Das Schillernde des Fußballs – Reaktionen auf Fangewalt

In fragmentarischen Worten stehen die Gedanken hier schon etwas länger in den Entwürfen und nun bleibt vom Fragmentarischen wahrscheinlich etwas erhalten, sonst kriege ich das nie vom Tisch.

Neulich meldeten sich die Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) und der Sportsoziologe Gunter A. Pilz  mit einem Beitrag zur Diskussion um Fangewalt zu Wort. Das Medieninteresse hielt sich in Grenzen, wahrscheinlich einfach aus dem Grund, weil diese Stellungnahme mit dem Wunsch nach größerer Unterstützung von Präventionsarbeit mit Fans von der Seite erwartbar ist und weil niemand so richtig gegen eine solche Forderung sein kann. Es fehlt die Möglichkeit zur Skandalisierung, ganz anders als bei der Forderung des Polizeigewerkschaftsvorsitzenden Rainer Wendt zum gleichen Problem. Er wiederholt ja gerne bei entsprechender Fangewalt-Gelegenheit seit einiger Zeit, die Vereine sollten sich an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen. Reflexhaft poltern die Vertreter dieser Vereine zur Dankbarkeit der berichterstattenden Medien mit Worten des Widerspruchs los. Von so einem Spektakel lässt sich mit emotionsgeladenen Zitaten einfach und mehrmals  berichten.

Vielleicht hat Gunter A. Pilz deshalb sich auch aus öffentlichkeitswirksamen Gründen gegen diese Forderung von Seiten der Polizei gerichtet? Oder wird da in der Berichterstattung etwas verkürzt, was eigentlich anders gemeint war? Denn so genau verstehe ich nicht, wo sich bei der Finanzierung zweier unterschiedlicher Maßnahmen gegen Gewalt die Gegensätze befinden. Es sei denn, man streitet um dasselbe Geld. Das aber geschieht ja gerade nicht. Pilz wendet sich zunächst an die Politik und mit Seitenhieb an die Polizei, Wendt stellt seine Forderung an die Veranstalter, die Fußballvereine. Und dass tatsächlich noch die alte Gefechtslinie zwischen Repression und Prävention irgendwo gezogen wird, hätte ich nicht für möglich gehalten. Schließlich kann bei der öffentlichen Diskussion auf dem Nachbarfeld Jugendgewalt niemand mehr hinter die Erkenntnis zurück, dass das eine erst gemeinsam mit dem anderen Wirkungen nach sich zieht. Repression heißt das dort dann natürlich nicht, sondern Einhalten von Regeln, aber dort sind Gefechtslagen mit zugespitzten Sprachformeln auch schon überwunden. Auch in dem Fall scheint der Fußball der übrigen gesellschaftlichen Entwicklung etwas hinterher zu hinken.

Auf mich wirkt es so, als redeten die beiden Männer gar nicht über denselben Fußball. Gunter A. Pilz geht es um soziale Zusammenhänge und damit wahrscheinlich in Teilen auch um den kulturellen Überbau im Fußball. Wendt spricht den Fußball als Unterhaltungsindustrie an. Das Widersprüchliche des gegenwärtigen Fußballs hat Konsequenzen. Fußball ist eben weder ganz das eine noch ganz das andere, und so ergeben sich unterschiedliche Handlungsweisen je nachdem, was gerade in den Vordergrund gerückt wird.

Diese Widersprüche ziehen aber auch kuriose Bilder nach sich. Rainer Wendt etwa steht eigentlich in einer Reihe mit all jenen Fans, die der Polizei desöfteren Sorge bereiten. Er zieht nur andere Schlüsse. Einig ist er sich mit ihnen aber in seinem diffusen Gefühl des Unwohlsein gegenüber der Kommerzialisierung des Fußballs. Wie den Fans geht es ihm um ein Verantwortungsbewusstsein der Vereine, das nicht Schritt gehalten hat mit der wirtschaftlichen Entwicklung des Sports als Unterhaltungsindustrie. Wendt richtet dabei sein Augenmerk auf Sicherheit und die Fans auf traditionelle Werte des Fußballs.

Als das Fanprojekt Duisburg vor der letzten Saison in finanziellen Schwierigkeiten steckte, fragte ich mich, wie verwegen der Gedanke ist, die Spieler des MSV Duisburg hätten sich für die fehlende und in den Maßstäben des Fußballgeschäfts nicht allzu große Geldsumme von 30.000 Euro mit verantwortlich gefühlt. Andererseits wollen manche Fanprojekte aber auch um der eigenen Glaubwürdigkeit willen, Distanz zu dem Verein. Sie meinen damit, sie wollen Distanz zu dem Unternehmen, das nach anderen Richtlinien arbeitet als man selbst. Nähe wollen sie zur Idee des Vereins. Auch das ist ein unauflösbarer Widerspruch, weil das eine nicht ohne das andere zu haben ist.

An der Stelle versandet es. Ich hatte eine Beobachtung gemacht und meine Interpretation dieser Beobachtung festgehalten …

Es bleiben offene Anschlussstellen …

Schreiben kann ich dazu erst einmal nichts mehr.

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