Saisonabschluss Teil 2 – Das Heimspiel mit der langen Anreise

Leicht fällt 2015-05_einlaufes, von anderen etwas zu fordern, was einem selbst schwer von der Hand geht. Noch einmal etwas Gutes schaffen, wenn das eigentliche Ziel schon erreicht ist, ist ein Beispiel dafür. Die einen sollten Fußball spielen und gewinnen, was nur teilweise gelang. Nun will ich noch schreiben über diese Auswärtsniederlage, die wenig Gewicht hat, bei all der Freude über den Aufstieg. Es geht um Konzentration, um eine Aufgabe gut zu erledigen, deren Bedeutung sich bei genauem Hinsehen auflöst.

Die innere Einstellung lässt sich nicht leicht so hinbiegen, wie man sie haben will, so sehr wir uns alle anstrengen – die Fußballer des MSV Duisburg und ich. Das Auswärtsspiel beim SV Wehen Wiesbaden war ein Heimspiel mit langer Anreise. Von 9000 Zuschauern im Stadion kamen 8000, um den Aufsteiger MSV Duisburg zu feiern. Blau-weiß war nicht nur der Gästeblock hinter dem Tor, auch die Geraden, die eine zur Hälfte und die andere komplett, gehörten dem MSV Duisburg. Die Stimmung auf den Rängen war ausgelassen. Sie wurde befeuert durch Spieler in Aufstiegslaune, die mit mehr blau als blauweiß gefärbten Haaren zum Aufwärmen aufliefen. Nur die Bärte von Zlatko Janjic und Sascha Dum kamen farblich perfekt in weiß und blau zur Geltung. Ich wollte mich überraschen lassen, welche Auswirkungen das Feiern zu Beginn der Woche auf das Spiel haben würde.

2015-05_janjicNachteile im Fernduell mit Armina Bielefeld um die Meisterschaft waren nicht zu erwarten, feierten beide Mannschaften doch auf Mallorca sogar gemeinsam den fest stehenden Aufstieg. Doch als ich die Mannschaftsaufstellung sah, vermutete ich bestimmt nicht als einziger, mit dieser bis auf Branimir Bajic neu zusammengestellten Defensive würde ein Tor für einen Sieg nicht reichen. Außerdem erwartete ich ohne Martin Dausch wenig Dynamik beim Spiel nach vorne. Deshalb überraschte mich, wie druckvoll der MSV  die ersten zehn Minuten des Spiels anging. Die Mannschaft verkörpert inzwischen in jeder Besetzung den Geist des Aufstiegs. Wer so auftritt, weiß um die eigene Stärke. Nach vorne ging es schnell. Der Ball sollte rein in dieses Tor vom SV Wehen Wiesbaden. Die Wiesbadener Offensivversuche waren mit einer Ausnahme kurz nach Spielbeginn souverän unterbunden worden.

2015-05_bajicDu warst zu vorschnell, das sieht gut aus“,  so was Ähnliches ging mir durch den Kopf, als etwa in der zehnten Minute ein langer Wiesbadener Ball erneut abgefangen wurde. Halbherzig liefen die Wiesbadener die Duisburger Defensivspieler an, und gerade holte Christopher Schorch aus, um den Ball nach vorne zu schlagen. Stattdessen aber spielte er ihn punktgenau als etwas schwierig zu kontrollierenden Pass auf einen Wiesbadener Mittelfeldspieler. Besser hätten viele Stürmer als klassische Wandspieler den Konter auch nicht eingeleitet. Ich weiß nicht mehr, ob der Wiesbadener Spieler selbst am Flügel entlang marschierte oder einen Mitspieler schickte. Bilderbuchmäßig, sagt der Sportreporter gerne, wenn er von solch einem Konter spricht. Die Flanke kam, und weil Christopher Schorch den Wiesbadener Spieler im Sturmzentrum gut begleitete, übernahm er für ihn höflicherweise den Torschuss. Gelungenes Dreiecksspiel. Es stand 1:0, und ich merkte, ganz so egal war mir das Ergebnis doch nicht.

Ich kann dagegen nichts machen. Egal in welcher Sportart bei welchem Wettbewerb ich gerade unterwegs bin, egal ob ich selbst aktiv bin oder ob ich nur zuschaue, ich will, dass „meine“ Mannschaft gewinnt. Ich beginne mich zu ärgern, wenn Pässe nicht ankommen. Mich beschleicht Missmut, wenn ein Torschuss wieder daneben geht. Ich begann um meine Aufstiegsparty-Stimmung zu kämpfen. Dabei kam es mir zugute, dass neben mir zufällig ein alter Schulfreund saß. Vor dem Spiel gegen Kiel sind wir uns das erste Mal nach mehr als  30 Jahren über den Weg gelaufen, beim Auswärtsspiel gegen Wiesbaden schon wieder. Ein Zufall, der viel über die Zeit seit der Lizenzverweigerung erzählt. Denn im Netz tauschten wir uns schon seit dem Sommer 2013 wieder aus. So viele Anhänger des MSV Duisburg haben sich in den letzten zwei Jahren näher kennen gelernt, sind sich nach langer Zeit wieder begegnet und sind durch den Fußball beim MSV Duisburg in einem Kontakt, der über den Fußball hinaus wirkt.

2015-05_nach_1Mit der Führung der Wiesbadener verlor das Spiel des MSV Duisburg den kontinuierlichen Druck. Es gab noch zwei, drei Chancen zum Ausgleich. Die größte Chance in der ersten Halbzeit vergab Zlatko Janjic, der schön frei gespielt, halblinks alleine aufs Wiesbadener Tor zulief und sich anscheinend nicht recht entscheiden konnte, ob er schlenzen oder hart schießen sollte. Die Mischung macht´s, heißt es ja gern; in dem Fall machte sie es dem Torwart einfach, den Schuss zu halten.

2015-05_nach_2Die Chancen der Wiesbadener waren klarer, und nach meinem Gefühl waren es auch mehr. Gezählt habe ich sie nicht, und Gefühle können trügen. Sicher bin ich mir aber, dass sich zu Beginn der zweiten Halbzeit an meiner kaum vorhandenen Zuversicht auf den Ausgleichstreffer nichts änderte. Erst als als um die 55. Minute herum Kevin Scheidhauer, Martin Dausch und etwas später Michael Gardawski eingewechselt wurden, entwickelte die Mannschaft noch einmal Zug zum Wiesbadener Tor. Die klare Chance gab es nicht mehr. Kevin Scheidhauer verzog einen recht offenen Schuss  an der Strafraumgrenze. Das war es aber auch.

2015-05_nach_3Die Spieler hatten sich ohne Zweifel angestrengt. Während des Spiels war zu sehen, wie sie sich ärgerten über vergebene Chancen, über Fehler im Zusammenspiel, über slapstickartiges Zusammenprallen, wenn sie sich gegenseitig in den Weg liefen. Dann war die Pflicht erfüllt. Das letzte Spiel der Saison endete mit einer 1:0-Niederlage. An der guten Stimmung auf den Rängen hatte der Rückstand ohnehin nichts geändert. Das Spielfeld war in kurzer Zeit ins Blau der Aufstiegsshirts und in das Blau-Weiß von Schals und Trikots getaucht. Begeisterung gab es letzte Woche. Dieses Mal sah es mehr nach Spaß und Freude aus.

Noch einmal stieg die Mannschaft auf die Tribüne und feierte gemeinsam mit all denen, die ihren Platz auf dem Spielfeld eingenommen hatten. Noch einmal wurde versucht, die Ordnung aufrecht zu erhalten, indem die Anhänger der Zebras zurück auf ihre Plätze gebeten wurden. Noch einmal war das ein vergebliches Unterfangen. Und dieses Mal wurde gemeinsam gefeiert – ein Bild, das wir auch letzte Woche in Duisburg gern gesehen hätten. 2015-05_nach_4Die Wiesbadener Anhänger brauchten den Schutz der Polizeikette nicht. Wer immer auch vor den Wiesbadener Block lief, wollte ein Zeichen setzen – am Ende einer Saison sind wir alle eins, Menschen mit Spaß am Fußball und mit Einsatz für ihren Verein.

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