Gemeinsamer in die Zukunft – Kees Jaratz ist Der Fusionsberater

Überall in Deutschland bin ich unterwegs. Überall in Deutschland lerne ich Menschen voller Hoffnung kennen. Überall in Deutschland wird an die ewige Verbundenheit geglaubt. Doch leider erzählt uns die Wirklichkeit nur allzu oft andere Geschichten. Daimler und Chrysler, Glabotki oder die van der Vaarts – was zusammen kam, ging wieder auseinander.

Erhaltet ihr aber die Wahl, womit ihr dauerhafte Gemeinsamkeit mal versuchen wollt, probiert auf jeden Fall das Heiraten aus. Dieser Spezialfall einer Fusion bietet gute Erfolgsaussichten. Laut Statistischem Bundesamt werden von den im letzten Jahr geschlossenen Ehen bei gleich bleibendem Scheidungsverhalten nur etwa 37 Prozent wieder geschieden in den nächsten 25 Jahren. Das ist nichts, wenn wir uns etwa die gescheiterten Unternehmensexistenzen im Finanzdienstleistungsektor ansehen. Angelsächsische Studien sollen belegen, weltweit geht schief, was schief gehen kann. Gerade mal 15 Prozent der vereinten Unternehmen schaffen es, zusammen glücklich zu werden. Alle anderen müssen ihre Hoffnung auf sagenhafte Gewinne begraben. Sie lassen sich wieder scheiden oder gehen gemeinsam dem Ruin entgegen.

Guter Wille und berechtigte Hoffnungen auf gemeinsames Glück reichen also nicht aus, um Alltagskonflikte dauerhaft zu bewältigen und auseinderstrebende Interessen im Zaum zu halten. Das gilt natürlich auch bei der Fusion von Sportvereinen, wie sie nun der MSV Duisburg und der FCR 2001 Duisburg planen. Noch steht die Nachricht vom DFB aus, ob der Bundesligist im Frauenfußball unter dem Namen des Männer-Drittligisten weiterspielen kann. Trotzdem macht die Nachricht bereits die Runde, und die Vorfreude auf die gemeinsame Zukunft ist groß.

Denke ich an die für Unternehmen so überaus wichtige Marken-Bildung, so steht es außer Frage, dass die Marke MSV Duisburg durch den Zugewinn von Bundesliga-Frauenfußball gestärkt wird. Hinzu kommt die Aura der erfolgreichen Frauenfußball-Vergangenheit. In Duisburg könnte also ein Weg betreten werden, der in anderen Bundesliga-Vereinen bereits vorgemacht wurde. Allerdings waren beim FC Bayern München, beim VfL Wolfsburg oder bei Bayer Leverkusen die Männermannschaften immer die erfolgreicheren Teams. Über wirtschaftliche Fragen brauchte bei diesen Vereinen ohnehin nicht diskutiert werden.

Fusion in Duisburg heißt aber, zwei wirtschaftlich schwache Partner versuchen von nun an gemeinsam zu gesunden. Als Fusionsberater ist es zudem meine Aufgabe, die Schwachstellen des Zusammenschlusses zu benennen. Den Verantwortlichen beider Vereine sage ich deshalb, nehmt die unterschiedlichen Quellen eures Selbstbewusstseins und eurer Identität nicht auf die leichte Schulter. Sie bergen Konflikte. Denn Geld wird auch in Zukunft knapp sein und Etats müssen erstellt werden. Bei Sponsoren wird es demnächst also wahrscheinlich Diskussionen über Geldflüsse geben. Interessant wird deshalb auch die Frage, in welcher betriebswirtschaftlichen Form der Frauenfußball integriert wird.

Worauf Selbstbewusstsein und Identität der jeweils Verantwortlichen fußen, ist offensichtlich. Während der Männerfußball langlebiger, traditionsreicher und populärer ist, war der Frauenfußball erfolgreicher. Das muss man im Blick haben, weil sich hier mögliche Ursachen für Missstimmung verbergen, an die heute noch niemand denkt. Darauf würde wahrscheinlich auch die Sportsoziologin an der Universität Paderborn, Cindy Adolph-Börs, hinweisen. Sie betreibt den Blog Vereinsfusionen samt Info-Telefon und hat im Fachbereich Sportsoziologie eine Dissertation zum Thema geschrieben. Auf den ersten Blick erkenne ich zwar nur ambitionierte Breitensportvereine, die sie beim Zusammenschluss begleitet hatte. Doch es wäre mal eine Überlegung wert, im Vorfeld sich bei ihr nach ein paar Konfliktlösungsstrategien zu erkundigen. Denn weiterhin wird das Hauptaugenmerk beim MSV Duisburg dem Männerfußball gelten. Das liegt für mich auf der Hand. Nicht dass dann irgendwann die Löwinnen sich nostalgisch verbrämt an jene Zeiten erinnern, die es so nie gegeben hat; Zeiten, in denen sie vermeintlich die Zebras noch hatten jagen können. Denn jede Unruhe im Verein, egal, woher sie kommt, behindert sportlichen Erfolg.

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