburger Defensive genügend Fehler machen würden, damit unserem Helden MSV Duisburg wenigstens das Glück gegen das Böse zur Seiten stehen würde. Denn diese Fehler passierten. Die Regensburger Defensive schenkte Bälle her, schlug Kerzen im Strafraum  und klärte Spielsituationen immer und immer wieder direkt in die Füße eines MSV-Spielers. Doch mit diesen zweiten Bällen konnten die Zebras  nichts anfangen.

Und dann war da noch das Böse, das sich dieses Mal des Schiedsrichtergespanns ermächtigte. Endlich auch mal ein Freistoß für Regensburg, nicht einmal in besonders aussichtsreicher Position. Der Ball wird auf den langen Pfosten geschlagen, wo der Regensburger Spieler unbedrängt zum Kopfball kommen kann. Ein wenig hatte es das Böse also auch auf die MSV-Defensive abgesehen. Danach aber standen drei Regensburger Spieler im Abseits. Das Böse unterband die notwendige Schiedsrichteraktion und schon führte Regensburg mit zwei Toren Vorsprung. Wie sollte diese Mannschaft des MSV Duisburg solch einen Rückstand je aufholen? Der Horrorroman nahm Form an. Wir befanden uns im Mittelteil, und nur die Schwäche von Regensburg gab mir die Hoffnung, im zweiten Teil könnte sich das Ganze vielleicht noch in eine Geschichte des Ausgleichs verwandeln.

Doch weit gefehlt, ich hatte das Gute unterschätzt. Was in der zweiten Halbzeit passierte machte die Geschichte unseres Helden zu einem selten gelingenden Genre-Mix. Dazu brauchte es Mut, sehr viel Energie und einen unbändigen Siegeswillen. Srjdan Baljak wurde eingewechselt und er bereicherte dieses Mal zweifellos das Angriffsspiel des MSV Duisburg. Die Regensburger wurden bei Ballbesitz stärker unter Druck gesetzt, noch hilfloser wirkten ihre Aktionen, kaum mehr Zeit blieb ihnen, den Ball auch nur annähernd kontrolliert weiter zu spielen. Umso präziser und schneller wurde das Offensivspiel des MSV Duisburg. Nun brachte die Mannschaft den Ball in den Strafraum. Nun gab es bei nahezu jeder Balleroberung die schnelle Anschlusshandlung mit einem Zuspiel Richtung gegnerisches Tor. Diese Mannschaft wollte das Spiel noch drehen, und uns Zuschauern die heitere Vorweihnachtsgeschichte gönnen. Das Tor von Goran Sukalo wurde wunderbar herausgespielt. Beim Tor von Ranisav Jovanović wurde ein zunächst abgewehrter Ball endlich klug verwertet. Auch an diesem Tor hatte Goran Sukalo durch eine schöne Ballannahme seinen Anteil. Und dem Kopfballtor von Sören Brandy ging wiederum eine schnelle und schöne Kombination über den linken Flügel voran. Das vierte Tor hätte für die Genreklarheit etwas früher fallen können. Wer weiß, ob nicht so was wie das Schicksal doch nicht Geschmack daran finden kann, einen Horrorroman von vorne bis hinten zu gestalten. Doch Daniel Brosinski erlief sich einen leichtsinnigen Querpass und besaß Energie und Nervenstärke, alleine auf den Torwart zuzulaufen, ihn auszuspielen und den Ball einzuschießen.  Die heitere Vorweihnachtsgeschichte fand für uns Duisburger Zuschauer ein glückselig machendes Happy-End. Was für ein Feiern, was für ein Jubeln. Deshalb liebe Zebra-Fans machen wir die Vorweihnachtsgeschichte ganz rund und nutzen schon mal den passenden Gesang als Übung für die nächste Woche:

Wer nach dem Jauchzen und Frohlocken sich noch erinnern möchte, findet  den Spielbericht von Sky dieses Mal sogar hier eingebunden:

Sinnlos, Sinn und noch das Lego-Männchen

Gestern Abend auf dem Weg nach Hause war ich mir nicht sicher, ob ich nach dieser 2:1-Niederlage des MSV Duisburg gegen den 1. FC Union Berlin überhaupt etwas schreiben sollte. Was gäbe es mehr zu einem Komplettversagen der Mannschaft zu sagen als das, was ohnehin schon unzählige Male gesagt und geschrieben war. Selbst dieses Komplettversagen war ja zudem unwichtig, angesichts der Geldsummen, die da in ganz naher Zukunft nachgewiesen werden sollten.

Ich sah ein großes, weißes Feld als nächsten Blog-Beitrag und alle, wirklich alle, die im Stadion waren, hätten gewusst, was das bedeutet. Für dieses Spiel brauchte es keine Worte! Das war sicher. Wenn der Sinn von etwas ins Wanken gerät, heißt es Schweigen. Dann heißt es aber auch  Dasein, Aushalten und irgendwann mit den Trümmern des Lebens weitermachen. Um im Bild zu bleiben, der Sinn des Projekts Profifußball in Duisburg hing gestern Abend für mich nur noch an einem nicht allzu dicken Sicherungsseil, dessen Reißfestigkeit noch nicht mit der zu tragenden Last geprüft worden war.

Also, Schweigen!

Wenn nicht dieses Schweigen in einem Medium der Schrift auch das Medium selbst überflüssig machte und damit mich als Autor. Wenn einmal der Sinn den Bach runtergeht, gibt es kein Halten mehr. Deshalb: Mit mir nicht! Ich habe eine Idee von dem Schreiben hier. Ich habe auch vom MSV Duisburg eine Idee, die sich, wenn nötig, von der Wirklichkeit löst. Es gibt in mir einen MSV Duisburg, der vom Erzählen lebt, auch wenn dieser MSV Duisburg sich nicht ganz unabhängig von der Wirklichkeit machen kann. Der erzählte MSV Duisburg findet seinen Sinn aber in mehr als dem alltäglichen Geschehen.

Paradoxerweise macht dieses Neufinden von Sinn sogar wieder Worte zum Spiel möglich. Aus Selbstschutz habe ich gestern nach dem Führungstor des 1. FC Union Berlin mich gedanklich aus dem Spiel verabschiedet. Ich hätte mich einerseits sonst zu sehr aufgeregt, andererseits gehört das wieder zum Thema Sinn. Vielleicht haben diesen gedanklichen Abschied die  Spieler auf dem Platz nach dem Selbsttor von Sören Brandy auch vollzogen? Schließlich machten sie nicht den Eindruck, als seien sie jederzeit präsent im Spiel. Es wirkte oft so, als würden sie erst daran erinnert, worum es bei diesem merkwürdigen Hin- und Herrennen mit Ball geht, wenn dieser Ball sich unmittelbar in ihrer Nähe befand. Ansonsten waren sie vielleicht mit irgendwas anderem gedanklich beschäftigt?

Wie gesagt, schließlich ergriff auch mich gestern vor dem Spiel schon sehr viel mächtiger das Gefühl der Sinnlosigkeit als noch vor dem Spiel gegen Aue. Der nahe 1. Dezember als in den letzten Tagen immer wieder beschriebener erster Stichtag für die Nachricht von der Liquiditätssicherung lenkte doch sehr ab. Vielleicht war das Gefühl auch bei den Spielern zu mächtig, gerade etwas zu machen, über dessen Bedeutung außerhalb des Spielfelds entschieden wird. Aber mein Gott, so denke ich dann auch, die Spieler sind doch Sportler. Als Sportler will man gewinnen, jedes Spiel, egal unter welchen Bedingungen. Da geht es doch auch um dieses Glücksgefühl der Gegenwart, den Gegner besiegt zu haben. Da geht es um die Verbindung zu archaischen Erlebnisse der Überlegenheit als Gruppe. Gewinnen bedeutet intensives Glück. Dafür will ich doch alles geben. Außerdem bekommen sie sogar noch Geld dafür.

Doch diese Mannschaft schien nicht dahin zu kommen, alles geben zu können. Sie hatte kein, aber wirklich auch kein einziges Mittel gegen einen nicht allzu guten Gegner zu bestehen. Diese Mannschaft spielte zunächst einigermaßen mit und als es zweimal ernst wurde, führte Union Berlin mit zwei Toren. Zweimal waren die Berliner in der ersten Halbzeit torgefährlich. Zweimal landete der Ball hinter der Linie. Das war die Defensive. Und die Offensive? Wie sollte diese Mannschaft ohne große Hilfe des Gegners ein Tor schießen? Lange Bälle zum Gegner, einsame 60-Meter-Sprints von Maurice Exslager mit Ball am Fuß und drei, vier harmlose Schüsse über und neben das Tor, das war das Spiel nach vorne. Die Mannschaft biss sich nicht ins Spiel. Geordnet sollte es vielleicht sein, kraflos war es. Und aus dem Nichts kann jede Mannschaft wieder gegen den MSV Duisburg ein Tor erzielen. So verlaufen im Moment die Spiele. Die gegnerischen Mannschaften brauchen nur immer mal wieder probeweise den Ball vors Tor zu bringen. Die Spieler des MSV Duisburg werden schon einen Fehler machen, und fällt das Führungstor des Gegners, ist die Niederlage festgeschrieben.

Für mich wird dieses Spiel gegen den 1. FC Union Berlin aber dank des ungeheuer unterhaltsamen Rahmenprogramms in der Halbzeitpause in Erinnerung bleiben. Ente hat im Lego-Männchen einen würdigen Nachfolger gefunden. Vielleicht war es eine Art Übersprungreaktion von mir, und ein wenig hysterisch bin ich mir schon vorgekommen, als ich mich vor Lachen kaum auf den Beinen halten konnte. War das Lego-Männchen blind und brauchte deshalb eine Wettlaufbegleiterin? Auf jeden Fall war es ohne Kniegelenke und scheute trotz dieses großen Handicaps den Wettkampf nicht. Ein Paralympics-Wettkampf der besonderen Art. Vielleicht liegt in diesem Spektakel die Lösung aller Finanzprobleme. Ein Comedy-Kanal bei You-Tube. Google-Adsens-Cents ergänzen das Pfandgeld, und schon ist die Zukunft des MSV Duisburg gesichert. Bis dahin die Frage:  Hat vielleicht jemand ein paar Bewegtbilder vom Lego-Männchen für die Welt?

Komischerweise berührt mich heute Morgen die Nachricht von der wahrscheinlichen Rettung des MSV Duisburg noch nicht sehr. Ganz merkwürdig. Ich muss da mal weiter drüber nachdenken.

Und das haben wir ja auch noch: Pressekonferenz und Stimmen von Ivo Grlic, Sören Brandy und Srdjan Baljak zum Spiel. Ehrliche Wertung von allen, die Ratlosigkeit über die eigene Leistung ist den Spielern deutlich anzumerken.

Auch ohne Tore fühlt sich das nach Sieg an

Im Moment fällt mir kein torloses Unentschieden ein, dass ich derart bejubelt habe wie dieses am Freitagabend gegen den 1. FC Köln. Nachdem der MSV Duisburg ab der 21. Minute nur mit zehn Mann spielte, fühlte sich das Ergebnis nach einem Sieg an. Das ging den meisten in der begeisterten Gästekurve so, aber auch den Spielern, wenn man sich weiter unten anhört, was Julian Koch gesagt hat. Die letzten Minuten hatten es aber auch in sich. Zweimal ging der Ball an die Latte des Duisburger Tores, nach einem Freistoß und nach einer Ecke, und einmal hatten wir gefühlte Ewigkeiten Zeit bei einem wilden Getümmel im Strafraum den jeweils nächsten drohenden Schussversuch der Kölner im Netz einschlagen zu sehen. Doch immer wieder warf sich ein weiterer Duisburger Spieler vor den Ball, bis schließlich der Gewaltschuss nicht mehr zu verhindern war. Aus vielleicht sieben Metern Entfernung knallte der Ball rechts neben das Tor in die Bande. Aufatmen.

Dabei war die Kölner Mannschaft über das Spiel hin gesehen harmlos, verunsichert und ohne Mittel, den Zebras gefährlich zu werden.  Aus Zebra-Sicht  wäre es nach dem Überstehen dieser wenigen wirklich gefährlichen Minuten sogar fast zur perfekten Dramaturgie des Spiels gekommen. Einen ersten Ansatz zum Konter konnten die Kölner gerade noch verhindern, nachdem auf Höhe der Mittellinie der eingewechselte Zvonko Pamic den Ball  einem erneut zögerlichen Kölner Spieler den Ball abgenommen hatte. Doch nach der nächsten Balleroberung  wurde Srdjan Baljak steil geschickt. Aus unserer Perspektive von der Westtribüne auf Höhe des Kölner Strafraums war aber schon nach der Ballannahme zu sehen, dass er nicht in idealer Linie aufs Tor würde schießen können. So hielt sich meine Hoffnung in Grenzen. Vielleicht war ich aber auch nur  zu sehr mitgenommen von den Chancen der Kölner Mannschaft und der Nachricht von vier Minuten Nachspielzeit.

Bis zur 80. Minute hielten sich meine Sorgen aber in Grenzen. Wir sahen eine Kölner Mannschaft, die sehr an den MSV der Heimspiele erinnerte. Es fehlte den Kölnern an Dynamik und Ballsicherheit, um eine die meiste Zeit perfekt verteidigende Mannschaft der Zebras zu überwinden. Alleine Sascha Bigalke zeigte in vergeblichen Einzelaktionen Zug zum Tor. Einzelaktionen bestimmten auch die Entlastungsangriffe beim MSV Duisburg. Vor dem Halbzeitpfiff setzte sich Daniel Brosinski auf der rechten Seite wunderbar durch, doch kam in der Mitte kein Spieler rechtzeitig in den Rückraum, wohin der entscheidende Pass hätte gespielt werden müssen. Sören Brandy versuchte sich unermüdlich, aber vergeblich in langen Sprints mit dem Ball. Auch ihm fehlte die Anspielstation. Das Provozieren eines Foulspiel gelang ihm gar nicht. Ich möchte darauf wetten, dass er beim Schiedsrichter recht bald schon in der Schublade „lässt sich fallen“ lag und unklare Situationen nicht mehr für ihn gepfiffen wurden. Mich beruhigte zudem, dass Antonio da Silva  im Mittelfeld gegen die Überzahl pressender Kölner den Ball behauptete und dann den Pass in den freien Raum spielen konnte. So mussten die Kölner vorsichtiger werden bei ihrem frühen Angreifen, konnten nicht mehr so offensiv auf den Ball gehen.

Julian Koch wurde nun das zweite Mal eingewechselt, und erneut war im Ansatz zu sehen, welche Dynamik er dem Spiel des MSV Duisburg verleihen kann. Schon jetzt, wo er natürlich noch etwas langsamer wirkt als in seiner ersten Saison bei uns, schon jetzt besitzt sein Antritt jene Grundschnelligkeit, dass er mit dem Ball am Fuß sicher in die Lücken der Abwehrreihen stoßen kann, um anschließend den entstandenen Freiraum zu nutzen. Er hat dann das Auge für den Pass. Für den ganz langen Sprint braucht er noch etwas Zeit. Noch sorgt mich zudem jeder seiner langen Schritte bei den Balleroberungen in der Defensive. Das ist sein Spiel schon früher gewesen. Aber es ist auch genau dieses Spiel, das zu seiner schweren Verletzung geführt hat. Dann denke ich und hoffe, er wird sehr genau lernen, wann dieser lange Schritt einfach zu risikoreich ist. Felix Wiedwald braucht übrigens nicht nur wegen der vor allem durch ihn verschuldeten roten Karte für Branimir Bajic zusätzliche Trainingseinheiten im weiten Abschlag beziehungsweise Passen.

In diesem Spiel das torlose Unentschieden gehalten zu haben, wird die Mannschaft weiter zusammenschweißen. Dieses Spiel gibt uns Zuschauern aber auch eine Lektion, weil die spielerische Qualität vom 1. FC Köln, wie erwartet, nicht besser war als die des MSV Duisburg. Das Kölner Publikum war unzufrieden mit der Leistung seiner Mannschaft und pfiff sie schon zu Beginn der Halbzeitpause aus, ganz zu schweigen von der Verabschiedung nach dem Spiel. Mich freute diese Unmutsbekundung, weil ich hoffte, sie könnte die Kölner Mannschaft noch mehr verunsichern. Diese Mannschaft bemühte sich. Sie bemühte sich so, wie es der MSV Duisburg in seinen Heimspielen auch immer tat. In solchen Spielen hat es die verteidigende Mannschaft einfach leichter, die Zuschauer  zu begeistern. Sie braucht nichts mehr zu tun, als sich der angreifenden Mannschaft mit Leidenschaft entgegen zu stellen. Die angreifende Mannschaft braucht spielerische Lösungen, um diese Defensive zu überwinden. Die Leidenschaft der angreifenden Mannschaft kann meist nur unsichtbar bleiben. Spieler etwa, die steil laufen und nicht angespielt werden, wirken nicht stimmungshebend. Obwohl sie sich bei ihrem Lauf anstregen, also Leidenschaft zeigen.

Deshalb war ich auch nicht glücklich über diese in der Öffentlichkeit kolportierte Brandrede von Ivica Grlic vor dem Spiel gegen den 1. FC Köln. Es ginge jetzt nur um drei Buchstaben, oder was hat er nochmals gesagt? So etwas geht in Heimspielen nach hinten los, weil es einen ungerechten Vorwurf befördert, eine Stimmung befeuert, die die Mannschaft nur weiter verunsichert. Noch einmal, im Spiel nach vorne sind Mannschaften wie der MSV Duisburg und, wie wir gesehen haben, der 1. FC Köln nicht präzise genug, um leidenschaftliche Eindrücke zu hinterlassen. Um in der Offensive ein Bild von Leidenschaft zu wecken, braucht es Schnelligkeit und Dynamik. Bei engen Räumen auf dem Spielfeld sind dazu große Präzision im Zusammenspiel und sehr gute technische Fähigkeiten nötig. Beides ist beim MSV Duisburg nicht stabil vorhanden. Was nicht bedeutet, dass ein Spiel sich nicht dahin entwickeln kann. Aber die Stimmung trägt dazu mit bei. Deshalb wäre das Duisburger Publikum gut beraten, es nicht dem Kölner Publikum gleich zu tun und die immer mögliche Enttäuschung gegen die Mannschaft zu richten. Man braucht sie nicht zu  bejubeln, wenn sie schlecht spielen. Der Vorwurf mangelndens Einsatzes ist bislang aber durchweg ungerecht. Das Spiel gegen den FC Erzgebirge Aue wird, so meine ich, deshalb nicht nur zur Prüfung für die Mannschaft. Auch wir Zuschauer können uns wieder beweisen.

Und nun noch die Stimmen zum Spiel von Felix Wiedwald, André Hoffmann und Julian Koch.

Siegesfreude, die sich zum Lobgesang auf Kosta Runjaic wandelt

Jetzt, nachdem alles gut ausgegangen ist, werfe ich den  Blick auf das mögliche Unentschieden im Spiel vom MSV Duisburg beim FC Energie Cottbus und denke mit wohliger Angst-Lust, eine weitere Enttäuschung wäre bis zum nächsten Spiel nicht zu überwinden gewesen.  Ich bin da ziemlich sicher, und um so begeisterterter erlebe ich noch einmal den gestrigen Schlusspfiff, sehe wenige Minuten zuvor den Ball am hechtenden Felix Wiedwald vorbei gegen den Pfosten rollen, erschauer angesichts des nachsprintenden Cottbusser Boubacar Sanogo und jubel über den reaktionsschnell und mutig sich ihm entgegenwerfenden Wiedwald. Er hatte den Ball. Tief durchatmen.

Diese letzten Minuten des Spiels waren kaum auszuhalten, und als die fünf Minuten Nachspielzeit angezeigt wurden, dachte ich sofort wieder nur an die nächste Sekunde  und nicht an die zusätzliche gesamte Zeit für die möglichen Chancen von Energie. Verdrängen musste ich das Bild von hohen Bällen in den Strafraum, die irgendeinem Cottbusser hätten duselig vor die Füße fallen können. Wir alle wollten diesen Sieg als Lohn für eine über weite Strecken des Spiels ungeheuer kompakte Mannschaftssleistung. Wenn ich zudem einen Spieler besonders herausnehmen sollte, wäre das Srjdan Baljak, der mit Laufleistung, Schnelligkeit und Präsenz wieder dort anknüpft, wo er sich vor seiner langen Verletztungszeit befand. Natürlich wären auch andere Spieler zu nennen, doch wegen dieses ungeheuren Leistungsanstieg nach den ersten Einsätzen gebe ich ihm heute die Bühne alleine. Die Mannschaft wird es aushalten.

Der Sieg ist schon wunderbar, aber dass dieser Sieg die Folge einer so klar befolgten Taktik ist, gefällt mir noch viel besser.  Natürlich hat die Mannschaft noch eine weite Strecke Weg vor sich. Später in der Saison wird sie dann hoffentlich gar nicht mehr so unter Druck geraten wie in der zweiten Halbzeit. Die Spieler wollten nichts mehr riskieren, und ich nehme an, das liegt an weiter vorhandener Unsicherheit, weil die Passgenauigkeit beim schnellen Umschalten von der Defensive in die Offensvie einfach nicht gut genug ist. Deshalb aber wurde der Teufelskreis in Gang gesetzt, der einen Gegner mangels entschlossener Entlastungskonter immer sicherer werden lässt. Doch die Mannschaft hat die Nerven behalten. Sie hat, natürlich mit dem Glück in den letzten Minuten, standgehalten und befolgt, was Kosta Runjaic für sie als Mittel zum Sieg entworfen hat.

Das ist für mich die überdauernde Nachricht vom Sieg gegen den FC Energie Cottbus. Wenn all die Emotionen drumherum schon wieder verblassen, bleibt neben dem Ergebnis, die Mannschaft lebt nicht nur von Einsatz, Kampf und frischem Wind durch neuen Trainer, sondern von einem immer größeren Wissen der einzelnen Spieler, wie sie als Teil der Mannschaft besser werden, wie die Einheit sie zu besseren Spielern macht und ihre individuellen Fähigkeiten stärker zur Geltung bringt.

Milan Sasic etwa berief sich immer wieder vor allem auf die Emotionen in der Mannschaft, um Bedingungen für Erfolg zu umschreiben. Viel war seinerzeit die Rede vom Zusammenstehen füreinander. Natürlich ist die gute Stimmung innerhalb der Mannschaft Teil von Erfolg, aber unter Kosta Runjaic wird so viel deutlicher, dass sie nur Voraussetzung für alles andere ist. Neben der Stimmung entwickelte er in kürzester Zeit auch das Wissen der Spieler von ihrem Zusammenspiel weiter. So deutlich wird erkennbar, in dieser Mannschaft weiß gerade jeder einzelne Spieler immer genauer, wie er sich auf dem Platz verhalten muss, um zum Teil eines größeren Ganzen zu werden und damit besser zu werden als alleine. Milan Sasic hatte auch seine Vorstellungen vom Spiel der Mannschaft, ihm fehlten aber sowohl pädagogische Mittel im Umgang mit Erwachsenen als auch anscheinend wirksame Trainingsübungen, um all den Spielern, die nicht von selbst wussten, wie sie zusammen spielten sollten, zu verbessern. Deshalb ist er gescheitert. Kosta Runjaic hat ganz offensichtlich diese pädagogischen Fähigkeiten. Er hat sehr klare Vorstellungen von den Möglichkeiten der Mannschaft und weiß, wie er den Spielern diese Vorstellungen vermitteln kann.

Er wird das Umschalten vom Defensiv- auf das Offensivspiel weiter verbessern, so dass bei einem immer druckvolleren Gegner wie Cottbus in der zweiten Halbzeit die Momente der Balleroberung tatsächlich zu gefährlichen Kontern werden. Er wird André Hoffmann zur weiterer Raffinesse verhelfen, so dass er den erstrebten Aus- oder Eckball kurz vor einem Spielende nicht mehr nur vergeblich versucht. Und bei Ranisav Jovanović wird er diese Fähigkeit vielleicht auch wieder in Erinnerung rufen.

Für mich sind diese zwei Momente, als beide Spieler den Ball kurz vor dem Abpfiff Richtung Eckfahne trieben und die erhoffte Ballsicherung dort nicht gelang, geradezu symbolisch für das momentane Leistungsvermögen.  Beide entscheiden sich in dem Moment grundsätzlich richtig, die allerletzte Aktion aber scheitert und Cottbus kann erneut angreifen, auch wenn der Startpunkt des Angriffs sich möglichst weit entfernt vom Tor der Zebras befand. Die Grundlagen sind nun vorhanden, die aus einer Taktik sich ergebenden Fehler geschehen inzwischen meist so spät, dass sie nicht mehr sofort für die Mannschaft gefährlich werden.  Individuelle Aussetzer à la Berberovic in der ersten Halbzeit kommen allerdings hinzu. Deshalb agiert die Mannschaft noch nicht so selbstbewusst, dass sie dauerhaft auf ein zweites Tor spielen kann. Aber es gibt  Kosta Runjaic. Die Entwicklung geht weiter. Mit Sicherheit.

Das Spiel als Schleuder für Gefühle

Was für ein Wirbel der Gefühle, um mit so einem unbestimmten ich-weiß-nicht nach Hause zu gehen. Die Zufriedenheit mit dem Auftritt des MSV Duisburg in der zweiten Halbzeit wird immer wieder gestört durch die leise Enttäuschung über den Ausgleich zum 2:2. Manchmal pieckst sogar der Ärger, weil schon zuvor nach dem Vorpreschen von Dzemal Berberovic und der völlig offenen linken Seite für uns auf den Rängen so erkennbar war, dass da nur mit sehr viel Glück der zu erwartende Konter überstanden werden kann.

Bei diesem ständigen Anwehen  der Enttäuschung hilft auch der Rückblick auf die erste Halbzeit nicht. In der habe ich mir zum Ende nicht mehr vorstellen können, dass die Zebras ein Tor erzielen werden. So viel Einsatz wieder und so wenig Gefahr im Strafraum. Wie sollte ein Tor gelingen, wenn die  wenigen Gelegenheiten beim Eindringen im Strafraum ohne Druck zu Ende gespielt werden? Valeri Domochiyski wirkt im entscheidenden Moment schon wieder zu zögerlich. Der Strafraum scheint ein schwarzes Loch für sein Selbstvertrauen zu sein. Dort wird es weggesogen, so dass er schon wieder auf auf die Hilfe des Schiedsrichters hoffte.

Allerdings wirkte auch der Schiedsrichter in der ersten Halbzeit schwer gehandicapt, fehlte ihm doch kurz hintereinander die Hilfe seines Linienrichters bei Entscheidungen an der Torauslinie.  Zwei Eckstöße für den MSV Duisburg wurden nicht gegeben. Diese Eckstöße hätte der MSV aber für besagte Torgefahr unbedingt gebraucht. Deshalb waren diese Fehlentscheidungen besonders ärgerlich.

Zunächst zeigte die Hertha das reifere Spiel, dem der MSV Duisburg mit Kampf entgegen halten wollte. Die Berliner schlagen etwa Flanken jedes Mal scharf und relativ flach an die vordere Ecke des Fünfmeterraums. Dorthin kann der Torwart niemals kommen, zudem ist das Timing der Stürmer so aufeinander abgestimmt, dass aus dem Rückraum der Kopfballspieler noch hineinlaufen kann. In dieser Weise kann der MSV Duisburg keinen Angriff über Außen gestalten. Damit gilt es sich abzufinden. Die Flanken des MSV machen höhere Bögen, bleiben länger in der Luft, sind sehr viel ungenauer und bieten so den Abwehrspielern mehr Gelegenheit, sich auf sie einzustellen. Um so bemerkenswerter ist es, dass Goran Sukalo dennoch, nach einem Standard zwar, zum Kopfball kommt, so wie es dem Tor von Srjdan Baljak zum Ausgleich voranging.

In der zweiten Halbzeit aber entwickelte der MSV Duisburg seine eigenen Mittel um die Hertha unter Druck zu setzen. Das Kurzpassspiel mit dem überraschenden Pass in die Tiefe funktioniert inzwischen sehr gut. So schafft die Mannschaft ihre Chancen, und Sören Brandy seine Erfolgserlebnisse. Was ihm in der ersten Halbzeit alles misslang, klappte in Halbzeit zwei. Es war ein mitreißendes Spiel in dieser zweiten Hälfte, nachdem der Ausgleich gefallen war. Der MSV setzte die Hertha weiter unter Druck, und natürlich wuchs die Gefahr eines Konters durch die Berliner.  Doch zunächst gelang es dem MSV gut, diese Konter im Keim zu ersticken, oder sie endeten im Aus oder Abseits. Die 2:1-Führung entstand dann sogar aus dem Spiel heraus, was Hoffnung für die Zukunft gibt. Die Mannschaft erspielte sich nun auch Möglichkeiten. Standards blieben nicht ihr einziges Mittel.

Wenn dann noch endlich in der Defensive die Spieler hohe Bälle des Gegners nicht mehr per Kopf in die zentrale Position vor den 16-Meter-Raum abwehren, erzielen die Gegner auch mal weniger Tore. Der frühe Rückstand ist wieder die Konsequenz solch einer  Kopfballabwehr und auch später gab es noch zwei, drei unangenehme Situationen zu überstehen, weil der Ball zum Gegner dorthin gespielt wurde, wo die Hertha sofort wieder torgefährlich werden konnte.

Das Bangen um den Sieg dauerte nicht lange an, weil Sandro Wagner recht schnell den Ausgleich zum 2:2 erzielte. Mit den den Gefühlen ging es danach ebenso rauf und runter wie das Spiel hin und her. Sieg oder Niederlage, hieß die Devise für beide Mannschaften bis kurz vor Ende, so dass der Schlusspfiff in der Nachspielzeit von jeweils der Mannschaft ersehnt wurde, die gerade nicht den Ball hatte. Zum Spatz in der Hand seufzend gelugt, die verführerische Taube auf dem Dach sehnsüchtig angestarrt. So richtig wusste keiner mehr, ob er sich freuen sollte und wie gerade die Gefühlslage so war.

Nur einer wird da sicher keine Schwierigkeiten gehabt haben. Änis Ben-Hatira war mit Sicherheit mit sich selbst hoch zufrieden und wird wahrscheinlich selbst eine Umarmung von Maskottchen Hoppelhase als Bad in der Menge empfunden haben. Gesehen habe ich ihn am Ende nicht mehr, und schon wieder war es wie früher, als ich zu seinen Zeiten beim MSV keine Chance hatte, ihn so richtig als Publikumsliebling abzufeiern. Dabei musste ich ihm während des Spiels zu seiner Einschätzung seines Verhältnisses zu den Duisburger Fans gegenüber den Berliner Medien tatsächlich recht geben. In der zweiten Halbzeit wurde er von unserer Kurve so hochfrequent anhaltend bejubelt, dass es sogar wie Pfeifen klang. So einen tollen Publikumsliebling hatte der deutsche Fußball noch nie. Änis, wir wollen ein Kind von dir.  Den Spielbericht bei Sky gibt es mit einem Klick weiter.

Gut gespielt mit zwei entscheidenden Fehlern

Man kann sich an Spiele ohne Niederlagen ganz schön gewöhnen. Dabei war die jüngste Erfolgsserie des MSV Duisburg gar nicht so lang. Aber so ist der Mensch, wenn er so ein Mensch ist wie ich. Schaut auf die guten Gefühle und vergisst schnell den Rest der Saison. Deshalb will ich mich auch gar nicht lange mit der Enttäuschung aufhalten, die da nach einem guten Spiel des MSV Duisburg beim TSV 1860 München aufflackerte. Eine dumme Niederlage war das gestern Abend.

Dabei wirkte die Mannschaft vom Ausfall Goran Sukalos und Jürgen Gjasulas unbeeindruckt. Sie spielte von Anfang an mit und wollte in München gewinnen. Man kann es nicht oft genug wiederholen. Dieses Selbstbewusstsein der Mannschaft ist ein Verdienst der Arbeit von Oliver Reck und Uwe Schubert. Diese Mannschaft vertraut darauf, sich Chancen zu erspielen. Die Schwächen liegen auf der Hand. Sie braucht zu viele Anläufe für diese Chancen, die wiederum nur in Ausnahmen gefährlich werden. Es gibt nicht oft jene Präzision im Spiel der Mannschaft wie bei dem Konter, der zum Ausgleich führte. Deshalb muss viel gearbeitet werden, deshalb wird oft vergeblich gelaufen. Das ist offensichtlich und bedeutet viel Trainingsarbeit. Was aber nichts daran ändert, dass dieses wunderbare Zusammenspiel zwischen Srdjan Baljak und Emil Jula beiden hoffentlich zu weiterer Sicherheit verhilft. Dieses Tor war schon große Klasse.

Solche Tore müssen aber möglichst oft fallen, weil in der Defensive immer mal wieder ein Fehler passiert und zwar im Spiel nach vorne. Gegen die Mannschaften gleicher Spielstärke ist es weniger das Stellungsspiel der Abwehr als der Versuch des kontrollierten Spielaufbaus aus der Abwehr heraus, der dem Gegner Chancen eröffnet. Manchmal hat die Mannschaft dann Glück, in München war das nicht der Fall. So fiel der Siegtreffer durch den Ballverlust von Srdjan Baljak, der beim aggressiven Pressing der Münchner nicht schnell genug reagierte. Wahrscheinlich ist es das Risiko, das wir in Kauf nehmen müssen, wenn die Mannschaft konsequent versucht, ein Kurzpassspiel zu entwickeln. Aber wer hätte vor einigen Wochen  geglaubt, dass bei dieser jungen Mannschaft ohne zwei auch nur annähernd von gleicher Spielstärke wie beim TSV 1860 München zu sprechen ist. Über die miserable Freistoßmauer vor dem ersten Tor der Münchner schweige ich hier genauso wie von dem Geplänkel, das  zu diesem Freistoß führte.

Diese Mannschaft des MSV Duisburg braucht sich nicht zu sorgen vor dem Spiel gegen Alemannia Aachen, die sich nun doch noch einmal gegen den drohenden Abstieg aufbäumen. Am Samstag lastet der Druck auf den Aachenern, die Mannschaft vom MSV Duisburg kann in Ruhe gewinnen.

Auf neuem Rasen Auswärtssieg

Das brauche ich auch nicht jedes Mal. Mein Auswärtssieg-Fieber wollte wenigstens einmal im Leben so ein richtiges Fieber sein, und was so ein richtiges Fieber ist, das will auf keinen Fall jemanden mit Tastaturen teilen, geschweige denn mit lobenden Worten über die Mannschaft vom MSV Duisburg. Nun hat es das alles mal 36 Stunden ausprobiert, und allmählich habe ich den Eindruck, das Auswärtssieg-Fieber ist mit seinem Dasein als euphorisches Gefühl vollauf zufrieden.

Für euch und mich hat das Ganze aber nun den Vorteil, einen Tag später und damit länger den 2:1-Sieg des MSV Duisburg beim SC Paderborn noch einmal lebendig werden zu lassen. Die Energieteam Arena vulgo das Paderborner Stadion war vor dem Spiel gegen den MSV Duisburg mit einem neuen Rasen versehen worden. Das war kein Nachteil für den MSV Duisburg, auch wenn die Spieler vom SC Paderborn in der ersten Halbzeit nicht nur ballsicherer waren, sondern auch mit ihrem beeindruckenden Flügelspiel einen überlegeneren Spielaufbau zeigten. Doch die Spielweise vom MSV Duisburg verlangt im Moment ebenfalls einen möglichst ebenen Rasen. Diese Mannschaft merkt in diesen Wochen, was sie im Offensivspiel alles kann. Die technisch versierteren Spieler der Mannschaft probieren, was sonst nur im Training geht. Kurzpassspiel wird immer versucht, der Ball wird kontrolliert. Manchmal rumpelt und knirscht es, doch das wird in Kauf genommen. Nur zum Ende des Spiels hin kam es wieder zu altbekannter Gjasula- und Brosinski-Stimmungstöter-Körpersprache, die zum Glück keinen Schaden anrichtete. So etwas liegt tief in der Persönlichkeit und hindert Jürgen Gjasula etwa noch ein großartiger Spieler zu werden. Gegen den SC Paderborn war er das spielerische Zentrum dieser Mannschaft. In der entscheidenden Szene vor dem 1:0 behauptete er den Ball an der Strafraumgrenze gegen drei Paderborner Gegenspieler, dann spielte er noch einmal raus auf den Flügel zu Dzemal Berberovic, ist sofort wieder anspielbereit und gibt den Pass in die Mitte zum vollstreckenden Kevin Wolze. Allmählich gibt es auch das mannschaftliche Verständnis, das seine Pässe überhaupt erst zur Gefahr werden lässt. Pässe in den Raum wie vor dem Siegtor sind nur möglich, wenn Spieler aufeinander eingestimmt sind.

Pässe in den Raum bestimmten auch das Paderborner Spiel. Die erste große Chance in der 2. Minute bildete die Blaupause für alle gefährlichen Angriffe. Entweder kam ein weiter Ball auf die Flügel oder der Pass kam aus dem Mittelfeld zwischen Innenverteidiger und Außenverteidiger steil gespielt. Die Bälle erreichten die Flügelspieler in dieser ersten Halbzeit fast immer. Diese Präzision beeindruckte gerade bei den weiten Bällen. Das waren keine Verlegenheitspässe. Das war so gewollt und auf den Punkt genau ausgeführt. Nach zehn Minuten wünschte ich mir so etwas wie eine Auszeit des Basketballs, damit vor allem beiden Außenverteidigern Hinweise zum Verteidigungsverhalten für genau diese Angriffe hätten gegeben werden können. Sie hätten solche Anweisungen auch nach dem Führungstreffer für den MSV Duisburg gut gebrauchen können. Die Paderborner blieben weiter sehr gefährlich, und Felix Wiedwald erhielt Gelegenheiten genug zu zeigen, dass seine Großtat in der zweiten Minute kein Zufall gewesen ist.

Aber schon in der ersten Halbzeit wurde offensichtlich, dass die Mannschaft vom MSV Duisburg durch die gefährlichen Angriffe der Paderborner wenig beeindruckt war. Die Mannschaft suchte weiter den Weg nach vorne und zwar als geschlossene Einheit. Weites Aufrücken barg gegen die schnellen Paderborner zwar Risiken, doch auch weil der MSV Duisburg mitSPIELEN wollte, war das Niveau der Begegnung hoch. Dieses weite Aufrücken führte schließlich zum Ausgleichstreffer zu Beginn der zweiten Halbzeit. Bei einer Mannschaft, die so weit aufrückt, darf es in der letzten Reihe zu keiner unkontrollierten Spielaktion kommen. Ein Schussversuch ohne ausreichende Abdeckung nach hinten ist dann ein Fehler. War es Vasileios Pliatsikas, der einen aus der Paderborner Abwehr kommenden Ball direkt zu schießen versuchte? Im Ansatz war zu sehen, wenn das schief geht, ist der Weg frei zum Tor des MSV Duisburg. Und es ging schief.

Beeindruckend war der dann weiterhin vorhandene Wille, dieses Spiel zu gewinnen. Diese Mannschaft besitzt wieder Selbstbewusstsein. Die Einwechslungen von Valeri Domovchiysk und später Srdjan Baljak waren Zeichen der Stärke. Nun kamen die Pässe der Paderborner auch nicht mehr ganz so präzise. Der Ausgleich war keineswegs ein Signal für die Heimmannschaft, weiter aufzudrehen. Der MSV Duisburg hielt dagegen und erspielte sich seine Möglichkeiten. Deshalb empfinde ich die Kategorien verdient und unverdient für dieses Spiel als unpassend. Natürlich hatte Paderborn mehr Torchancen, aber sie haben sie nicht verwandelt. Und das unverdient käme für mich nur in Betracht, hätte sich der MSV hinten reingestellt und per Zufall wäre ein Kontertor möglich geworden. Dem war nicht so. Die Mannschaft vom MSV Duisburg versuchte das gesamte Spiel über, in den zweiten Halbzeit allerdings erfolgreicher, durch eigene Kreativität im Spiel Chancen zu schaffen.

Das ist neben dem Sieg, der uns alle begeistert, die entscheidende Nachricht über dieses Spiel, selbst wenn die Mannschaft ihre Qualitäten nicht ganz stabil über 90 Minuten zeigen kann. So kam es in den letzten fünf Minuten wieder zum einfachen Hergeben des Balles. Das kannten wir schon aus dem Spiel gegen Bochum. Die Mannschaft bekam plötzlich Angst vor dem Siegen. Noch einmal Bangen und Zittern, obwohl in meinem Tabellenrechner-Endstand nicht einmal ein Unentschieden in Paderborn vorgesehen war. Aber echt ist echt, und Planspiele sind Planspiele. Jedes Mal Gewinnen ist einfach schöner, als im Plan zu bleiben. Klassenerhalt gibt es in beiden Fällen. Und zu dem von der örtlichen Polizei gewollten Viehtrieb-Ambiente für die Bahnreisenden MSV-Fans schreibe ich noch gesondert was. Die gute Laune will ich mir heute nicht mehr verderben.


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