Sendelizenz für Ishiaku-Soap nach Belgien verkauft

Schon beim MSV Duisburg wurde Manesseh Ishiaku immer mehr zum Darsteller einer vorabendseriengleichen Geschichte des immerselben Inhalts. Wir konnten froh sein, ihn dennoch manchmal noch im Hauptprogramm eines abendfüllenden Spiels zu sehen. Nach seinem Wechsel zum 1. FC Köln war er aber als Fußballdarsteller auf die Endlosserie „Im Sturm des Knöchels“ festgelegt. Dieses Engagement in Köln endete ohne eine richtige Perspektive mit der Vertragsauflösung 2011. Gestern aber berichtete das belgische Medienfachmagazin Voetbalnieuws, die Endlosserie mit Manesseh Ishiaku habe nun beim viertklassigen Sporting Aalst auch im Programm des belgischen Fußballs einen festen Sendeplatz erhalten.  „Het was een grote verrassing toen de Limburgse club de transfer bekendmaakte. Veel plezier beleefden ze echter nog niet aan de Nigeriaanse aanvaller.“ Die Auftaktfolge scheint also wieder die übliche zu sein. Verein freut sich über Verpflichtung eines guten Spielers. Spieler kann nicht spielen wegen Verletzung. Spieler kämpft gegen Sportinvalidität und um Rückkehr in die Mannschaft.

Die belgische Format-Übernahme gibt mir Gelegenheit zur Wiederholung der deutschen Original-Soap, die ich mir seinerzeit in Köln ansehen konnte und die ich mit einigen Verbesserungsvorschlägen für mein damals noch kleineres Publikum zusammenfasste. In unserer schnelllebigen Zeit wirkt dieser Rückgriff auf frühe Worte fast schon wie ein Blick auf das TV-Programm in schwarz-weiß. Und wie das mit solch nostalgischem Wiederbegegnen immer ist, man braucht etwas Zeit, um sich sämtliche Folgen des damals auf Tage verteilten Serienprogramms im Ganzen anzusehen.

Im Sturm des Knöchels – Folge 1

Fortsetzungsgeschichten haben ja immer eine ähnliche Dramaturgie. Ein Serienheld erlebt immer neue Abenteuer bei immer gleicher Persönlichkeit. Allerdings braucht es in jeder weiteren Folge auch immer einen neuen Ausschnitt der Welt, in der sich unser Held umschaut. Insofern folgt die Geschichte um den verletzten Knöchel von Manesseh Ishiaku alten erzählerischen Regeln. Letzte Woche hatte er nach längerer Verletzung während der Saisonvorbereitung das Training wieder begonnen. Schon schmerzte der Knöchel erneut, und nun bricht der Held  auf in seine alte Heimat, um dort zu finden, was er in der Fremde so lange vergeblich gesucht hat. In diesem Fall ist es ein für den Profi-Fußball geeignetes Sprunggelenk. Ishiaku befindet sich in Belgien bei einem Arzt seines Vertrauens, so lässt der FC verlauten. Am letzten Donnerstag war es, als ich lesen konnte, noch vier Wochen wird es dauern, bis alles gut wird. Als Freunde von Fortsetzungsgeschichten wissen wir aber, wenn erstmal alles gut ist, bedeutet das das Ende jeder Geschichte.

Im Sturm des Knöchels – Folge 2

Allmählich wurde ich schon nervös und habe daran gedacht, die nächste Folge unserer kleinen Abenteuerserie um den ehrgeizigen und talentierten Fußballer Ishiaku selbst zu schreiben. Nun hat mir das richtige Leben die  Arbeit abgenommen und ich erzähle nur, wie es tatsächlich geschehen ist, genauer, wie es tatsächlich geschehen sein soll. Schließlich habe ich meine Informationen aus der Kölner Lokalpresse. Im übrigen zeigt dieser kleine Artikel im Stadtanzeiger einmal mehr, nicht immer schreibt das Leben die besten Geschichten. Manchmal ist so ein Leben auch verdammt langweilig.

So lese ich zwar zunächst leicht gerührt, wie der Trainer, gespielt von Christoph Daum, den lange vermissten hoffnungsvollen Stürmer mit einer zeremoniellen Begrüßung bei seinen Mannschaftskameraden einführt. Der Trainer hat die Kameraden nämlich aufgefordert, einen Kreis um Ishiaku zu bilden, so wie er es immer mit völlig neuen Spielern bei ihrem ersten Training macht. Ganz stark, wie symbolhaft hier alles Alte abgestreift werden sollte, wie die üble Vergangenheit voller Verletzungssorgen sich in der liebevollen Freundschaft der in den letzten Spielen so überaus erfolgreichen Sturmkollegen auflösen sollte. All das ist wunderbares Serienformat. Respekt, mein Leben!

Aber dann, was für ein einfaltsloses Ende dieser Folge. Eine Stunde lang trainiert Ishiaku und plötzlich, er stoppt im vollen Lauf  – so muss es gewesen sein. Ein erfahrerener Geschichtenschreiber hätte nun aber eine andere Auflösung gewählt. Er hätte die in Antwerpen wieder getroffene alte Liebe hervorgeholt, eine wunderschöne Frau, die leider gerade eine schwere Zeit zu durchleben hat, weil sie ihren Mann bei einem Verkehrsunfall verlor und nun mitsamt ihrer drei kleinen Kinder erfahren muss, dass dieser Mann das gesamte Familienvermögen beim Pokern verloren hat. So eine Frau hätte der Fortsetzungsgeschichte gut getan. Vielleicht hätte sie sogar kurz zuvor eine mittelschwere Krankheit diagnostiziert bekommmen, eine Krankheit, die ganz selten sogar tödlich verlaufen kann. So eine Frau hätte ihre große Liebe der Jugend, Ishiaku, schweren Herzens wieder nach Köln ziehen lassen. Sie hätte es aber gemacht, denn sie weiß, der Fußballer muss tun, was ein Fußballer tun muss. Tore schießen für den FC. Und in Köln hätte Ishiaku im Trainingspiel nach drei grandios erzielten Toren angesichts der eigenen Gefühlslosigkeit trotz seines so überragenden Trainingsauftakts dann gemerkt, was seine wahre Bestimmung ist. Er hätte für seine wahre Liebe da sein wollen, zumal ihm die Kinder nicht aus dem Kopf gingen, womöglich Waisen … Ach, was steckte nicht alles in solcher einer Wendung. All das hat das Leben aber in dieser Fortsetzungsserie verschenkt. Ishiaku musste, ganz wie wir es schon kennen, nach einer Stunde Training aufhören – Schmerzen! –  und ging mit dem Reha-Trainer, gespielt von Cem Bagci, auf eine Laufrunde in den Grüngürtel. “Ishiakus Rückkehr gescheitert” titelt der Kölner Stadtanzeiger, und ich überlege nun, ob ich mir nicht abwechslungsreichere Fortsetzungsgeschichten angucken soll.

Im Sturm des Knöchels – Folge 3

Wir haben anhand der Erzählungen vom ehrgeizigen und talentierten Fußballspieler Manasseh Ishiaku ja schon einige Gesetzmäßigkeiten von Fortsetzungsgeschichten kennengelernt. Nun weist das nächste Kapitel dieser Fortsetzungsgeschichte darauf hin, dass die Macher der Serie sich allmählich sorgen und dem erzählerischen Potential ihrer Hauptfigur Ishiaku nur noch eingeschränkt vertrauen.

Denn wenn die Figurenkonstellation der Serie grundsätzlich überdacht wird, um den Publikumserfolg zu sichern, ist fast immer auch ein Ende der Fortsetzungserie möglich. Was im Hochgefühl von Stärke und Sicherheit umsatzträchtig zwei Absatzmärkte vereint, wird in Zeiten der Auflagennot zum vermeintlichen Hoffnungsschimmer: Zwei Super-Helden begegnen sich in ein- und derselben Geschichte. So gibt es weiterhin Hinweise darauf, dass der Fortsetzungsserie um Ishiaku durch eine Begegnung mit Super-Lukas neues Leben eingehaucht werden soll. Zwar reagiert der den FC-Trainer spielende Christoph Daum genervt über diese ewig gleiche Idee mit dem Superhelden Lukas Podolski, doch Michael Meier, der den FC-Manager spielt, will sich diese erzählerischen Möglichkeiten nicht verbauen. “Im Winter sind keine Änderungen geplant,” wird er zunächst im Kölner Stadt-Anzeiger zitiert und hat dann hinzugefügt: “Es sei denn verletzungsbedingt, also gezwungenermaßen.” Es hat den Anschein, als ob Meier bei den Autoren der Fortsetzungsgeschichte um Ishiaku keine kreative Kraft mehr erkennt. Man kann seine Äußerungen so deuten, dass er vom Schlimmsten ausgeht. Auch in den nächsten zwei Monaten keine zündende Idee mehr aus der Autorenwerkstatt.

Der Herausgeber einer Fortsetzungserie muss dann vorbauen. Natürlich darf die erfolgreichere Serie nicht von jener in der Kreativkrise in Mitleidenschaft gezogen werden. Möglicherweise kommt es deshalb auch gar nicht zur dauerhaften Vereinigung der Super-Helden, sondern Meier muss sich mit einem Cameo-Auftritt von Super-Lukas bei der Weihnachtsfeier des 1. FC Kölns zufrieden geben. Dennoch besäße selbst solch ein Auftritt großes Entwicklungspotential. Super-Lukas könnte zum Beispiel zufällig neben Ishiaku zu sitzen kommen und nach den ersten gewechselten Worten spüren, hier geschieht gerade eine einzigartige Begegnung. Der Beginn einer langen Freundschaft könnte sich dann abzeichnen. Zwei junge Männer, die endlich bei jemandem völliges Verstehen für enttäuschte Hoffnungen finden. Ein reger Mail- und SMS-Austausch zwischen Super-Lukas in München und Ishiaku in Köln könnte der Serie den Weg in ein neues Medium eröffnen. Eine Handy-Soap statt Print. Vorstellbar ist vieles. Man sollte drüber nachdenken. Das Training dauerhaft aufnehmen, das bleibt selbstverständlich als weitere überraschende Wendung im erzählerischen Repertoire der Serie. Doch vielleicht kommt diese Wendung für deren Fortbestand zu spät. Schließlich enttäuscht man die Zuschauererwartungen nicht ungestraft.

Im Sturm des Knöchels – Folge 4

Endlich haben sich die Macher der Fortsetzungserie um den talentierten und ehrgeizigen Fußballspieler Manasseh Ishiaku an die handwerklichen Grundlagen aller Fortsetzungesserien erinnert. Vielleicht hatten da die kritischen Worte Michael Meiers von neulich ihren Anteil. Endlich wissen sie wieder, jede neue Folge braucht einen eigenen Höhepunkt und der darf sich nicht allzu bald wiederholen. Deshalb gibt es kein Geplänkel mehr um das Training, um Ärzte in Belgien und Waldläufe durch den Grüngürtel. Jetzt wird das Tempo angezogen, und die nächste Folge zeigt Ishiaku endlich dort, wo ihn die Leser schon seit Monaten sehen wollen. Der Held spielt Fußball – in einem richtigen Spiel. Das war ein großer Wurf für die weitere Zukunft der Serie. Respekt! Alles richtig gemacht, mein Leben. Und nicht nur dass die Macher das Tempo endlich anziehen, nein, sie beweisen auch, dass sie sich mit grundlegenden handwerklichen Techniken der Literatur auskennen. Sie greifen zu den Mitteln der Hochliteratur und nutzen ein Leitmotiv, um diese Folge der Serie in jeder Hinsicht stark zu machen. Zwei Tore hat Ishiaku nämlich geschossen, und schon in den frühen Folgen am Handlungsort Duisburg waren es meist zwei Tore, die er schoss, wenn er denn in einem Spiel traf. Mit solchen Details erfreut man den kundigen Leser und gewinnt ihn als dauerhaften Interessenten für die Serie. Außerdem deutet auch die Wahl des ersten Spiels von Ishiaku darauf hin, dass man sich endlich wieder auf alte Qualitäten der Serie besinnt. Es war nicht irgendein Spiel, in dem Ishiaku seinen ersten Auftritt für den 1. FC Köln hatte. Es war das Freundschaftspiel gegen Fortuna Köln, gleichsam ein Benefizspiel, ohne dass es ausdrücklich so heißt. Unterstützt der 1. FC Köln doch mit diesem jährlich stattfindenden Spiel seit längerem den arm gewordenen Südstadt-Verein und einstigen kleinen Rivalen um die Gunst der Leser. Damit spiegelt sich das persönliche Schicksal unseres Helden in der wechselvollen Geschichte einer Gemeinschaft. Und so warten wir Leser nach diesem Spiel auf die hoffnungsfrohe nahe Zukunft von Ishiaku und der Fortuna.

Im Sturm des Knöchels – Folge 5

In einem Drama kann so etwas ein retardierendes Moment sein. Wenn in einer Fortsetzungserie aber der gesamte neu erschienene Teil der Serie so genannt werden muss, ist das Ende der Serie nah. Endlich steht unser talentierter und ehrgeiziger Manasseh Ishiaku in einem Punktespiel auf dem Feld und nichts weiter ist darüber zu berichten. Er wurde ohne große Inszenierung in der 74. Minute im Auswärtsspiel des 1. FC Kölns gegen Hertha BSC eingewechselt. Manche Kölner Fans, die ihn noch nie leibhaftig gesehen hatten, waren über die Größe seines Körpers erstaunt und wurden dennoch nicht zu Tränen gerührt. Was haben sich die Macher der Serie nur dabei gedacht. Wieso um alles in der Welt hat man für diesen Auftritt so einen langen Anlauf gebraucht, wenn diese Leidensgeschichte des Fußballspielers in nichts anderem mündet als Herumgerenne und eine Niederlage seines Vereins? Oder sollte das die allerletzte Prüfung sein? Das wiederum ist völlig ungestaltet geblieben. Wenn es so beabsichtigt war, machte die Lustlosigkeit der Serienmacher alles zunichte. Irgendwann demnächst werden sie ihn in einem Heimspiel zwei Tore schießen lassen. Und ich weiß jetzt schon, das war es dann, ein vorhersehbares Happy End, das nicht mehr ist als der bemühte Versuch ein paar lose Erzählfäden mit heißer Nadel zusammenzustricken.

Im Sturm des Knöchels – Folge 6  Das Ende einer Fortsetzungsserie

Nun haben die Macher der Fortsetzungserie um den talentierten und ehrgeizigen Fußballspieler Manasseh Ishiaku  gerade noch einmal die Kurve gekriegt. Zwei Folgen der Serie sind nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf den Markt gekommen. Das war keine Überraschung, mangelte es den Produzenten doch am Einfallsreichtum, um ansprechende Geschichten für diese Folgen zu finden. Die erste Einwechslung in einem Bundesligaspiel ohne wirklichen Höhepunkt. Dazu hatte man das Auswärtspiel des 1. FC Kölns  gegen Hertha BSC Berlin ausgewählt. Die Einwechslung geschah in der 74. Minute, und natürlich strahlte Ishiaku sofort Gefahr im Angriffsspiel der Kölner aus. Das war soweit vorhersehbar und konnte noch als Anlauf für den wahren Höhepunkt in der nächsten Folge durchgehen. Doch welch vergebene Chance in dieser nächsten Folge, in der man Ishiaku sogar für eine ganze Halbzeit auf den Platz schickte. Im Heimspiel der Kölner gegen Hamburg kam er in der 46. Minute und wieder ging von ihm Gefahr aus. Das war wiederum nicht überraschend, das kannte man und weil nichts anderes erzählt wurde, verpuffte diese Folge im Nichts der Langeweile. Ishiaku änderte nichts an den zwei Niederlagen, obgleich auf den persönlichen Erfolg Ishiakus alle Fans der Serie seit Wochen warten.

Erst in dieser dritten Folge seit seiner Gesundung haben es die Macher der Serie endlich begriffen. Zuschauererwartungen darf man nur dann enttäuschen, wenn kurze Zeit später ein sehr viel imposanterer und beeindruckenderer Einfall der Geschichte eine dann auch wirklich überraschende Wendung gibt. Diese Regel von Fortsetzungsgeschichten missachtet man nicht ungestraft. Nur die treuesten Fans halten dann einer Serie noch die Stange. So sind zwar die Kölner unter den Fans unserer Serie ganz begeistert über die letzte Folge. Wir Zuschauer ohne “kölsches Hätz” aber müssen sagen, das war es nun. Die letzte Anstrengung der Macher erfüllt nur noch die mindesten Anforderungen an Spannung und Wohlgefühl der Show. Im Auswärtsspiel gegen den VfL Bochum wurde Ishiaku in der 82. Minute eingewechselt. Die Macher hatten sogar den Blick auf die Zuschauer geworfen und ließen diese vehement nach ihm rufen. So war es mehr als vorhersehbar, dass er in diesem Spiel tatsächlich den Siegtreffer nach 5 Minuten Spielzeit erzielen konnte. Auch das Freudenmotiv seines Saltos wurde wieder hervorgeholt. Aber die Vorarbeit zum Tor lieferte ein ganz anderer. Ishiaku brauchte nur einzuschieben. Welch müheloses Tor wurde ihm da auf den Leib geschrieben. Das hätte uns vor zwei, drei Wochen vielleicht noch mitgerissen, am letzten Wochenende aber kam diese letzte Anstrengung der Serienmacher für ein Happy End zu spät. Mein Rat: Beschränkt euch auf das Absatzgebiet um Köln. Dort hat die Serie vielleicht noch Chancen. Der Kölner kauft ja alles, sobald da nur irgendwas entfernt an den Dom erinnert, selbst wenn es nur ein imaginärer Dom im Herzen einer Serienfigur wie Ishiaku sein sollte.  Überlassen wir also Manasseh Ishiaku endgültig dem Kölner Publikum und wünschen den Machern der Serie viel Glück.

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