Schaulaufen mit dem Tabellenrechner

Nachspielzeit-Entscheidungen in Liga 2 und 3 genügend gewürdigt? Die mangelnde Demut vor dem letzten Spieltag der Bundesliga in der lokalen Berichterstattung und bei manchen Dortmunder Institutionen reichlich bestaunt? Magen nach der klassischen Zebra-Achterbahn-Fahrt wieder an der richtigen Stelle? Zeit fürs entspannte Amusement, bei dem es um nichts mehr geht, allenfalls um ein wenig Optimismus. Zeit fürs Schaulaufen mit dem Tabellenrechner.

Ich wiederhole mich: Nie war der Tabellenrechner wirksamer als in dieser Saison. Vor vier Spieltagen war schon alles in trockenen Tüchern. Womöglich hätte ich auch den SV Meppen retten können, wenn ich einen Spieltag früher begonnen hätte. Allerdings kann ich ja nur sportliche Umstände in Betracht ziehen. Solche Randeinflüsse wie wutentbrannte Zwickauer Sponsoren, die einen vollen Bierbecher in der Hand haben und am falschen Platz im Stadion stehen, kann ich auch in Zukunft nicht berücksichtigen.

Dennoch lasst mich etwas ernsthafter hinzufügen. Ich selbst hielt den Tabellenrechner in dieser Saison nicht für nötig. Erst die um sich greifende Abstiegssorge von vielen Anhängern des MSV bewog mich zu seinem Einsatz. Ich wollte beruhigend wirken. Ihr kennt das Prinzip: MSV-Ergebnisse so schlecht wie möglich bei Erreichen des Saisonziels. Die anderen Vereine so gut wie möglich bei Erreichen des MSV-Saisonziels. Nun hat der MSV sieben Punkte mehr als die Prognose vorsieht. Die anderen Vereine bis auf Meppen hielten sich in etwa an die Prognose. Für mich ist das ein weiterer Hinweis auf Entwicklung beim MSV.

Hinter diesen sieben Punkten versteckt sich mit gewisser Wahrscheinlichkeit, dass die Zebras nicht wie in den zwei Jahren zuvor vom Zitterfuß in den erkämpften Klassenerhaltsmund leben mussten. Diese Mannschaft in ihren unterschiedlichen Besetzungen besitzt am Ende der Saison mehr Struktur und Substanz als die Mannschaften nach der Entlassung von Torsten Lieberknecht. Wir dürfen berechtigt darauf hoffen, von einem höheren Niveau aus in die nächste Saison zu starten. Auf dass die Sommerpause schnell vorübergeht.

Vor der Klammer stehen die erreichten Punkte. In der Klammer stehen prognostizierte Platzierung und Punkte am Ende der Saison. Nach der Klammer die Differenz zwischen Ergebnis und Prognose.

  • 11. FC Ingolstadt 47 (12. mit 44) +3
  • 12. MSV Duisburg 46 (16. mit 39 P) +7
  • 13. Borussia Dortmund II 45 (11. mit 45 P) +/0
  • 14. Erzgebirge Aue 45 (13. mit 44 P) +1
  • 15. Rot-Weiss Essen 42 (14. mit 42 P) +/- 0
  • 16. Hallescher FC 41 (15. mit 41 P) +/0
  • 17. SV Meppen 37 (20. mit 25 P) +12
  • 18. VfB Oldenburg 35 (17. mit 35 P) +/-0
  • 19. FSV Zwickau 35 (19. mit 31 P) +4
  • 20. SpVgg Bayreuth 32 (18. mit 34 P) – 2
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Sommerpausenlangeweile bewältigen – Das MSV-Kneipenquiz

Einen Tag vor dem letzten Saisonspiel dürfen wir bei aller Konzentration auf die morgen anstehende Aufgabe in der Kurve, vorm Fernseher oder am Ticker schon an die endlosen Wochen der Sommerpause denken. Schneller vergehen die Wochen, wenn man sich die Zeit in kleinere Einheiten einteilt.

So ist es bis zum 17. Juni deutlich kürzer, und an jenem Samstag gibt es die erste große Ablenkung von fußballloser Tristesse. Der Zebraherde e.V. ruft zur siebten Auflage des Kneipenquiz rund um den MSV. Wie gewohnt beginnt das Quiz um 19.02 Uhr in einem der schönsten Biergärten Duisburgs, dem Hafensturm am Rheinufer in Homberg. Ab 18 Uhr ist Einlass.

5,-€ pro Person beträgt die Teilnahmegebühr. Ihr könnt in Teams bis zu vier Personen antreten. Anmeldung mit eigenem „Teamnamen“ unter kneipenquiz@zebraherde.de.

Der gesamte Erlös des Abends geht dieses Mal an das „Betreute Wohnen“ der Caritas in Dinslaken-Hiesfeld. Dort wird seit 1996 Jugendlichen in schwierigen Lebenssituationen die Basis geboten, ihren Weg im Leben zu finden.

Haben wir es bis zum Kneipenquiz geschafft, sind es nur noch 14 Tage bis zum Familientag an der Westender Straße. Irgendwie wird auch diese Sommerpause schon rumgehen.

Wenn wir erinnert werden, was den Fußball ausmacht

Manchmal begegnet einem die Schönheit dieses Lebens in einem unerwarteten Moment. Zur Erfüllung gesellt sich dann unweigerlich das Staunen. So brauchen wir die Menschen um uns herum, um uns zu vergewissern, dass tatsächlich wider aller Erwartungen geschieht, was wir erleben. Wir starren ungläubig auf jedes Geschehen vor uns und egal, wie der Tag endet, unsere Begeisterung und unser Glück kann uns niemand nehmen. Wir leben den Moment und fühlen uns ewig.

All das geschah am Sonntag bei einem Fußballspiel. Die Mannschaft des MSV Duisburg erinnerte uns daran, was diesen Sport in seinem Wesen ausmacht. Sie erinnerte uns allerdings ebenso daran, worauf wir seit gefühlten Ewigkeiten verzichten mussten: die sich gegenseitig befeuernde Einheit des gesamten (!) Stadions – ausschließlich der Gästekurve – mit der Mannschaft auf dem Platz.

Zwei Mannschaften standen sich gegenüber in diesem Spiel und beide Mannschaften setzten alles daran erfolgreich zu sein. Unsere Überraschung über diese schlichte Tatsache, die eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist ein erster Hinweis darauf, wie korrumpiert wir diesen Fußball sonst auch oft wahrnehmen. Der zweite noch deutlichere Hinweis sind Reaktionen von enttäuschten Saarbrücker Fans. Sie fassen es nicht, dass eine Mannschaft auch am Ende der Saison nicht verlieren will. Sie empören sich darüber, dass wir Anhänger des MSV uns über dieses Unentschieden einer durch zwei rote Karten dezimierten Mannschaft so freuen, als hätten wir eine Meisterschaft gewonnen oder die Bayern besiegt. Anscheinend sind einige der Saarbrücker Fans ebenso korrumpiert wie Teile des Fußball. Es ginge für den MSV doch um nichts mehr. Wer so einen Satz nur denkt, wird durch keine Enttäuschung entschuldigt. Wer das schreibt, hat niemals den Sport geliebt. Wer so etwas schreibt, kennt den Fußball nur als Geschäft.

Ich spiele seit fast 50 Jahren Basketball und immer noch will ich jedes Spiel, das ich beginne, gewinnen. Und zwar mit aller Macht. Mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln. Das ist leicht zu verstehen, meine ich. Warum sonst sollte ich einen Ball in die Hand nehmen? Dass Saarbrücker Fans dennoch mit Bitterkeit über den Einsatzwillen der Zebras schreiben, erinnert an unser eigenes Misstrauen in anderen Spielen, ob diese Fußballer unten auf dem Rasen tatsächlich alles geben, was sie können. Es erinnert daran, dass diese Sportler ein monatliches Gehalt bekommen wie andere Arbeitnehmer auch. Und es erinnert daran, dass dieses Gehalt die ausgeübte Tätigkeit im Wesen verändert. Der Sinn der Tätigkeit wird ein anderer, wenn man dafür bezahlt wird. Mit dem Geld werden Kosten und Nutzen vergleichbarer.

Diese mit dem Geld verbundenen Einflüsse verschwanden am Sonntag. Zurück blieb der reine Fußball. Die Romantik dieses Sports hatte das Geschäft aus den Räumen geschmissen und feierte eine ausgelassene Party. Lasst uns diese zweite Halbzeit in ihrer Reinheit des Spiels in Erinnerung halten. Bewahrt sie euch. Es war ein seltenes Erleben. Dieses Fußballspiel war besonders. Insofern waren die dummen Fouls von Tobias Fleckstein und Marlon Frey gleichsam Opfer auf dem Altar der Fußballromantik. Seien wir beiden dankbar. Betrachten wir sie als selbstlose Gabe, um uns eine in der jüngsten Vergangenheit seltene Erfahrung zu ermöglichen.

Briefe aus Westende – Max Kruse auf Stellensuche im Oberhaus

Welch merkwürdiges Interview hat DIE ZEIT am letzten Donnerstag veröffentlicht. Über eine ganze Seite lässt sich Max Kruse in Gespräch mit Jörg Kramer darüber aus, dass er eigentlich weiterspielen will und kein Verein der Bundesliga ihn verpflichtet. Das Ganze hinter der Paywall. Im Untertitel heißt es tatsächlich „Ein Bewerbungsgespräch“. Was wahrscheinlich ironisch sein soll, aber letztlich nichts als die Wirklichkeit spiegelt. Was für ein nichtssagendes Gespräch, das Max Kruses Botschaft „ich bin ein motivierter Guter, dessen Herz am Fußball hängt und der zudem seinen Spaß auch in der Freizeit sucht“ in immer wieder neuen Sätzen variierte. Beispiel gefällig? Vielleicht seine abschließenden Worte:

Was hätte sein können, damit beschäftige ich mich nicht. Wenn ich irgendwann mal zurückschaue, werde ich vielleicht sagen: manches lief unglücklich. Aber ob ich es wirklich anders machen würde? Ich bin ganz zufrieden mit meiner Karriere. Ich kann mir nichts vorwerfen. Nur das Ende muss noch anders geschrieben werden.

DIE ZEIT, Nr. 20, S. 28

Ich vermute, die Zielgruppen von ZEIT und Max Kruses Anliegen bilden keine große Schnittmenge. Deshalb frage ich mich, wie es zum Abdruck eines solchen Interviews in klassischer Fußballerbelanglosigkeit hat kommen können. Das ist für mich die wirkliche Geschichte bei diesem Gespräch. Wer hat da wen instrumentalisiert? Sicher, DIE ZEIT hat sich in den letzten Jahren immer mehr auch einem Blick für die bunten Geschichten dieser Welt zugewendet, aber ein Interview, das in derselben Weise, nur kürzer auch im Kicker hätte stehen können, erstaunt mich dann doch. Und wenn ich recht überlege, hätte es auch im Reviersport stehen können.

Passend zum Niveau des Interviews leite ich mit einem Kalauer über zu etwas völlig anderem. Meint er wirklich Oberhaus? Träumt er nicht von Oberhausen? In Oberhausen (Rheinland) spielt die Musik morgen. Vatertagstouren führen ins Zentrum Altenberg. Dort findet das jährliche Buchgestöber statt. Antiqarische und in meinem Fall auch neue Bücher gibt es en masse. Meine Bücher auch deshalb, weil ich um 14 Uhr Ausschnitte aus meinem Historienprogramm zum Ruhrgebiet präsentiere. „Der Himmel über der Ruhr ist blau“ heißt das Ganze. Fußballgeschichte gehört natürlich auch dazu.

Kommt zuhauf. Bollerwagen eignen sich hervorragend auch zum Büchertransport, sobald das Trinkgut im Mann transport wird.

Die Kür mit dem Tabellenrechner – Soll und Haben: 35. Spieltag

Nach dem letzten Spieltag hat mich dankenswerter Weise ein Leser daran erinnert, dass die unwahrscheinlichen Dinge auf dieser Welt doch geschehen können. Karsten Bach wies auf die Bundesliga-Saison 1998/99 hin, als der 1 FC Nürnberg am letzten Spieltag mit einem Vorsprung von 3 Punkten und 5 Toren auf den Abstiegsplatz schon an die nächste Bundesligasaison dachte. Das waren zwar nicht die 99,9 Prozent, aber 89,9 Prozent ist ja auch schon was. Für Eintracht Frankfurt aber erzielte Jan Fjörtoft in der 89. Minute ein fünftes Tor, das Nürnberg den Abstieg brachte. Der Abstieg bei 99,9 Prozent Klassenerhaltsgewissheit braucht meinem Empfinden nach dennoch einen weiteren Nachweis.

Der MSV hat an jenem Spieltag übrigens den VfL Wolfsburg mit 6:1 besiegt. Zwei Tore erzielte Uwe Spies, der Lieblingsspieler für Fan-Unmut und gnadenlose Pfiffe jener Zeit, wenn es mal in der gesamten Mannschaft nicht gut lief. Drei Tore machte Markus Beierle und eines Slobodan Komljenovic. In der Abschlusstabelle belegte der MSV den 8. Platz.

Bevor ich jetzt völlig nostalgisch werde, muss ich aber nun sofort an das souveräne 3:0 vom Freitag denken. Rein rechnerisch ergibt sich dadurch eine Aufstiegswahrscheinlichkeit in der nächsten Saison von 37,74 Prozent. Einblick in die komplizierte Formel zur Errechnung gebe ich bei der Liveanpassung der Wahrscheinlichkeit am letzten Spieltag in Mannheim.

Und nun auf zur Tabellenrechner-Kür! Nie war der Tabellenrechner wirksamer als in dieser Saison. Womöglich wird mir sogar der SV Meppen am Ende auf ewig dankbar sein.

Vor der Klammer stehen die aktuell erreichten Punkte. In der Klammer stehen prognostizierte Platzierung und Punkte am Ende der Saison. Hinter der Klammer steht jene Punktezahl, die bislang von meiner Prognose abweicht und die mit der weiteren Prognose sich dann ergebende Platzierung. Das Spiel von Zwickau gegen Essen ist nach dem DFB-Urteil nun mitberechnet.

  • 11. MSV Duisburg 45 (16. mit 39 P) +6; 14. mit 45
  • 12. Erzgebirge Aue 43 (13. mit 44 P) +2; 13. mit 46
  • 13. Borussia Dortmund II 41 (11. mit 45 P) +3; 12. mit 48
  • 14. FC Ingolstadt 41 (12. mit 44) +2; 12. mit 46
  • 15. Rot-Weiss Essen 40 (14. mit 42 P) +1; 15. mit 43
  • 16. Hallescher FC 38 (15. mit 41 P) -1 ; 16. mit 40
  • 17. SV Meppen 33 (20. mit 25 P) +8; 18. mit 33
  • 18. VfB Oldenburg 32 (17. mit 35 P) +/- 0; 17. mit 35
  • 19. FSV Zwickau 31 (19. mit 31 P) +2; 19. mit 33
  • 20. SpVgg Bayreuth 31 (18. mit 34 P) – 1; 20. mit 33

Die Prognose für den nächsten Spieltag

Den Dienst getan, Tabellenrechner – Soll und Haben: 34. Spieltag

Das ging in diese Saison so schnell wie in keinem Jahr zuvor. Zwei Spieltage plus Nachholspiel und schon hat der Tabellenrechner seinen Dienst getan.

Die fußballsprichwörtliche „rechnerische Möglichkeit“ eines Abstiegs ignoriere ich guten Gewissens. Ist dieser Möglichkeit eigentlich jemals eine Verwandlung in Wirklichkeit gefolgt? Fußballhistoriker helft!

Dass der Tabellenrechner so schnell wirkte, mag daran liegen, dass mein Grundgefühl die ganze Saison über vielleicht doch mehr der Wirklichkeit entsprach als die um sich greifende Abstiegssorge. Das „Gesicherte-Mittelfeld-Gefühl“ entsprach dem Kräfteverhältnis, das beim 4:0-Sieg gegen Bayreuth zu sehen war.

Eigentlich beschäftigt mich schon seit ein paar Wochen mehr die Frage, wie aus meinem momentanen Gefühl das eines Aufstiegsanwärters werden soll. Trotz der sichtbaren Entwicklung der Mannschaft spüre ich in dieser Hinsicht noch nichts. Mal schauen, ob die Sommerpause daran was ändert. Und nun der entspannt zufriedene Blick auf die Vergleichszahlen im Wissen, dass jeder weitere Spieltagsblick nur noch ein lustiger Zeitvertreib wird.

Vor der Klammer stehen die aktuell erreichten Punkte. In der Klammer stehen prognostizierte Platzierung und Punkte am Ende der Saison. Hinter der Klammer steht jene Punktezahl, die bislang von meiner Prognose abweicht und die mit der weiteren Prognose sich dann ergebende Platzierung. Das Spiel von Zwickau gegen Essen ist ohne das DFB-Urteil noch nicht mitberechnet.

  • 11. Erzgebirge Aue 43 (13. mit 44 P) +3; 11. mit 47
  • 12. MSV Duisburg 42 (16. mit 39 P) +4; 14. mit 43
  • 13. FC Ingolstadt 41 (12. mit 44) +2; 13. mit 46
  • 14. Borussia Dortmund II 40 (11. mit 45 P) +1; 12. mit 46
  • 15. Rot-Weiss Essen 37 (14. mit 42 P) +/- 0; 15. mit 42
  • 16. Hallescher FC 35 (15. mit 41 P) -1 ; 16. mit 40
  • 17. VfB Oldenburg 32 (17. mit 35 P) +/- 0; 17. mit 35
  • 18. SpVgg Bayreuth 31 (18. mit 34 P) – 1; 18. mit 33
  • 19. SV Meppen 30 (20. mit 25 P) +6; 20. mit 31
  • 20. FSV Zwickau 28 (19. mit 31 P) +/-0; 19. mit 31

Die Prognose für den nächsten Spieltag

Bester Nebendarsteller Bayreuths – Jean Paul spricht

Auf Auswärtstouren erlebe ich immer wieder Überraschungen. So kann ich seit gestern ein neues Zitat aufnehmen in meiner Reihe „Schriftsteller, die Fußball lieben“.

Denn Bayreuths bester Nebendarsteller Jean Paul findet schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts zu abschließenden Erkenntnissen nach einer langen Fußballfunktionärskarriere. Viele Gespräche mit Fans brachten ihn zu der Überzeugung.

Das Zitat las ich übrigens in dem empfehlenswerten Manns Bräu in der Friedrichstraße. Falls jemand länger in Franken bleibt.

Läuft! – Soll und Haben im Tabellenrechner: 33. Spieltag

Meine Tabellenrechnertherapie gegen Abstiegsangst wirkt in diesem Jahr besonders schnell, weil die Ergebnisse gegen die beiden erstplatzierten Vereine der Tabelle am Anfang der Therapie standen. Es konnte auf jeden Fall besser werden als die beiden eingerechneten Niederlagen. Zwei Unentschieden stehen zu Buche. Schon sind es zwei Punkte mehr als in meiner Rechnung nötig.

Allerdings berichteten mir mehrere Leserinnen und Leser des Zebrastreifenblogs schon beim Spiel gegen Wiesbaden von heftigen Nebenwirkungen meiner Abstiegsangsttherapie. Das war neu für mich. Jahrelang konnte ich mich als gottesgleicher Herr der Tabellenentwicklung einem einzigen Ziel meiner Arbeit widmen. Es ging nur um das Erreichen des Saisonziels. Nun sammel ich diese Berichte von heftigen Ausbrüchen der Derbyrivalenunterlegenheitsdepression. Zwar verhindert meine Tabellenrechnung den Abstieg locker, doch am Ende steht RWE vor dem MSV. Das hat bei manchen Folgen.

Ich habe die veränderten Bedingungen in der 3. Liga nicht genug berücksichtigt. Das saisonbedingte Vorkommen von RWE verlangt nach einer Anpassung meiner Angsttherapie. Ich werde sie also weiterentwickeln und hoffe, dass die Nebenwirkungen in diesem Jahre von anderen medizinischen Abteilungen gelindert werden können. Auch die Mannschaft kann in Bayreuth mit dafür sorgen, die unangenehmen Nebenwirkungen der diesjährigen Tabellenrechner-Therapie bald völlig zu beseitigen. Nun zum Stand der Dinge.

Vor der Klammer stehen die aktuell erreichten Punkte. In der Klammer stehen prognostizierte Platzierung und Punkte am Ende der Saison. Hinter der Klammer steht jene Punktezahl, die bislang von meiner Prognose abweicht und die mit der weiteren Prognose sich dann ergebende Platzierung. Das Spiel von Zwickau gegen Essen ist ohne das DFB-Urteil noch nicht mitberechnet.

  • 11. Erzgebirge Aue 42 (13. mit 44 P) +3; 11. mit 47
  • 12. MSV Duisburg 39 (16. mit 39 P) +2; 15. mit 41
  • 13. FC Ingolstadt 38 (12. mit 44) +/- 0; 13. mit 44
  • 14. Borussia Dortmund II 37 (11. mit 45 P) -1; 12. mit 44
  • 15. Rot-Weiss Essen 36 (14. mit 42 P) +/- 0; 14. mit 42
  • 16. Hallescher FC 35 (15. mit 41 P) -1 ; 16. mit 40
  • 17. VfB Oldenburg 31 (17. mit 35 P) +/- 0; 17. mit 35
  • 18. SpVgg Bayreuth 31 (18. mit 34 P) +/– 0; 18. mit 34
  • 19. FSV Zwickau 28 (19. mit 31 P) +/-0; 19. mit 31
  • 20. SV Meppen 27 (20. mit 25 P) +3; 20. mit 28

Die Prognose für den nächsten Spieltag

Aus dem Archiv – Kees Bregman und Bernd Lehmann 1975 im Fragebogen-Interview

Zurzeit beschäftige ich mich für mein neues Roman-Projekt mit dem Nachlass meines Vaters. Während seines Lebens hat er Seiten über Seiten aus Zeitungen herausgerissen und aufbewahrt. Nur wenige Seiten davon sind systematisch archiviert. Deshalb gibt es immer wieder Überraschungen für mich. Heute etwa fiel mir eine Seite der NRZ vom 11. Juni 1975 in die Hand.

Zehn Tage vor dem Pokalendspiel des MSV gegen Eintracht Frankfurt in Hannover ist die Vorberichterstattung offensichtlich längst angelaufen. Zu lesen ist bereits die vierte Folge jener Fragebogenaktion, mit der die Spieler des MSV den Leserinnen und Lesern auch im Privaten näher vorgestellt werden. Welch schöner Zufall, dass mein Wahlnamensvetter und Held der Jugend Kees Bregman einer der zwei Spieler dieses Tages ist. Aber was für ein Fehler bei seinem Nachnamen! Unfassbar.

Welch andere Zeiten damals. Welche Aufregung es über diesen immensen Bergman-Fauxpax damals gab, wissen wir ja nicht. Aber man muss sich nur kurz vorstellen, was vor einem Pokalfinale in den sozialen Netzwerken los wäre, wenn ein Spieler die Frage nach dem sportlichen Ziel vor einem Finalspiel offen ließe.

Zu dem in den Antworten deutlich werdenden Zeitgeist will ich auf die Schnelle nur was zur Musik sagen. Alles weitere überlasse ich euch. Bernd Lehmanns Adriano Celentano sagt mir mehr zu als Mud in der Rubrik Lieblingssänger(in), die ja Kees Bregman zur Frage nach der Lieblingsband machte.

Andererseits gehörte Mud damals natürlich zum Standard in den Hitparaden bis Mitte der 70er Jahre. Wer heute mit Mud sofort auch an Sweet, T. Rex und Gary Glitter denkt, hatte bestimmt auch Singles zu Hause, die einige von euch ebenso bestimmt zu früh zu billig abgegeben haben. Vinyl! Heute wieder gefragt. Neulich in Antwerpen im Schaufenster des Second-Hand-Shops für LPs von Pink Floyd über Genesis bis hin zu Thin Lizzy und David Bowie, alles LP-Standards jener Zeit, Preise ab 30 Euro aufwärts.

Und nun zu Mud mit Tiger Feet für euch Älteren, die ihr euch nicht sattsehen könnt am Glamrock, und für alle Nachgeborenen natürlich auch, damit ihr staunt, wie früher schon die Menschen gekleidet waren. Zumindest in der Popmusik. Im Alltag Duisburgs war solche Mode nur in abgemilderteren Varianten zu sehen. Auch der Spielraum für die Übernahme von der Bühnen- in die Alltagsmode hat sich verändert. Bitte schön:

Für die Hardcore-Pessimisten gibt es den Tabellenrechner

Trotz Ergebniskrise beim MSV in den letzten Spielen hätte ich in dieser Saison eigentlich nicht zum Tabellenrechner gegriffen. Ich denke nämlich, die Mannschaft braucht diese Form meiner Unterstützung in dieser Saison nicht. An Abstieg denke ich nicht. Langjährige Leser des Zebrastreifenblogs kennen meine gottgleichen Versuche, die Wirklichkeit von Saisonzielen herbeizurechnen. Ich darf unbescheiden sagen, nur in Ausnahmefällen schwand auf mir unerklärbare Weise meine Allmacht. Wüsste ich die Gründe, besäße der MSV in dieser Saison nach langen Jahren wieder eine Chance zum Bundesligaaufstieg.

Stattdessen Alltag in der 3. Liga, und die Pessimisten unter uns Anhängern sprechen nach den letzten Wochen über Abstiegsgefahr. Wahrscheinlich wisst ihr, ich gehöre, was den MSV betrifft, zu den Optimisten. Deshalb beunruhigt mich die Oberfläche des Geschehenes in der 3. Liga nicht. Schon die ganze Saison bin ich im Zuschauergefühl „Gesichertes Mittelfeld“ unterwegs. Ich bin damit vielleicht nicht alleine, doch wenn ich mit Freunden spreche oder im Netz rumlese, nimmt die Nervosität bei vielen doch zu. Besorgte Stimmen höre und lese ich Woche für Woche immer mehr. Abhilfe schafft in solchen Fällen nur der Tabellenrechner.

Ihr kennt das: Der Einfachheit halber prognostiziere ich nur 1:0-Siege oder torlose Unentschieden. Außerdem wähle ich die Ergebnisse des MSV so schlecht wie möglich und so gut wie nötig, um in dem Fall den Abstieg zu verhindern. Entsprechend umgekehrt mache ich es bei den Konkurrenten im unteren Tabellendrittel. Die gewinnen im Zweifel oder spielen Unentschieden, so oft es geht.

Das Nachholspiel des MSV gegen Elversberg habe ich selbstverständlich als Niederlage eingerechnet, getreu meinem ewigen Tabellenrechnergesetz „Schlimmer geht immer“. Die weitere Prognosewahrheit bringt es mit sich, dass der MSV nur noch zwei Unentschieden erzielt – gegen Bayreuth und gegen Aue – und dennoch bleibt der Abstieg fern. Denn der zweite Teil dieses ewigen Tabellenrechnergesetztes lautet, „für den MSV geht es gut aus.“ In dieser Saison vor allem eine Botschaft für die Pessimisten.


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