Kölner Sportjournalisten verfolgen welche Interessen?

Wer hier immer mal wieder mitliest, weiß, dass ich in Köln wohne und auch dort durchaus zu Heimatgefühlen neige. Die gehen nicht ganz so weit, dass mich Siege und Niederlagen des 1. FC Köln berühren, doch das Geschehen beim FC nehme ich als eine Art teilnehmender Beobachter durchaus wahr. Zumal das Auskosten von Siegen meines MSV gegenüber den FC-Fans unter meinen Freunden versüßt wird, wenn ich mich beim FC ein wenig auskenne.

In den letzten Wochen erhielt ich durch mein Interesse für den FC immer mehr Anlass für eine weitere Warnung vor dem Glauben, allen Sportjournalisten ginge es bei ihrer Berichterstattung um so etwas wie die vorgefundene Wirklichkeit. Einmal mehr hatte ich den Eindruck, die Sportjournalisten, in diesem Fall die des Kölner Stadt-Anzeiger, empfinden große Lust daran, die Wirklichkeit ihres Sujets mitzugestalten. Aus meinem recht nüchternen Abstand zum FC habe ich in den letzten Wochen nämlich mit immer größerer Verwunderung die Berichterstattung im Kölner Stadt-Anzeiger über den Verein gelesen. Immer heftiger wurde da eine Vertragsverlängerung mit dem FC-Trainer Frank Schaefer eingefordert, obwohl sämtliche Beteiligten, sich darauf geeinigt hatten, nach der hoffentlich erfolgreichen Verhinderung des Abstiegs über genau diesen Tatbestand erst zu reden. Niemand hatte diese Vertragsverlängerung zum Thema gemacht. Sie wurde zum Thema, als im Kölner Stadt-Anzeiger dessen Sportjournalist Karl-Heinz Wagner darüber schrieb. Karl-Heinz Wagner deutete ein sehr sachliches Interview mit dem Geschäftsführer des 1. FC Köln Claus Horstmann als mangelnde Unterstützung des erfolgreichen Trainers. Ich konnte diese mangelnde Unterstützung in dem Interview nicht erkennen, und dachte mir nichts weiter dabei. Schließlich habe ich Karl-Heinz Wagner schon häufiger über den 1. FC Köln eher polemisch schreiben gesehen als abwägend und nachdenklich.

Danach aber wurde die Geschichte weiter befeuert. Da wurde eine Finke-Äußerung zum Verhältnis von Trainer-Dasein und Religiösität im Leben von Frank Schaefer aufgegriffen und kritisiert. Kurz darauf druckte der Kölner Stadt-Anzeiger ein Interview mit Frank Schaefer ab, das auf diese Weise angetitelt wurde:

Frank Schaefer ist tief enttäuscht

FC-Trainer Frank Schaefer hat sein Bedauern darüber geäußert, dass eine öffentliche Diskussion über seinen christlichen Glauben entstanden ist. Er bezeichnete das von FC-Sportdirektor Volker Finke zitierte Thema als „menschlich schon nicht einfach“.

Wer nur diese Überschrift liest, wird einen großen Konflikt zwischen Frank Schaefer und Volker Finke vermuten. Allerdings weist  das Interview selbst mit keinem Wort Schaefers darauf hin.  „Tief enttäuscht“ ist er über Spieler seiner Mannschaft und darüber hinaus, empfindet er die öffentliche Diskussion über seinen Glauben als „menschlich schon nicht einfach“. Die Sportredaktion gibt durch Titel und Untertitel eine Deutung vor, und wer die Zeitung nur überfliegt, wird mit dieser Deutung seine Meinung bilden. Das ist ohne Frage unlauterer Journalismus.

Volker Finke mag ja sein eigenes Spiel gespielt haben, leider trägt die Sportredaktion des Kölner Stadt-Anzeigers nicht an einem Tag ihrer Berichterstattung dazu bei, dieses Spiel klarer zu umreißen. Vielmehr weckt sie beim unvoreingenommenen Leser Misstrauen gegenüber den Grundlagen der journalistischen Sportberichterstattung beim Kölner Stadt-Anzeiger.

Denn wenn ich mir nur die berichteten Fakten über den 1. FC Köln ansehe, erkenne ich die von Karl-Heinz Wagner zugespitzte Deutung des Geschehens nicht. Ich muss also zu dem Schluss kommen, entweder weiß er etwas, was er nicht schreibt, oder er verfolgt ein eigenes Interesse, zu dem er sich nicht bekennt.  Dieses banalste Interesse der Sportredaktion wäre natürlich die eine auflagensteigernde, erzählenswerte Geschichte. Unbestritten bleibt, ohne weitere Fakten gibt es keine widerspruchsfreie Geschichte des Geschehens beim 1. FC Köln. Es ist unlauterer Journalimus die Geschichte des Geschehens als widerspruchsfrei darzustellen. Das ist Meinungsmache. Das erwarte ich in einer Boulevardzeitung und nicht in einer sich seriös gebenden Lokalzeitung wie dem Kölner Stadt-Anzeiger.

Wer es mit der Leidenschaft eines Kölner Anhängers und dennoch vorhandener sachlicher Analyse noch detaillierter aufbereitet haben möchte, der lese „Geschichte wird gemacht: Die Causa Finke“ beim Spielbeobachter.

5 Kommentare

  1. ..es muss uns Außenstehenden verschlossen bleiben, wie eng die Verflechtungen der Kölner Presse mit so manch altgedientem Funktionär bei FC wohl wirklich ist. Wahr ist jedenfalls auch, dass sich Volker Finke von Anfang an sehr stark in die ureigenen Belange von Schäfer eingemischt hat – und das hätte er wohl mit oder ohne Pressebegleitung besser nicht dermaßen offensiv getan. Schließlich lief es für den FC unter Schäfer sehr gut, so gut wie lange nicht mehr. Warum alle hier in Kölle so negativ an einem Strang zu zoehen scheinen und diese Entwicklung zerschossen habem, wird sich mir als ein 1995 Zugezogener wohl für immer verschließen. Wobei: Ich komme aus München – und was da unter dem Schlagwort FC Hollywood bereits alles gelaufen ist, das geht, wie man in Südbayern sagt, auf keine Kuhhaut. Besten Gruß, Andreas Bach

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  2. Sehr guter Bericht eines objektiven außenstehenden Sachkenners! Glückwunsch und Dankeschön für diesen Artikel!

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  3. @ Andreas – Der Kommentar ist im Spamfilter hängengeblieben und tauchte erst heute morgen bei mir auf. Deshalb erst jetzt was dazu: Ich denke, man muss die Aussagen von Frank Schaefer auch ernst nehmen. Immer wieder hat er betont, er betrachte Volkers Finkes Meinungen nicht als Einmischung. Natürlich ist es letztlich Spekulation, aber wenn man solche Sätze nur als vorauseilenden Gehorsam gegenüber dem Arbeitgeber interpretiert – wie es auch der KStA getan hat – weil Schaefer auf jeden Fall bei der U23 weiterarbeiten will und keine verbrannte Erde möchte, wenn man Schaefers Aussagen nur so versteht, macht man ihn kleiner als er ist. Man sagt dann eigentlich: Richtig, dass er nicht mehr Trainer im Profibereich ist, weil er keine eigene Meinung hat. Ich glaube letzteres nicht.

    @ Patrick – Und dir natürlich noch gedankt.

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  4. Vielen Dank für den Artikel!

    Ich hab das Thema ebenfalls als Außenstehender beobachtet und muss sagen: Du sprichst mir aus der Seele und triffst die Sache verdammt gut. Dazu präzise formuliert und um größtmögliche Objektivität bemüht.

    Der Fall Schäfers (Achtung: Doppeldeutig!) ist absolut bedauerlich für ihn persönlich und den Effzeh.

    Das von Dir beschriebene Zustandekommen ist für mich ein erneutes Beispiel für unseriösen, beim Aspekt Privatssphäre sogar menschenverachtenden und populistischen Boulevard-Journalismus. Bild und Sportbild sind da nicht besser, ich empfehle den Spiegel-Titel „Die Brandstifter“ mit dem Beispiel Ottfried Fischer!

    Wir tuen alle gut daran, solchen Medien IMMER kritisch gegenüber zu stehen und ihnen auf die Finger zu hauen!

    In diesem Sinne: Jeder Klick auf bild.de tötet ein Robbenbaby!

    Viele Grüße, Sebastian

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