Wenn Spielenden mit Toren in letzter Sekunde gerade in Mode sind, möchte ein Verein wie der MSV Duisburg bei der entsprechenden Frühjahrsmesse für Tore in letzter Sekunde nicht fehlen. Die Vorstellung seiner Kollektion entspricht natürlich den momentanen Möglichkeiten des Vereins. Beim MSV Duisburg sind keine Star-Designer am Werk, sondern ehrbare Handwerker, deren Kreativität sehr von der Tagesform abhängt. Gestern Abend im Spiel gegen den 1. FC Köln war wenig originelles Arbeiten für die Kollektion zu sehen und dafür viel aus Stoffresten Zurechtgeschneidertes und einiges von der Stange. Das wirkte solide, war aber zunächst zu wenig, um den Erfolg der Konkurrenten aus Köln zu gefährden. Diese hatten in der laufenden Saison schon eine beachtliche Auswahl der Last-Minute-Fashion vorgelegt. Das letzte Mal sogar noch im Spiel zuvor gegen den VfR Aalen.
Hinzu kam eine ungewohnte Nervosität der Duisburger Handwerker in den ersten fünfzehn Minuten. Viele Lücken waren in der Defensive zu sehen. In der Zweiten Liga gibt es allerdings mit Hertha BSC nur eine Mannschaft, die solche Lücken auf jeden Fall bestraft. Viele Zuspiele misslangen auch noch in der weiteren ersten Halbzeit. Die Ballannahme funktionierte nicht oft und die Kölner Konkurrenten standen enger am Mann als die Zebras umgekehrt. Als sich die Nervosität endlich legte, blieben noch etwa fünf Minuten, in denen sich das Spiel im Gleichgewicht befand. Dann fiel das Führungstor des 1. FC Köln. Daniel Brosinski misslang es, eine Abwehraktion spielerisch zu lösen. Sein Gegenspieler Thomas Bröker nahm ihm den Ball ab und wurde von Daniel Brosinski bei seinem Schlenzer nicht entschieden genug gestört.
Nach dieser Führung entstand ein nur selten aufregendes Spiel. Der MSV Duisburg mühte sich ohne wirkliche Ideen und Möglichkeiten zu haben, die gut aufgestellte Defensive der Kölner zu überspielen. Zu Beginn der zweiten Halbzeit stellten sich der FC sogar noch tiefer auf. Es blieb kaum Raum, um in die Nähe des Tores zu kommen, während der Raum auf der anderen Seite sich verführerisch leer für Konter anbot. Der MSV kam an seine Grenzen. Druck entstand nicht, und man musste auf jede einzelne Spielsituation hoffen, die durch eine Aneinanderreihung von Zufällen vielleicht doch noch Torgefahr gebracht hätte. Zudem machte es sich der MSV in der Vorwärtsbewegung manchmal unnötig schwer, weil die Mannschaft keinen vernünftigen Rhythmus fand zwischen Einzelaktionen und Zusammenspiel. Das war Ranisav Jovanović, der seine Mitspieler auf dem Flügel nicht mehr sah und selbst dorthin bei seinen Sprints vor der engen Mitte des Spielfelds auswich. So standen sie sich dann zu zweit im Weg. Das war aber auch Jürgen Gjasula, der nahc seiner Einwechslung keinen guten Tag erwischte und wie niedergedrückt wirkte. Seine Pässe kamen nicht an, seine Dribblings blieben erfolglos. Tanju Öztürk hatte sich zwar ins Spiel gekämpft, deutlich war aber auch, dass er noch einiges Entwicklungspotenzial ausschöpfen muss, um irgendwelche Gerüchte-Geschichten über Vereinswechsel auch nur annähernd zu rechtfertigen.
So plätscherte das Spiel in der zweiten Halbzeit dahin, unterbrochen nur von der Aufregung durch einige Konter des FC, die der MSV Duisburg durch eine Kombination von guten Reaktionen Felix Wiedwalds, der Abschlussschwäche des FC und etwas Glück ohne Gegentor überstand. Gefährlich für den FC wurde es nur einmal in dieser Halbzeit durch einen Distanzschuss von Timo Perthel. Bis dann die letzte Spielminute der Nachspielzeit anbrach und ein Freistoß für den MSV Duisburg im Halbfeld gepfiffen wurde. Felix Wiedwald verließ sein Tor und kam an den Fünfmeterraum des FC. Gab es an dieser Linie überhaupt noch freie Bodenfläche. Was war das für ein Gedränge. Der Ball flog hoch hinein, Spieler sprangen und als Dustin Bomheuer köpfen konnte war der erfolgreiche Verlauf der Flugbahn sofort zu erkennen. So nah war er am Tor. So präzise nahm der Ball seine Richtung. Schon zuvor war nicht nur sein Kopfballspiel in der Defensive gegen Stefan Maierhofer sehr gut gewesen. Selbst früh pressende Kölner konnten ihn beim Ballvortrag nicht irritieren. Es ist sehr zu hoffen, dass er zumindest in der nahen Zukunft noch beim MSV spielen wird.
Wenn eine Mannschaft wie der FC dem Sieg so nah war und sie diesen Sieg für das Fortbestehen von Hoffnungen so braucht, bringt ein Ausgleich in fast der letzten Sekunde das intensivste Erleben von Enttäuschung. Auf den Rängen war das Spiel schon als gewonnen gefeiert worden. Auf der Bank des FC hatte sich mit Sicherheit ebenfalls schon die Vorfreude auf den Punkteeinstand mit dem FC Kaiserslautern breit gemacht. Alles verloren und vergeben. Nicht nur weil der Ausgleich für den MSV Duisburg wie ein Sieg war, fühlte er sich für den FC wie eine Niederlage an. Schon im Hinspiel haben wir das torlose Unentschieden wie einen Sieg gefeiert. Mit einem Tor aus der Last-Minute-Kollektion fühlt sich so ein Unentschieden aber nochmal so gut an.
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