Dem Spiel des MSV Duisburg gegen die SpVgg Unterhaching folgte unter Anhängern des MSV eine kurze ergebnislose Diskussion in den sozialen Netzwerken. Anlass waren die Pfiffe während des Spiels gegen die eigene Mannschaft. Sie kamen einzeln, wenn auch deutlich hörbar zur Halbzeitpause. Zum Ende des Spiels hin schien das Pfeifen trotz des Sieges sogar lauter geworden zu sein.
Wenig überraschend gibt es zwei Haltungen zu dieser Reaktion. Zum einen heißt es: Reihen schließen, Kräfte bündeln, Pfeifen ist Unsinn, alles für den Aufstieg. Zum anderen heißt es: Schlechte Leistung bleibt schlechte Leistung, Unmut äußern muss erlaubt sein. Der ein oder andere dieser Fraktion sieht auch darin aufstiegsfördernde Energie, nämlich solche der motivierenden Kritik. Ich selbst pfeife ohnehin grundsätzlich nur den Gegner oder Schiedsrichter aus.
Am Rande sei zudem erwähnt, dass in solchen Diskussionen sich die Widersprüche des gegenwärtigen Fußballs auch auf Fanseite sehr deutlich zeigen. Fans, die mit ganzem Herzen an ihrem Verein hängen, erleben sich selbst ja meist als Traditionalisten und Bewahrer des romantischen Fußballs. Wenn es um die Leistung der Mannschaft geht, greifen aber auch solche Fans zu ökonomischen Argumenten. Sie bekräftigen ihre Position als Kunden, die schließlich Eintritt bezahlen und deshalb auch das Recht haben, ihren Unmut über mangelnde Leistung zu äußern. Romantik ade, auch hier.
Zurück zur Stimmung in Duisburg. Das Ringen der Anhänger um die Stimmung auf den Rängen ergibt sich natürlich aus der Spielweise des MSV. Aus dieser Spielweise entstand über die Saison hinweg kein klares Bild einer Mannschaft, die sich auf das Ziel Aufstieg hin ausrichtet. Die Spiele stehen als Einzelstücke nebeneinander. Die Platzierung weit oben in der Tabelle ist irgendwie die Folge. Doch die emotionale Verbindung zwischen Platzierung und Spiel wirkt nicht stabil. Sie ist sachliches Ergebnis. Es springt kein Funke über. Auch die andere zielführende Geschichte von der allmählichen Ausrichtung auf den Aufstieg funktioniert nicht, eben weil es dieses Ziel Aufstieg bereits formuliert gibt. Mehr oder weniger klar, von Anfang an, weil kommuniziert wurde, dass in der nächsten Saison weniger Geld zur Verfügung stände. Dementsprechend ist die Marschroute dieser Saison das kontrollierte Siegen, das wenig emotionalisiert und das im schlechten Fall zu Niederlagen führt, in denen die Mannschaft den Anschein macht, nicht für das Ergebnis zu brennen.
Das führte gerade in den Spielen gegen Osnabrück und die Stuttgarter Kickers zu miserablen Leistungen. Danach wendeten sich Gino Lettieri und neulich auch Zlatko Janjic in kurzen Videobotschaften an die Fans des MSV Duisburg. Grundsätzlich eine gute Idee, da auch die Verantwortlichen und Spieler im Verein wissen, gegen das Publikum anzuspielen könnte das Aufstiegsvorhaben zusätzlich belasten. Es geht also schon etwas länger um die Stimmung.
Mir gefallen diese speziellen Videobotschaften allerdings nicht gut, weil sie sich auf eine Geste beschränken. Entschuldigung und Versprechen ist ihr Anliegen. Nur sagt zumindest uns Älteren die Lebenserfahrung, Versprechen gegenüber Leuten, mit denen man länger zu tun hat, macht man am besten nur, wenn man sicher weiß, sie einhalten zu können. Gino Lettieri hat sich mit seinem Versprechen nach dem Spiel Osnabrück zu weit aus dem Fenster gelehnt. Gegen die Stuttgarter Kickers gab es keine Wiedergutmachung.
Deshalb ist diese Art Videobotschaft genau einmal nur möglich. Wird das Versprechen nicht eingelöst, gerät der Sprechende in Gefahr, seine Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Man könnte solche Videobotschaften aber auf andere Weise gestalten. Gino Lettieri oder auch die Spieler sollten nur statt etwas zu versprechen, was Fans ohnehin erwarten, etwas erklären.
Ich erinnere mich, von einer psychologischen Studie gelesen zu haben. Leider finde ich jetzt nicht mehr die Quelle dazu. In dieser Studie wurde untersucht, wann Menschen an einer Kasse bereit sind, jemanden vorzulassen. Das Ergebnis scheint erst einmal banal. Nur mit der Bitte, als erster bezahlen zu dürfen, ließ kaum jemand dem Fragenden den Vortritt. Folgte aber eine Erklärung, geschah das öfter. Nun wurde die Qualität der Erklärung variiert. Genau weiß ich es nicht mehr, aber sie reichte von etwa ich muss meinen Zug erreichen bis hin zu „Darf ich vorbei, weil ich bezahlen will.“ Und letzteres überraschte dann doch: Selbst diese Form der Erklärung stimmte die Menschen offener für das Anliegen des Fragenden.
Was ich damit sagen will? Nur Erklärungen helfen, Stimmungen zu beeinflussen. Wenn die Verantwortlichen des MSV Duisburg glauben, sich mit Videobotschaften an die Anhänger wenden zu wollen, dann müssen diese Botschaften zumindest in Ansätzen Erklärungen beinhalten. Ich weiß, auch das ist eine Gratwanderung, weil einzelne Spieler Fehler machen und diese dann auf keinen Fall der Öffentlichkeit zum Fraß vorgeworfen werden dürfen. Aber es könnten Erklärungen sein, was beabsichtigt war und welches Ziel eine einzelne taktische Maßnahme gehabt hat. Nur ein Vorschlag, um mal drüber nachzudenken. Die Stimmung ist gerade mal wieder in Teilen schlecht. Aber es gibt genügend Anhänger des MSV, die grundsätzlich bereit sind, der Spielweise einiges nachzusehen, wenn es dem Ziel Aufstieg zugute kommt.
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