Der Duisburger Gerd Hennig – Vom Straßenfußballer zum FIFA-Schiedsrichter

Vor einigen Wochen bat mich ein Bekannter meiner Mutter um Hilfe für seinen Freund Gerd Hennig. Ich kannte Gerd Hennig nicht nur als Bundesligaschiedsrichter in den 1970er Jahren vom Namen her. Schließlich ist er alter Meidericher. Sein Sohn war ein oder zwei Stufen über mir ebenfalls Schüler auf dem Max-Planck-Gymnasium. Gerd Hennig hatte nach der Genesung von einer Erkrankung seine Erinnerungen aufgeschrieben. Die sollte ich mir mal ansehen. So fuhr ich zu Gerd Hennig, der inzwischen in Duissern wohnt. Ich habe ein paar Fotos gemacht und einen dicken Packen Blätter mit auf den Weg bekommen. Handschriftliche Notizen waren das und viele Seiten unterschiedlicher Ausdrucke. Viel Arbeit hatte er hineingesteckt, viel Arbeit steht noch an. „Vom Straßenfußballer zum FIFA-Schiedsrichter“ hat Gerd Hennig seine Erinnerungen genannt. Mit ihnen möchte er auch für das Schiedsrichtern werben, weil es an Nachwuchs fehle. Ich hoffe, ab nun in loser Folge Ausschnitte dieser von mir bearbeiteten Erinnerungen vorstellen zu können. Heute geht es um die Anfänge von Gerd Hennigs Fußballbegeisterung.

Vom Straßenfußballer zum FIFA-Schiedsrichter
Von Gerd Hennig

Mein erstes Fußballspiel erlebte ich an einem Sonntag im September 1947, als mich mein Patenonkel zu einem Radsportrennen mitnahm, welches als Doppelveranstaltung mit einem Meisterschaftsspiel zwischen Hamborn 07 und dem VfvB Ruhrort/Laar stattfand. Während mein Patenonkel nur auf die damals noch vorhandene Betonpiste des alten Schwelgernstadions sah, interessierte ich mich vor allem für das von den Schulfreunden angekündigte Fußballmatch auf dem Rasen der Sportarena. Es zog mich derart in den Bann, dass ich in den Folgewochen auf dem staubigen Schulhof nur noch bei meinen Fußball spielenden Klassenkameraden zu finden war. Während die mich als „Nobody“ unter ferner liefen einordneten und als Lückenfüller für ihre Mannschaften nutzten, wurde ich nach Schulschluss auf der Bronkhorststraße als echter Mitspieler akzeptiert. Dort, auf der breiten asphaltierten Straße, spielten wir auf Tore, die wir mit unseren Tornistern markierten, und lieferten uns heiße Kämpfe. Autoverkehr, der uns dabei behinderte, gab es nicht.

Am Nachmittag nach Erledigung meiner Schulaufgaben nutzte ich meinen Kurzhaardackel als Alibi, um zu meinen Spielkameraden zu kommen. Dann ging ich zur Vogesenstraße und band ihn dort mit seiner Leine an ein Stahlrohr. Oftmals gaben ihm vorbeigehende Passanten mitleidig ein „Leckerli“, während ich mit den Nachbarsjungen dem neu entdeckten Fußball hinterherjagte. Wir spielten fast immer mit einem kleinen ausrangierten Tennisball. Nach Spielschluss hatte ich endlich Zeit für meinen treu wartenden Hund, der dann ohne Leine über die Feldwege der anliegenden Schrebergärten tollen durfte. Ich sammelte gleichzeitig Löwenzahn und anderes Grünfutter für unsere Kaninchen im Fahrradkeller.

Das passende Schuhwerk für das Fußballspielen besaß ich allerdings nicht. Es war immer ein Dilemma mit meinen Holzsandalen spielen zu müssen. Mein Vater hatte sie zusammengebastelt. Damit sich meine Faszniation fortsetzen konnte, bedurfte es deshalb eines glücklichen Umstandes. Willy Laacks war ein ehemaliger Klassenkamerad meiner Mutter, der auf der Brückelstraße einen Kohle- und Rohproduktenhandel betrieb. Als sie bei ihm eine Fuhre aus der Emscher gewonnenen Kohleschlamm kaufte, schilderte sie die Sorgen ihres fußballbesesessenen Sohnes so deutlich, dass er mich für den folgenden Sonntagvormittag zu sich einlud. Mit zitternden Knien und erwartungsvoll schellte ich. Zu meiner Überraschung wurde ich vom „Chef“ persönlich begrüßt. Er leitete mich über eine schmale Holztreppe in die obere Etage des bescheidenen Hauses, wo auf endloslangen Regalen Fußballschuhe aller Größen in schwarz und rotbraun lagerten. Ein Paar durfte ich mir aussuchen. Ich entschied mich für ein rotbraunes mit Lederstollen, das ich kostenlos mitnehmen durfte. Die einzige Bedingung dabei war, dass ich mich in der folgenden Woche beim damaligen Meidericher SV anmeldete. Das war schon lange mein Wunsch.

Sämtliche Folgen der Erinnerungen von Gerd Hennig mit einem Klick.

 

 

 

5 Kommentare

  1. […] Unlängst habe ich begonnen, die Erinnerungen von FIFA-Schiedsrichter Gerd Hennig zu sichten. “Vom Straßenfußballer zum FIFA-Schiedsrichter” hat Gerd Hennig seine Erinnerungen genannt. Ein großer Packen Papier liegt nun bei mir zu Hause – Handschriftliches und Ausdrucke. Nur nach und nach werde ich diese Erinnerungen bearbeiten können und hier in loser Folge veröffentlichen. Heute geht es um Bundesligaalltag der 1970er Jahre aus Sicht des Schiedsrichters. […]

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