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Das Fangedächtnis des MSV Duisburg: Zu meiner Zeit – Teil 1 –

Die Veröffentlichung von „111 Fussballorte im Ruhrgebiet, die man gesehen haben muss“ hat auch sympathische Nebenwirkungen. Manfred „Manni“ Wiegandt, ein alter Meidericher, heute in den USA lebend, schrieb mir, weil wir dieselbe Schule besucht hatten. In dem Mail-hin-und-her kamen wir ins Erinnern, auch wenn er ein paar Klassen über mir war. So fragte ich ihn, ob ich diese Erinnerungen zusammenfassen könnte. Tatsächlich waren die Mails dann nur der Anfang eines neuen, sehr umfangreichen Beitrags für das „Fan-Gedächtnis des MSV Duisburg“, den Manfred Wiegandt schrieb. Danke Manni!

Zu meiner Zeit – Teil 1 –

von Manfred Wiegandt

Zu meiner Zeit (Abi 1976) auf dem Max-Planck-Gymnasium (MPG) haben wir an der Westender Straße vor dem Sportunterricht öfters Dietmar Linders noch ein paar Bälle „drauf“ schießen können. Er hat uns dann auch vor dem Platzwart beschützt. Als ich noch in der Grundschule war, sind wir mit dem Fahrrad in Meiderich herum gefahren und haben bei den Spielern angeklingelt, um nach Autogrammen zu fragen. Die Adressen hatten wir aus dem Telefonbuch. War damals noch möglich – zum Beispiel bei Werner „Eia“ Krämer, der später öfters in unserer Stammkneipe am Markt bei O’Kelly sein vom Bierwärmer gewärmtes Pilschen trank. Oder bei Versteeg; er wohnte, soweit ich mich entsinne, in einer kleinen Mietwohnung auf der Von-der-Mark-Straße in Meiderich gegenüber der katholischen Kirche. Seine Freundin (oder Frau) führte uns in die Wohnung, wo sie uns ein Autogrammbild heraussuchte, oder Manfred Müller da sind wir auch hin. War das in Obermeiderich? Überhaupt war es nicht so etwas Außergewöhnliches, wenn man einem MSV-Spieler in Meiderich über den Weg lief. Lulu Nolden, immer noch der treffsicherste Elfmeter-Schütze, den der MSV je hatte, eröffnete nach Ende seiner Karriere eine Kneipe auf der Gabelsberger Straße gegenüber der Post. Seine Tochter war in der Klasse meines „kleinen“ – zweieinhalb Jahre jünger als ich – Bruders. In der gleichen Straße, nicht einmal hundert Meter entfernt, hatte Michael Bella, einer der zuverlässigsten Verteidiger in der Zebra-Geschichte und außerdem immer noch der Rekord-BL-Spieler der Zebras, einen Betrieb, und man sah ihn öfter sogar noch während seiner aktiven Zeit dort.

Mein Sportlehrer am MPG und auch derjenige, der meine Fußball-Abiturprüfung abnahm, war damals Klaus Quinkert, und ich kann immer noch erzählen, dass ich von einem Bundesligatrainer – Bayer Uerdingen – „trainiert“ wurde. Quinkert war ein ausgesprochen netter Mensch, dem es Nichts ausmachte, neben den Halbprofis (!) von Bayer Uerdingen – darunter z.B. Friedhelm Funkel – auch talentierte und untalentierte Kinder an der Schule zu unterrichten. Einmal verlor aber selbst dieser gutmütige Mensch die Geduld. Nachdem der MSV im Auswärtsspiel an der Grotenburg-Kampfbahn in Krefeld die Uerdinger 4:0 abserviert hatte, musste sich der Trainer am Montagmorgen von einer Klasse in der Turnhalle des MPG die Rufe „Absteiger, Absteiger“ anhören. Nun denn, die Lauthälse brauchten ihren Atem bald beim außerplanmäßig von Quinkert angeordneten Circle-Training.

Reiner Piepenburg war auch auf dem MPG. Er spielte beim MSV in der Jugend und gehörte zu der A-Jugend, die 1978 überraschend die Deutsche Meisterschaft verteidigte. Ich war im Essener Uhlenhorst-Stadion als Zuschauer mit dabei. Pierre Littbarski war in der gegnerischen Mannschaft von Hertha Zehlendorf und spielte in der ersten Halbzeit seinen Gegenspieler Jasinek – Wieso weiß ich den Namen noch? – schwindelig. In der zweiten Halbzeit stellte Trainer Wenzlaff um und Gebauer brachte Litti besser in den Griff, so dass der MSV noch klar mit 5:2 gewann. Ich habe die A-Jugend des MSV schon verfolgt, als sie das erste Mal Meister wurde – mit Ronnie Worm und mindestens fünf weiteren späteren BL-Spielern unter Trainer Willibert Kremer. Ich erinnere mich da an ein Freundschaftsspiel gegen den HSV an der Westender Straße. Wir sind dort immer durch ein Loch im Zaun geschlüpft. Manni Kaltz, Rudi Kargus und Peter Hidien, alle spätere BL-Spieler, spielten für die Hamburger. Der MSV gewann 2:1; Worm schoss ein Tor – oder waren es beide? – , ein satter Schuss vom linken Strafraumeck aus in den Winkel. Wir nannten Reiner Piepenburg immer „Piepe“.

Schon seit frühester Schulzeit haben wir und eine Reihe anderer Kinder aus der Umgebung fast täglich auf dem Bolzplatz an der Stolzestraße zusammen Fußball gespielt. Sie heißt jetzt südlich der Bürgermeister-Pütz-Straße, also dort, wo für mich damals die Musik spielte, Hermann-Bongers-Straße. In derselben Straße wohnte auch der damalige Bundesliga- und spätere FIFA-Schiedsrichter Gerd Hennig; er hat über 150 BL-Spiele gepfiffen. Sein Sohn, der zwei, drei Jahre jünger war als ich, schiedsrichterte auch schon früh. An der Ecke Stolzestraße/Letjensstraße gab es einen Tante-Emma-Laden, der von den Eheleuten Stamm betrieben wurde. Das war ein Laden, bei dem man noch anschreiben lassen konnte. Die Rechnung wurde dann bezahlt, wenn der Vatter sein Monatsgehalt bekam. Ihr Sohn Achim, damals Ende 20/Anfang 30, war mit im Laden tätig und hatte immer eine freundliche Geste für uns. Es ging damals das Gerücht um, er sei einmal ein talentierter Fußballer beim MSV gewesen, habe dann aber aufgrund einer Verletzung die Karriere beenden müssen. Kam man mit einem Ball am Laden vorbei, demonstrierte er meist kurz seine Dribbelkünste. Wir waren immer fasziniert, wenn jemand gut „fummeln“ konnte, wie wir das Dribbeln bezeichneten. Vor ein paar Jahren habe ich dann in einer MSV-Chronik das Gerücht bestätigt gesehen. Er war zusammen mit u.a. Krämer, Heidemann, Müller und Danzberg auf einem Foto nach dem Gewinn der Niederrhein-A-Jugend-Meisterschaft im Jahre 1955 zu sehen.

Auf dem Bolzplatz an der Stolzestraße  – Aus irgendeinem unerfindlichen Grund hieß er für uns immer „Stalzberg“ mit Betonung auf Berg –  haben wir auch „Lattentreffen“ (Pfosten 1 Punkt, Latte 2 Punkte, Lattenkreuz 3 Punkte, das Ganze bis 21) oder „Auspunkten“ gespielt. Bei Letzterem musste der Ball immer direkt aus der Luft verwandelt werden. Jeder hatte 21 Punkte, und wer einen Fehlversuch hatte, musste ins Tor. Nur der Torwart konnte Punkte verlieren, wenn er einen Ball durchließ. Am Samstagmorgen spielten wir oft die BL-Spiele „vor“, die dann so ausgingen, wie wir es gerne wollten, wohl der einzige Ort, an dem der MSV nie verlor. Piepe war damals noch der Kleinste, durfte aber, weil er so einen Torriecher hatte, bei uns Größeren mitspielen. Manchmal wurden wir von noch Größeren oder gar Erwachsenen vom Platz vertrieben, einmal sogar während eines Klassenspiels. Ich war in dem Spiel Torwart gewesen. Auf Asche hatte man da trotz aller Polsterungen immer aufgeschlagene Knie. Der erste Schuss des anderen Teams, das eine Klasse höher  – 4.? – war als wir, landete aus kurzer Entfernung direkt in meinem Gesicht. Ich lag benommen im Tor und hörte meine Schulter klopfenden Mannschaftskameraden sagen: „Klasse gehalten!“

Fortsetzung folgt. Und den schon mal ins Fan-Gedächtnis!

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… à propos Legenden

Wenn jemand von seinem ersten Fußballbilder-Sammelalbum erzählt und der Mann noch etwas älter ist als ich, dann will ich natürlich sofort einen Blick auf dieses Erinnerungsstück werfen. Und wenn dann einige Tage später neben der Werbepost ein großes Buch im Briefkasten liegt, weiß ich, da hat sich jemand im Keller auf die Suche gemacht und möchte Erinnerungen teilen. So habe ich nun die Gelegenheit, einen Blick auf die uns wirklich wichtigen Seiten dieses Werks aus der Saison 1969/1970 der Prä-Panini-Ära zu ermöglichen.

Natürlich ist es nur geliehen, dieses Sammelalbum. Und fast hätte ich in Erinnerung an den Samstag in der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel die Baumwollhandschuhe herausgeholt.


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