Halbzeitpausengespräch: Lest Michael Klaus

Eine Rubrik auf den Literaturseiten von „Die Zeit“ heißt „Wir raten zu“. Neulich hat Benedikt Erenz dort auf das „Lesebuch Michael Klaus“ aufmerksam gemacht. Erschienen ist es im Aisthesis Verlag, der auf seinen Seiten das Inhaltsverzeichnis und Auszüge der Besprechung online gestellt hat. Gesammelt sind hier anscheinend vor allem kurze Texte über den Pott-Alltag, aber auch Romanausschnitte und die Kurzgeschichte „Nordkurve“ ist ebenfalls dabei. Sie war die Vorlage für das von Michael Klaus selbst geschriebene Drehbuch zu Adolf Winkelmanns gleichnamigem Film. Aus der Gelsenkirchener Fußballwelt der Kurzgeschichte wurde damals übrigens im Film wegen der besseren Atmosphäre im Westfalenstadion gegenüber der im Parkstadion die Dortmunder Fußballwelt des fiktiven Vereins Union Dortmund.

Man kann nicht oft genug auf Michael Klaus hinweisen. Auch einen Fußballort der „111 Fußballorte im Ruhrgebiet, die man gesehen haben muss“ haben wir dem einstigen Schalke-Fan und Fußballgeschichtenerzähler Michael Klaus gewidmet. Es sind die Berger Anlagen, von deren Anhöhe man die Arena sieht, einer seiner Lieblingsorte. Mit dem folgenden Ausschnitt aus dem Fußballorte-Buch lässt sich vielleicht noch besser verstehen, warum der früh verstorbene Michael Klaus ein großer Ruhrgebietsliterat war.

Oben angekommen liegt Schalkeland mit der Arena vor einem. So ein Fernblick bringt die Gedanken ins Schwingen. Dem 2008 verstorbenen Gelsenkirchener Autor Michael Klaus und seiner Lebensgefährtin fielen hier immer wieder die mitreißendsten Momente auf Schalke ein – ob Ärger oder Freude. Der 1952 geborene Michael Klaus hing an dem Verein, bis er in der Öffentlichkeit mit ihm abschloss, als Gazprom Sponsor wurde. Für ihn stand Gazprom für antidemokratische und kriminelle Machenschaften. Da zeigte sich der politisch denkende Autor und deutsche PEN-Vizepräsident.

Dabei hatte Michael Klaus noch das Libretto zum Schalke-Musical geschrieben. Es war nicht sein einziges Fußballwerk. Das Drehbuch für den Winkelmann-Film „Nordkurve“ gehörte dazu, ein Oratoriums-Libetto. Als Autor war Michael Klaus in allen Formen zu Hause. Satiren mochte er, und er bevorzugte die kürzeren Texte, verkörperte mit seiner Vielseitigkeit die Ruhrgebietsmentalität von Arbeitern, die alles selbst in die Hand nehmen mussten, von handwerklichen Aufgaben bis hin zu Gemüseanbau und Kleinviehzucht. Renomée und öffentliche Wahrnehmung hängt auch davon ab, wo ein Autor lebt, ob in den Verlagsstädten, umgeben von Meinungsmachern oder eben im Ruhrgebiet, wo die Wege hin zu den Feuilletons oft über Ecken gesucht werden müssen. Wer auch immer hier oben aufs Schalkeland guckt, der sollte Texte von Michael Klaus zumindest einmal zu lesen versucht haben.

Ich tue es Benedikt Erenz gleich und rate ebenfalls zum „Lesebuch Michael Klaus“. 8,50 kostet es nur. Für so wenig Geld, so viele Seiten große Pott-Literatur, daran solltet ihr nicht vorbeigehen.

Lesebuch Michael Klaus. Zusammengestellt und mit einem Nachwort von Walter Gödden. Aisthesis Verlag, Bielefeld 2012, ISBN 978-3-89528-945-3, 176 Seiten, kart. EUR 8,50.

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