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Ein 3:0 nach dem Zwiebelprinzip: Unter der Souveränität die Lage Glück

Englische Wochen haben es in sich. Große Lust verspüre ich nicht an diesem Donnerstagmorgen, über das gestrige Spiel des MSV Duisburg gegen SV Elversberg zu schreiben, besonders weil der Sieg souverän und gleichzeitig auch glücklich war. Wenn beides zutrifft, muss einiges erklärt werden. Aber wie gesagt, eigentlich ist mein Kopf nicht frei für einen gründlich erklärenden Spielbericht. Eigentlich steht heute Aufbauschreiben für die Wochenendbegegnung an, vielleicht noch ein paar Lockerungsübungen in Sachen Heimatlied – Sektion Duisburg, aber doch nicht Gedanken zu einem Spiel, das mit einem sehr frühen Kopfballtor durch Tanju Öztürk in der 2. Minute begann und dann für ungefähr weitere 55 Minuten  sich so anfühlte, als sei es den Spielern des MSV Duisburg gestern genauso gegangen wie mir heute.

Nach diesem frühen Führungstor wollten die Zebras nicht viel riskieren, sie wollten den Einsatz in Grenzen halten und das Spiel dennoch kontrollieren. Was wirklich nicht schön anzusehen war, weil zu so einer Spielkontrolle die nötige Ballsicherheit beim Spiel nach vorne vollends fehlte. Das führte in der Offensive zu großem Gewurschtel, unpräzisen Pässen, ergebnislosen Einzelaktionen und dem Ball abgeben an den Gegner. Der Elversberger Spielaufbau wurde dann in deren Hälfte halbherzig angelaufen. Mir fehlt gerade das passende Wort. Stören möchte ich das nicht nennen, Pressing darf jeder völlig vergessen. Wie gesagt, das wäre nicht weiter schlimm gewesen, wenn die Defensive in der eigenen Hälfte souverän gestanden hätte. Da aber die Sicherheit der Defensive bei solch einer Spielweise  besonders mit der Qualität der Offensive zusammenhängt, war absehbar, dass die Elversberger zu ihren Chancen kommen würden. Die Mannschaft erwies sich als abschlussschwach, zudem kam bei einem Pfostentreffer in der zweiten Halbzeit Pech dazu. Oder war es die Latte?

Ihr seht, ich knüpfe an die Mannschaftsleistung an, Unsicherheiten und Fehler durchzogen das Spiel. Die Konsequenz war großer Unmut auf den Rängen. Das Pfeifkonzert zur Halbzeitpause trotz Führung machte deutlich, das Duisburger Publikum ist mit Ergebnisfußball momentan nicht zufrieden. Ich machte keine Ausnahme, obgleich ich Pfiffe zu diesem Zeitpunkt für verfehlt hielt. Aber auch Fans sind manchmal hilflos wie die Spieler und greifen auf unpassende alte Schlager des Unmuts zurück wie „Wir woll’n euch kämpfen sehen“. Wenn eines sicher ist, die Spieler kämpfen. Die Schwierigkeiten dieses Mal lagen in dem notwendigen Aufbauspiel bei einer solchen Spielanlage in der Defensive.

Als Karsten Baumann dann in der 60. Minute etwa Patrick Zoundi für Gerrit Wegkamp einwechselte, gab es endlich das Ventil für allen Unmut. Pfiffe, „Baumann raus“ und Sprechchöre für Gerrit Wegkamp. Ein großer Teil des Duisburger Publikums hält Karsten Baumann für den Schuldigen an der Spielweise. Ihr merkt, ich gehöre nicht dazu. Natürlich ist er verantwortlich mit seinen Vorgaben für die Spielweise. Ich ärger mich auch und wenn ich mich beruhigt habe, überlege ich, welche Alternative es gibt. Ich sehe keine. Ich glaube nicht, dass ein anderer Trainer erfolgreicher mit der Mannschaft gewesen wäre. Ich sehe aber auch, solche Überlegungen spielen keine Rolle mehr. Es geht nicht mehr alleine um den Erfolg. Es geht um Spielkultur. Es geht um die Entwicklung der Mannschaft. Wahrscheinlich fehlen  zwei, drei Spieler für diese Entwicklung.

Natürlich hat sich Karsten Baumann bestätigt gefühlt, als Patrick Zoundi nicht nur die Angriffe des MSV Duisburg sofort gefährlicher machte, sondern bald auch durch sein konsequentes Nachgehen das 2:0 erzielte. Andererseits beweist diese Einwechslung gleichzeitig auch nicht viel. Patrick Zoundi kommt meist in dieser Spielphase und nicht immer ist er so erfolgreich. Nicht alles ist eben so eindeutig, wie es auf den ersten Blick scheint, ob nun positiv oder negativ über Karsten Baumann geurteilt wird. Ich vertraue auf Ivo Grlics Urteil über die grundsätzliche Qualität von Karsten Baumanns Arbeit. Es ist aber auch klar, die Mannschaft und damit Karsten Baumanns Arbeit wird von vielen MSV-Zuschauern in den nächsten Spielen nicht nur an den Ergebnissen gemessen.

Das dritte Tor wurde zwar ebenfalls durch Patrick Zoundi erzielt, der Beifall muss aber vor allem Phil Ofosu-Ayeh gelten, der in der 79. Minute bei einem Konter noch einen Sprint samt Ball über das ganze Spielfeld hinlegen konnte, ohne dass ihn ein Gegenspieler einholte. Zudem behielt er an der Strafraumgrenze den Überblick,  um quer auf Zoundi abzulegen. So wirkt der Sieg souveräner, als er war. Glück gehörte besonders zu Beginn der zweiten Halbzeit hinzu, als die Elversberger ihre Abschlussschwäche zu überwinden begannen.

Tanju Öztürk und Phil Ofosu-Ayeh mit Kommentaren nach dem Spiel

 

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Alles hängt mit allem zusammen

2013-12-07_muenster_msv 029b Kurz vor der 56. Minute war es, als ich den Spielstand mit der Führung des MSV Duisburg gegen den SC Preußen Münster fotografierte. Eine Erinnerung wurde dieses Foto, eine Erinnerung daran, was möglich gewesen war. Auf dem Spielfeld sprach gerade immer mehr dafür, dass die 1:0-Führung nach 90 Minuten nicht mehr Bestand haben könnte. Dieses Foto ist eines der Hoffnung wider besseren Wissens, des unangenehmen Gefühls, erneut das andere Gesicht dieser Mannschaft sehen zu müssen. Drei Minuten später fiel der Ausgleich, und als ich die Spieler zur Mittellinie habe gehen gesehen, ahnte ich, nur mit Glück könnte eine Niederlage verhindert werden. Wer es nicht vorher wusste, der sah an den hängenden Schultern der Spieler, an ihrer Erstarrung und der Langsamkeit ihrer Bewegungen, wie zerbrechlich das Selbstbewusstsein dieser Mannschaft ist. Nach einem Gegentor braucht sie Zeit, um überhaupt wieder ins Spiel zu finden. Gegentore lähmen diese Mannschaft, und Energie, die eigentlich ins Spiel fließen sollte, brauchen diese Spieler erst einmal, um mit sich selbst klar zu kommen.

2013-12-07_muenster_msv 013bDas Spiel hatte für den MSV Duisburg gut begonnen. Nicht nur die Mannschaft trat zunächst energisch auf, auch die Anhänger des MSV Duisburg beanspruchten im Münsteraner Stadion die Duisburger Vorherrschaft. Preußen Münster hatte Mühe ins Spiel zu finden, und die Zebras kombinierten sich in die Nähe des Münsteraner Strafraums. Eines deutete sich aber dennoch wieder an, der letzte Pass in die Spitze kam oft nicht präzise genug. Andererseits konnte die Münsteraner Defensive die eroberten Bälle ebenfalls nicht sicher genug verarbeiten, so dass die von Karsten Baumann vorhergesagten Fehler im Spiel von den Zebras bessser genutzt wurden. So war Patrick Zoundi zwar nicht so durchsetzungsstark wie gegen Unterhaching. Dennoch sorgte er für die nötige Unruhe in der Münsteraner Defensive, erzwang Fehlpässe der Münsteraner, selbst wenn dem der Fehlpass der eigenen Mannschaft voraus ging.

Das frühe Führungstor durch den schön geschossenen Freistoß von Pierre De Wit gab weitere Sicherheit. Tanju Öztürk machte ein gutes Spiel in dieser ersten Halbzeit, Angriffsversuche der Preußen wurden fast immer früh unterbunden. Dennoch blitzte die Gefährlichkeit von Preußen Münster zwei-, dreimal auf, wenn mit langem Ball auf den Flügel das Mittelfeld überbrückt wurde und mit anschließender, gut eingespielter Ballstaffette ein Spieler auf dem gegenüberliegenden Flügel im Strafraum nahezu frei gespielt werden konnte.

2013-12-07_muenster_msv 024bZudem beschlich mich ein ungutes Gefühl, wenn ich die eigentlich lobenswerten Versuche der Zebras sah, Drucksituationen in der eigenen Hälfte spielerisch zu lösen. Ich kann das nicht richtig greifen. Ich hatte nur einmal mehr den Eindruck, die Mannschaft ist als Einheit nicht dauerhaft gut genug, für ihre Versuche über das gesamte Spielfeld zu kombinieren. Zu oft geht ein letzter Pass in die Leere, zu oft sieht es so aus, als gelänge der Zug  Richtung gegnerisches Tor zwei, drei Ballkontakte zu spät. Das macht nichts, wenn der Gegner selbst nicht gut genug ist, die gewonnenen Bälle zu verarbeiten, sowie der Druck durch die Offensive der Zebras groß genug ist, um die verlorenen Bälle sofort wieder zurück zu erobern. Das wird aber gefährlich, wenn, wie in der zweiten Halbzeit, es nicht mehr gelingt, den gegnerischen Angriff schon in dessen Hälfte regelmäßig zu stören.

2013-12-07_muenster_msv 025bIch beschreibe das so ausführlich, weil in diesem Spiel so deutlich wurde, wie alles mit allem zusammenhängt. Als mit Tobias Feisthammel ein zweiter Spieler ins Mittelfeld kam, der den Ball nicht sicher in die Offensive bringen kann, begann das Spielgefüge zu kippen. In der zweiten Halbzeit fanden die Spielaktionen immer häufiger in der eigenen Hälfte statt, und die eigentlich gestärkte Defensive hätte nun noch stärker werden müssen. Durch die nun  intensiver vorgetragenen Angriffe der Preußen verlor die Defensive des MSV weiter die Ordnung, die gegnerischen Spieler erhielten zu viel Raum. Die zur Entlastung eigentlich notwendigen Angriffe kamen kaum über die Mittellinie hinaus. Die Bälle wurden schnell wieder verloren. Die Offensive des MSV fand kaum mehr statt. Es gab keine Hoffnung mehr auf das eigene Können, Glück wäre nötig gewesen.

2013-12-07_muenster_msv Dieses Glück hatte sich Preußen Münster erarbeitet. Denn auch wenn diese Mannschaft in der zweiten Halbzeit immer gefährlicher wurde, war nicht zwangsläufig ein zweites Tor zu erwarten gewesen. Auch diese Mannschaft braucht für den Erfolg eine immer gefährdete Mischung aus Glauben an die eigenen Qualitäten, Überlegenheit, die sich erst im Spiel entwickelt, und das entsprechende Glück. Das Glück bekam zudem noch einen Gehilfen in Person des Linienrichters, der den von Karsten Baumann gewünschten Wechsel ignorierte. So konnte Münster den Eckball in der 90. Minute ausführen, die Energie aus dem unbedingten Willen noch zu gewinnen hoch halten und ein weiterer kopfballstarker Spieler des MSV fehlte in der Mitte. Wobei, wenn ich recht überlege, ist selbst das, die mögliche Verbesserung der Lufthoheit im eigenen Strafraum, nicht sicher beim MSV Duisburg. Alles ist möglich. Denn alles hängt zwar mit allem zusammen, doch wie sich das jeweils auswirkt, weiß man immer erst nachher.

Die Pressekonferenz nach dem Spiel mit einem Karsten Baumann, der weniger angefressen wirkt als in Spielen zuvor. Vielleicht hat er sich an diese fehlende Konstanz seiner Mannschaft inzwischen gewöhnt.

Zweikampf-Expertenrat soll Heimspiel-Komplex beseitigen

Beim MSV Duisburg herrscht unter Fans und sportlich Verantwortlichen vor dem heutigen Heimspiel gegen die SSpVgg Unterhaching angespannte Stimmung. Werden die Zebras ihre in dieser Saison so ausgeprägte Heimspielschwäche überwinden? Erst zwei Siege stehen zu Buche, und auf der Pressekonferenz vor dem Spiel kam Karsten Baumann zum Ende hin indirekt auch auf eine der dafür verantwortlichen Schwierigkeiten seiner Mannschaft zu sprechen. Wenn die andere Mannschaft den Ball gut laufen lässt, wird es für seine Spieler schwierig aus ihrer raumorientierten taktischen Grundordnung schnell genug in die Nähe des Ball führenden Gegners zu gelangen.  Kurz und mit einem Standard der Spielbeschreibung gesagt, die Spieler kommen nicht in die Zweikämpfe. Das sieht  blöd aus und bereitet sowohl auf dem Platz als auch auf den Rängen großen Unmut.

Auf der Pressekonferenz wollte Karsten Baumann die nun vorgenommenen kreativen Gegenmaßnahmen beim Training nicht besonders erwähnen. Dabei muss sich der MSV Duisburg dafür gar nicht schämen. Die meisten erfolgreichen Fußballvereine Europas machen es vor und suchen Rat bei Trainern anderer Sportarten und fachfremden Experten. So war Ivica Grlic der Call-of-Duty-Experte KaNaKaN bei spieletipps.de aufgefallen, weil er ratsuchenden Spielern häufig konstruktive Kommentare gab. Schon Donnerstag sah man KaNaKaN auf dem Trainingsgelände an der Westender Straße, wie er mit Markus Bollmann zusammen stand.   Trainings-Kiebietze erzählen, dass folgender Rat von ihm zu hören war:

…mach taktik-steuerung und leg dich hin,wenn du in einen zweikampf kommst.so gewinnst du mindestens 60% deiner zweikämpfe

Markus Bollmann blieb zunächst skeptisch. 60 Prozent, das sei zu wenig, meinte er. KaNaKaN ließ sich davon nicht beirren und erwiderte, er wisse, normalerweise bräuchten Fußballer bessere Zweikampfwerte, aber wenn sie die entscheidenden Zweikämpfe gewönnen, sei das auch egal.

Ein weiteres fremdes Gesicht war nur kurz zu sehen. Zum großen Ärger der sportlich Verantwortlichen erwies sich der  Call of Duty-Experte Koesti nämlich  als unbedingter Verfechter  eines schmutzige Spiels:

Einfach mal defensiv spielen nicht immer den Zweikampf, das Waffenduell suchen. Und wenn du einen Zweikampf willst, dann mach ihn so unfair wie es geht: Jump/Dropshot, Headglitch, Prefire wenn du ihn schon um die Ecke hörst, OP-Waffen benutzen. Das hört sich zwar noobig an aber das machen die meisten Gegner.

Karsten Baumann war entsetzt, als er diese Worte hörte. „Derartige Äußerungen, die dem Geist des Fairplay widersprechen, habe ich nicht von einem solch renommierten Experten erwartet“, sagte er und verwies Koesti augenblicklich vom Trainingsgelände, während Tanju Öztürk und Pierre De Wit noch sichtlich geschockt flüsternd beieinander standen. So wollen die Zebras keinesfalls Fußball spielen. Alle Spieler waren sich einig, gegen Unterhaching werde der Heimsieg mit fairen Mitteln errungen.

Dass nicht jeder fachfremde Experte dem MSV Duisburg weiterhelfen kann, zeigte sich schließlich beim World-of-Warcraft-Fachmann, der sich auf die besonderen Anfordernisse des Fußballs als Mannschaftssport nicht einlassen konnte. „Es gilt als äußerst unehrenhaft, sich während eines Duells von seinen Freunden heilen zu lassen“. Viel mehr ließ ihn das Trainer-Team dann nicht mehr sagen, ehe er freundlich verabschiedet wurde. Nach einem Sieg gegen Unterhaching werden Ivica Grlic und Karsten Baumann analysieren, ob der Expertenrat hilfreich war und  auch in Zukunft genutzt werden kann.

Von Grenzen, überdrehenden Borussen und orientierungslosen Unparteiischen

Dieses Spiel des MSV Duisburg gegen Borussia Dortmund II hatte etwas vom gemeinsamen Wochenende mancher Fernbeziehungspaare nach dem ersten Verliebtsein. Voller Vorfreude ist ein romantischer Freitagabend mit gemeinsamen Kochen geplant. Doch über die Woche ist die Sahne für die „Sauce“ sauer geworden, das notwendige Geschirr ist noch nicht gespült und nach der Magenverstimmung vom Vortag hat einer von beiden ohnehin nicht den rechten Appetit auf die vom anderen eingekauften Meeresfrüchte. Schön soll es dennoch werden. Unser Paar bemüht sich redlich über alles hinwegzugehen. Doch ohne genau zu wissen, woran es nun liegt, kriegt keiner von beiden mehr so richtig die Kurve. Am Sonntag geht man mit gemischten Gefühlen wieder auseinander. Die Leichtigkeit war der Anstrengung um Leichtigkeit gewichen. Unser Paar, der MSV Duisburg, kam zum Sieg entschlossen auf das Spielfeld. Deutlich war das in den ersten Minuten zu erkennen. Die Enttäuschung nach der 2:1-Niederlage ist dementsprechend groß, nicht zuletzt Karsten Baumann steht sie während der Pressekonferenz nach dem Spiel ins Gesicht geschrieben. Selbstkritisch merkt er an, das Augenmerk der Mannschaft vielleicht zu sehr auf die Offensive gebracht zu haben.

Die zwei Tore der Dortmunder fielen allerdings keineswegs wegen der zu offensiven Ausrichtung und der dann entblößten Defensive. Die Abwehrreihe hatte bei diesen zwei Toren jeweils genügend Zeit sich auszurichten. Was bislang aber immer schon als Schwachstelle der Mannschaft erkennbar war, verschärfte sich dieses Mal durch eine schnell vorhandene Zagheit und dem mangelnden Biss in der Defensive. Beim ersten Tor der Borussen stimmte die Zuordnung in der Abwehrreihe nicht. Zu langsam fanden die Spieler ihre Gegenspieler. Beim zweiten Tor schienen eigentlich alle Defensivspieler an ihrem Platz zu sein, um die Abwehrarbeit aufzunehmen. Sie taten es nur nicht. Dem ballbesitzenden Dortmunder wurde der Raum gelassen, um seine Mitspieler dorthin zu dirgirieren, wohin er sie haben wollte. Er stand, wurde nicht bedrängt, seine außen laufenden Mitspieler zogen die Abwehr auseinander, und so konnte er in Ruhe losmarschieren und schießen.

Auch wenn das Spiel in der Offensive besser war, an die guten Leistungen der letzten Wochen konnten die Spieler vom MSV Duisburg dennoch nicht anknüpfen. Es lief nicht rund. Immer wieder versprang der Ball. Pässe in den freien Raum kamen nicht präzise genug. Selbst wenn Bälle dann behauptet wurden, Torgefahr konnte so nicht entstehen, weil Sprints abgebrochen werden mussten. Der Anschlusstreffer fiel dennoch, denn die Mannschaft bemühte sich, und Kingsley Onuegbu besitzt eine sehr feine Schusstechnik. Er hatte sich fast bis zur Torauslinie durchgetankt und schoss aus sehr spitzem Winkel ein. Dieses Tor war wieder beeindruckend. Es reichte nicht.

Die Grenzen der Mannschaft machten sich in der zweiten Halbzeit vor allem als fehlende Kraft bemerkbar, auch wenn das Zusammenspiel in der Offensive besser wurde und die Defensive nicht mehr ganz so viel zu tun bekam. Denn auch auf Dortmunder Seite schwanden die Kräfte sehr früh, so dass ab der 70. Minute die Spieler Wadenkrämpfe bekamen und das Zeitspiel dieser Mannschaft ein unerträgliches Ausmaß annahm. Auf Duisburger Seite schwand die Kraft vielleicht auch deshalb, weil mit viel Einsatz und schnellem Spiel drei, vier Mal die Defensive der Dortmunder überwunden und die Ahnung einer Chance greifbar wurde, die dann der Abseitspfiff zunichte machte. Natürlich lassen sich von unserem Stehplatz hinter dem Tor solche Situtationen nicht klar erkennen. Doch unser Misstrauen in die Schiedsrichterleistung hat gute Gründe. Neben den Abseitsentscheidungen gab es einige nicht unterbrochene beiderseitige Foulstaffetten, gefolgt von den zwei Höhepunkten: zwölf Borussenspieler auf dem Platz und jener Foulpfiff nach der Laien-Stunteinlage eines Borussenspielers, der eine so offensichtliche, sehr spezielle Kombination von Standhochsprung und Bauchplatscher war.

Ich kann mich übrigens nicht daran erinnern, nach einer Niederlage aus dem Stadion gegangen zu sein mit dem Gefühl, die siegreiche gegnerische Mannschaft ist mir durchweg unsympathisch. Normalerweise denke ich beim Sport nicht in solchen Kategorien. Aber liebe Borussen-Zweitmannschaftsspieler, dieses Gefühl in mir zu wecken habt ihr tatsächlich geschafft. Eine noch viel stärkere Leistung als der Sieg, einfach ist das nämlich nicht! Vielleicht kann mir ja ein zufällig mitlesender Borussen-Fan erklären, was gestern in diese Mannschaft gefahren ist. Hat man denen was ins Erfrischungsgetränk getan? Oder habe ich irgendwas nicht mitbekommen von der besonderen Abneigung, die der Borussia aus Duisburg entgegengeschlagen ist? Ich habe keinen Grund für diese überdrehenden Torjubelposen vor der Duisburger Kurve bemerkt, weder vorher, geschweige denn im Spiel. Soll ich diese Art aggressive Provokation, die ja später auch zwei-, dreimal gegenüber den Spielern vom MSV gezeigt wurde, wegen des Alters der Spieler nachsehen? Da gebe ich doch lieber dem Trainer der Schwarzgelben, David Wagner, einen Erziehungsauftrag mit auf den Weg. Mäßigung heißt das Gebot nach diesem Spiel und Respekt vor dem Gegner.

Was reden wir vorher schöne Worte über Gewaltfreiheit und Anti-Rassismus, wenn auf dem Spielfeld eine andere Stimmung aus dem Nichts heraus vorgeben wird. Man darf sich über Tore freuen. keine Frage. Man darf Ärger loswerden, wenn die Stimmung hochgekocht ist. Eine feindselige Stimmung selbst hervorzurufen ist aber etwas völlig anderes. Das zeugt doch mehr von einem Minderwertigkeitskomplex als von solidem Selbstbewusstsein.

Bleibt noch die Pressekonferenz nach dem Spiel sowie die Kommentare von Phil Ofosu-Ayeh, Tanju Öztürk und Marcel Lenz. Was mir die Gelegenheit gibt, darauf hinzuweisen, dass gerade Phil Ofosu-Ayeh mehrmals stark in der Defensive in höchster Not den Ball klärte und Marcel Lenz mehrmals mit spektakulären Paraden weitere Tore der Borussen verhindert hat. Da entwickelt sich zweifellos ein sehr guter Torwart.

Nachtrag: Im Pottblog finden sich die gesammelten Dortmunder Blicke  auf das gestrige Spiel.

Wenn Überlegenheit nicht mal durch Schwächen gemindert wird

Solch ein 3:1-Auswärtsieg vom MSV Duisburg gegen Rot-Weiß Erfurt lässt sich auch am zweiten Tag nach dem Spiel noch einmal mit Schlaglichtern in Erinnerung rufen. Was für ein überlegen geführtes Spiel! Welch schöne Tore! Welch schnelles, beeindruckendes Kombinationsspiel war in Erfurt vom MSV Duisburg zu sehen. Kein ruckelnder Livestream hat mir das alles vorenthalten. Dafür wuchs mit jeder Spielminute mein Bedauern nicht vor Ort sein zu können.

Noch entsprach der Verlauf dieses Spiels nicht vollends dem, was sich Kevin Wolze in der letzten Woche gewünscht hatte, mehrere Schritte in die erhoffte Richtung wurden aber genommen. Eine klare Führung hatte sich Kevin Wolze ausgemalt, um so „ein Ding“ einfach mal runterspielen zu können und Kräfte zu sparen.  Die klare Führung hatte es zur Halbzeitpause ebenso gegeben wie das überlegene Spiel der Mannschaft. Dennoch ließen sich die Kräfte nicht ganz wie gewünscht sparen, weil die Zebras ab der 33. Minute nur zu zehnt spielten. Markus Bollmann hatte wegen einer Notbremse die rote Karte erhalten. Für diese Überlegenheit musste also etwas mehr getan werden, als es sonst der Fall gewesen wäre.

Diese rote Karte wirkt im Nachhinein wie ein riesiger Hinweispfeil auf Schwächen der Mannschaft, die es bei aller spielerischen Überlegenheit dennoch gegeben hat. Was für ein Luxus, wenn wir uns diesen Schwächen in entspannter Stimmung widmen können. Noch wirkt die Abwehrreihe nicht stabil. wir wissen, Markus Bollmann und Branimir Bajic sind nicht die Schnellsten. Hat der lange Ball erst einmal den sprintenden Stürmer erreicht, ist aber Sprintstärke gefordert.  Das gute Stellungsspiel war dann einen Moment lang wohl doch nicht so gut. Schwierigkeiten sind immer wieder auch dann zu erkennen, wenn gefährliche Angriffssituationen des Gegners eigentlich schon geklärt sind. Ein Defensivspieler erobert den Ball in Strafraumnähe oder ein Querschläger wird vom MSV kontrolliert. Dann ist das Vorhaben deutlich erkennbar, die eroberten Bälle nicht planlos nach vorne zu schlagen. Gleichzeitig ist das Zusammenspiel in Strafraumnähe nicht immer sicher genug, um die dann vielen Gegenspieler in Strafraumnähe ohne erneuten Ballverlust zu überspielen. Manchmal bleibt wohl nur das Abwägen, riskiere ich den Ballverlust in Strafraumnähe oder im gegnerischen Halbfeld. Was ist da nur beruhigender für die Nerven von uns Zuschauern?

Andererseits – und nun lassen wir die Schwächen endlich ganz und gar hinter uns – andererseits wartet da vorne Kingsley Onuegbu. Wahrscheinlich ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis Physiker bei ihm eine neue Form des Magnetismus entdecken. Der starke Onuegbumagnet zieht auch immer wieder weit geschlagene Bälle mit einiger Streubreite in seinen Wirkungsbereich. Solche Bälle blieben aber die Ausnahme im Spiel. Es überwog die planvolle Ballsicherheit. Aber egal, welcher Pass ihn da erreichte, es war wieder fantastisch anzusehen, wie er diese Pässe behauptete. Zudem wird er immer torgefährlicher. Kingsley Onuegbu war aber nur Teil eines sehr überzeugenden Zusammenspiels in der Offensive. Wie lange spielen diese Spieler schon zusammen?  Laufwege werden mit einer Sicherheit erahnt, die sprachlos macht. Die ersten beiden Tore konnten nur deshalb fallen, weil sowohl Pierre De Wit als auch Kingsley Onuegbu darauf vertrauen können, ihre Mitspieler nutzen den freien Raum für ihre Spielideen. Das zweite Tor von Kevin Wolze offenbart zudem seine sehr gute  Schusstechnik. Was will man mehr? Vielleicht den glänzend aufspielenden Michael Gardawski, der am Flügel engste Räume im Zusammenspiel mit Phil Ofosu-Ayeh zu nutzen wusste, um den Ball Richtung Erfurter Tor voranzutreiben? Oder einen eingewechselten Patrick Zoundi, dessen Flügelläufe ihm hoffentlch Selbstvertrauen für die nächsten Spiele geben?

Dieses Spiel war bestens geeignet für das Profi-Debut von Fabian Lenz im Tor. Er konnte sich mit der Spielsituation im Ligabetrieb vertraut machen und Sicherheit gewinnen. Bessere Bedingungen fürs learning by doing lassen sich nicht vorstellen. Wenn Tobias Feisthammel, Branimir Bajic, Sascha Dum, Tanju Öztürk und der kurz vor Spielende eingewechselte Matthias Kühne nicht gesondert erwähnt werden, ist das kein Hinweis auf ihre Leistung. Diese Mannschaft bestach durch ihre Geschlossenheit. Diese Mannschaft zwang Rot-Weiß Erfurt in der zweiten Halbzeit zu haarsträubenden Fehlern. Diese Mannschaft hatte ihren Gegner derart verunsichert, dass Rot-Weiß Erfurt nicht einmal mehr die einfachsten Zuspiele gelangen. Die Spieler von Rot-Weiß Erfurt waren frustriert, weil sie keine Mittel fanden, diesem MSV Duisburg stand zu halten. Allenfalls in den allerletzten Minuten war es diesem Gegner möglich, sich daran  zu erinnern, wie Fußball eigentlich gespielt wird. Mein Beifall für diesen Auftritt vom MSV Duisburg will gar nicht enden.

Bleibt noch ein Klickhinweis: Ludger Conrad war in Erfurt und erzählt, bei Nostras Passionem, wie es war. Die Pressekonferenz nach dem Spiel gibt es auch noch, sowie die Kommentare von Kevin Wolze, Tobias Feisthammel und Sascha Dum, dem Ilia Gruevs bei Rot-Weiß Erfurt spielender Sohn mental zur Seite steht.

Bewegtbilder plus ansprechendem Reporterkommentargibt es im Spielbericht vom MDR:

Und wer überhaupt nicht genug bekommen kann, für den gibt es auch noch das gesamte Spiel: die erste Halbzeit mit einem Klick weiter zum MDR.

Und die zweite Halbzeit gibt es natürlich ebenfalls mit einem Klick weiter.

Welch seltene Einmut der Trainer vor dem Spiel

Den Sieg als deutlich formuliertes Ziel von den Trainern beider Mannschaften vor einem Fußballspiel gibt es im Profi-Fußball der Gegenwart nur noch selten. Sowohl Karsten Baumann als auch Thomas Stratos, der Trainer vom SSV Jahn Regensburg, aber wollen mit ihren Mannschaften das heutige Punktespiel gewinnen. Normalerweise sind Trainer vorsichtiger. Es sei denn die Favoritenrolle ist klar vergeben. Trainer haben nämlich eines gelernt, sie machen sich angreifbar, wenn sie vor dem Spiel sagen, wir wollen gewinnen. Schließlich klappt das nicht in jedem Fall, und die „Medien“ brauchen ihre Geschichten. Eine beliebte Geschichte ist die der enttäuschten Erwartungen. Dann wird der Trainer nach Erklärungen für das verpasste Ziel gefragt. Doch solche Erklärungen klingen schnell nach Rechtfertigungen. Und schon muss sich ein Trainer nicht mehr allein ums Training kümmern, schon braucht die öffentliche Meinung einen Teil seiner Aufmerksamkeit. Ich kann verstehen, warum Trainer vorsichtig sind.

Um so höher ist es einzuschätzen, wie frei die Trainer vom MSV Duisburg und vom SSV Jahn Regensburg über ihre Arbeit und die kommende Begegnung beider Mannschaften sprechen. Karsten Baumann ist in Zebravision, dem Magazin-Clip von Studio 47, zu sehen. Wahrscheinlich haben die meisten von euch diese Ausgabe schon gesehen, in der auch O-Töne von Kevin Wolze, Tanju Öztürk und Pierre De Wit zu hören sind. Der Siegeswille Karsten Baumanns ist bei Minute 2.00 zu hören.

Statt im Magazin spricht Thomas Stratos in der Pressekonferenz vom SSV Jahn Regensburg. Er wirkt souverän, nimmt jede Frage sehr ernst und ist sehr konkret mit anschaulichen Beispielen aus dem Fußballalltag bei seinen Antworten. Allgemeinplätze gibt es keine von ihm. Wer die Zeit für die 17 Minuten Pressekonferenz findet: Es lohnt sich, Thomas Stratos zuzuhören. Zumal seine Worte zum MSV Duisburg Mut für die Saison machen. Eine erste Einschätzung der Zebras ist ab Minute 2.40 zu sehen. Anschließend wird aus der Pressekonferenz  ein Zwiegespräch zwischen Thomas Stratos und dem Sportjournalisten Heinz Reichenwallner, der allerdings manchmal etwas schwer zu verstehen ist, dessen Fragen aber eben Thomas Stratos die Möglichkeit geben, einen sehr praxisnahen Einblick in Traineralltag und -bewertungen zu gewähren. Die „Kante“ Bachirou Salou wird ab Minute 14.30 auch noch zum Thema, als Thomas Stratos nach Erinnerungen an den MSV aus seiner aktiven Zeit gefragt wird. Er spielte unter anderem beim Hamburger SV und bei Arminia Bielefeld.

Und zum Kennenlernen von Phil Ofosu-Ayeh gibt es den Clip vom MSV mit O-Tönen von ihm obendrein.

Stimmung, Stimmung … wir brauchen nächstes Heimspiel schlechtere Stimmung!

Nichts gab es für die Journalisten zu deuten. Alle Spielberichte über die Begegnung des MSV Duisburg gegen den 1. FC Heidenheim stimmen darin überein. Neben den Ereignissen des eigentlichen Fußballspiels werden jeweils gleichgewichtig die begeistert anfeuernden Zuschauer erwähnt. Nicht immer entspricht die Medienwirklichkeit so  dem tatsächlichen Geschehen. War diese frenetische Stimmung im Stadion zunächst mehr von der Hoffnung getragen, wir alle auf den Rängen könnten mithelfen, dieser eigentlich noch nicht einsatzbereiten Mannschaft zum Erfolg zu verhelfen, so war das Feiern und Anfeuern nach der 0:1-Niederlage Trost und Anerkennung. Die Spieler hatten alles versucht und waren sichtlich enttäuscht.

Sie durften enttäuscht sein, weil die Mannschaft unter den Voraussetzungen beeindruckend stark aufgetreten ist. Aber nicht nur die  Mannschaft musste über den Kampf zu guten Momenten im Spiel finden. Für mich, die Freunde und wahrscheinlich für die meisten im Stadion war es im Grunde genommen ja genauso. Unser Kampf war das Anfeuern und unsere spielerischen Momente waren das Erkennen der einzelnen Spieler. Die Mannschaftsaufstellung diente als Programmzettel in der Hand immer mal wieder der Orientierung, wenn ich den Überblick verloren hatte. Zumal es gerade in der ersten Halbzeit bei diesem Kampfesgetümmel immer so wild durcheinander ging, dass kaum ein  Spieler ein nachdrückliches Bild für mich hinterließ. Mit Ausnahme von Kevin Wolze, der recht schnell immer wieder die Inititative im Spiel ergriff, aber den kannte ich ja auch schon.

Was waren diese Zebras auf Adrenalin. Ich weiß, dieser unbedingte Einsatzwille ist in den ersten Spielen notwendig und eröffnet der Mannschaft ihre Chance. Die Kolletaralschäden sind aber beträchtlich. Tanju Öztürks Verletzung gehört ebenso dazu wie die rote Karte für Kevin Wolze. Der unbedingte Wille ist das eine, das rechte Einschätzen der eigenen Möglichkeiten das andere. Vielleicht müssen auch wir auf den Rängen aus reiner Fürsorgepflicht im nächsten Heimspiel unsere Stimmung etwas mehr dosieren? Schöner wäre es, dieses erste Spiel verhalf zu mehr Erfahrung. Hört man Kevin Wolzes Selbstkritik, so bin ich zuversichtlich, das Spektakel auf den Rängen dürfen wir noch länger veranstalten.

Mich stimmt übrigens weniger die Abwehrleistung für die Zukunft zuversichtlich, sondern die ganz vereinzelt gelingenden Kombinationen im Spiel nach vorne. Da gab es Zusammenspiel. Das ist sensationell, wenn wir uns noch einmal überlegen, wie oft diese Spieler schon gemeinsam aufgelaufen sind. Es gibt Spieler  mit genügend Selbstbewusstsein, den Ball zu behaupten und das Dribbling im eins gegen eins zu suchen, ob das eben Kevin Wolze ist, der von Anfang an zeigte, wie sehr er Verantwortung im Spiel übernehmen will. Ob das in der Offensive Kingsley Onuegbu ist, der drei-, viermal technisch grandios den Ball annahm. Ob das Patrick Zoundi oder Michael Gardawski auf den Außenbahnen mit Zug nach innen sind. Das waren letztlich nur Ansätze, aber gelingende Offensive bei engem Raum ist nun einmal schwieriger zu entwickeln als die Defensive und der Kampf um den Ball. Bei Kontermöglichkeiten in der zweiten Halbzeit war dann schon deutlicher erkennbar, wieviel Qualität die einzelnen Spieler mitbringen.

Das Unentschieden zum Spielende wäre die Krönung dieses Tages gewesen. Es sollte nicht sein, weil aus einer Standardsituation immer mal ein Tor fallen kann. Aus dem Spiel heraus gelang es den Heidenheimern nicht, das Tor des MSV Duisburg in Bedrängnis zu bringen. Warten wir also mal ab, was an der Zuschreibung Aufstiegskandidat dran ist und was dieser Spielverlauf an Aussagekraft für die weiteren Spiele besitzt. Es ist zudem ein gutes Gefühl, dass dieser Gedanke nur am Rande auftaucht, weil ich in der Mannschaft des MSV Duisburg so viel Potenzial gesehen habe, um die alte Fußballerfloskel in den Mund zu nehmen: Wir schauen nicht auf die anderen. Wir vertrauen unseren eigenen Stärken. Denn diese Stärken werden in den nächsten Wochen immer deutlicher erkennbar.

Bleibt noch die Pressekonferenz nach dem Spiel  sowie die O-Töne von Michael Ratajczak, Kevin Wolze und Markus Bollmann.

Außerdem gibt es verschiedene Clips bei youtube, in denen die Stimmung im Stadion mehr als deutlich ist. Hier nehme ich wegen des Zusammenschnitts der unterschiedlichen Momente Marsch zum Stadion, Stimmung vor dem Spiel und Beifall für die Mannschaft nach dem Abpfiff den Clip von MSVsupport hinein.

Ohne Schiri-Hilfe siegen wir uns zum erst einmal Nichtaussprechbaren

Aller guten Dinge sind drei. Deshalb werde ich auch nach diesem Heimspiel des MSV Duisburg gegen den FC Energie Cottbus ein paar Worte zum Schiedsrichter schreiben. Aber nicht, weil das schon nach dem Abpfiff am Freitag  auf der Hand lag, sondern weil Ranisav Jovanović nicht nur ein großartiges Spiel gemacht hat, er hatte da was zum „Schiri“ zu sagen. Dazu später. 2:1 gewonnen! Das war der Sieg, der schon sicher stellt, was ich aus altem Aberglaube noch nicht ausspreche. Ich freue mich jedenfalls auf weitere Siege.

Eigentlich fasst mein Gefühl in der Zeit nach dem Anschlusstreffer des FC Energie Cottbus kurz vor dem Schlusspfiff den Charakter dieses Heimspiels vom MSV Duisburg am besten zusammen. Da gab es so eine merkwürdige Mischung aus fast sorgloser Gelassenheit kombiniert mit Panickattacken und Vorfreude in mir. Das war schon in der ersten Halbzeit so, weil das Spiel selbst wenig Anlass bot, intensiv dabei zu sein. Wäre dieses Spiel ein TV-Film gewesen, hätte ich schnell zum Buch gegriffen, am PC was nachgeschaut und höchstens bei spannungsgeladener Musik oder Dialogfetzen hingeschaut. Was Cottbus kann, war hin und wieder in der Zone etwa 5 Meter vor dem Strafraum zu sehen. Da wurde schnell im Doppelpass gespielt. Spieler kreuzten und standen für Momente frei, doch der entscheidende Pass in den Strafraum gelang nie. Nur zu Beginn sah dieses schnelle Spiel etwas bedrohlich aus, der MSV hielt dagegen und schnell war Cottbus nicht mehr so mutig wie zu Beginn. Der MSV schaffte zudem immer wieder in Einzelsituationen Druck auf das Cottbusser Tor.

Die Sorge über das Fehlen von Goran Sukalo waren also unbegründet. Dass Julian Koch pausieren musste, hielt ich sogar für eine passende  Notwendigkeit. Angesichts seiner Geschichte beim MSV fällt so ein Satz schwer, aber in den letzten Spielen hakte es bei seinem Auftritt immer mehr. Das Rochieren auf den Positionen und die Hereinnahme von Tanju Öztürk sowie Andreas Ibertsberger schwächten das Spiel des MSV Duisburg also überhaupt nicht. In so einem Spiel fällt dann ein Tor nicht aus einem kontinuierlichen Fluss heraus, sondern jede Situation durch einzelne Spieler mit Zug zum Tor kann die große Chance ergeben. Ranisav Jovanović gehört im Moment zu den Leistungsträgern dieser Mannschaft. Das zeigt nicht nur sein Tor nach dem grandiosen Lauf mit Ball über den halben Platz. Wie er in der zweiten Halbzeit immer wieder hohe Bälle gegen manchmal drei Gegenspieler angenommen hat und sie je nach Spielsituation nahezu jedes Mal variabel und sicher verarbeitete, war sehr beeindruckend.

In der zweiten Halbzeit intensivierte Cottbus das Spiel, aber der MSV zog sich keineswegs zurück. Die Mannschaft spielte weiterhin nach vorne, was das Spiel über eine längere Strecke in ein wildes und ungestüm wirkendes Hin und Her verwandelte. Was soll ein ruhiger, sicherer Spielaufbau aus der Defensive, wenn vorne mit Maurice Exslager und Jovanovic zwei Stümer stehen, von denen der eine wegen seiner Schnelligkeit und der andere wegen seiner Lufthoheit die wild nach vorne gekloppten Bälle erobern kann? Missversteht mich nicht, ich glaube, das war das richtige Rezept, um die Pressing-Versuche der Cottbusser ins Leere laufen zu lassen. Das war die beste Lösung für die vorhandenen Möglichkeiten.

Ein typischer Exslager-Sprint brachte ihn in den Strafraum, wo das stochernde Bein des Gegenspielers auch ein Geschenk war. Ich erinnere mich jedenfalls mehr an meine Gelassenheit als an die spannungsvolle Vorfreude auf ein Tor. Sprich: An der Stelle im Strafraum schien mir Exe noch gar nicht so torgefährlich gewesen zu sein. Exe fiel, der Schiedsrichter pfiff und als Branimir Bajic den Ball zum Elfmeter an sich nahm, wurde meine Hoffnung auf das Tor schon größer. Diese 2:0-Führung schien alles sicher zu machen, doch was wären wir MSV-Fans ohne die gewohnten Zitterminuten am Ende. Der Anschlusstreffer fiel, und die letzten 6 oder sieben Minuten – wieviel waren es? – wurden noch einmal zum zähen Ringen. Da versuchte die Zebras sich in eine gestreifte Mauer zu verwandeln, und die Cottbusser schossen nicht drüber sondern mit aller Macht immer gegen die Mauer. Lücken entstanden so nicht. Mörtel und Mauerteile erwiesen sich als stabil.

So lässt sich nun immer wieder mal an die nächste Saison denken, das Nichtaussprechbare kommt mir bildhaft in den Sinn. Und was die Bilder angeht, so war der dpa-Fotograf im richtigen Moment am richtigen Platz. Auch die Rheinische Post hat für den Artikel über das Spiel  das wunderbare Gruppenfoto  von Tanju Öztürk, Sören Brandy, Maurice Exslager und Ranisav Jovanović übernommen, als die vier ein Gemälde nachgestellt haben. Ich bin mir nur nicht sicher, welche Epoche sie im Sinn hatten. Männergruppen mit Blick in die Ferne, das sind – so meine ich – Szenen des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Die Kunsthistoriker unter euch werden´s besser wissen.

Fehlt noch der Schiedsrichter, und damit zur Pressekonferenz nach dem Spiel sowie den O-Tönen von Maurice Exslager und Sören Brandy sowie Ranisav Jovanović. „Rani“ ist es, der die stehende Redewendung des Fußballs „der Schiri war heute nicht der Grund, dass wir heute“ in einem überraschenderen Bedeutungszusammenhang verwendet. Der „Schiri“ hieß Benjamin Cortus und wird wahrscheinlich erleichtert aufseufzen, wenn er die Worte von „Rani“ hört. Ob der DFB überall seine Ohren hat und nun sämtliche zurück liegenden Siege des MSV  in blindem Aktionismus überprüfen wird? Wir leben schließlich in Zeiten, in denen Funktionäre versprechen allem nachzugehen.

Tanju Öztürk ist doch kein australischer Schwimmer?!

Jetzt kann ich nur noch hoffen, dass Tanju Öztürk tatsächlich nicht der australische Leistungsschwimmer ist, den wir bislang noch nie in ihm erkannt haben. Sonst habe ich einen Fehler gemacht. Tanju Öztürk hat nämlich nach seiner Einwechslung gegen den 1. FC Kaiserslautern gut gespielt. Defensiv war er sofort präsent, nach vorne brachte er durch sichere Ballmitnahmen im Lauf viel Dynamik. Das sah alles sehr schön aus. Deshalb mache ich mir auch um das Spiel gegen den VfL Bochum heute Abend auf seiner Position wenig Sorgen. Als  kleiner Unsicherheitsfaktor bleiben die 90 Minuten gesamte Spielzeit als Aufforderung zur Konstanz an ihn, und deshalb dachte ich an ein paar positive Signale am Spieltag. Und nun kommen mir die australischen Leistungsschwimmer dazwischen.

Diese austalischen Leistungsschwimmer schieben uns Fans nämlich die Verantwortung für Medienkompetenz zu, zumindest solange bis so ein Aussie selbst damit klar kommt, dass er über Facebook und Twitter im direkten Austausch mit all denen ist, die etwas von ihm erwarten. Und das ist mehr als eine Antwort auf ein Posting. Das ist der Sieg im Wettkampf. Leider konnten australischen Schwimmer bei den Olympischen Spielen letztes Jahr diese Erwartung nur unzureichend erfüllen. Der australische Schwimmverband rätselte warum und ging die Frage wissenschaftlich an. Gestern griffen die deutschen Medien die Meldung über das Ergebnis dieser Studie auf. Und wer ist wieder schuld? Die sozialen Netzwerke!  „Erfolglos wegen Facebook und Twitter“ titelte gestern die Süddeutsche Zeitung.  Rumms, da haben wir den Salat. Zusammengefasst heißt es in der Studie, über die sozialen Netzwerke wird der Fan als Fan echter und gegenwärtiger. Die Athleten lassen Kommentare näher an sich heran, glauben, was erst Hoffnung ist und verlieren die Wettkampfkonzentration. Der Mensch ist eben ein soziales Tier, das sich den Bindungsangeboten im Netz nicht immer ohne Anstrengung entziehen kann.

Schon stellt sich für mich als Fußballfan die Frage, wie sensibel ich mit den Spielern meiner Mannschaft kommunizieren muss, damit sie erfolgreich sein können. Ein plumper Kommentar bei Facebook wie, ihr seid toll, ihr schafft das, so was könnte nach hinten losgehen. Müssen wir uns also jetzt mit den Spielerpersönlichkeiten genauer beschäftigen? Grundsätzlich gilt ja, Lob, allerdings nicht übertrieben, bei gleichzeitiger Fehlertoleranz kommt pädägogisch gut. Aber es gibt ja auch die egozentrischen Narzissten unter den Fußballern, die einen Anschiss, auch von Fans, hin und wieder gut vertragen können. Und wie ist Tanju Öztürk so drauf? Was für Fragen! Und alles nur, weil ich vorhin mal schnell beim Facebook-Tanju-Öztürk „Gefällt mir“ angeklickt habe. Ich weiß nicht mal, ob er wirklich für die Seite verantwortlich ist. „Gefällt mir nicht mehr“, geht aber auch nicht mehr. Das ist ja nicht das Wiederherstellen von Neutralität. Da  steckt schließlich auch eine Botschaft drin. Dabei ging es nur um das Glück im Spiel gegen den VfL Bochum heute. Hätten die australischen Schwimmer nicht mal ein paar mehr Medaillen holen können.

Eines allerdings beruhigt meine Zweifel. Tanju Öztürk ist in Köln aufgewachsen. Bei mir um die Ecke hat er seine ersten Fußballspiele gemacht, und was so ein richtiger Kölner ist, der wird doch hoffentlich die kölsche Gelassenheit gegenüber dem Leben genügend verinnerlicht haben. Et hät noch emmer joot jejange! Wer das weiß, nimmt Kommentare bei Facebook weniger schwer und spielt gegen den VfL Bochum trotz vorzeitigem Lob unbelastet auf. So kann ich mir direkt ein wenig mehr Gedanken darüber machen, wer denn die Tore für den MSV Duisburg erzielen soll. Wenn ich bei der WAZ  lese, dass Maurice Exslagers Torschüsse beim Training sich nicht sonderlich von seinem einen gegen den 1. FC Kaiserslautern unterschieden haben, müssen wir doch an Alternativen in der Mannschaft denken. Branimir Bajic wäre mal wieder an der Reihe. Ein Tor von ihm nach einer Ecke zum 1:0-Sieg nehme ich auf jeden Fall auch.


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